Beschl. v. 13.04.2010, Az.: 5 StR 113/10
Verfahrensgang:
vorgehend:
LG Leipzig - 04.11.2009
Fundstelle:
NStZ 2010, 512
Verfahrensgegenstand:
Versuchter Totschlag u. a.
BGH, 13.04.2010 - 5 StR 113/10
Redaktioneller Leitsatz:
Hat das Tatgericht bei einer Verurteilung wegen versuchten Totschlags den über § 213 Alt. 1 StGB gemilderten gesetzlichen Normalstrafrahmen für eine vollendete Tatbegehung nach § 212 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt, so verstößt es gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB, wenn es innerhalb dieses Strafrahmens neuerlich die Erfolgsnähe und damit gerade ein bestimmendes Merkmal des Tatbestands zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 13. April 2010
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 4. November 2009 im Strafausspruch gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
- 2.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
- 3.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die mit der Sachbeschwerde geführte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
1.
Der Strafausspruch hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Zwar mag die Wertung der Strafkammer, unter den gegebenen Voraussetzungen des § 213 Alt. 1 StGB dem Angeklagten eine Versuchsmilderung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB wegen der Nähe zur Tatvollendung zu versagen, rechtlich noch vertretbar sein (vgl. nur BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 9). Soweit das Tatgericht vor dem Hintergrund dieser getroffenen Strafrahmenwahl allerdings zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass ein "Überleben des Geschädigten nur von dem Zufall des bereits alarmierten Rettungswagens abhängig war" (UA S. 49), hält diese Bewertung revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
Das Landgericht lässt dabei unberücksichtigt, dass der Strafzumessung der - hier freilich über § 213 Alt. 1 StGB gemilderte - gesetzliche Normalstrafrahmen für eine vollendete Tatbegehung nach § 212 Abs. 1 StGB zugrunde liegt. Innerhalb dieses Strafrahmens neuerlich die Erfolgsnähe und damit gerade ein bestimmendes Merkmal des Tatbestands zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, ist mit § 46 Abs. 3 StGB unvereinbar.
2.
Hinsichtlich dieses Wertungsfehlers bedarf es nicht der Aufhebung von Feststellungen. Sollte das neue Tatgericht abermals einer Versagung der Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zuneigen, sollte es hierfür nähere Feststellungen zu den Tatfolgen für den Geschädigten treffen und würdigen.
Basdorf
Raum
Schneider
König
Bellay
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