Bundesgerichtshof
Urt. v. 17.07.2003, Az.: IX ZR 272/02
Rückgewähr von Steuerzahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung; Benachteiligungsvorsatz und -absicht des Schuldners; Inkongruentes Deckungsgeschäft; Nachweis auf andere Art und Weise; Inkaufnehmen der Gläubigerbenachteiligung; Unlauteres Zusammenwirken zwischen Gläubiger und Schuldner; Erkennen der Zahlungsunfähigkeit; Vermutung der Kenntnis von Benachteiligung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 17.07.2003
- Aktenzeichen
- IX ZR 272/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 25649
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Stuttgart - 13.11.2002
- LG Stuttgart
Rechtsgrundlagen
- § 133 Abs.1 InsO
- § 18 Abs. 2 InsO
- § 286 ZPO
- § 258 AO 1977
Fundstellen
- BFH/NV 2004, 181-183 (Volltext mit amtl. LS)
- BFH/NV (Beilage) 2004, 181-183
- BGHR 2003, 1373-1374
- BGHReport 2003, 1373-1374
- DB 2003, VIII Heft 38 (amtl. Leitsatz)
- DB 2004, XVIII Heft 13 (Kurzinformation)
- DB 2003, 2488-2489 (Volltext mit amtl. LS)
- DStR 2003, XIV Heft 46 (Volltext mit amtl. LS)
- DStR 2004, 47 (Volltext)
- DStZ 2003, 784 (Kurzinformation)
- DZWIR 2003, 519-522 (Volltext mit amtl. LS)
- EWiR 2004, 25 (Volltext mit amtl. LS)
- FB 2004, 92
- InVo 2004, 97-100 (Volltext mit amtl. LS)
- JZ 2003, 578 (amtl. Leitsatz)
- JZ Information 2003, 578* (amtl. Leitsatz)
- KTS 2004, 69-73 (Volltext mit amtl. LS)
- LMK 2004, 37
- MDR 2004, 174-175 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 2003, X Heft 42 (Kurzinformation)
- NJW 2003, 3560-3562 (Volltext mit amtl. LS)
- NZI 2003, 597-599 (Volltext mit amtl. LS)
- NZI (Beilage) 2004, 28* (amtl. Leitsatz)
- StuB 2004, 144
- VuR 2003, 432 (amtl. Leitsatz)
- WM 2003, 1923-1926 (Volltext mit amtl. LS)
- WuB 2004, 75-77
- ZIP 2003, 1799-1801 (Volltext mit amtl. LS)
- ZInsO 2003, 850-852 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
- a)
Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger voraus.
- b)
Von einem Gläubiger, der Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, ist zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kennt.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Hat der Schuldner eine inkongruente Deckung vorgenommen, auf die der Begünstigte keinen Rechtsanspruch hatte, so kann darin regelmäßig ein (starkes) Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz liegen.
- 2.
Zu § 31 Konkursordnung (KO), der seinem Wortlaut nach eine Benachteiligungsabsicht voraussetzte, war anerkannt, dass bei kongruenten Deckungsgeschäften der Vorsatz nur dann bejaht werden könne, wenn ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Schuldner und Gläubiger vorliege. Für § 133 Insolvenzordnung (InsO), der ausdrücklich einen Benachteiligungsvorsatz ausreichen lässt, ist diese Auffassung insoweit zu eng, als ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Gläubiger und Schuldner nicht der einzige Fall ist, in dem der Schuldner die Benachteiligung der anderen Gläubiger billigt. Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Schuldner vorrangig auf die Erfüllung seiner Zahlungspflicht ankommt, kann auch durch andere Umstände erschüttert werden, deren Unlauterkeit zweifelhaft sein mag, etwa einen zwar gesetzmäßigen, aber massiven Druck des sodann begünstigten Gläubigers.
In dem Rechtsstreit
hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2003
durch
die Richter Kirchhof, Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Neskovic
für Rechterkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) im Wege der Insolvenzanfechtung Rückgewähr von Steuerzahlungen, welche die Schuldnerin in der Zeit vom 25. April bis 7. November 2000 an das Finanzamt L. erbracht hat.
Am 18. April 2000 trafen die Schuldnerin und das Finanzamt L. eine Ratenzahlungsvereinbarung über rückständige Steuern der Schuldnerin. Danach verpflichtete sich diese, auf die rückständigen Steuern 50.000,00 DM sofort und Raten in Höhe von 12.500,00 DM in den Monaten Mai, Juni und Juli und den Restbetrag im August 2000 zu erbringen. In Erfüllung dieser Vereinbarung zahlte die Schuldnerin an das Finanzamt am 25. April 2000 50.000,00 DM und am 20. Mai 2000 12.500,00 DM. Nachdem weitere Zahlungen ausblieben, erließ das Finanzamt am 1. August 2000 gegen die Schuldnerin eine Pfändungsverfügung. Daraufhin bat ein von der Schuldnerin beauftragter Rechtsanwalt um Vollstreckungsaufschub u.a. mit dem Hinweis auf eine am 7. August 2000 von der Schuldnerin erbrachte Vorauszahlung auf Umsatz- und Lohnsteuer in Höhe von 44.023,81 DM. Diesen Vollstreckungsaufschub gewährte das Finanzamt am 9. August 2000 unter der Bedingung, dass ab 15. September 2000 monatlich 7.000,00 DM zur Tilgung der Steuerschulden der Schuldnerin und 3.000,00 DM zur Tilgung einer persönlichen Steuerschuld des Geschäftsführers der Schuldnerin gezahlt würden; gegen diesen hatte das Finanzamt L. im Dezember 1999 eine Pfändungsverfügung wegen von diesem persönlich geschuldeter rückständiger Steuern in Höhe von 66.837,30 DM erlassen. Daraufhin bezahlte die Schuldnerin am 15. September 2000 10.000,00 DM und am 7. November 2000 7.000,00 DM an das Finanzamt.
Auf Antrag einer Allgemeinen Ortskrankenkasse vom 18. Dezember 2000 wurde durch Beschluss vom 1. März 2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit der Klage hat er wegen der vorgenannten und weiterer Zahlungen an das Finanzamt zunächst 152.933,93 DM verlangt. In der Berufungsinstanz hat er die Klage auf den Betrag von 61.622,85 EUR (= 120.523,81 DM) beschränkt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte nur wegen der Zahlung vom 7. November 2000 Erfolg. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Berufungsantrag wegen der früheren Zahlungen weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt zur Zurückverweisung der Sache.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Eine Anfechtung gemäß § 133 InsO wegen der Zahlungen, die außerhalb des Dreimonatszeitraums des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO vorgenommen worden seien, scheide aus, da es dem Kläger nicht gelungen sei, den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin darzulegen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass sich diese Zahlungen als inkongruente Deckungshandlungen darstellten, weil sie zur Abwendung einer drohenden Zwangsvollstreckung erbracht worden seien. Eine inkongruente Deckung komme vielmehr nur dann in Betracht, wenn die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Zahlungen innerhalb des Dreimonatszeitraums des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO erfolgt seien. Bis auf die Zahlung vom 7. November 2000 seien alle anderen Zahlungen außerhalb dieses Zeitraums erbracht worden, sodass sie als kongruente Deckungshandlungen anzusehen seien. Bei solchen Handlungen komme eine Anfechtung gemäß § 133 InsO nur in Betracht, wenn ein unlauteres Handeln vorliege. Dazu habe der Kläger aber nichts vorgetragen, sodass die Anfechtung nur bezüglich der Zahlung vom 7. November 2000 gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfolgreich sei.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Kläger hat die Voraussetzung der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO schlüssig dargelegt. Soweit das beklagte Land sich dagegen rechtserheblich verteidigt, sind tatrichterliche Feststellungen erforderlich.
1.
a)
Voraussetzung der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist, dass der Schuldner die Rechtshandlung mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen hat. Die Beweislast für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners liegt ebenso wie für die übrigen Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO beim Insolvenzverwalter (Kreft, in: HK-InsO, 2. Aufl. § 133 Rn. 12; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 133 Rn. 22). Der Tatrichter hat sich seine Überzeugung nach § 286 ZPO zu bilden und dabei das entscheidungserhebliche Parteivorbringen, das Ergebnis einer Beweisaufnahme und Erfahrungssätze zu berücksichtigen (BGHZ 124, 76, 82[BGH 11.11.1993 - IX ZR 257/92]; BGHZ 131, 189, 195, 196). Zur Feststellung eines Benachteiligungsvorsatzes hat die Rechtsprechung im Laufe der Zeit bestimmte aus der Lebenserfahrung abgeleitete Grundsätze entwickelt. Hat der Schuldner eine inkongruente Deckung vorgenommen, auf die der Begünstigte keinen Rechtsanspruch hatte, so kann darin regelmäßig ein (starkes) Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz 1iegen (BGH, Urt. v. 15. Dezember 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460; Urt. v. 26. Juli 1997 - IX ZR 203/96, ZIP 1997, 1509, 1510).
b)
Hier hat das Berufungsgericht zwar rechtlich zutreffend die noch im Streit befindlichen Zahlungen der Schuldnerin nicht als inkongruente Deckungsgeschäfte gewertet. Diese Zahlungen, die sämtlich vor dem Dreimonatszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO erfolgten, können selbst dann nicht als inkongruent angesehen werden, wenn sie zur Abwendung von drohenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geleistet werden. Der Senat hat - in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - entschieden, dass eine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger auf eine fällige Forderung früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag gewährt, nicht bereits deshalb eine inkongruente Deckung darstellt, weil sie zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgt (BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, z.V.b. in BGHZ; Urt. v. 17. Juli 2003 - IX ZR 215/02, z.V.b.).
c)
Unzutreffend ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es dem Kläger nicht gelungen sei, den Benachteiligungsvorsatz auf anderem Wege darzulegen. Insoweit genügt auch bei einer kongruenten Deckung bedingter Vorsatz (BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 a.a.O.).
aa)
Nicht zu beanstanden ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass bei einem kongruenten Deckungsgeschäft, bei dem der Schuldner dem Gläubiger nur das gewährt, worauf dieser ein Anspruch hatte, erhöhte Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des Benachteiligungsvorsatzes zu stellen sind.
Dieser besteht, wenn der Schuldner mit kongruenten Zahlungen wenigstens mittelbar auch die Begünstigung des Gläubigers bezweckt. Dies liegt insbesondere dann nahe, wenn der Schuldner mit der Befriedigung gerade dieses Gläubigers Vorteile für sich erlangen oder Nachteile von sich abwenden will. Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung eines Insolvenzantrages abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen in Kauf (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 a.a.O.).
Das Berufungsgericht hat im Anschluss an ältere Rechtsprechung auch des erkennenden Senates (vgl. BGHZ 12, 232, 238; 121, 179, 185[BGH 21.01.1993 - IX ZR 275/91] m.w.N.) angenommen, dass bei kongruenten Deckungsgeschäften der Vorsatz nur dann bejaht werden könne, wenn ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Schuldner und Gläubiger vorliege. Diese Abgrenzungsregel geht auf die Fassung des § 31 KO zurück, der seinem Wortlaut nach eine Benachteiligungsabsicht voraussetzte. Für § 133 InsO, der ausdrücklich einen Benachteiligungsvorsatz ausreichen lässt, greift sie insoweit zu kurz, als ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Gläubiger und Schuldner nicht der einzige Fall ist, in dem der Schuldner die Benachteiligung der anderen Gläubiger billigt. Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Schuldner vorrangig auf die Erfüllung seiner Zahlungspflicht ankommt, kann auch durch andere Umstände erschüttert werden, deren Unlauterkeit zweifelhaft sein mag, etwa einen zwar gesetzmäßigen, aber massiven Druck des sodann begünstigten Gläubigers. Soweit der angeführten Rechtsprechung eine weiter gehende Einschränkung entnommen werden könnte, gibt der Senat sie jedenfalls für den Anwendungsbereich des § 133 InsO auf.
bb)
Danach erschöpft die gegenteilige Sichtweise des Berufungsgerichts den entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers nicht (§ 286 ZPO). Dieser hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin am 12. April 2000 und am 18. April 2000 den Beamten des beklagten Landes gegenüber erklärt habe, er sei "illiquide" bzw. "zahlungsunfähig". Der Mitarbeiter des beklagten Landes, K. , habe dem Geschäftsführer der Schuldnerin bei einem weiteren Gespräch am 18. April 2000 erklärt, dass er, wenn die Schuldnerin nicht bis Montag der kommenden Woche 50.000,00 DM zahle, die "Bude dicht" mache; käme das Geld nicht, würden die 36 Mitarbeiter zumindest ein "geregeltes Einkommen über das Arbeitslosengeld" beziehen können.
Aus diesem Vortrag lässt sich ein starkes Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bei den Zahlungen ab 25. April 2000 entnehmen. Die Erklärung, nicht zahlen zu können, bedeutet eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Urt. v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, ZIP 1984, 809, 810, 811; RG SeuffA 38 [1882] Nr. 88; OLG Dresden SeuffA 37 [1881] Nr. 178; Jaeger/Henckel § 30 Rn. 14, 17) und indiziert damit eine Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO). Daran ändert es hier nichts, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin diese Erklärung als Drittschuldner abgegeben hat. Denn er leugnete nicht, dass die Schuldnerin auf Grund der Pfändungsverfügung des beklagten Landes vom 22. Dezember 1999 zu weitaus höheren Zahlungen verpflichtet war. Die Vermutung, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war, wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass sie nachträglich noch die hier angefochtenen Zahlungen an das beklagte Land leistete. Der Zahlungsunfähigkeit steht es nicht entgegen, dass der Schuldner noch einzelne - sogar beträchtliche - Zahlungen leistet, sofern die unerfüllt gebliebenen Verbindlichkeiten nicht unwesentlich sind (BGH, Urt. v. 31. März 1982 - 2 StR 744/81, NJW 1982, 1952, 1954; Urt. v. 10. Januar 1985 - IX ZR 4/84,NJW 1985, 1785; Urt. v. 25. September 1997 - IX ZR 231/96, NJW 1998, 607, 608). Ein Schuldner, der in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit im Allgemeinen noch einzelne Gläubiger befriedigt, rechnet zwangsläufig mit der dadurch eintretenden Benachteiligung der anderen Gläubiger, für die damit weniger übrig bleibt. Er nimmt dies jedenfalls dann billigend in Kauf, wenn er damit den begünstigten Gläubiger von der Stellung eines Insolvenzantrages abhalten will (vgl. Senatsurt. v. 27. Mai 2003 a.a.O. unter II. 3 c) der Entscheidungsgründe).
2.
Weiterhin setzt die Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO voraus, dass "der andere Teil", d.h. der Anfechtungsgegner, zurzeit der Handlung (§ 140 InsO) den Vorsatz des Schuldners kannte. Der Antragsgegner muss mithin gewusst haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte. Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird die Kenntnis des anderen Teils vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Das Wissen des Antragsgegners von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligung hat der Insolvenzverwalter zu beweisen (vgl. Gerhardt/Kreft, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, 8. Aufl. Rn. 425).
Auch hierzu hat der Kläger schlüssig vorgetragen. Aus der von ihm behaupteten Mitteilung des Geschäftsführers der Schuldnerin über deren Zahlungsunfähigkeit an die Mitarbeiter des beklagten Landes am 12. April und 18. April 2000 sowie der behaupteten Drohung des Zeugen K. , die Bude dicht machen zu wollen, ergibt sich, dass dieser die Mitteilung über die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin genutzt hat, die Schuldnerin unter Druck zu setzen, um mit deren Einverständnis eine bevorzugte Befriedigung des beklagten Landes vor allen anderen Gläubigern zu erreichen.
III.
Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Soweit das beklagte Land der Ansicht ist, es könne bezüglich der Zahlung vom 25. April 2000 in Höhe von 40.000,00 DM keine Gläubigerbenachteiligung vorliegen, weil dieser Betrag unstreitig aus Privatvermögen erbracht worden sei, kann sie damit nicht durchdringen. Das Geld ist - soweit dargetan - zunächst in das Vermögen der GmbH gelangt. Die Voraussetzungen einer Treuhand zu Gunsten der Geldgeber sind nicht vorgetragen (vgl. BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489, 490; BGH, Urt. v. 27. Mai 2002 a.a.O.).
Das Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), da sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das beklagte Land ist dem schlüssigen, mit Beweisantritten versehenen Vorbringen des Klägers in rechtserheblicher Weise entgegengetreten, so dass die entsprechenden Feststellungen durch das Berufungsgericht nachgeholt werden müssen.
IV.
Sollte der Kläger seine Behauptungen über den Inhalt der Gespräche im April 2000 nicht beweisen können, wird das Berufungsgericht Folgendes zu bedenken haben:
1.
Wie bereits dargestellt [s. unter II. 1. c) bb)], ist es ein starkes Beweiszeichen für einen Benachteiligungsvorsatz, wenn ein Schuldner zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsmaßnahme an einen einzelnen Gläubiger leistet, obwohl er auf Grund seiner Zahlungsunfähigkeit weiß, dass er nicht mehr alle seine Gläubiger befriedigen kann und infolge der Zahlung an einen einzelnen Gläubiger andere Gläubiger benachteiligt werden.
Unstreitig hat das beklagte Land am 1. August 2000 eine Pfändungsverfügung erlassen, die nach der unter Beweis gestellten Darlegung des Klägers Auslöser für die Zahlung vom 7. August 2000 über 44.023,81 DM war, mit welcher ein Vollstreckungsaufschub erreicht werden sollte. Des Weiteren hat der Kläger zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin unter Beifügung von Geschäftsunterlagen und anderen Dokumenten umfänglich und detailliert mit entsprechenden Beweisantritten vorgetragen. Der Kläger wird allerdings die zu dieser Zeit fälligen und offen stehenden Gesamtverbindlichkeiten noch darlegen müssen. Summen- und Saldenlisten reichen nicht.
2.
Bei der Prüfung der Kenntnis des beklagten Landes vom Benachteiligungsvorsatz wird das Berufungsgericht in seine Erwägungen insbesondere die in § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO festgelegte Vermutungswirkung für die Kenntnis des "anderen Teils" einzubeziehen haben. Dabei wird es folgende unstreitige Tatsachen zur wirtschaftlichen Lage, von denen das beklagte Land Kenntnis hatte, berücksichtigen müssen:
a)
Die Gesamtsteuerschuld der Schuldnerin und ihres Geschäftsführers betrug am 9. August 2000 - trotz der am 7. August 2000 gezahlten 44.023,81 DM - noch 116.283,29 DM (Anlage K 12 zur Klageschrift). Aus dem Schreiben des Finanzamts vom 29. Mai 2000 (Anlage K 26 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. November 2001) geht hervor, dass vor der Zahlung vom 25. April 2000 erneut die für Februar 2000 angemeldeten Umsatzsteuerbeträge und die für April 2000 abzuführende Lohnsteuer nicht entrichtet worden waren. Außerdem hatte die Schuldnerin die aus der Stundungsvereinbarung vom 18. April 2000 zu zahlenden monatlichen Raten für Juni und Juli in Höhe von jeweils 12.500,00 DM nicht erbracht. Schließlich waren zwei von der Schuldnerin am 5. Juni 2000 ausgestellte Schecks, mit denen sie laufende Steuern (Lohnsteuer 4/2000 und Umsatzsteuer 2/2000) in Höhe von insgesamt 17.793,66 DM bezahlen wollte, mangels Deckung nicht eingelöst worden.
b)
Das Berufungsgericht wird im Rahmen des § 286 ZPO tatrichterlich zu würdigen haben, ob diese Umstände unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 a.a.O., dort II. 4. der Entscheidungsgründe) ausreichen, um eine Kenntnis des "anderen Teils" im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO annehmen zu können. Das beklagte Land musste - entgegen seinem Einwand - damit rechnen, dass jedenfalls Arbeitnehmer und somit Sozialversicherungsträger als weitere Gläubiger vorhanden waren.
c)
Bei seiner tatrichterlichen Würdigung wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch zu beachten haben, dass es genügen kann, wenn der Insolvenzverwalter die Kenntnis des Anfechtungsgegners von Umständen beweist, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Zwar stellt § 133 Abs. 1 InsO - anders als §§ 130 Abs. 2, 132 Abs. 3 und 131 Abs. 2 Satz 1 InsO - keine entsprechende Rechtsvermutung auf. Das hindert jedoch nicht, im Rahmen von § 286 ZPO insoweit von einer (allerdings widerleglichen) tatsächlichen Vermutung auszugehen (vgl. Gerhardt/Kreft a.a.O. Rn. 426 m.w.N.; zur Anwendung des § 130 Abs. 2 InsO bei der Finanzverwaltung vgl. BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, WM 2003, 400, 402; vgl. für § 30 Nr. 1 Fall 2 KOBGH, Urt. v. 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02 z.V.b.). Von einem Gläubiger, der Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, ist deshalb zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kennt.
d)
Soweit das beklagte Land meint, seine Mitarbeiter hätten im Hinblick auf § 258 AO aus den vorstehend dargestellten unstreitigen Tatsachen nicht die entsprechenden Schlüsse gezogen, kann es hiermit keinen Erfolg haben. Wenn der zuständige Finanzbeamte die unter c) dargestellte Kenntnis hat, wird die Anfechtung nicht dadurch ausgeschlossen, dass er nach § 258 AO Stundung oder Vollstreckungsaufschub gewähren wollte.