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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 02.12.2010, Az.: IX ZB 121/10
Berücksichtigung der nach Erlass des Ablehnungsbeschlusses erfolgten Befriedigung der Forderung des einen Insolvenzantrag stellenden Gläubigers im Beschwerdeverfahren gegen die Abweisung der Verfahrenseröffnung mangels Masse
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 02.12.2010
Referenz: JurionRS 2010, 30085
Aktenzeichen: IX ZB 121/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Konstanz - 01.04.2010 - AZ: 40 IN 117/09

LG Konstanz - 12.05.2010 - AZ: 62 T 47/10 A

Fundstellen:

DStR 2011, 632-633

EWiR 2011, 155

MDR 2011, 262

NJ 2011, 6

NJW 2011, 8

NWB 2011, 264

NWB direkt 2011, 86

NZI 2011, 106

StuB 2011, 240

WM 2011, 135

ZInsO 2011, 92-93

ZIP 2011, 90-91

BGH, 02.12.2010 - IX ZB 121/10

Amtlicher Leitsatz:

InsO §§ 6, 26, 34 Abs. 1

Im Beschwerdeverfahren gegen die Abweisung der Verfahrenseröffnung mangels Masse ist die nach Erlass des Ablehnungsbeschlusses erfolgte Befriedigung der Forderung des den Insolvenzantrag stellenden Gläubigers nicht zu berücksichtigen.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser,
den Richter Raebel,
die Richterin Lohmann,
den Richter Dr. Pape und
die Richterin Möhring
am 2. Dezember 2010
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 12. Mai 2010 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 2.000 €

Gründe

1

Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6 Abs. 1, § 34 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).

2

1.

Die von der Rechtsbeschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob Einwendungen gegen den vollstreckbaren Titel, der Grundlage des Insolvenzantrags des Gläubigers ist, ausnahmsweise nicht im dafür vorgesehenem Verfahren verfolgt werden müssen, wenn die Tatsachen, die dem Titel entgegenstehen, unstreitig oder offensichtlich sind (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05, WM 2006, 1632, 1633; v. 27. Juli 2006 - IX ZB 15/06, NZI 2006, 642; v. 29. November 2007 - IX ZB 12/07, ZInsO 2008, 103 Rn. 9; v. 17. September 2009 - IX ZB 26/08, ZInsO 2009, 2072 Rn. 5), stellt sich nicht. Es geht nicht um die nachträgliche Beseitigung der Vollstreckbarkeit eines Titels, auf den der Antragsteller seine Forderung stützt. Der Schuldner will vielmehr die Erfüllung der Forderung des Antragstellers nach Entscheidung ü-ber die sofortige Beschwerde gegen die Abweisung des Gläubigerantrags mangels Masse geltend machen. Insoweit hatte das Beschwerdegericht nach dem eigenen Vorbringen des Schuldners zum Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde noch keine Kenntnis von der erst nach Erlass seiner Entscheidung mitgeteilten Erfüllung.

3

2.

Auf die weiter für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob in Analogie zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gilt, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können (BGH, Urt. v. 21. November 2001 - XII ZR 162/99, NJW 2002, 1130, 1131; v. 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08, NJW 2009, 3783 [BGH 14.10.2009 - XII ZR 146/08] Rn. 27), kommt es nicht an. Liegt ein zulässiger Insolvenzantrag vor, hat das Insolvenzgericht gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO von Amts wegen die Deckung der Verfahrenskosten zu ermitteln; maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Insolvenzantrag (Jaeger/Schilken, InsO § 26 Rn. 36; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 26 Rn. 18 f; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 26 Rn. 33). Liegen sämtliche Eröffnungsvoraussetzungen vor und fehlt es nur an der Deckung der Verfahrenskosten, so lehnt das Insolvenzgericht - sieht man einmal von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Verfahrenskostenstundung und der Einzahlung eines Kostenvorschusses gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 InsO ab - die Verfahrenseröffnung ab. Diese Entscheidung, deren Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts hier unstreitig gegeben waren, kann nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Antragstellers zu Fall gebracht werden. Die spätere Befriedigung der Forderung des Gläubigers ändert nichts an der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts die Voraussetzungen für eine Abweisung mangels Masse gegeben waren. Beschwerde- und Rechtsbeschwerdegericht haben deshalb den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Gläubigers, ungeachtet der Frage, zu welchem Zeitpunkt er erfolgt ist, bei der Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen die Abweisung mangels Masse nicht zu berücksichtigen.

4

3.

Eine Gehörsverletzung liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschl. v. 24. September 2009 - IX ZB 285/08, Rn. 2) reicht es aus, wenn dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen zur Begründung seines Rechtsmittels zur Verfügung steht. Hier ist die sofortige Beschwerde des Schuldners am 22. April 2010 beim Insolvenzgericht eingegangen. Der Einzelrichter hat dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners telefonisch am 29. April 2010 eine Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde bis zum 6. Mai 2010 gesetzt. Die 14-tägige Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde war damit gewahrt, zumal das Beschwerdegericht die Entscheidung über das Rechtsmittel tatsächlich erst am 12. Mai 2010 getroffen hat. Gelegenheit zum Ausgleich der der Forderung des Gläubigers brauchte das Beschwerdegericht dem Schuldner nicht zu geben, weil es hierauf aus den vorstehenden Gründen ohnehin nicht ankam.

Kayser
Raebel
Lohmann
Pape
Möhring

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