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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 07.10.2010, Az.: 1 StR 404/10
Vorläufige Einstellung aus Gründen der Prozessökonomie
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 07.10.2010
Referenz: JurionRS 2010, 25664
Aktenzeichen: 1 StR 404/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG München I - 05.03.2010

Verfahrensgegenstand:

Vergewaltigung u.a.

BGH, 07.10.2010 - 1 StR 404/10

Redaktioneller Leitsatz:

Ein strafbarer Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz erfordert, dass der Täter einer bestimmten vollstreckbaren Anordnung (§§ 1 und 4 GewSchG) zuwidergehandelt hat.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 7. Oktober 2010
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 5. März 2010 wird

    1. 1.

      das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts in den Fällen II 2 a (aa und bb) und II 2 b der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen;

    2. 2.

      die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO in dem Fall II 2 c der Urteilsgründe auf den Vorwurf der Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und mit Diebstahl sowie im Falle II 3 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung, (weiterer) Körperverletzung und Nötigung beschränkt;

    3. 3.

      der Schuldspruch des vorbezeichneten Urteils dahin geändert, dass der Angeklagte im Falle II 2 c der Urteilsgründe der Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und mit Diebstahl und im Falle II 3 der Urteilsgründe der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung, (weiterer) Körperverletzung und Nötigung schuldig ist;

    4. 4.

      das vorbezeichnete Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

  2. II.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

  3. III.

    Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sechs Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderungen (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren in den Fällen II 2 a (aa und bb) und II 2 b der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz verurteilt wurde, aus Gründen der Prozessökonomie gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Den Urteilsgründen ist nämlich nicht hinreichend zu entnehmen, dass der Angeklagte einer bestimmten vollstreckbaren Anordnung (§§ 1 und 4 GewSchG) zuwidergehandelt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. März 2007 - 5 StR 536/06; BGHSt 51, 257; BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2007 - 2 StR 431/07).

3

Soweit der Angeklagte in den Fällen II 2 c und II 3 der Urteilsgründe jeweils tateinheitlich mit weiteren Delikten auch eines Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz schuldig gesprochen wurde, hat der Senat diesen Vorwurf mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a StPO ausgeschieden und den Schuldspruch entsprechend geändert. In letzteren beiden Fällen können die Einzelstrafaussprüche bestehen bleiben, da der tateinheitlich begangene Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz neben den mehreren gewichtigeren Delikten die Strafzumessung ausweislich der Urteilsgründe nicht beeinflusst hat.

4

Der Gesamtstrafenausspruch kann jedoch nicht bestehen bleiben, da durch die Einstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO die Einzelstrafaussprüche in den Fällen II 2 a (aa und bb) sowie II 2 b der Urteilsgründe entfallen sind.

5

Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO Gebrauch, sodass das erkennende Gericht eine nachträgliche Entscheidung über die Gesamtstrafe im Beschlussverfahren gemäß den §§ 460, 462 StPO zu treffen haben wird.

6

Die auf § 473 Abs. 4 StPO gestützte Kostenentscheidung musste nicht dem Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO vorbehalten werden, weil sicher abzusehen ist, dass das Rechtsmittel nur einen geringfügigen Teilerfolg haben kann. Denn durch seine Verfahrensrüge hat der Angeklagte insbesondere den Schuldspruch wegen Vergewaltigung (Einsatzstrafe vier Jahre und sechs Monate) angegriffen, der jedoch mit dem Strafausspruch bestehen bleibt.

Nack
Wahl
Rothfuß
Elf
Sander

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