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Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.11.2010, Az.: VIII ZR 300/09
Bedürfnis einer Schriftformabrede für ein Mieterhöhungsverlangen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 10.11.2010
Referenz: JurionRS 2010, 28712
Aktenzeichen: VIII ZR 300/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Frankfurt am Main - 10.12.2008 - AZ: 380 C 1986/08 (14)

LG Frankfurt am Main - 12.10.2009 - AZ: 2/11 S 6/09

Fundstellen:

BBB 2011, 52

Info M 2010, 524

JurBüro 2011, 276

MDR 2011, 20

MietRB 2011, 36-37

MK 2011, 19

NJW 2011, 295-296

NJW 2011, 8

NJW-Spezial 2011, 67

NZM 2011, 117

RdW 2011, 159-160

StX 2011, 143

WuM 2011, 32

ZGS 2011, 55-56

ZMR 2011, 277-278

BGH, 10.11.2010 - VIII ZR 300/09

Amtlicher Leitsatz:

BGB §§ 126, 127, 558a

Eine Schriftformabrede für Änderungen und Ergänzungen eines Wohnraummietvertrages gilt nicht für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558a BGB.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2010
durch
den Vorsitzenden Richter Ball,
die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel sowie
die Richter Dr. Achilles und Dr. Bünger
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. Oktober 2009 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, vertreten durch ihre Hausverwaltung, verlangte mit Schreiben vom 24. Januar 2008 von dem Beklagten die Zustimmung zur Mieterhöhung für das von ihm bewohnte Einfamilienhaus. Das Schreiben trägt keine eigenhändige Unterschrift. Es endet mit dem Vermerk "Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig".

2

Der Beklagte stimmte dem Erhöhungsverlangen vorgerichtlich teilweise in Höhe von 6,84 EUR zu. Im Übrigen versagte er seine Zustimmung zur Mieterhöhung. Die Klägerin begehrt nunmehr noch die Zustimmung des Beklagten zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete von monatlich 374,23 EUR um 43 EUR auf monatlich 417,23 EUR ab dem 1. April 2008.

3

Der mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgeschlossene Mietvertrag vom 6./12. April 1994 enthält unter anderem folgende Formularklausel:

4

"§ 6 Änderungen

Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind, soweit sich aus den Allgemeinen Vertragsbestimmungen nichts anderes ergibt, nur gültig, wenn sie schriftlich vereinbart werden."

5

Nr. 13 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVG) lautet:

"Schlussbestimmungen

(1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind schriftlich zu vereinbaren, dies schließt nicht aus, dass die Vertragsparteien im Einzelfall auf die Schriftform verzichten."

6

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet.

I.

8

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

9

Es bestehe kein Anspruch der Klägerin gemäß § 558 Abs. 1 BGB auf Zustimmung des Beklagten zur Mieterhöhung, da ein formwirksames Mieterhöhungsverlangen gemäß §§ 558 Abs. 1, 558a, 126 BGB in Verbindung mit § 6 des Mietvertrages nicht vorliege.

10

Zwar sei die vom Gesetz in § 558a BGB verlangte Textform des Mieterhöhungsverlangens von der Klägerin im Schreiben vom 24. Januar 2008 eingehalten. Dies reiche jedoch nicht aus, weil die Parteien in § 6 des Mietvertrages Schriftform vereinbart hätten und das Mieterhöhungsverlangen nicht mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen sei. Die Klägerin müsse sich an dem Schriftformerfordernis festhalten lassen. Selbst wenn die Vereinbarung in § 6 des Mietvertrages einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB nicht standhalten würde, könnte sich die Klägerin als Verwenderin der Klausel auf deren Unwirksamkeit nicht berufen.

11

Das Schriftformerfordernis sei auch nicht konkludent aufgehoben worden. Soweit der Beklagte einer teilweisen Mieterhöhung von 6,84 EUR zugestimmt habe, habe er damit konkludent nur in Höhe dieses Betrages in die Aufhebung des Schriftformerfordernisses eingewilligt. Unerheblich sei auch, ob die früheren Mieterhöhungsverlangen der Parteien in schriftlicher oder anderer Form geschlossen worden seien, da hieraus kein genereller Verzicht für die Zukunft abgeleitet werden könne.

II.

12

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung kann der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1, § 558b Abs. 2 BGB nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin auch ohne eigenhändige Unterschrift formgültig und damit wirksam.

13

1.

Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das Mieterhöhungsverlangen dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. Verlangt das Gesetz die Textform, so muss gemäß § 126b BGB die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Dies ist hier geschehen.

14

2.

Dass dieses Schreiben nicht darüber hinaus seitens der Klägerin eigenhändig unterschrieben ist, macht das Mieterhöhungsverlangen nicht unwirksam. Die in § 6 des Mietvertrages enthaltene Schriftformabrede steht der Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens nicht entgegen. Nach § 6 des Mietvertrages sind Vertragsänderungen und -ergänzungen schriftlich zu vereinbaren. Das einseitige Mieterhöhungsverlangen des Vermieters stellt jedoch keine Vertragsänderung oder -ergänzung dar. Zu einer solchen kann es erst durch die Zustimmung des Mieters zu einer bestimmten Mieterhöhung kommen. Den Parteien bleibt es unbenommen, gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 BGB nachträglich eine dem § 126 BGB entsprechende Beurkundung zu verlangen.

III.

15

Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens vom 24. Januar 2008 im Übrigen und seiner materiellen Begründetheit getroffen hat. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Bünger

Von Rechts wegen

Verkündet am 10. November 2010

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