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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.02.2014, Az.: IX ZR 53/13
Hinweispflichten eines Steuerberaters im Zusammenhang mit konkreten Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 06.02.2014
Referenz: JurionRS 2014, 11486
Aktenzeichen: IX ZR 53/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Kiel - 02.03.2011 - AZ: 17 O 104/10

OLG Schleswig - 02.09.2011 - AZ: 17 U 14/11

BGH - 14.06.2012 - AZ: IX ZR 145/11

BGH - 18.07.2012 - AZ: IX ZR 145/11

Fundstellen:

BB 2014, 642

BFH/NV 2014, 1007

BRAK-Mitt 2014, 191

DB 2014, 6

DB 2014, 655

DStR 2014, 975-976

DStRE 2014, 894-895

EWiR 2014, 385

GmbHR 2014, 375-376

GWR 2014, 156

HFR 2014, 640

InsbürO 2014, 244

JZ 2014, 276

JZ 2014, 279

KP 2014, 77

MDR 2014, 527-528

NJ 2014, 5

NJW 2014, 8

NJW-RR 2014, 827-828

NWB 2014, 942

NZG 2014, 587-588

NZI 2014, 5

NZI 2014, 308-309

PStR 2014, 111

StBW 2014, 319

StBW 2014, 276

StX 2014, 270-271

WM 2014, 577-578

WPg 2014, 868

ZInsO 2014, 546-547

ZIP 2014, 583-584

BGH, 06.02.2014 - IX ZR 53/13

Amtlicher Leitsatz:

BGB § 675 Abs. 1; InsO § 15a Abs. 1

Tritt der Steuerberater bei einem rein steuerrechtlichen Mandat in konkrete Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife der von ihm beratenen Gesellschaft ein, ohne die Frage nach dem Insolvenzgrund zu beantworten, hat er das Vertretungsorgan darauf hinzuweisen, dass eine verbindliche Klärung nur erreicht werden kann, indem ihm oder einem fachlich geeigneten Dritten ein entsprechender Prüfauftrag erteilt wird.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer

am 6. Februar 2014 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Klägerin und des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 17. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Januar 2013 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 65 v.H. und der Beklagte 35 v.H..

Der Streitwert wird auf 448.500,24 € festgesetzt.

Gründe

1

Beide Beschwerden decken keinen Zulassungsgrund auf.

2

1. Soweit das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten wegen der Verletzung einer Nebenpflicht dem Grunde nach bejaht hat, ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.

3

a) Der Steuerberater unterliegt bei einem ausdrücklichen Auftrag zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens einer vertraglichen Haftung für etwaige Fehlleistungen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 15; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 12). Dies gilt auch dann, wenn der vertraglich lediglich mit der Erstellung der Steuerbilanz betraute Steuerberater weitergehend erklärt, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013, aaO Rn. 13). Der lediglich mit der allgemeinen steuerlichen Beratung einer GmbH beauftragte Berater ist hingegen nicht verpflichtet, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz auf die Pflicht ihres Geschäftsführers ungefragt hinzuweisen, eine Überprüfung, ob Insolvenzreife bestehe, in Auftrag zu geben oder selbst vorzunehmen (BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO). Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt, wenn der Berater ausschließlich mit den steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft befasst ist.

4

b) Den Steuerberater treffen jedoch weitergehende vertragliche Hinweispflichten, wenn er - wie hier - bei einem rein steuerrechtlichen Mandat mit dem Vertretungsorgan in konkrete Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife der von ihm beratenen Gesellschaft eintritt. Insoweit gilt nichts anderes als in sonstigen Fällen, in denen der Berater außerhalb des bestehenden Mandatsverhältnisses für die Entschließung des Mandanten erkennbar erhebliche Erklärungen abgibt, die sich als unzutreffend erweisen.

5

aa) In einer solchen Gestaltung wird dem Berater nicht angesonnen, schon bei einem "äußeren Anlass" oder "äußeren Verdacht" einer Insolvenz den Mandanten auf die Notwendigkeit einer Prüfung hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO Rn. 17, 19). Vielmehr wird der steuerliche Berater in einem Beratungsgespräch von dem Mandanten unmittelbar mit der konkreten Frage einer Insolvenzreife des Unternehmens konfrontiert. In einem solchen Fall muss der Berater schon mit Rücksicht auf die vielfältigen damit verbundenen rechtlichen Folgen dem Mandanten einen Weg aufzeigen, der ihm die Feststellung ermöglicht, ob eine Insolvenz vorliegt oder nicht. Dies kann geschehen, indem der steuerliche Berater auf der Grundlage eines ihm dann erteilten besonderen Auftrags selbst eine verbindliche gutachtliche Stellungnahme abgibt. Sieht sich der steuerliche Berater hierzu - sei es wegen fehlender Fachkunde oder mit Rücksicht auf eine komplexe Tatsachengrundlage - nicht in der Lage, muss er den Mandanten darauf hinweisen, zum Zwecke der erbetenen Klärung einem geeigneten Dritten einen Prüfauftrag zu erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 43/08, WM 2009, 1376 Rn. 10 f).

6

bb) Diesen Pflichten hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt. Danach war die Frage einer Insolvenz der Gesellschaft Gegenstand der zwischen der Klägerin und dem Beklagten geführten Unterredung. Im Rahmen des rein steuerlichen Mandats war der Beklagte nicht verpflichtet, ungefragt eine verbindliche Stellungnahme zur Frage der Insolvenzreife der Gesellschaft abzugeben. Jedoch war er gehalten, der Klägerin eine Klärung dieser Frage - sei es durch den Rat einer gesonderten eigenen Beauftragung oder der eines Dritten - zu ermöglichen. Dieser Verpflichtung hat der Beklagte nicht entsprochen, indem er es trotz festgestellter Nachfrage nach der Überschuldung der Gesellschaft bei unverbindlichen Diskussionen über ihre wirtschaftliche Lage beließ.

7

2. Die übrigen von dem Beklagten und der Klägerin erhobenen Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die behauptete Verletzung von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Kayser

Gehrlein

Vill

Lohmann

Fischer

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