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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 30.08.2011, Az.: 3 StR 270/11
Abgenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme im Hinblick auf den Tatbeitrag der Auswahl von Kurieren bzgl. Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.08.2011
Referenz: JurionRS 2011, 24105
Aktenzeichen: 3 StR 270/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Hannover - 16.03.2011

Fundstelle:

NStZ 2012, 40-41

Verfahrensgegenstand:

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

BGH, 30.08.2011 - 3 StR 270/11

Redaktioneller Leitsatz:

Beim Delikt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln kommt es im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme vor allem auf das Gewicht des Tatbeitrags im Rahmen des auf Umsatz gerichteten Gesamtgeschäfts an. Danach ist die Tätigkeit eines Rauschgiftkuriers, der mit dem Umsatzgeschäft nichts zu tun hat, im Gesamtgefüge der Tat in der Regel als untergeordnet anzusehen; dies gilt erst recht für die Tätigkeit der Auswahl von Kurieren und ihre Betreuung.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf Antrag des Generalbundesanwalts und
nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 30. August 2011
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. März 2011

    1. a)

      im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,

    2. b)

      im Strafausspruch aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

      Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  1. 2.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung sachlichen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

Der Schuldspruch wegen (täterschaftlichen) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat keinen Bestand; nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen ist der Angeklagte lediglich der Beihilfe hierzu schuldig. Dies führt zur Abänderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch.

3

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"Nach den Feststellungen (UA S. 7-12) sollte der Angeklagte für den Hintermann K. eine Ladung Heroin aus der Türkei nach Deutschland transportieren. Hierfür sollten er und ein Mitfahrer 8.000 € erhalten. Das Transportfahrzeug wurde vom Auftraggeber ausgesucht und der Angeklagte erhielt vom Auftraggeber das Geld, um das Fahrzeug bei dem benannten Händler zu erwerben. Nachdem der ursprünglich vorgesehene Mitfahrer kurzfristig absagte, suchte der Angeklagte sich eigenständig einen anderen Mitfahrer, den Zeugen P. , dem er eine Aufteilung der 8.000 € versprach. In Istanbul angelangt, wurde dem Angeklagten von einem Mittelsmann des Auftraggebers, 'A. ', vorgegeben, dass das Transportgut im Irak abzuholen sei. Der Angeklagte ließ den Zeugen P. und den 'A. ' in den Irak fahren, wo das Heroin (25.997 g Heroingemisch - netto - mit einer Wirkstoffmenge von 11.698 g Heroinhydrochlorid - UA S. 12) in dem präparierten Pkw versteckt wurde. Auch an der Rückfahrt nach Deutschland nahm der Angeklagte nicht selbst teil. Er engagierte hierfür neben P. einen weiteren Bekannten, den Zeugen H. , gegen das Versprechen einer Entlohnung von 1.000 €. Der Pkw wurde beim Grenzübertritt nach Bulgarien kontrolliert, das Heroin wurde aufgefunden und die Zeugen wurden festgenommen. Die Kammer hat die Annahme von täterschaftlichem Handeltreiben damit begründet, dass der Angeklagte für den Transport des Heroins verantwortlich war (UA S. 49). Dies stößt auf durchgreifende Bedenken.

Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme erfolgt nach ständiger Rechtsprechung aufgrund einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung der Beteiligten umfassten Umstände, wobei dem eigenen Interesse am Taterfolg, dem Umfang der Tatbeteiligung sowie der Tatherrschaft und dem Willen hierzu besondere Bedeutung zukommt (vgl. die Nachweise bei Fischer StGB 58. Aufl. § 25 Rdnr. 4). Beim Delikt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln kommt es vor allem auf das Gewicht des Tatbeitrags im Rahmen des auf Umsatz gerichteten Gesamtgeschäfts an (vgl. nur BGHSt 51, 219, 222 f.; BGH NJW 2008, 1640 [1460]; BGHR BtMG § 29 Beihilfe 6; Senat - Beschluss vom 12. [13.] April 2011 - 3 StR 53/11 - [...]).

Der Angeklagte hatte mit dem Umsatzgeschäft nichts zu tun. Dass er den Transport nicht allein als Kurier durchführte, sondern sich hierbei weiterer Helfer (der Zeugen P. und H. ) bediente, deren Auswahl er selbständig vornahm, macht ihn nicht zum Täter. Ist schon die Tätigkeit eines Rauschgiftkuriers im Gesamtgefüge der Tat in der Regel als untergeordnet anzusehen, gilt dies erst recht für die Tätigkeit der Auswahl von Kurieren und ihre Betreuung (vgl. BGH NStZ 2007, 531; BGHR BtMG § 29 Beihilfe 6; Senat, Beschluss vom 12. [13.] April 2011 - 3 StR 53/11 - [...]). Vorliegend hatte der Angeklagte noch nicht einmal die Modalitäten des Transports selbst in der Hand. Das Transportfahrzeug wurde ihm zugewiesen, in der Türkei bzw. im Irak kümmerte sich ein Mittelsmann des Auftraggebers um die Übernahme des Betäubungsmittels und den Einbau in den Pkw. Zwar war das dem Angeklagten zugesagte Entgelt in Höhe von 8.000 € erheblich, dies relativiert sich jedoch im Hinblick auf Wert und Menge des zu transportierenden Heroins. Zudem waren die 8.000 € von vorneherein für zwei Personen vorgesehen und stellten einen Pauschalbetrag dar, nicht aber eine am Umsatzerlös ausgerichtete Gewinnbeteiligung, so dass auch die Höhe des Entgelts letztlich nicht für ein eigenes Interesse am Taterfolg des Handeltreibens spricht.

§ 265 StPO steht einer Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte hiergegen nicht anders hätte verteidigen können als geschehen.

Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine mildere Strafe verhängt hätte. Die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen, die von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind, können aufrecht erhalten bleiben."

4

Dem schließt sich der Senat an.

Becker
Pfister
Schäfer
Mayer
Menges

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