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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 21.11.2013, Az.: XII ZB 403/12
Ausgleichsreife eines durch Hofübergabevertrag begründeten Rentenanspruchs unter Vorbehalt der Abänderung bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.11.2013
Referenz: JurionRS 2013, 50717
Aktenzeichen: XII ZB 403/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Alzey - 18.10.2011 - AZ: 1 F 128/08

OLG Koblenz - 14.06.2012 - AZ: 11 UF 1060/11

Fundstellen:

FamRB 2014, 89-90

FamRZ 2014, 282

FF 2014, 86

FK 2014, 189-190

FuR 2014, 175-176

JZ 2014, 173

MDR 2014, 281-282

MittBayNot 2014, 339-340

NJW-RR 2014, 129-131

BGH, 21.11.2013 - XII ZB 403/12

Amtlicher Leitsatz:

VersAusglG § 19

Zur Ausgleichsreife eines durch Hofübergabevertrag begründeten Rentenanspruchs, dessen Abänderung bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse gemäß § 323 ZPO vorbehalten ist.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin der Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 14. Juni 2012 aufgehoben.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Alzey vom 18. Oktober 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittel werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Einbeziehung eines durch Hofübernahmevertrag begründeten Rentenanspruchs in den Versorgungsausgleich.

2

Auf den am 6. Dezember 2008 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 16. November 1982 geschlossene Ehe der Antraggegnerin (Ehefrau) und des Antragstellers (Ehemann) unter Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich rechtskräftig geschieden.

3

Während der Ehezeit (1. November 1982 bis 30. November 2008; § 3 Abs. 1 VersAusglG) erwarb der Ehemann Anrechte auf eine berufsständische Versorgung in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, die Ehefrau erwarb Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei einer kommunalen Zusatzversorgungskasse. Beide Ehegatten erwarben außerdem Anrechte aus privaten Lebensversicherungen.

4

Durch Beschluss vom 18. Oktober 2011 hat das Familiengericht den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem es diese Anrechte intern geteilt hat mit Ausnahme des von der Ehefrau bei der kommunalen Zusatzversorgungskasse erworbenen Anrechts, von dessen Teilung es wegen Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 2 VersAusglG) abgesehen hat.

5

Mit ihrer Beschwerde hat die Ehefrau beantragt, ein weiteres Anrecht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, welches darin bestehe, dass der jüngere Sohn als Hofübernehmer des vormals von den Ehegatten geführten landwirtschaftlichen Betriebes dem Ehemann eine monatliche, durch Indexklausel wertgesicherte Rente von anfänglich 2.000 € als Gegenleistung für den von ihm übertragenen Grundbesitz versprochen hatte. Nach den Vertragsbestimmungen (§ 4 des notariellen Übergabevertrages vom 5. März 2008) entsteht die Zahlungspflicht aufschiebend bedingt mit Ausscheiden des Ehemanns aus dem von ihm und dem Hofübernehmer in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebenen landwirtschaft- bzw. weinbaulichen Betrieb. Weiter heißt es in dem Vertrag:

6

"Rein schuldrechtlich vereinbaren die beiden Beteiligten, dass bei einer wesentlichen Veränderung der heutigen Verhältnisse jeder Vertragsteil berechtigt ist, eine entsprechende Anpassung der vorstehend vereinbarten wertgesicherten monatlichen Zahlung bei Bedingungseintritt gemäß § 323 ZPO zu verlangen. Dabei sind insbesondere der sich ändernde Bedarf des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zu berücksichtigen. Eine Änderung in diesem Sinne ist aus einem Mehrbedarf des Berechtigten, der sich durch eine Übersiedlung in ein Alten- oder Pflegeheim oder der sich infolge seiner dauernden Pflegebedürftigkeit ergibt, nur insoweit abzuleiten, als die Eigenmittel des Berechtigten hierzu nicht ausreichen."

7

Das Oberlandesgericht hat den Beschluss des Familiengerichts abgeändert und zusätzlich im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemanns bei dem Hofübernehmer zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 582 € monatlich nach Maßgabe von § 4 des notariellen Übergabevertrages vom 5. März 2008, bezogen auf den 6. Dezember 2008, übertragen und weiter angeordnet, dass der Leistungsfall eintrete, wenn die Ehefrau von der Deutschen Rentenversicherung Bund volle Rente wegen Alters oder Erwerbsminderung erhalte. Hiergegen haben beide Ehegatten die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, wobei die Ehefrau die Übertragung eines Anrechts von monatlich 1.000 € verfolgt, der Ehemann die Wiederherstellung der familiengerichtlichen Entscheidung.

II.

8

Die Rechtsbeschwerde des Ehemanns hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung der familiengerichtlichen Entscheidung. Die Rechtsbeschwerde der Ehefrau ist unbegründet.

9

Das Verfahren richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 5 FGG-RG, § 48 Abs. 3 VersAusglG nach dem ab 1. September 2009 geltenden Recht, weil am 31. August 2010 über das Verfahren über den Versorgungsausgleich im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde.

10

1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

11

Das Anrecht des Ehemanns aus dem Übergabevertrag sei durch Arbeit oder Vermögen geschaffen worden. Auszugleichen seien auch solche Versorgungsanrechte, die mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden. Leibgedinge, die durch Hofübergabeverträge begründet würden, seien daher in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

12

Das Anrecht diene auch der Absicherung des Ehemanns im Alter oder bei Invalidität und stelle keine Kaufpreisraten aus einer Vermögens- oder Unternehmensveräußerung dar. Die Rente werde nämlich fällig mit Ausscheiden des Ehemanns aus der mit dem Sohn betriebenen GbR und solle von da an bis zum Ableben des Ehemanns gezahlt werden. Dadurch habe sie Versorgungscharakter.

13

Auch sei das auszugleichende Anrecht noch vorhanden. Der vom Ehemann inzwischen erklärte Verzicht auf die Rentenzahlung sei unwirksam, weil es sich hierbei um einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Ehefrau, handele. Die Einbeziehung des Anrechts in den Versorgungsausglich sei auch nicht grob unbillig.

14

Der Ausgleichswert sei entsprechend § 40 VersAusglG zeitratierlich in der Weise zu ermitteln, dass die Zeitdauer der Mitarbeit der Ehefrau in dem Weingut des Ehemanns ins Verhältnis gesetzt werde zu der Zeit, für die der Ehemann trotz der zunächst gemeinsamen Tätigkeit in dem Weingut allein die vereinbarte Rente erhalte. Auf diese Weise könne die Ehefrau einen Ausgleich für die von ihr geleistete Mitarbeit in dem Weinbaubetrieb des Ehemanns erhalten. Zwar hänge der Beginn der Rentenzahlung vom Ausscheiden des Ehemanns aus der GbR ab. Im Falle eines unbestimmten und allein in der Hand des Berechtigten liegenden Zeitpunkts des Eintritts des Versorgungsfalls sei es aber sachgerecht, an die Regelaltersgrenze anzuknüpfen, die für den Ehemann 66 Jahre und 4 Monate betrage. Der bis zur Altersgrenze benötigte Gesamtzeitraum betrage 502 Monate, darauf entfalle ein auszugleichender Zeitraum von 292 Monaten. Daraus errechne sich ein Wert des Anrechts von (2.000 € x 292 / 502 =) 1.163,35 €. Das führe nach dem Halbteilungsgrundsatz zu einem Ausgleichswert von gerundet 582 €.

15

Dieser zeitratierlichen Bewertung stehe auch nicht entgegen, dass der Ehemann weiterhin in der gemeinsam mit dem Sohn betriebenen GbR tätig sei und dort gewinnanteilsberechtigt bleibe. Sollte der Ehemann über die Regelaltersgrenze hinaus in dem Weinbaubetrieb arbeiten, könnten er und der Sohn die Rentenzahlung an die Ehefrau bei der Höhe des zu leistenden Gewinnanteils berücksichtigen und eine Doppelbelastung vermeiden.

16

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

17

a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht allerdings erkannt, dass es sich bei der vom Hofübernehmer versprochenen Rente um ein auszugleichendes Versorgungsanrecht handelt.

18

Gemäß § 2 Abs. 2 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und auf eine Rente gerichtet ist. Diese Voraussetzungen sind für das hier streitige Anrecht erfüllt.

19

Die monatlich zu zahlende Rente ist im vorliegenden Fall nicht nur als Gegenleistung für die Hofübernahme im Sinne einer Bewirtschaftungsmöglichkeit (wie etwa im Fall des Senatsbeschlusses vom 6. Mai 1982 - IVb ZB 550/80 - FamRZ 1982, 909) oder gar unentgeltlich versprochen, sondern als Gegenleistung für den vom Ehemann übertragenen Grundbesitz. Damit ist das Anrecht unzweifelhaft aus dem Vermögen des Ehemanns erworben.

20

Auszugleichen sind allerdings nur solche Anrechte, deren Zweck die Versorgung wegen Alters, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ist. Ansprüche oder Aussichten auf Leistungen mit anderer Zweckbestimmung, wie etwa Kaufpreisraten, gehören nicht dazu. Außerdem genügt für die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich nicht bereits ein Versorgungszweck im Allgemeinen. Vielmehr muss sich dieser auf die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG bezeichneten Versorgungsfälle beziehen. Dabei kommt es jedoch nicht auf die Leitbilder der öffentlich-rechtlichen Leistungssysteme und damit etwa auf das Erreichen der dort vorgesehenen Altersgrenzen an. Vielmehr kann es für die Anknüpfung an den Versorgungsfall des Alters nur darauf ankommen, dass das betreffende Anrecht der Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dienen soll (Senatsbeschluss vom 1. Juni 1988 -IVb ZB 132/85 -FamRZ 1988, 936). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da der Beginn der zugesagten Rente an das Ausscheiden des Ehemanns aus dem in GbR geführten landwirtschaftlichen Betrieb und somit an seinen Eintritt in den Ruhestand anknüpft.

21

b) Gemäß § 19 Abs. 1 VersAusglG findet allerdings, wenn ein Anrecht nicht ausgleichsreif ist, insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. Nicht ausgleichsreif ist ein Anrecht insbesondere, wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG). Hinreichend verfestigt ist ein Anrecht insoweit, als der Versorgungswert dem Grund und der Höhe nach durch die künftige, namentlich betriebliche oder berufliche Entwicklung des Berechtigten nicht mehr beeinträchtigt werden kann und somit bereits endgültig gesichert ist (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2013 - XII ZB 371/12 - FamRZ 2013, 1021 Rn. 9 mwN).

22

An dieser Voraussetzung fehlt es. Denn die Beteiligten haben in § 4 Ziffer 5 des Vertrages vereinbart, dass bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse jeder Vertragsteil berechtigt ist, eine entsprechende Anpassung der wertgesicherten monatlichen Zahlung gemäß § 323 ZPO zu verlangen, wobei insbesondere der sich ändernde Bedarf des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zu berücksichtigen sind. Diese Vertragsbestimmung schließt nicht nur die Möglichkeit einer Rentenerhöhung aufgrund Bedarfssteigerung beim Ehemann ein, sondern ebenso eine Herabsetzung der Rente für den Fall, dass die Leistungsfähigkeit des Hofübernehmers nicht mehr gegeben ist, was beispielsweise durch aufeinanderfolgende Missernten oder sonstige Ertragseinbußen eintreten könnte. Da die vertragliche Abänderungsmöglichkeit nach unten nicht durch eine vertraglich festgelegte, in jedem Fall zu zahlenden Mindestrente begrenzt ist, existiert kein verfestigter Rentenanspruch, welcher dem Grund und der Höhe nach durch die künftige Entwicklung nicht mehr beeinträchtigt werden kann und somit bereits endgültig gesichert wäre.

23

Der Anspruch aus dem Rentenversprechen könnte deshalb nur schuldrechtlich ausgeglichen werden (§§ 20 ff. VersAusglG).

24

c) Für den Fall eines späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass das Anrecht durch den Abschluss des notariellen Vertrages vom 5. März 2008 als Gegenleistung für den vom Ehemann übertragenen Grundbesitz und somit insgesamt während der Ehezeit erworben wurde. Es wäre deshalb nicht zeitratierlich zu bewerten, sondern hälftig auszugleichen.

Dose

Weber-Monecke

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling

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