Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.03.1997, Az.: XI ZR 92/96

Ersatz von Einlagen wegen eines Verlustes bei Spekulationen mit Aktienoptionsscheinen; Garantie einer Rückzahlung; Auftragsverhältnis bezogen auf Börsentermingeschäfte; Anspruch auf Schadensersatz; Verletzung von Aufklärungspflichten

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
11.03.1997
Aktenzeichen
XI ZR 92/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 20520
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
KG Berlin - 07.11.1995
LG Berlin - 23.11.1993

Fundstellen

  • BB 1997, 1011-1013 (Volltext mit amtl. LS)
  • DB 1997, 2529 (Kurzinformation)
  • EWiR 1997, 839 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • MDR 1997, 667-668 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1997, 2171-2173 (Volltext mit amtl. LS)
  • VuR 1997, 244 (amtl. Leitsatz)
  • WM 1997, 811-813 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZBB 1997, 182
  • ZIP 1997, A33-A34 (Kurzinformation)
  • ZIP 1997, 782-784 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

1. Necati B., B.straße, H.

2. Sadik A., S., H.

Prozessgegner

Mustafa B. K.-M.-Straße ..., B.

Sonstige Beteiligte

C. AG,
vertreten durch den Vorstand, P. Straße ..., B.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen Aufklärungspflichtverletzung kommen auch bei unverbindlichen Börsentermingeschäften in Betracht.

  2. b)

    Aufträge, bei denen der Beauftragte in offener Stellvertretung für den Auftraggeber handelt, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 60 BörsG.

  3. c)

    Das Informationsblatt "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" (WM 1989, 1193 ff. = ZIP 1989, 1158 f.) genügt zwar den Anforderungen zur Herstellung der Börsentermingeschäftsfähigkeit. Zur anleger- und objektgerechten Aufklärung des Kunden sind aber nach Lage des Einzelfalles oftmals weitergehende Informationen notwendig.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 1997
durch
den Vorsitzenden Richter Schimansky und
die Richter Dr. Schramm, Nobbe, Dr. van Gelder und Dr. Müller
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird im Umfang der Annahme das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. November 1995 aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 3 des Landgerichts Berlin vom 23. November 1993 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 139.026,81 DM und an den Kläger zu 2) 20.428,98 DM, jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem 14. November 1992 zu zahlen. Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Von den Kosten erster und zweiter Instanz tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten der Kläger zu 1) zu 19 %, der Kläger zu 2) zu 6 % und der Beklagte zu 75 %, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) dieser zu 23 % und der Beklagte zu 77 %, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) dieser zu 39 % und der Beklagte zu 61 %.

Von den Kosten der Revisionsinstanz tragen die Gerichtskosten der Kläger zu 1) zu 9 %, der Kläger zu 2) zu 3 % und der Beklagte zu 88 %, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) dieser zu 16 % und der Beklagte zu 84 %, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) dieser zu 30 % und der Beklagte zu 70 %, die außergerichtlichen Kosten des Beklagten dieser zu 82 %, der Kläger zu 1) zu 13,5 % und der Kläger zu 2) zu 4,5 %.

Die Kosten der Streithilfe in zweiter Instanz trägt der Beklagte zu 75 %, die in der Revisionsinstanz voll. Die restlichen Kosten trägt die Streithelferin selbst.

Tatbestand

1

Die Kläger, türkische Arbeiter in H. verlangen vom Beklagten, einem türkischen Kaufmann in B., den Ersatz ihrer Einlagen, die sie bei Spekulationen mit Aktienoptionsscheinen zum überwiegenden Teil verloren haben.

2

In den Jahren 1989 und 1990 eröffneten die Kläger zu 1) und 2) bei ihrer Streithelferin, einer Bank, je ein Girokonto. Der Kläger zu 1) zahlte auf sein Konto insgesamt 181.000 DM ein, der Kläger zu 2) auf seines 30.000 DM. Den Beklagten bevollmächtigten sie, in ihrem Namen und für ihre Rechnung "Wertpapierkauf- und -verkaufsaufträge zu erteilen" und zu diesem Zweck über das Kontoguthaben zu verfügen. Im September 1989 unterzeichneten der Kläger zu 1), im Januar 1990 der Kläger zu 2) das ihnen von der Streithelferin übersandte Informationsblatt "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften".

3

Ab April 1989 erteilte der Beklagte der Streithelferin für den Kläger zu 1), ab Januar 1990 für den Kläger zu 2) Aufträge zum Kauf vorwiegend japanischer Aktienoptionsscheine. Dabei investierte er jeweils nahezu das gesamte auf den Girokonten der Kläger vorhandene Guthaben in einen bestimmten Optionsschein. Für seine Tätigkeit sollte der Beklagte eine Gewinnbeteiligung von 25 % erhalten.

4

Die Optionsscheingeschäfte endeten nach anfänglichen erheblichen Gewinnen, von denen der Kläger zu 1) 41.000 DM und der Kläger zu 2) 9.500 DM entnahmen, verlustreich. Das Girokonto des Klägers zu 1) weist ein Restguthaben von 73,19 DM, das des Klägers zu 2) ein solches von 71,02 DM auf.

5

Mit seiner Klage verlangt der Kläger zu 1) einen Betrag von 180.192,12 DM, der Kläger zu 2) einen solchen von 33.033,55 DM, jeweils zuzüglich Zinsen. Die Kläger behaupten, der Beklagte habe sich ihnen als kompetenter Anlageberater präsentiert; ihre Einlagen habe er als sicher bezeichnet und die Rückzahlung garantiert. Der Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, Anlageberaterin der Kläger sei nur deren Streithelferin gewesen.

6

Das Landgericht hat den Klagen, von einem Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs abgesehen, stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Senat hat die Revision des Klägers zu 1) nur in Höhe des erlittenen Einlageverlusts von 139.026,81 DM, die Revision des Klägers zu 2) nur in Höhe von 20.428,98 DM, jeweils zuzüglich Zinsen, angenommen. Die Streithelferin hat sich im Umfang der Annahme der Revision den Anträgen der Kläger angeschlossen.

Entscheidungsgründe

7

Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet; insoweit führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung des Beklagten, an den Kläger zu 1) 139.026,81 DM und an den Kläger zu 2) 20.428,98 DM, jeweils zuzüglich 4 % Zinsen, zu zahlen.

8

I.

Das Berufungsgericht hat die Klagen unter Anwendung deutschen Rechts mit folgender Begründung abgewiesen:

9

Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung und des Verschuldens bei Vertragsschluß stünden den Klägern gegen den Beklagten nicht zu, da das zwischen den Parteien vereinbarte Auftragsverhältnis gemäß § 60 BörsG i.V. mit §§ 52, 53 BörsG unwirksam sei. Ein Auftragsverhältnis, das sich - wie hier - auf Börsentermingeschäfte beziehe, setze zu seiner Wirksamkeit voraus, daß mindestens eine der Vertragsparteien Kaufmann sei und der gesetzlichen Banken- oder Börsenaufsicht unterliege. Das sei hier nicht der Fall.

10

Auch die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche der Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 89 BörsG seien nicht gegeben. Der Beklagte habe die Kläger nicht zum Abschluß von Börsentermingeschäften verleitet.

11

Schadensersatzansprüche der Kläger aus § 826 BGB scheiterten daran, daß die Kläger über die Risiken der vom Beklagten für sie abgeschlossenen Geschäfte umfassend und ausreichend aufgeklärt worden seien. Zwar habe der Beklagte sie darüber sowie über den Inhalt, die Bedeutung und die Zusammenhänge von Optionsgeschäften nicht informiert. Ausreichende, den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG genügende Informationen enthalte aber das von der Streithelferin übermittelte Blatt "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften". Daß den Klägern das Informationsblatt erst nach Abchluß des jeweils ersten Geschäfts mit Optionsscheinen übermittelt worden sei, sei ohne Belang. Die Fortsetzung der Spekulation nach Erhalt des Blattes zeige, daß die zunächst unterbliebene Aufklärung für die Beauftragung des Beklagten nicht ursächlich gewesen sei.

12

Auch aus Garantievertrag stünden den Klägern Ansprüche auf Rückzahlung ihrer Einlagen nicht zu. Die Kläger seien aufgrund von Äußerungen des Beklagten über die Sicherheit ihrer Einlagen und die "Garantie" ihrer Rückgewähr selbst nicht davon ausgegangen, der Beklagte wolle für Spekulationsverluste einstehen.

13

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Den Klägern stehen gegen den Beklagten nach deutschem Recht, von dem in Übereinstimmung mit dem Berufungsurteil und den Parteien auszugehen ist (Art. 27 Abs. 1 EGBGB), Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß zu.

14

1.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, solche Ansprüche der Kläger seien nicht gegeben, weil die mit dem Beklagten geschlossenen Verträge unwirksam seien, ist rechtlich nicht haltbar.

15

a)

Das Berufungsgericht verkennt, daß ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen einer Aufklärungspflichtverletzung einen wirksamen Vertrag nicht voraussetzt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen ein gesetzliches Schuldverhältnis, das nicht vom Zustandekommen eines Vertrages und seiner Wirksamkeit abhängig ist (Senatsurteil vom 17. Januar 1995 - XI ZR 225/93, WM 1995, 566, 568 m.w.Nachw.). Aus diesem Schuldverhältnis können sich Aufklärungspflichten ergeben, deren schuldhafte Verletzung eine Schadensersatzpflicht begründet. Lediglich wegen der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts als solcher können, wenn diese nicht in den Verantwortungsbereich einer Partei fällt, Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß regelmäßig nicht hergeleitet werden (vgl. BGHZ 116, 251, 257).

16

Darum geht es hier indes nicht. Die Kläger machen nicht wegen der angeblichen Unwirksamkeit der mit dem Beklagten geschlossenen Auftragsverträge, sondern wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten Schadensersatzansprüche geltend. Solche Ansprüche kommen gerade auch bei unverbindlichen Börsentermingeschäften in Betracht. Zweck der §§ 52 und 53 BörsG und des Termineinwands ist es nicht, schuldhafte Schädigungen des Geschäftspartners sanktionslos zu lassen (BGHZ 80, 80, 86) [BGH 16.02.1981 - II ZR 179/80], sondern eine personell abgegrenzte Börsenrechtssphäre zu schaffen (Schwark, BörsG 2. Aufl. § 53 Rdn. 1).

17

b)

Abgesehen davon ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge seien nach § 60 i.V. mit §§ 52, 53 BörsG unverbindlich, rechtsfehlerhaft. Aufträge, bei denen der Beauftragte - wie hier - in offener Stellvertretung für den Auftraggeber handeln soll, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 60 BörsG. Der Nichttermingeschäftsfähige ist bereits dadurch hinreichend geschützt, daß die Ansprüche des Vertragspartners der Termingeschäfte dem Termineinwand unterliegen (Senatsurteile vom 29. März 1994 - XI ZR 31/93, WM 1994, 834, 837 f. und vom 11. Juni 1996 - XI ZR 172/95, WM 1996, 1260, 1262, zur Veröffentlichung in BGHZ 133, 82[BGH 11.06.1996 - XI ZR 172/95] bestimmt).

18

2.

Schadensersatzansprüche der beiden Kläger aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden des Beklagten können, anders als das Berufungsgericht im Rahmen von § 826 BGB gemeint hat, auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Kläger seien durch das Informationsblatt "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" (abgedruckt in WM 1989, 1193 ff. und ZIP 1989, 1158 f.) über die von ihnen abgeschlossenen Geschäfte und die damit verbundenen Risiken umfassend und ausreichend aufgeklärt worden. Das Informationsblatt, das den Klägern von ihrer Streithelferin erst nach Beauftragung des Beklagten übermittelt worden ist, hat die Aufklärungsbedürftigkeit der Kläger nicht beseitigt.

19

a)

Das Informationsblatt genügt zwar den Anforderungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG zur Herstellung der Termingeschäftsfähigkeit kraft Information (Senatsurteile vom 14. Februar 1995 - XI ZR 218/93, WM 1995, 658 f. [BGH 14.02.1995 - XI ZR 218/93][BGH 14.02.1995 - XI ZR 218/93] und vom 11. Juni 1996 - XI ZR 172/95, WM 1996, 1260, 1261). Es leistet aber nur die erforderliche Grundaufklärung über Funktionsweise und Risiken der verschiedenen Arten von Börsentermingeschäften. Bei einem erfahreneren Anleger mag dies nach Lage des Falles ausreichen (vgl. Senatsurteil vom 29. März 1994 - XI ZR 31/93, WM 1994, 834, 835). Oftmals ist aber eine weitergehende Aufklärung des Kunden erforderlich.

20

Der Schutz privater Anleger ist - vom Berufungsgericht außer acht gelassen - nach der Konzeption des Gesetzgebers der Börsengesetznovelle 1989 zweistufig ausgestaltet. § 53 Abs. 2 BörsG regelt nur die erste Stufe, die Termingeschäftsfähigkeit privater Anleger kraft Information und die Unverbindlichkeit ohne Unterzeichnung einer ausreichenden Informationsschrift geschlossener Börsentermingeschäfte. Ein über diese Vorschrift hinausgehender, durch individuelle Verhältnisse des Anlegers oder Besonderheiten der konkreten Geschäfte bedingter zusätzlicher Informationsbedarf ist nach allgemeinen Grundsätzen auf einer zweiten Stufe durch eine anleger- und objektgerechte individuelle Aufklärung zu erfüllen (Senatsurteil vom 11. Juni 1996 - XI ZR 172/95, WM 1996, 1260, 1261). Andernfalls stünden Personen, die die Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information erlangt haben, bei zumeist besonders risikoreichen Börsentermingeschäften oftmals schlechter als bei anderen Anlagegeschäften.

21

Leisten muß die Aufklärung vor allem der Anlageberater, der private Anleger vertritt. Denn im Verhältnis zur Bank ist bei der Beurteilung der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers die Sachkunde seines Vertreters zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 14. Februar 1995 - XI ZR 218/93, WM 1995, 658, 659 [BGH 14.02.1995 - XI ZR 218/93] und vom 11. Juni 1996 - XI ZR 172/95, WM 1996, 1260, 1262).

22

b)

Nach diesen Grundsätzen steht ein Aufklärungsverschulden des Beklagten außer Frage, ohne daß es darauf ankommt, ob die vom Beklagten für die Kläger geschlossenen Verträge selbständige Optionsscheine und damit Börsentermingeschäfte oder aber abgetrennte Optionsscheine und damit Kassageschäfte zum Gegenstand haben (vgl. BGHZ 114, 177, 180 ff.; Senatsurteil vom 9. Juli 1996 - XI ZR 103/95, WM 1996, 1620, 1622 m.w.Nachw.).

23

Der Beklagte ist als Anlageberater für die Kläger tätig geworden. Diese haben ihn gegen eine Gewinnbeteiligung von 25 % mit der Anlage ihrer Ersparnisse beauftragt und ihn bevollmächtigt, für sie Wertpapiergeschäfte abzuschließen. Er hat die Optionsscheine bestimmt, in die investiert wurde. Ob er sich dabei von der Streithelferin der Kläger hat beraten lassen, ist für seine Stellung als Anlageberater der Kläger ohne Bedeutung. Als solcher hatte er die Pflicht, die über Optionsscheingeschäfte nicht informierten Kläger anleger- und objektgerecht aufzuklären.

24

Das ist nicht geschehen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die Kläger über den Inhalt, die Bedeutung, die Zusammenhänge und die Risiken der abgeschlossenen Optionsscheingeschäfte nicht aufgeklärt. Er hat das hohe Risiko, das gesamte eingesetzte Geld zu verlieren, nach Aussagen von Zeugen, von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist, vielmehr sogar durch die Erklärung verharmlost, die Gelder würden nur bei sehr sicheren Firmen angelegt.

25

Die damit gegebene Aufklärungspflichtverletzung ist nicht etwa mit der Übersendung des Informationsblattes "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" durch die Streithelferin der Kläger entfallen. Die Kläger waren über Optionsgeschäfte erheblich weitergehend aufzuklären. Das Informationsblatt mit seinen abstrakten und typisierten Risikohinweisen genügt hier weder den Anforderungen an eine anlegergerechte noch denen an eine objektgerechte Aufklärung.

26

Bei den Klägern handelt es sich um türkische Arbeiter ohne jede Kenntnisse oder gar Erfahrungen in Geschäften mit Optionsscheinen. Ihnen hätte in einer ihren Verständnismöglichkeiten entsprechenden Weise insbesondere erklärt werden müssen, daß der Einsatz ihrer Ersparnisse für hochspekulative Optionsscheingeschäfte beabsichtigt sei, was Optionsscheingeschäfte sind, welche erheblichen Risiken damit verbunden sind und worin sie genau bestehen. Überdies hätten sie unmißverständlich und ohne jede Beschönigung darauf hingewiesen werden müssen, daß die vom Beklagten verfolgte Anlagestrategie, jeweils nahezu das gesamte Kontoguthaben der Kläger in einen bestimmten Optionsschein zu investieren, besonders risikoreich ist.

27

3.

Anders als das Berufungsgericht bei seinen Ausführungen zu § 826 BGB gemeint hat, ist die Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten dafür ursächlich geworden, daß die Kläger ihn beauftragt haben, ihre Ersparnisse in Wertpapieren einschließlich hochspekulativer Optionsscheine anzulegen, und sie erhebliche Verluste erlitten haben.

28

a)

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist derjenige, der bei Börsentermingeschäften eine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hat, beweispflichtig dafür, daß der Schaden auch bei gehöriger Aufklärung eingetreten wäre (BGHZ 124, 151, 160 f.; Senatsbeschluß vom 22. Juni 1993 - XI ZR 215/92, WM 1993, 1457, 1458; Senatsurteil vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216 [BGH 14.05.1996 - XI ZR 188/95]) [BGH 14.05.1996 - XI ZR 188/95]. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 1994 - XI ZR 115/93, WM 1994, 1466, 1467 [BGH 10.05.1994 - XI ZR 115/93]) [BGH 10.05.1994 - XI ZR 115/93].

29

Das ist hier indes nicht der Fall. Bei unmißverständlicher schonungsloser Offenlegung und Erläuterung des durch die Anlageart und die Anlagestrategie bedingten besonders hohen Totalverlustrisikos war es für die Kläger einzig vernünftig, ihre Ersparnisse dem hohen Risiko nicht auszusetzen.

30

b)

Die danach bestehende Kausalitätsvermutung ist nicht ausgeräumt. Nichts spricht dafür, daß die Kläger das hohe Risiko, ihren gesamten Einsatz zu verlieren, bei gehöriger Aufklärung in Kauf genommen hätten. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Abschluß der ersten Optionsscheingeschäfte sei nicht darauf zurückzuführen, daß den Klägern das Informationsblatt der Streithelferin erst später zur Kenntnis gebracht worden ist, ist insoweit ohne Belang. Das Informationsblatt reicht hier, wie dargelegt, zur anleger- und objektgerechten Aufklärung der Kläger nicht aus. Die Frage, ob eine nachträglich erfolgte gehörige Information die Kausalität einer vorangegangenen Aufklärungspflichtverletzung für nachfolgende Geschäfte beseitigt (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 22. Juni 1993 - XI ZR 215/92, WM 1993, 1457, 1458), stellt sich nicht.

31

4.

Die Aufklärungspflichtverletzung hat bei den Klägern zu Schäden geführt. Der Kläger zu 1) hat unter Berücksichtigung entnommener Gewinne und des restlichen Kontoguthabens einen Verlust von 139.026,81 DM erlitten, der Kläger zu 2) einen solchen von 20.428,98 DM. Diese Schäden zuzüglich 4 % Verzugszinsen (§ 288 Abs. 1 Satz 1 BGB) hat der Beklagte zu ersetzen.

32

5.

Auf die übrigen Ausführungen des Berufungsgerichts kommt es nicht an. Insbesondere bedarf keiner Entscheidung, ob seine Würdigung rechtsfehlerfrei ist, der Beklagte habe den Klägern die Rückzahlung ihrer Einlagen nicht garantiert. Weitergehende Ansprüche hätten die Kläger aus einer Garantievereinbarung nicht.

33

III.

Im Umfang der Annahme der Revision war das angefochtene Urteil daher aufzuheben. Da es weiterer Feststellungen nicht bedarf, war in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

Schimansky
Dr. Schramm
Nobbe
Dr. van Gelder
Dr. Müller