Bundesgerichtshof
Urt. v. 28.10.1997, Az.: XI ZR 260/96
Voraussetzung der positiven Verletzung eines Vermögensverwaltungsvertrages ; Vertragsverletzung durch die Veräußerung zahlreicher Wertpapiere ohne einen Kursgewinn ; Auslegung eines Vermögensverwaltungsvertrag als entgeltlicher Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages; Zulässigkeit der Ermessensausübung eines Vermögensverwalters
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 28.10.1997
- Aktenzeichen
- XI ZR 260/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 15456
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamburg - 11.10.1996
- LG Hamburg
Rechtsgrundlage
- Nr. 32 Satz 2 AGB-Banken
Fundstellen
- BGHZ 137, 69 - 76
- BB 1998, 71-73 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1998, 190-192 (Volltext mit amtl. LS)
- EWiR 1998, 109 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- HFR 1998, 590-591
- JuS 1998, 367-368 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1998, 232-233 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1998, 449-450 (Volltext mit amtl. LS) "Abweichung von Anlagerichtlinien des Kunden"
- NJW-RR 1998, 485 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1998, 370-372 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1998, 21-23 (Volltext mit amtl. LS)
- WuB 1998, 313-314
- ZBB 1998, 35
- ZIP 1997, 2149-2151 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
- a)
Bei einem Vermögensverwaltungsvertrag müssen sich die Anlageentscheidungen des Verwalters im Rahmen vereinbarter Anlagerichtlinien halten. Andernfalls haftet er bei Verschulden wegen positiver Vertragsverletzung auf Schadensersatz.
- b)
Bei einem Vermögensverwaltungsvertrag trifft den Kunden gegenüber dem Vermögensverwalter nicht die Pflicht, Abrechnungen und Ausführungsanzeigen von Wertpapiergeschäften zeitnah zu kontrollieren.
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 1997
durch
den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Siol,
Dr. Bungeroth, Nobbe und Dr. van Gelder
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 12. Zivilsenat, vom 11. Oktober 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Erledigungsantrag des Klägers und seine Zahlungsklage in Höhe von 1.185.526,99 DM zuzüglich Zinsen abgewiesen worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 11. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger, ein iranischer Unternehmer, verlangt von der Beklagten, einer deutschen Privatbank, Schadensersatz unter anderem wegen Verletzung eines Vermögensverwaltungsvertrages.
Nach Leistung einer Einlage von 500.000 DM schloß der Kläger mit der Beklagten einen entgeltlichen Vermögensverwaltungsvertrag. Mit Schreiben vom 10. Juni 1987 erteilte er ihr folgende "guidelines":
"1)
The portfolio should be based on German stocks und cash (in DM).2)
Up to twice the value of the sums available in my account, stocks could be bought, I.E. up to a maximum amount of DM one Million, presently.3)
The purchasing rate should not exceed about 105% of the lowest rate of stock since 1.1.1986.4)
The purchasing rate should not exceed about 65% of the highest rate of stock since 1.1.1987.5)
The sum invested for purchasing of each simple stock should not exceed DM 50.000.6)
As soon as any stock purchased, appreciate for 20 - 30% of the purchase value, to be sold.7)
Only those stocks to be purchased that at any time could be used for pledging within your bank for a minimum of 60% of the purchase value.No need to say that beside the a.m. framed conditions, there is one more and an important condition, I.E. your experts will find the deal advisable, to the best of their knowledges without the worry of being kept responsible, if it proved otherwise."
Die Beklagte bestätigte dieses Schreiben am 19. Juni 1987 mit der Maßgabe, daß der in Nr. 4 genannte Grenzwert durch sie von 65 auf 75% geändert worden sei.
Bis zum September 1992 nahm die Beklagte, die dem Kläger Kredit gewährte, ca. 140 Käufe und etwa 130 Verkäufe von Wertpapieren vor. Nach ihren eigenen Angaben wurden bei etwa 120 Käufen und über 90 Verkäufen eine oder mehrere Vorgaben des Klägers, vor allem die Nrn. 3 und 6, nicht eingehalten. In etwa 25 Fällen investierte die Beklagte in Abweichung von Nr. 5 mehr als 50.000 DM in einen Wert, in einem Falle ca. 123.000 DM in unter Führung der Beklagten neu emittierte Aktien. Von der Vorgabe, deutsche Aktien zu erwerben, wich die Beklagte in etwa 30 Fällen ab, wobei sie auch Optionsscheine oder Anteile eines bankeigenen Fonds kaufte.
Im Dezember 1992 beanstandete der Kläger, den die Beklagte über die vorgenommenen Geschäfte regelmäßig durch Kontound Depotauszüge in deutscher Sprache unterrichtet hatte, die Nichtbeachtung seiner Vorgaben und bemängelte, daß sein Depot am 30. November 1992 nur noch einen Nettowert von 313.976,80 DM aufwies. In der Folgezeit wurden die meisten Wertpapiere auf Anweisung des Klägers verkauft, ein Teil erst nach Klageerhebung.
Er macht geltend, seine "guidelines" enthielten verbindliche Weisungen. Diese habe die Beklagte schuldhaft verletzt. Dadurch und durch den weisungswidrigen Erwerb von Asiak-Fondsanteilen habe er großen Schaden erlitten. Die Beklagte hält die "guidelines" für unverbindlich, bestreitet den geltend gemachten Schaden und beruft sich auf Verwirkung.
Der Kläger hat, nachdem er die Hauptsache mit Rücksicht auf Wertpapierverkäufe nach Klageerhebung teilweise für erledigt erklärt hat, beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1.487.688,20 DM zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Wertpapierdepots bei Freistellung von seinen Verbindlichkeiten aus den Wertpapierkrediten zu verurteilen.
Das Landgericht hat der Klage wegen Verletzung des Vermögensverwaltungsvertrages in Höhe von 592.101,99 DM nebst Zinsen sowie weiterer 593.425 DM Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wertpapierdepots stattgegeben, die Erledigung der Hauptsache in Höhe von 216.613,27 DM festgestellt und vom Kläger darüber hinaus geltend gemachte Schadensersatzansprüche aus der Beteiligung am Asiak-Fonds abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen; die Anschlußberufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge auf Zurückweisung der Berufung der Beklagten sowie auf Ersatz von Verlusten aus der Beteiligung am Asiak-Fonds weiter. Der erkennende Senat hat die Revision nur insoweit angenommen, als der Kläger die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragt.
Entscheidungsgründe
Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet; sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers im wesentlichen mit folgender Begründung verneint:
Es stelle keine positive Verletzung des Vermögensverwaltungsvertrages dar, daß die Beklagte von den "guidelines" des Klägers abgewichen sei. Bei diesen handele es sich schon dem Wortlaut nach nicht um Weisungen, sondern um unverbindliche Richtlinien im Sinne von Sollbestimmungen, die nicht strikt befolgt werden müßten. Der Schlußsatz hinter Nr. 7 der "guidelines" räume der Beklagten einen weiten Handlungsspielraum ein. Auch aus dem Sinn und Zweck des Vertrages, der die Beklagte zur eigenverantwortlichen aktiven Vermögensverwaltung verpflichte, ergebe sich, daß die "guidelines" keine verbindlichen Weisungen seien. Solche paßten mangels Vorhersehbarkeit der einzelnen Verwaltungssituationen und angesichts der Eigenverantwortlichkeit der Beklagten nicht zu einer Vermögensverwaltung. Daß die Beklagte Nr. 4 der "guidelines" abgeändert habe, rechtfertige keine andere Beurteilung.
Das Abweichen der Beklagten von den Vorgaben des Klägers sei auch nicht derart schwerwiegend, daß vertragliche Fürsorgepflichten verletzt seien. Daß die Beklagte Nr. 3 der "guidelines" bei der überwiegenden Zahl der Wertpapierkäufe nicht eingehalten habe, sei ihr nicht vorzuwerfen; angesichts des Börsenkrachs im Oktober 1987 habe die Vorgabe nicht befolgt werden können. Auch die Veräußerung zahlreicher Wertpapiere ohne einen Kursgewinn von 20% abweichend von Nr. 6, die lediglich einen Wunsch des Klägers enthalte, stelle keine Vertragsverletzung dar. Gleiches gelte für die Abweichung von Nr. 1 der "guidelines", die den Erwerb ausländischer Wertpapiere nicht schlechthin ausschließe, sowie von deren Nr. 5. In den meisten Fällen sei die Grenze von 50.000 DM nur geringfügig überschritten worden.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die "guidelines" des Klägers, die Inhalt des von den Parteien geschlossenen Vermögensverwaltungsvertrages geworden sind, nicht interessengerecht ausgelegt.
1.
Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGHZ 131, 136, 138 = WM 1996, 20 ff.; Senatsurteil vom 26. April 1994 - XI ZR 114/93, WM 1994, 1063 [BGH 26.04.1994 - XI ZR 114/93] m.w.Nachw.). Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht verletzt.
2.
Die Auslegung des Berufungsgerichts führt dazu, daß die in sieben Einzelpunkten detailliert und präzise festgelegten "guidelines" des Klägers so gut wie keine rechtliche Bedeutung haben. Eine solche Auslegung trägt den Interessen des Klägers, dem Wesen des geschlossenen Vermögensverwaltungsvertrages, dem Sinn und Zweck sowie dem Wortlaut der "guidelines" nicht hinreichend Rechnung.
a)
Ein Vermögensverwaltungsvertrag ist ein entgeltlicher Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages, der den Verwalter zur Verwaltung des Vermögens eines Kunden in dessen Interesse verpflichtet. Aufgrund des Vertrages ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, fortlaufend über das Vermögen des Kunden zu disponieren, dh. ohne Einholung von Weisungen im Einzelfall tätig zu werden und selbständig Anlageentscheidungen zu treffen. Ob der Verwalter dabei freies Ermessen genießt oder nicht, richtet sich danach, ob die Parteien Anlagerichtlinien vereinbart haben. Ist letzteres der Fall (vgl. den bei Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rdn. 8.78 mitgeteilten üblichen Auftragswortlaut), so muß sich der Verwalter bei seinen Entscheidungen im Rahmen der Richtlinien halten (Kienle in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 111 Rdn. 17 f.; Schäfer in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 28 Rdn. 51; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht § 12 Rdn. 39 ff.; Schäfer WM 1995, 1009, 1010; Schwennicke WuB I G 9. - 1.97). Andernfalls ist er dem Kunden wegen positiver Verletzung des Vermögensverwaltungsvertrages schadensersatzpflichtig (Schäfer in Assmann/Schütze aaO). Anlagerichtlinien haben somit üblicherweise den vom Berufungsgericht unberücksichtigt gelassenen Sinn, den Ermessensspielraum des Vermögensverwalters einzuschränken und ihn bei seiner Tätigkeit an die Vorgaben des Kunden zu binden.
b)
Bei den vom Kläger formulierten "guidelines", deren Auslegung der erkennende Senat selbst vornehmen kann, da es dazu weiterer tatrichterlicher Feststellungen nicht bedarf, handelt es sich ersichtlich um solche Anlagerichtlinien.
Die "guidelines" (Richtlinien) legen in Nr. 1 und 7 die Anlageobjekte grundsätzlich fest (deutsche Aktien, beleihungsfähig in Höhe von mindestens 60% des Kaufpreises, und Baranlage in DM), treffen Bestimmungen über die maximalen Einstandspreise (Nr. 3 und 4), den Höchstbetrag für Investitionen in einem Wert (Nr. 5), die Veräußerung erworbener Aktien (Nr. 6) und den Umfang der maximalen Kreditaufnahme (Nr. 2). Der Wortlaut der "guidelines" enthält keine Anhaltspunkte für deren Unverbindlichkeit.
Die Schlußbestimmung hinter Nr. 7 der "guidelines" räumt der Beklagten, anders als das Berufungsgericht offenbar annehmen möchte, keinen weiten Spielraum ein, sich über die Vorgaben in Nrn. 1 bis 7 hinwegzusetzen, sondern enthält zusätzliche Grundsätze für die Auswahl der einzelnen Anlage bei der Umsetzung der "guidelines". Neben (beside) den genannten Rahmenbedingungen (the a.m. framed conditions) wird - als Selbstverständlichkeit bezeichnet (no need to say) - eine weitere wichtige Bedingung (one more and an important condition) genannt, und zwar, daß die Fachleute der Beklagten (your experts) ein bestimmtes Geschäft nach bestem Wissen für sinnvoll halten (will find the deal advisable, to the best of their knowledges).
Auch aus der Tatsache, daß der Kläger bei einem Teil der "guidelines" das Wort "should" (sollte) benutzt hat, ergibt sich die Unverbindlichkeit der Richtlinien nicht. Die Beklagte hat die sehr detaillierten und präzisen Vorgaben so auch nicht verstanden. Andernfalls wäre es nicht verständlich, warum sie sich veranlaßt gesehen hat, bei der Bestätigung Nr. 4 der "guidelines" von 65% in 75% zu ändern.
3.
Bei den Abweichungen der Beklagen von den "guidelines" handelt es sich nicht um begründete Einzelfälle. Die Beklagte ist vielmehr bei der ganz überwiegenden Zahl der Wertpapierkäufe pflichtwidrig von einer oder mehreren Vorgaben des Klägers abgewichen, insbesondere von den Nr. 3 und 6.
a)
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagten auch die Abweichung von Nr. 3 vorzuwerfen. Es kann keine Rede davon sein, der Beklagten sei es nicht möglich gewesen, die Richtlinien insoweit einzuhalten. Wenn die Vorgaben des Klägers für den Aktienkauf wegen des Börsenkrachs im Oktober 1987 und der nachfolgenden Kursentwicklung bei vielen deutschen Werten nicht erfüllt waren, so hätte die Beklagte ohne Rücksicht darauf, ob der Kläger ein erfahrener Anleger ist oder nicht, auf diese akuten Schwierigkeiten bei der Verwaltung seines Vermögens hinweisen (vgl. Schäfer BuB Bd. 5 Rdn. 11/46), die zur Verfügung gestellten Mittel (teilweise) zunächst auf einem Festgeldkonto anlegen und eine Änderung der "guidelines" durch den Kläger abwarten müssen. Eine Baranlage in DM entsprach der Richtlinie Nr. 1.
b)
Auch von den Vorgaben Nr. 1 (Anlage in deutschen Aktien) und 5 (Investition von nicht mehr als 50.000 DM in einen Wert), deren Einhaltung problemlos möglich war, ist die Beklagte nicht nur in begründeten Einzelfällen ohne Rücksprache mit dem Kläger abgewichen. Sie hat sogar mehrfach in Fremdwährungen notierte Aktien gekauft und dem Kläger damit zusätzlich nicht richtlinienkonform ein Währungsrisiko aufgebürdet. Außerdem hat sie nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers ohne Rücksprache für mehr als 85.000 DM Anteile eines bankeigenen Fonds, der international ausgerichtet ist, erworben, auch in Optionsscheine investiert und ca. 123.000 DM in nicht börsennotierten Aktien angelegt, die unter ihrer Führung neu emittiert wurden. Nichts spricht dafür, daß diese richtlinienwidrigen Geschäfte damals im Interesse des Klägers lagen, das die Beklagte aufgrund des Vermögensverwaltungsvertrages wahrzunehmen hatte (vgl. Kienle aaO Rdn. 23).
III.
Die Abweisung der Klage stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1.
Die Genehmigungsfiktion der Nr. 32 Satz 2 AGB-Banken a.F., die bestimmt, daß Abrechnungen und Ausführungsanzeigen von Wertpapiergeschäften als genehmigt gelten, wenn Einwendungen dagegen nicht unverzüglich erhoben werden, greift entgegen der Ansicht der Beklagten zu ihren Gunsten nicht ein. Erfaßt werden von der Vorschrift nur Abrechnungen und Anzeigen über Geschäfte, für die ein konkreter Auftrag erteilt wurde. Bei solchen Geschäften mag eine Pflicht bestehen, die ordnungsgemäße Ausführung zeitnah zu kontrollieren. Mit einem entgeltlichen Vermögensverwaltungsvertrag, den der Kunde gerade abschließt, weil er die Verwaltung seines (Wertpapier-)Vermögens nicht selbst vornehmen, sondern sich davon und von der Überwachung der ordnungsgemäßen Ausführung von Aufträgen entlasten will, ist die Annahme einer solchen Pflicht unvereinbar. Der Kunde ist nicht gehalten, fortlaufend bei jeder Anlage alsbald nachzuprüfen, ob sie richtlinienkonform ist (OLG Frankfurt WM 1996, 665, 668 [OLG Frankfurt am Main 27.06.1995 - 16 U 156/94]).
2.
Dem Schadensersatzanspruch des Klägers aus positiver Vertragsverletzung kann die Beklagte auch nicht den Einwand der Verwirkung entgegensetzen. Zwar hat der Kläger die richtlinienwidrigen Anlageentscheidungen der Beklagten über Jahre unbeanstandet gelassen. Es fehlt aber das für den Verwirkungseinwand erforderliche Umstandsmoment (BGHZ 122, 308, 315; Senatsurteil vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88, WM 1989, 354, 355). Die Beklagte hat nicht dargelegt, daß sie sich wegen der Untätigkeit des Klägers darauf eingerichtet habe, dieser werde aus der richtlinienwidrigen Vermögensverwaltung keine Ansprüche mehr herleiten.
IV.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen hat, welche Schäden dem Kläger durch die einzelnen richtlinienwidrigen Geschäfte entstanden sind. Die Sache war daher zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Dr. Siol,
Dr. Bungeroth,
Nobbe,
Dr. van Gelder