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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 14.04.2010, Az.: 2 StR 137/10
Feststellung einer verminderten Steuerungsfähigkeit eines Täters unter Bezeichnung des Defekts als verminderte Einsichtsfähigkeit durch den Tatrichter; Schmerzensgeldanspruch für die vier Erben des Getöteten als Gesamtgläubiger
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.04.2010
Referenz: JurionRS 2010, 15202
Aktenzeichen: 2 StR 137/10
ECLI: [keine Angabe]

Rechtsgrundlagen:

§ 20 StGB

§ 63 StGB

Fundstelle:

NJW-Spezial 2011, 8

Verfahrensgegenstand:

Totschlag

BGH, 14.04.2010 - 2 StR 137/10

Redaktioneller Leitsatz:

Die Formulierung im tatrichterlichen Urteil, bei der Tat sei "die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten ... gemäß § 21 StGB gemindert" gewesen, ist zwar fehlerhaft, kann aber auf ein Versehen zurückzuführen sein und muss daher nicht die (teilweise) Urteilsaufhebung in der Revision zur Folge haben.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 14. April 2010
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24. September 2009

    1. a)

      im Adhäsionsausspruch insoweit aufgehoben, als der Angeklagte verurteilt worden ist, an die Nebenkläger E. , M. , A. und Al. M. als Gesamtgläubiger ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro zu bezahlen; insoweit wird von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen;

    2. b)

      das Verfahren hinsichtlich der unter LDÜ-Nr. asservierten Messer und Messergriffe gemäß § 430 Abs. 1 StPO eingestellt; die Anordnung der Einziehung entfällt.

  2. 2.

    Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

  3. 3.

    Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

1.

Der Schuldspruch ist rechtsfehlerfrei. Die Verfahrensrüge ist aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen unbegründet. Die Zurückweisung des Entpflichtungsantrags durch das Landgericht war nicht ermessensfehlerhaft, da ernsthafte Anhaltspunkte für eine nachhaltige und nicht zu beseitigende Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zu dem (wunschgemäß) bestellten Pflichtverteidiger nicht gegeben waren.

2

2.

Auch der Strafausspruch sowie die Anordnung der Maßregel gemäß § 63 StGB weisen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Soweit das Landgericht zunächst ausgeführt hat, bei der Tat sei "die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten ... gemäß § 21 StGB gemindert" gewesen (UA S. 16), wäre dies zwar nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerhaft (vgl. BGHSt 40, 341, 349; 49, 347, 349; BGH NStZ 2006, 682 f.; BGH NStZ-RR 2008, 106; 2009, 170; Fischer StGB 57. Aufl. § 21 Rdn. 3 m.w.N.); insoweit handelt es sich aber, wie sich aus den weiteren Ausführungen der Urteilsgründe ergibt, unzweifelhaft um ein Formulierungsversehen des Tatrichters, dessen Beweiswürdigung und Feststellungen sich ausdrücklich auf die (erhebliche) Verminderung der Steuerungsfähigkeit beziehen (UA S. 17).

3

Die Feststellungen zum Eingangsmerkmal im Sinne von § 20 StGB sind im Ergebnis dahin zu verstehen, dass das Landgericht im Anschluss an den Sachverständigen eine auf einem hirnorganischen Psychosyndrom beruhende schwere Persönlichkeitsstörung angenommen hat, die zu einer verzerrten Realitätswahrnehmung und in der konkreten Tatsituation zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit geführt habe. Hiergegen bestehen ebenso wenig rechtliche Bedenken wie gegen die Annahme der prognostischen Voraussetzungen des § 63 StGB, die nicht allein auf für sich genommen wenig aussagekräftige statistische Aussagen ("Obergrenze des mittleren Risikobereichs") gestützt ist, sondern auf eine hinreichende Konkretisierung für die Person des Angeklagten (UA S. 19 f.).

4

3.

Die Einziehungsanordnung hat keinen Bestand. In den Urteilsgründen ist nicht erwähnt, welche Rolle die "asservierten Messer und Messergriffe" gespielt haben könnten. Insoweit hat der Senat das Verfahren gemäß § 430 Abs. 1 StPO eingestellt.

5

4.

Zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass die Adhäsionsentscheidung, soweit sie vier Erben der Getöteten als Gesamtgläubigern einen Schmerzensgeldanspruch zuerkannt hat, rechtsfehlerhaft ist. Ein Erbschein ist nicht vorgelegt worden; ersichtlich ist der Angeklagte selbst auch (bisher) nicht für erbunwürdig erklärt worden und aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden.

Rissing-van Saan
Fischer
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Schmitt

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