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Bundesgerichtshof
Urt. v. 21.01.2004, Az.: VIII ZR 209/03

Zulässigkeit der Auswechslung der klagenden Partei als Klageänderung nach einer unzulässigen gewillkürten Prozessstandschaft; Wirksamkeit einer durch die Zulässigkeit einer Prozessstandschaft bedingt erfolgten Parteiänderung; Zulässigkeit eines hilfsweise beantragten Parteiwechsels

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
21.01.2004
Aktenzeichen
VIII ZR 209/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 10977
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Chemnitz
LG Chemnitz - 10.06.2003

Fundstellen

  • BB 2004, 406 (Volltext mit amtl. LS)
  • BGHR 2004, 616-617
  • BGHReport 2004, 616-617
  • DB 2004, X Heft 8 (amtl. Leitsatz)
  • EBE/BGH 2004, 1
  • FamRZ 2004, 619 (amtl. Leitsatz)
  • JA 2004, 511-512 (Volltext mit amtl. LS)
  • JZ 2004, 317* (amtl. Leitsatz)
  • MDR 2004, 700-701 (Volltext mit amtl. LS)
  • MietRB 2004, 137
  • NJW 2004, VIII Heft 12 (Kurzinformation)
  • NJW-RR 2004, 640-641
  • ProzRB 2004, V Heft 3 (amtl. Leitsatz)
  • ProzRB 2004, 145-146 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuM 2004, 158-159 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZAP 2004, 464 (Kurzinformation)

Amtlicher Leitsatz

Ein Klägerwechsel kann nicht wirksam unter der Bedingung erklärt werden, dass das Gericht die Zulässigkeit der Klage des ursprünglichen Klägers als Prozessstandschafter verneint.

Redaktioneller Leitsatz

Eine Parteiänderung, die zu einer subjektiven Klagehäufung führt, kann wirksam nicht bedingt erfolgen, weder unter der prozessualen Bedingung, dass der Anspruch der in erster Linie angeführten Partei für unbegründet befunden wird, noch unter der Bedingung, dass das Gericht die Zulässigkeit der Klage der ursprünglichen Klägerin als Prozessstandschafterin verneint. Bei einem nur bedingten Parteiwechsel handelt es sich nicht wie bei gewöhnlichen Hilfsanträgen darum, ob demselben Kläger der eine oder der andere Anspruch zuzubilligen ist, sondern um die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses mit einer anderen Partei. Ob ein solches besteht, darf, schon um der Rechtsklarheit willen, nicht bis zum Ende des Rechtsstreits in der Schwebe bleiben.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 29. Dezember 2003
durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und
die Richter Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 10. Juni 2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Der Beklagte war seit 1964 bis zum 31. Oktober 2001 in C. in der A. -Straße Mieter einer Wohnung, die seit September 1997 im Eigentum der Klägerin steht. Im September 1997 kündigte die Klägerin Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen für den Wohnblock A. Straße an. Im Zuge dieser Maßnahmen wurden die bisherigen Ofenheizungen durch eine Zentralheizungsanlage ersetzt, die im Eigentum eines Wärmedienstunternehmens steht. Aus den von der Klägerin erteilten Abrechnungen für die Abrechnungsperioden der Jahre 1998 bis einschließlich 2000 ergab sich zu Lasten des Beklagten ein offener Betrag von insgesamt 816,66 EUR. Der Beklagte verweigerte eine Bezahlung. Er hält sich dazu nicht für verpflichtet, weil es für eine Umstellung der Heizungsversorgung auf das so genannte "Eigentümermodell" einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter bedurft hätte. Eine solche sei nicht geschlossen worden. Auch sei die Modernisierungsankündigung mangelhaft und inhaltlich falsch gewesen.

2

Wegen der offenen Posten aus der Betriebskostenabrechnung hat die G. mbH, H. , (künftig: G. ), handelnd als Verwalterin der Eigentümerin A. J. , Klage erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage (als unbegründet) abgewiesen. Im Verfahren auf die von der G. eingelegte und begründete Berufung hat das Landgericht auf Bedenken gegen die Prozessführungsbefugnis der G. hingewiesen. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte dieser Gesellschaft unter anderem schriftsätzlich ausgeführt:

"... Hilfsweise, und nur für den Fall, dass das Landgericht Chemnitz ein eigenständiges rechtsschutzwürdiges Interesse der Klägerin am vorliegenden Prozess nicht annimmt, wird im Wege des Parteiwechsels (Hervorhebung im Original) erklärt, dass der Anspruch nunmehr durch Frau A. J. , B. straße , H. , vertreten durch die G. mbH ... geltend gemacht wird."

3

Das Landgericht hat die Berufung "der Klägerin" zurückgewiesen und die Revision gegen das Urteil zugelassen. Nach der Kostenentscheidung des Berufungsurteils hat die G. ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie von den "bis zu ihrem Ausscheiden" entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Beklagten die Hälfte zu tragen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht der "Klägerin" die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit der Revision werden die Klageanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

4

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der G. fehle die Prozessführungsbefugnis. Die Ermächtigung seitens der Eigentümerin, auf die sich die Gesellschaft stütze, sei unwirksam, weil diese sich nicht auf eine bestimmte Rechtsstreitigkeit beziehe, sondern eine Generalermächtigung darstelle. Auch fehle der G. das für eine gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche eigene rechtsschutzwürdige Interesse, den Anspruch der Vermieterin im eigenen Namen geltend zu machen. Der schriftsätzlich erklärte zulässige Parteiwechsel habe aber dazu geführt, dass die Eigentümerin A. J. als Klägerin den Prozess fortführe. Die Klägerin könne jedoch die Modernisierungskosten und die infolgedessen neu entstandenen Betriebskosten nur in dem Umfang verlangen, in dem sie die Bedingungen für die Modernisierungsankündigung und das Mieterhöhungsverlangen eingehalten habe. Da es hieran mangele, scheitere ihr Zahlungsanspruch.

5

II.

Die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg und ist daher zurückzuweisen. Allerdings ist die Klage bereits unzulässig. Dies hat das Revisionsgericht auch auf die Revision der klagenden Partei - gegebenenfalls von Amts wegen - zu berücksichtigen, ohne dass damit ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot (vgl. §§ 557 Abs. 1, 528 ZPO) verbunden ist.

6

1.

Wie dem Inhalt des Berufungsurteils zu entnehmen ist, hat das Berufungsgericht allein über die Klage der nunmehrigen Klägerin entschieden. Das Gericht ist damit dem Begehren der ursprünglichen Klägerin, der G. , gefolgt, die für den Fall, dass das Gericht ihre Klage als unzulässig ansehen sollte, einen Parteiwechsel vornehmen wollte. Dementsprechend hat das Berufungsgericht, da es eine Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft der G. verneint hat, in den Entscheidungsgründen zunächst über die Zulässigkeit des Parteiwechsels befunden. Es hat die Auswechslung der klagenden Partei als zulässige Klageänderung gewertet und ausgeführt, dass nunmehr "an Stelle der ausscheidenden G. " die Eigentümerin A. J. den Prozess fortführe. In diesem Sinne hat es auch die Kosten des Rechtsstreits verteilt. Dass das Gericht im Rubrum seiner Entscheidung weiterhin die G. als Klägerin und Berufungsklägerin aufführt, ist demgegenüber ohne Bedeutung.

7

Die Revisionsparteien gehen daher zu Recht davon aus, dass die Eigentümerin A. J. , die mit ihrer Revision das ihre Klage abweisende Urteil angreift, an Stelle ihrer Verwalterin als neue Klägerin in den Prozess eingetreten ist. Dass sie in ihren Schriftsätzen das in dem Berufungsurteil aufgeführte ursprüngliche - unrichtig gewordene - Rubrum übernommen haben, ist unschädlich. Mit der Klage der ursprünglichen Klägerin G. hat sich das Revisionsgericht demnach nicht zu befassen.

8

2.

Wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt, ist die Klage der (neuen) Klägerin bereits unzulässig. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 65, 264, 268 m.w.Nachw.) sieht das Landgericht im Wechsel auf der Klägerseite eine Klageänderung gemäß § 263 ZPO. Zu Unrecht hält das Berufungsgericht jedoch die Klageänderung für zulässig. Das Gericht hat unberücksichtigt gelassen, dass der Parteiwechsel nur hilfsweise für den Fall erklärt worden ist, dass das Berufungsgericht die Prozessführungsbefugnis der G. verneinen würde. Eine Parteiänderung, die zu einer subjektiven Klagehäufung führt, kann wirksam nicht bedingt erfolgen, weder unter der prozessualen Bedingung, dass der Anspruch der in erster Linie angeführten Partei für unbegründet befunden wird (BGH, Urteil vom 25. September 1972 - II ZR 28/69, MDR 1973, 742), noch - wie hier - unter der Bedingung, dass das Gericht die Zulässigkeit der Klage der ursprünglichen Klägerin als Prozessstandschafterin verneint. Bei einem nur bedingten Parteiwechsel handelt es sich nicht wie bei gewöhnlichen Hilfsanträgen darum, ob demselben Kläger der eine oder der andere Anspruch zuzubilligen ist, sondern um die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses mit einer anderen Partei. Ob ein solches besteht, darf, schon um der Rechtsklarheit willen, nicht bis zum Ende des Rechtsstreits in der Schwebe bleiben (BGH, Urteil vom 25. September 1972, aaO; vgl. auch Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., Vor § 59 Rdnr. 4 a).