Bundesgerichtshof
Urt. v. 20.03.1995, Az.: II ZR 205/94
Treuepflicht des Minderheitsaktionärs; Berücksichtigung gesellschaftsbezogener Interessen; Eigennützige Verhinderung der Sanierung; Sperrminorität; Durchsetzung eines Minderheitenrechts; Stimmbindung; Stimmrechtsbündelung durch gemeinsamen Bevollmächtigten; Eigenständige Treuepflicht des Bevollmächtigten; Zurechnung des Vollmachtsgebers; Haftung des Bevollmächtigten; Überschuldung der AG; Wertloswerden der Aktie; Schadensersatz des Aktionärs
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 20.03.1995
- Aktenzeichen
- II ZR 205/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 15559
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 129, 136 - 178
- AG 1995, 368-379 (Volltext mit amtl. LS) ""Girmes""
- BB 1995, 1201-1208 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1995, 1064-1071 (Volltext mit amtl. LS)
- DStR 1995, 1232-1238 (Volltext mit amtl. LS)
- DZWIR 1995, 410-422 (Volltext mit amtl. LS)
- EWiR 1995, 525-526 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.) "Girmes"
- GmbHR 1995, 665 (amtl. Leitsatz)
- JZ 1995, 1064-1074 (Urteilsbesprechung von Prof. Dr. Dr. Marcus Lutter)
- JuS 1998, 877-884 (Urteilsbesprechung von WissMit. York Schnorbus)
- NJW 1995, 1739-1749 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1995, 925 (amtl. Leitsatz)
- VersR 1995, 1358 (amtl. Leitsatz)
- WM 1995, 882-895 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1995, A33 (Kurzinformation)
- ZIP 1996, 161-167 (Urteilsbesprechung von Prof. Dr. iur. Werner Flume)
- ZIP 1995, 1415-1418 (amtl. Leitsatz mit Anm.)
- ZIP 1995, 819-833 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Auch dem Minderheitsaktionär obliegt eine Treupflicht gegenüber seinen Mitaktionären. Sie verpflichtet ihn, seine Mitgliedsrechte, insbesondere seine Mitverwaltungs- und Kontrollrechte, unter angemessener Berücksichtigung der gesellschaftsbezogenen Interessen der anderen Aktionäre auszuüben (Ergänzung zu BGHZ 103, 184 [BGH 01.02.1988 - II ZR 75/87] Linotype).
2. Aufgrund der unter den Aktionären bestehenden Treupflicht ist es dem einzelnen Aktionär nicht erlaubt, eine sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung der Gesellschaft - einschließlich einer zum Sanierungskonzept gehörenden Kapitalherabsetzung - aus eigennützigen Gründen zu verhindern.
3. Erreichen mehrere Minderheitsaktionäre in ihrer Gesamtheit bei der Abstimmung in der Hauptversammlung die Voraussetzungen für eine Sperrminorität oder für die Durchsetzung eines Minderheitenrechts, wird die Treuebindung für jeden von ihnen jedenfalls dann relevant, wenn sie sich auf eine einheitliche Stimmrechtsausübung verständigen (Stimmbindung) oder wenn sie unabhängig voneinander mit der Ausübung des Stimmrechts einen Dritten bevollmächtigen, der dafür gegenüber den Aktionären ein eigenes Konzept entwickelt oder der ihnen ein bestimmtes Abstimmungsverhalten empfiehlt (Stimmrechtsbündelung). Ob die Treupflicht auch bei einer zufällig eintretenden Antrags- oder Sperrminderheit Bedeutung erlangen kann, bleibt offen.
4. Der Stimmrechtsbevollmächtigte darf das Stimmrecht nur unter denselben aus der Treupflicht folgenden Einschränkungen ausüben wie der die Vollmacht erteilende Aktionär selbst. Den Bevollmächtigten trifft keine eigenständige gesellschaftsrechtliche Treupflicht.
5. Das Abstimmungsverhalten des Stimmrechtsbevollmächtigten muß sich der die Vollmacht erteilende Aktionär zurechnen lassen. Eine Schadensersatzpflicht des Vollmachtgebers aus treupflichtwidriger Stimmrechtsausübung tritt nur dann ein, wenn die Treupflicht vorsätzlich verletzt worden ist und der Eintritt des Schadens nicht durch Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses verhindert werden kann.
6. Der Stimmrechtsbevollmächtigte ist gegenüber den Aktionären, die ihm keine Stimmrechtsvollmacht erteilt haben, weder unter dem Gesichtspunkt des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter noch nach den Grundsätzen der Culpa in contrahendo zum Schadensersatz verpflichtet. Hat er das Stimmrecht "für den, den es angeht", ausgeübt und gibt er seine(n) Vollmachtgeber dem Anspruchsteller nicht bekannt, trifft ihn eine Schadensersatzpflicht entsprechend § 179 Abs. 1 BGB.
7. Der "geschäftsmäßige" Stimmrechtsvertreter i. S. d. § 135 Abs. 9 Nr. 3 AktG, der das Stimmrecht "für den, den es angeht", ausübt, ist nicht verpflichtet, seine(n) Vollmachtgeber gegenüber Aktionären, die Schadensersatzansprüche aus treupflichtwidrigem Stimmrechtsverhalten verfolgen, bekanntzugeben.
8. Eine AG ist überschuldet, wenn ihr Vermögen bei Ansatz von Liquidationswerten unter Einbeziehung der stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht.
9. Wird eine Aktie wertlos, kann für die Bemessung des dem Aktionär dadurch entstandenen Schadens grundsätzlich auch der Börsenkurs herangezogen werden. Ist durch die treupflichtwidrige Handlung ein Vermögensschaden bei der AG entstanden, kann der Aktionär den Schadensbetrag, der - anteilig - der Minderung des Gesellschaftsvermögens entspricht, nur dann durch Leistung in sein Privatvermögen geltend machen, wenn er - bei Liquidation oder Konkurs der AG - zur vorrangigen Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern nicht benötigt wird.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen den Beklagten einen Schadenersatzanspruch von 30.450,-- DM geltend. Diesem Begehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war Inhaber von 350 Aktien der G. Aktiengesellschaft mit Sitz in Gr.. Diese war durch den Eintritt von Umsatzverlusten und aufgrund von Pensionszusagen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Seit 1982 hatte sie keine Dividenden mehr ausgeschüttet. Für die Jahre 1987 und 1988 erwirtschaftete sie Verluste in Höhe von 14,3 Mio. DM und 13 Mio. DM. Ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Pensionskasse betrugen zum Schluß des Jahres 1987 54,8 Mio. DM. Trotz Schließung der Pensionskasse zum 31. Dezember 1986 zeichneten sich für das Jahr 1993 Pensionsverpflichtungen von 75 Mio. DM ab.
Auf der für den 3. Februar 1989 einberufenen Hauptversammlung zeigte der Vorstand an, daß nach der vorläufigen Jahresbilanz per 31. Dezember 1988 das Grundkapital der Gesellschaft von 49,9165 Mio. DM um mehr als die Hälfte unterschritten war. Er legte der Hauptversammlung gleichzeitig ein mit den Gesellschaftsgläubigern abgesprochenes Sanierungskonzept vor, nach dem diese auf Forderungen in Höhe von ca. 78 Mio. DM zu verzichten bereit waren (Pensionssicherungsverein: 44 Mio. DM; Arbeitsverwaltung: 16 Mio. DM; Arbeitnehmer: 5,3 Mio. DM; Banken: 10 Mio. DM zuzüglich 0,5 % Zins für die Jahre 1989 und 1990; Lieferanten: 2 Mio. DM). Zum weiteren Ausgleich der Bilanz per 31. Dezember 1988 sollte das Grundkapital im Verhältnis 5 : 2 um 29,9499 Mio. DM auf 19,9666 Mio. DM herabgesetzt werden. Ferner sollte ein genehmigtes Kapital von 9,9833 Mio. DM geschaffen werden.
Die Kapitalherabsetzung scheiterte, weil sich dafür nicht die nach dem Gesetz erforderliche Mehrheit fand. Ihr haben bei 228 Enthaltungen und 226.939 Nein-Stimmen (42,39 %) lediglich Aktionäre mit 308.207 Stimmen (57,61 %) zugestimmt. Dem vorgeschlagenen genehmigten Kapital stimmte die Hauptversammlung mit der erforderlichen Mehrheit zu.
Der Vorstand beantragte daraufhin am 4. Februar 1989 die Eröffnung des Vergleichsverfahrens. Auf Antrag des Vergleichsverwalters wurde am 28. Februar 1989 über das Vermögen der Gesellschaft der Anschlußkonkurs eröffnet.
Die Aktien der G. AG, die vor der Hauptversammlung bei einem Nennwert von 50,-- DM Kurse bis zu 87,-- DM erreicht hatten, sanken in der Zeit vom 7. bis 16. Februar 1989 auf 61,-- DM. Sie wurden anschließend wertlos.
Der Beklagte ist Herausgeber des "E.-Spiegel" und maßgeblich an der Aktiengesellschaft beteiligt, die diese Zeitschrift verlegt. In ihr berichtete er auch über die Entwicklung der Verhältnisse bei der G. AG. Er vertrat die Ansicht, das von der Verwaltung vorgeschlagene Sanierungskonzept benachteilige einseitig die Kleinaktionäre. Bei einem weitergehenden Forderungsverzicht der Gläubigerbanken reiche eine Kapitalherabsetzung im Verhältnis 10: 9 aus. Er warb bei den Aktionären darum, ihn für die Hauptversammlung vom 3. Februar 1989 mit der Stimmrechtsausübung zu dem Zweck zu bevollmächtigen, gegen die geplante Herabsetzung des Grundkapitals im Verhältnis 5 : 2 zu stimmen. Unmittelbar vor der Hauptversammlung teilte er mit, ihm seien 150.000 Stimmen übertragen worden, womit eine Sperrminorität erreicht sein dürfte.
In der Hauptversammlung vom 3. Februar 1989 stimmte der Beklagte, der mit 209.700 Stimmen 21,9 % aller und 39,17 % der an der Abstimmung beteiligten Stimmen vertrat, gegen den Kapitalherabsetzungsvorschlag der Verwaltung.
Der Kläger, der dem Beklagten keine Stimmrechtsvollmacht erteilt hatte, macht diesen für das Scheitern der Sanierung der G. AG verantwortlich. Er nimmt ihn wegen der Entwertung seines Aktienbesitzes in Anspruch. Er hält den Beklagten, der die Namen seiner Auftraggeber nicht bekannt gegeben hat, unter den Gesichtspunkten der Treupflichtverletzung, des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, der culpa in contrahendo und der unerlaubten Handlung für schadenersatzpflichtig.
Der Kläger behauptet, der Konkurs der G. AG sei allein auf das Abstimmungsverhalten des Beklagten zurückzuführen. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Kapitalherabsetzung im Verhältnis 5 : 2 sei die unabdingbar von den Gesellschaftsgläubigern aufgestellte Voraussetzung für den Erlaß der Schulden in Höhe von 78 Mio. DM gewesen. Ein Herabsetzungsverhältnis von 5 : 3, wie es der Beklagte in der Hauptversammlung vorgeschlagen habe, sei von der Gläubigerseite nicht akzeptiert worden. Eine Verhandlungssituation, in der es dem Vorstand noch als möglich habe erscheinen können, zu Lasten der Gläubiger für die Aktionäre eine Verbesserung der Sanierungsbedingungen zu erreichen, habe nicht mehr bestanden. Die Ablehnung des Sanierungsvorschlages habe die Überschuldung der Gesellschaft im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 2 AktG offenbar werden lassen und den Vorstand zur Stellung des Vergleichsantrages gezwungen. Die Überschuldung habe einmal rechnerisch bestanden, weil die Aktivmasse das Passivvermögen der Gesellschaft nicht mehr gedeckt habe. Sie sei darüber hinaus auch rechtlich vorhanden gewesen, weil die Fortführungsprognose negativ ausgefallen sei.
Die Klage hatte vor Landgericht und Oberlandesgericht keinen Erfolg. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend rügt, den Sachvortrag der Parteien in rechtlicher Hinsicht unvollständig und teilweise unzutreffend gewürdigt, beweiserhebliches Vorbringen des Klägers nicht berücksichtigt und gegen die Denkgesetze verstoßen.
A. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings eine Haftung des Beklagten aus der Verletzung einer ihm obliegenden gesellschaftsrechtlichen Treupflicht abgelehnt. Es hat aber nicht berücksichtigt, daß sich nach dem Vorbringen des Klägers eine Haftung aus einer entsprechenden Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB ergeben kann.
I. Der Kläger macht dem Beklagten zum Vorwurf, durch Ablehnung des Vorschlages der Verwaltung, das Grundkapital der Gesellschaft im Verhältnis 5 : 2 herabzusetzen, den einzigen, von allen Gesellschaftsgläubigern akzeptierten Weg der Sanierung der G. AG blockiert und auf diese Weise deren Konkurs herbeigeführt zu haben. Da er die für das Scheitern des Kapitalherabsetzungsbeschlusses erforderliche Stimmenzahl in seiner Person gebündelt habe, hafte er dem Kläger unter gesellschaftsrechtlichen Treupflichtgesichtspunkten wie ein Aktionär, wenn er auch keine Aktien der G. AG innegehabt habe.
Dem kann nicht gefolgt werden. Treupflichten bestehen, soweit das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander betroffen ist, nur unter den Gesellschaftern. Ihre Verletzung kann demnach auch nur für die Gesellschafter zu rechtlichen Konsequenzen führen. Dem Beklagten als Nichtaktionär obliegt keine - eigenständige - gesellschaftsrechtliche Treupflicht. Ihn trifft daher auch keine Haftung aus der Verletzung einer solchen Pflicht.
1. In der Aktiengesellschaft ist nicht nur der Mehrheitsaktionär dem Minderheits- oder Kleinaktionär zur Treue verpflichtet; es besteht umgekehrt auch eine Treupflicht des Minderheits- oder des Kleinaktionärs gegenüber dem Mehrheitsaktionär oder gegenüber anderen Minderheits- oder Kleinaktionären.
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats können nicht nur die Beziehungen zwischen den Aktionären und der Aktiengesellschaft, sondern auch die der Aktionäre untereinander von der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht bestimmt werden. Denn auch in der Aktiengesellschaft habe, so ist zur Begründung ausgeführt worden, ein Gesellschafter die Möglichkeit, die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, so daß auch hier als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht zu fordern sei, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen (BGHZ 103, 184, 194 f. [BGH 01.02.1988 - II ZR 75/87]; zur GmbH vgl. BGHZ 65, 15, 18 f.). Dieser Grundsatz bezog sich nach dem damals zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt auf das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters gegenüber dem Minderheitsgesellschafter. Zu den Gesellschafterpflichten des Kleinaktionärs hat der Senat darauf hingewiesen, daß diese in der Regel nicht von der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht bestimmt werden (BGHZ 103, 184, 195) [BGH 01.02.1988 - II ZR 75/87]. Damit ist, wie der Senat auch in einer späteren Entscheidung dargelegt hat (Urt. v. 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, ZIP 1992, 1464, 1470), die Beantwortung der Frage offengeblieben, ob die Treupflicht über die Begrenzung der Mehrheitsherrschaft hinaus dem Aktionär allgemein Schranken bei der Ausübung seiner Mitgliedschafts-, insbesondere seiner Mitverwaltungs- und Kontrollrechte setzt. Das ist mit der nahezu einhellig im Schrifttum vertretenen Meinung grundsätzlich zu bejahen (vgl. Hüffer, AktG, 1993, § 53 a Rz. 17; Nirk in Hdb. der AG, 3. Aufl., Teil I, Rz. 30; KK/Zöllner, AktG, Einl. Rz. 169; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, § 8 II 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 20 IV 3; § 28 I 4 a; Thomas Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. § 12 Rz. 35; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1994, S. 230, 260; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 349 ff.; Timm, NJW 1988, 1582, 1583 [BGH 01.02.1988 - II ZR 75/87]; ders. WM 1991, 481, 482 f.; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 455; eine Treupflicht unter Aktionären ablehnend Martens, Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, Hamburger Ringvorlesung Heft 78, 1990, S. 255 ff.).
2. Besteht der Kern des Treupflichtgedankens, soweit er im Kapitalgesellschaftsrecht allgemein Geltung beanspruchen kann, darin, daß dem Maß des Einflusses des Gesellschafters das Maß seiner Verantwortung mit der sich daraus ergebenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft und die gesellschaftsbezogenen Belange der Mitgesellschafter entspricht (Zöllner, Die Schranken ..., S. 337, 341, 350; KK/Zöllner, AktG, Einl. Rz. 169; ihm folgend Wiedemann, Gesellschaftsrecht I aaO. § 8 II 3, S. 431; Hüffer, AktG aaO. § 53 a Rz. 17; ders. FS Steindorff, 1990, S. 59, 74; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht aaO. § 28 I 4 a; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 455; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, 1988, S. 69 ff.) oder, wie es in der Rechtsprechung heißt, daß die Möglichkeit, durch Einflußnahme die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht verlangt, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen (BGHZ 65, 15, 19; 103, 184, 195), [BGH 01.02.1988 - II ZR 75/87]so trifft dieser Gedanke nicht nur auf das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters, sondern auch das des Minderheitsgesellschafters zu. Zwar mögen Verantwortung und Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber den gesellschaftsbezogenen Belangen von Mitgesellschaftern in der Aktiengesellschaft - und hier insbesondere in der Publikums-Aktiengesellschaft - häufig nur bei dem Mehrheitsgesellschafter oder einer Mehrheit von Aktionären (zur Treupflicht bei der Zufallsmehrheit vgl. Hüffer, AktG aaO. § 53 a Rz. 17; ders. FS Heinsius, 1991, S. 337, 350 m.w.N.; KK/Zöllner, AktG aaO. Einl. Rz. 169; ablehnend Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), S. 172, 183; Dreher, ZHR 157 (1993), S. 150, 159 Fn. 35) zum Tragen kommen, weil die Einflußnahme meist in der Ausübung von Herrschaftsmacht besteht und eine solche nur bei Vorhandensein einer entsprechenden Mehrheit denkbar ist. Hingegen ist die Möglichkeit des Kleinaktionärs zur Einflußnahme recht gering. Allerdings stehen auch dem Kleinaktionär Rechte zu, deren Wahrnehmung im Einzelfall in einer Art und Weise möglich ist, die den gesellschaftsbezogenen Belangen der übrigen Aktionäre nachteilig sein kann und deren Ausübung daher unter das Gebot der Rücksichtnahme auf diese Interessen zu stellen ist. So kann es bei Wahrnehmung des Rechtes auf Teilnahme an der Hauptversammlung zu Mißbräuchen durch Störung der Hauptversammlung oder bei der Ausübung des Rederechts zum sog. Filibustering kommen (zur Bedeutung der genannten Rechte vgl. BGHZ 44, 245, 252 sowie BGHZ 119, 305, 317 f.). In derartigen Fällen erlangen die von der Treupflicht gesetzten Grenzen durchaus Bedeutung (vgl. Brändel in GroßKomm. z. AktG, 4. Aufl., § 1 Rz. 87; KK/Zöllner, AktG aaO. § 119 Rz. 88).
Dieser Treupflicht unterliegen zwar auch das Auskunftsrecht (§ 131 AktG) und das Recht zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 243 AktG). Aufgrund des Inhaltes (Anfechtungsrecht) und der gesetzlichen Ausgestaltung (Auskunftsrecht) dieser Rechte bedarf es in der Praxis jedoch kaum eines Rückgriffs auf die ihrer Ausübung durch die Treupflicht gezogenen Grenzen (zum Auskunftsrecht vgl. KK/Zöllner, AktG, § 131 Rz. 44; zum Anfechtungsrecht vgl. BGHZ 107, 296, 311; KK/Zöllner, AktG, Einl. Rz. 162). Mit der Ausübung seines Stimmrechts vermag der einzelne Kleinaktionär aber in der Regel keinen Einfluß zu nehmen, so daß die ihm obliegende Verantwortung, aus der eine Pflicht zur Rücksichtnahme folgt, nicht zum Tragen kommt. Das ändert sich aber dann, wenn er als Minderheitsgesellschafter eine Beteiligung erreicht, die es ihm ermöglicht, die Durchsetzung bestimmter Rechte zu erzwingen (vgl. u.a. § 122 Abs. 1 und 3, § 142 Abs. 2, § 147 Abs. 1 AktG) oder die Fassung wirksamer Beschlüsse zu verhindern (vgl. u.a. § 179 Abs. 2, § 182 Abs. 1, § 186 Abs. 3, § 222 Abs. 1 AktG; zu den gesetzlichen Minderheitsrechten in Aktiengesellschaften vgl. die Zusammenstellung bei Lehmann, AG 1983, 113, 117 ff., auch abgedruckt bei: Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts/Semler, Bd. 4, AktG, 1988, § 242 Übersicht S. 484 ff.). Soweit ein Aktionär in eine derartige, mit einem Minderheitenrecht verbundene Einflußposition gelangt, deren Ausübung im Hinblick auf die gesellschaftsbezogenen Belange der Mitgesellschafter einer Kontrolle bedarf, kann der Minderheitsaktionär die aus dieser Position folgenden Rechte nur in den Grenzen der ihm obliegenden Treupflicht geltend machen (Hüffer, AktG aaO., § 53 a Rz. 17; Nirk, Handbuch der AG aaO., Teil I Rz. 30; Brändel in GroßKomm. z. AktG aaO., § 1 Rz. 86; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht aaO., § 20 IV 3; Timm, WM 1991 481, 484 ff.; Dreher, ZHR 157 (1993), S. 150, 157).
3. Fraglich ist, ob auch das Abstimmungsverhalten von Minderheitsaktionären, die nicht als einzelne, sondern in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen für eine Sperrminorität oder für die Durchsetzung eines Minderheitenrechtes erfüllen, von der Treupflicht bestimmt wird. Im Schrifttum wird das für den Fall bejaht, daß die Stimmen gebündelt werden, um ein gemeinsames Sachziel zu erreichen (sog. wirkungsbezogene Treupflicht). Davon wird einmal der Fall umfaßt, daß sich die Minderheitsaktionäre auf eine einheitliche Stimmabgabe verständigen (Stimmbindung), zum anderen sollen die beiden Fälle darunter fallen, in denen verschiedene Minderheitsaktionäre mit der Ausübung des Stimmrechts einen (gesellschaftsfremden) Dritten beauftragen, der für die Abstimmung ein eigenes Konzept entwickelt oder den Aktionären ein bestimmtes Abstimmungsverhalten empfiehlt und der sich zur Durchsetzung seines Konzeptes bzw. zur Abstimmung im Sinne des empfohlenen Abstimmungsverhaltens Stimmrechtsvollmachten erteilen läßt. Eine Stimmrechtsbündelung, bei der die Aktionäre von dem Bevollmächtigten lediglich um die Erteilung einer Weisung für die Stimmrechtsausübung gebeten werden und bei der sich die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Antrags- oder Sperrminorität zufällig ergeben, soll den Schranken der Treupflicht hingegen nicht unterliegen (Dreher, ZHR 157 (1993), S. 150, 158 ff.; ders. EWiR § 135 AktG 1/94, S. 733; ihm folgend Nirk, Handbuch der AG, Teil I, Rz. 30). Dem wird von anderer Seite widersprochen. Ebensowenig wie die Aktionäre, die zufällig die Voraussetzungen einer Antrags- oder Sperrminorität erfüllten, einer gesteigerten Treupflicht unterlägen, seien auch die Aktionäre, deren Stimmen zu einem einheitlichen Block zusammengefaßt würden, nur einer Treupflicht unterworfen, die dem Maß ihrer Verantwortung entspreche, das sich aus der Möglichkeit der Einflußnahme ergebe, die sie mit ihrem jeweiligen Stimmrechtsanteil nehmen könnten. Diese treffe aus abgeleitetem Recht auch den Stimmrechtsvertreter. In demselben Verhältnis, in dem sich in der Person des Vertreters die Aktionärsstimmrechte bündelten, wachse jedoch dessen Stimmrechtseinfluß. Da der Korrelation von Rechtsmacht und Verantwortung der Gleichlauf von Stimmrechtsmacht und Verantwortlichkeit für Treupflichtverletzungen entspreche, unterliege der Vertreter als derjenige, der die gebündelte Rechtsmacht eingesetzt habe, einer erhöhten Treupflicht (Timm, WM 1991, 481, 488 f.; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172, 184; Schöne, WM 1992, 209, 212; im Ergebnis ebenso Schick, ZIP 1991, 938, 939; zweifelnd Lutter, EWiR § 135 AktG 1/91, S. 850, 851).
4. Ob der von Dreher entwickelten Ansicht über die wirkungsbezogene Treupflicht zu folgen ist, kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles offenbleiben. Geht man davon aus, daß die Frage, ob den Aktionär bei der Stimmrechtsausübung eine Treupflicht gegenüber den übrigen Aktionären trifft, nach dem Inhalt der jeweils in Betracht kommenden Pflicht, nicht aber nach dem Umfang der Pflichtbindung zu entscheiden ist (vgl. insoweit Diskussionsbericht von Schäfer, ZHR 157 (1993), S. 192 f.; Zöllner, Die Schranken ..., S. 345, 359 spricht von der Nähe des Beschlußgegenstandes zur Zweckverfolgung), ist die Treupflichtbindung für die Aktionäre jeder der drei genannten Gruppen relevant, gleichgültig, ob die Voraussetzungen der Antrags- oder Sperrminorität zufällig eintreten oder aufgrund eines gemeinsamen Sachziels erreicht werden. Entscheidend ist danach - wie bei der Relevanz der Zufallsmehrheit - allein, ob die jeweilige Stimmrechtsausübung des einzelnen Aktionärs pflichtwidrig ist und die Zahl der pflichtwidrig abgegebenen Stimmen den Prozentsatz der für das Vorliegen einer Sperrminorität erforderlichen Stimmen ausmacht.
Im vorliegenden Falle erfüllt das Stimmverhalten der Minderheitsaktionäre, die den Beklagten mit der Stimmrechtsausübung beauftragt haben, über den Fall der zufällig eingetretenen Sperrminorität hinaus auch die Voraussetzungen einer auf eine einheitliche Stimmabgabe gerichteten Abstimmungsbeteiligung (Stimmrechtsbündelung mit inhaltlicher Zielsetzung im Sinne Drehers). Denn der Beklagte hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen bei den Aktionären der G. AG darum geworben, ihm die Stimmrechtsausübung mit dem Ziel zu übertragen, gegen die geplante Herabsetzung des Grundkapitals im Verhältnis 5 : 2 zu stimmen. Er hat demnach den Aktionären ein bestimmtes Abstimmungsverhalten empfohlen und die Stimmen, die ihm die Aktionäre unter gleichzeitiger Billigung seines Vorhabens (arg. § 128 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 AktG, vgl. Dreher, ZHR 157 (1993), S. 150, 163 Fn. 49) übertragen haben, zur Realisierung dieses Abstimmungsverhaltens in seiner Person gebündelt. Auf diese Weise haben sich über den Beklagten 39,17 % der an der Abstimmung beteiligten Aktionäre gegen die Kapitalherabsetzung ausgesprochen, so daß eine Sperrminorität im Sinne des § 229 Abs. 3 in Verbindung mit § 222 Abs. 1 AktG erreicht worden ist. Auf den Umstand, daß mit der Zahl der ihm anvertrauten Stimmen diese Sperrminorität vorliegen dürfte, hat der Beklagte im übrigen im E.-Spiegel vom 12. Januar 1989 aufmerksam gemacht.
5. Der Senat vermag sich der Ansicht, nach der im Falle der Stimmrechtsbündelung mit inhaltlicher Zielsetzung, wie sie im vorliegenden Falle gegeben ist, nicht die Aktionäre, sondern der mit der Stimmrechtsausübung Bevollmächtigte eine Treupflichtverletzung begehen, nicht anzuschließen (ablehnend auch Hammen, ZBB 1993, 239, 242 f.; Heermann, ZIP 1994, 1243, 1244). Gegen die Erstreckung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht auf den mit der Ausübung des Stimmrechts Bevollmächtigten sprechen gewichtige Gründe: Die Treupflicht ist Ausfluß der mitgliedschaftlichen Beteiligung in der Aktiengesellschaft. Von diesem Recht kann sie ebensowenig getrennt und ohne Übergang des Anteilsbesitzes auf Dritte übertragen werden wie andere aus der Mitgliedschaft folgende Rechte. Das hat der Senat für das Stimmrecht bereits mehrfach entschieden (BGHZ 43, 261, 267 (GmbH); BGH, Urt. v. 17. November 1986 - II ZR 96/86, ZIP 1987, 165, 166; zum Anfechtungsrecht vgl. BGHZ 119, 305, 316). Demgemäß hat er Vereinbarungen, mit denen diese rechtliche Regelung umgangen worden ist, als unzulässig angesehen (BGH, Urt. v. 17. November 1986 aaO.; Urt. v. 11. Oktober 1976 - II ZR 119/75, WM 1976, 1247, 1250 (GmbH)). Es ist zwar richtig, daß der Bevollmächtigte das Stimmrecht in der Hauptversammlung nur unter denselben aus der Treupflicht folgenden Einschränkungen wahrnehmen darf wie der die Vollmacht erteilende Aktionär selbst. Da das von den Bevollmächtigten ausgeübte Stimmrecht jedoch nur von dem Vollmachtgeber abgeleitet ist, bei dem es rechtlich verbleibt, gilt das gleiche für die das Stimmrecht beschränkende Treupflicht (vgl. Timm, ZIP 1991, 481, 489; Schöne, WM 1992, 209, 212). Denn beide sind Bestandteil der Mitgliedschaft, die nach der bestehenden Rechtsordnung auf eine in sich abgestimmte Einheit von Rechten, Pflichten und Verantwortung hin angelegt ist (vgl. Sen.Urt. v. 11. Oktober 1976 aaO.). Es würde diesem Prinzip widersprechen, die Treupflicht zu verselbständigen und sie unabhängig von dem Mitgliedschaftsrecht und den aus ihr folgenden, von ihr eingeschränkten Verwaltungsrechten auf Dritte zu übertragen. Genau das würde aber geschehen, wenn man der aufgrund der Stimmrechtsbündelung bei dem Bevollmächtigten konzentrierten Stimmrechtsmacht als Ausgleich eine Treupflicht gegenüberstellen würde, die von dem Vollmachtgeber und seiner Mitgliedschaft losgelöst als erhöhte Pflichtenbindung eigenständig in der Person des Bevollmächtigten bestünde.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, daß rechtlich die durch die Bündelung mit inhaltlicher Zielsetzung bei dem Bevollmächtigten geschaffene Rechtsmacht keine weiterreichenden Wirkungen hat als sie bei der Gruppe der Vollmachtgeber eintreten. Dabei ist es - wie bereits dargelegt - gleichgültig, ob Intensität und Umfang der Treupflicht wirkungsbezogen im Sinne Drehers nach dem Umfang der Pflichtbindung oder inhaltsbezogen nach Gegenstand und Art der Verpflichtung bestimmt werden. Gibt es im Verhältnis des Stimmrechtsbündelers zu den Gesellschaftern keine Rechtswirkungen, die über diejenigen des Rechtsverhältnisses zwischen den Aktionären, die über die Sperrminorität verfügen, und den übrigen Aktionären hinausreichen, ist auch aus diesem Grunde für die Annahme von Rechtsfolgen zu Lasten des Bevollmächtigten kein Raum.
Der Beklagte hat - anders als die Aktionäre, die ihn mit der Ausübung ihres Stimmrechts beauftragt haben - eine ihm obliegende - eigenständige - Treupflicht somit nicht verletzt. Eine Haftung auf Schadenersatz aus Treupflichtverletzung scheitert daher schon an diesem Gesichtspunkt.
II. Den Beklagten kann jedoch nach dem Klägervortrag eine Haftung entsprechend § 179 Abs. 1 BGB treffen.
1. In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, daß derjenige, der ein Rechtsgeschäft, für den, den es angeht, oder für eine Person, deren Benennung er sich vorbehält, abschließt, in entsprechender Anwendung des § 179 BGB haftet, wenn er sich weigert, den Vertretenen namhaft zu machen und die Durchführung des Geschäftes daran scheitert (MüKo/Schramm, BGB, 3. Aufl., § 164 Rz. 20; § 179 Rz. 12; Soergel/Leptien, BGB, 12. Aufl. vor § 164 Rz. 33 f.; Erman/Brox, BGB, 9. Aufl., § 179 Rz. 19; Flume, AT BGB II, 3. Aufl., § 44 II 1 a; Cohn, Das rechtsgeschäftliche Handeln für denjenigen, den es angeht, 1931, S. 13, 34 ff.; OLG Köln NJW-RR 1991, 918, 919 [OLG Köln 16.11.1990 - 11 U 135/90]; OLG Frankfurt NJW-RR 1987, 914, 915). Der Rechtsgedanke dieser Vorschrift trifft im Grundsatz und in Teilen seiner Rechtsfolge auch auf den vorliegenden Fall zu.
Zwar kommt, anders als es die Vorschrift voraussetzt, nicht der Abschluß eines Vertrages durch einen Vertreter in Betracht; auch scheidet als Rechtsfolge die Verpflichtung, nach Wahl des anderen Teils den Vertrag zu erfüllen, aus. Daran scheitert die entsprechende Anwendung der Bestimmung jedoch nicht. Ihr liegt nämlich der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, daß der Partner einer Rechtsverbindung, in die der andere Teil einen Vertreter einbezieht, auf die Wirksamkeit der Bevollmächtigung und damit nicht nur auf die Verbindlichkeit der von dem Vertreter abgegebenen Erklärungen und vorgenommenen Rechtshandlungen im Verhältnis zu dem Vertretenen, sondern auch darauf vertrauen darf, daß ihm der Vertretene bekannt gegeben und er in die Lage versetzt wird, diesen auf Erfüllung der sich aus dem zustande gekommenen Rechtsverhältnis ergebenden Verpflichtung in Anspruch zu nehmen. Wird dieses Vertrauen enttäuscht, hat der Vertreter dafür einzustehen, weil die sich nach dem Rechtsverhältnis ergebenden Rechtsfolgen nicht ordnungsgemäß abgewickelt werden können (vgl. BGHZ 39, 45, 51; 105, 283, 285 f. [BGH 20.10.1988 - I ZR 219/87]; MüKo/Schramm, BGB aaO. § 179 Rz. 1 f.; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 179 Rz. 1; Henssler, ZHR 157 (1993), S. 91, 118 f.). Dieser allgemeine Gedanke ist auch auf den Fall übertragbar, daß der Vertreter in der Hauptversammlung für eine Vielzahl von Minderheitsaktionären abstimmt, die Stimmabgabe treupflichtwidrig ist und der Bevollmächtigte seine Vollmachtgeber nicht benennt. Da die einzelnen Aktionäre unter diesen Umständen für das ihnen zuzurechnende treupflichtwidrige Abstimmungsverhalten nicht haftbar gemacht werden können, bleibt auch hier - wie im Fall der rechtsgeschäftlichen Vertretung - nur der Bevollmächtigte als derjenige übrig, an dessen Verhalten angeknüpft werden kann. Die Haftung des Stimmrechtsvertreters beschränkt sich im Hinblick darauf, daß es um Rechtsfolgen aus der Teilnahme einer Abstimmung in der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft geht, naturgemäß auf die in § 179 Abs. 1 BGB aufgeführte Alternative der Schadenersatzleistung. Die Voraussetzungen dafür sind nach dem für die Revisionsinstanz als zutreffend zu unterstellenden Vortrag des Klägers erfüllt.
2. Die Ablehnung des von der Verwaltung der G. AG unterbreiteten Sanierungsvorschlages durch den Beklagten stellt eine Verletzung der den vertretenen Aktionären gegenüber dem Kläger obliegenden Treupflicht dar, für die diese in Anwendung der Rechtsgedanken der §§ 166, 278 BGB nach dem Klagevorbringen einzustehen haben (vgl. dazu Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), S. 172, 182; Timm, WM 1991, 481, 488; Dreher, ZHR 157 (1993), S. 150, 166).
a) Eine Verpflichtung der Aktionäre, an der Sanierung der G. AG mitzuwirken, läßt sich allerdings nicht aus einer der Gesellschaft gegenüber bestehenden Treupflicht herleiten. Die Gesellschaft genießt keinen allgemeinen Bestandsschutz gegenüber Maßnahmen ihrer Gesellschafter. Diese sind vielmehr in der Lage, den Gesellschaftszweck jederzeit und ohne Vorliegen sachlicher Rechtfertigungsgründe zu beenden und die Auflösung der Gesellschaft zu beschließen (vgl. BGHZ 103, 184, 191 f. [BGH 01.02.1988 - II ZR 75/87]; 76, 352, 353) [BGH 28.01.1980 - II ZR 124/78]. Ebensowenig besteht eine Verpflichtung der Gesellschafter gegenüber der Aktiengesellschaft, zu ihren Gunsten Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Gesellschaft das Stadium der Konkursreife erlangt hat (§ 207 Abs. 1 KO), über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wird und auf diese Weise die Voraussetzungen für ihre Auflösung nach § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG eingetreten sind (vgl. zur Frage der Sanierung aufgrund der Treupflicht zur Gesellschaft Timm, WM 1991, 481, 484 (verneinend); Lutter, EWiR § 135 AktG 1/91, S. 849, 850 (verneinend); ders. ZHR 153 (1989), 446, 468 f. (teilweise bejahend); allgemein für Strukturentscheidungen bei der GmbH M. Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, 1988, S. 88 ff. (verneinend); Zöllner, Die Schranken ... aaO., S. 349 ff., insbes. 350-353 (verneinend)). Das Gesetz beschränkt die Förderpflicht der Aktionäre auf die durch den Nenn- oder höheren Ausgabebetrag beschränkte Einlageleistung (§ 54 Abs. 1 AktG), soweit die Satzung keine Sonderregelungen vorsieht (§ 55 AktG).
b) Das Recht zur Auflösung der Aktiengesellschaft durch Beschluß ist jedoch einer qualifizierten, durch Gesetz oder Satzung bestimmten Mehrheit der Gesellschafter vorbehalten (§ 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Solange ein solcher Beschluß nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefaßt ist, bestehen Gesellschaft und Gesellschaftszweck fort. Eine Minderheit kann die Auflösung der Aktiengesellschaft nicht erzwingen (vgl. Timm, WM 1991, 481, 484). Sie hat unter Berücksichtigung des Gesellschaftszwecks auf die gesellschaftsbezogenen Belange der Mehrheit der Gesellschafter angemessen Rücksicht zu nehmen, wobei diese Rücksichtnahme unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit steht (vgl. Zöllner, Die Schranken ... aaO., S. 350 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3 b, S. 435; zu diesen Merkmalen beim Bezugsrechtsausschluß vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1994 - II ZR 52/93, BGHZ 125, 239 [BGH 07.03.1994 - II ZR 52/93] = ZIP 1994, 529, 530 m.w.N. aus dem Schrifttum). Für den Fall, daß eine Gesellschaft sanierungsbedürftig ist, wird daraus zutreffend die Schlußfolgerung gezogen, daß es die Treupflicht dem einzelnen Gesellschafter verbietet, eine sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung aus eigennützigen Gründen zu verhindern (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht aaO., § 5 IV 5; ders. ZIP 1980, 328, 335 f.; ders. ZGR 1982, 519, 524; Timm, WM 1991, 481, 484 f.; Dreher, ZHR 157 (1993), S. 170, 180 f.; Schöne, WM 1992, 209, 212 f.; Lutter, EWiR § 135 AktG 1/91, S. 850, 851). Mit diesem Ergebnis steht es in Übereinstimmung, daß der Senat im Personengesellschaftsrecht und für die personalistisch ausgestaltete GmbH aus der Treupflicht die Verpflichtung des Gesellschafters hergeleitet hat, in besonders gelagerten Ausnahmefällen der Anpassung des Gesellschaftsvertrages an veränderte Umstände zuzustimmen (BGHZ 44, 40, 41 [BGH 10.06.1965 - II ZR 6/63]; 64, 253, 257 [BGH 28.04.1975 - II ZR 16/73]; BGHZ 98, 276, 279 f.; BGH, Urt. v. 23. März 1987 - II ZR 244/86, ZIP 1987, 914; vgl. ferner Urt. v. 20. Oktober 1986 - II ZR 86/85, ZIP 1987, 166; Urt. v. 10. Oktober 1994 - II ZR 18/94, WM 1994, 2244). Die Entscheidung des Senates, nach der den Kommanditisten einer Publikums-Kommanditgesellschaft der vorübergehende Verzicht auf die Zahlung von Zinsen im Interesse der Erhaltung des Unternehmens zugemutet werden kann, steht dem vorliegenden Fall sehr nahe (BGH, Urt. v. 5. November 1984 - II ZR 111/84, ZIP 1985, 407).
Einer positiven Zustimmung bedurfte es zur Erreichung der für die Kapitalherabsetzung erforderlichen Mehrheit (§ 229 Abs. 3 in Verbindung mit § 222 Abs. 1 AktG) allerdings nicht. Da Stimmenthaltungen bei der Zahl der abgegebenen Stimmen nicht berücksichtigt werden, hätte eine Stimmenthaltung durch den Beklagten ausgereicht, um eine Mehrheit von 3/4 zu erreichen (vgl. Hüffer, AktG aaO., § 133 Rz. 12, 23 f.; § 179 Rz. 14; Nirk in Hdb. der AG aaO., Rz. 532).
Im Hinblick auf die Anforderungen, die an die gegenseitige Rücksichtnahme der Gesellschafter zu stellen sind, wird das Verbot, eine sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung aus eigennützigen Gründen zu verhindern, zu Recht davon abhängig gemacht, daß bei Scheitern der Sanierungsmaßnahme der Zusammenbruch der Gesellschaft unvermeidlich und im Falle des Zusammenbruchs die Stellung des einzelnen Gesellschafters ungünstiger als bei einem Austritt aus der fortbestehenden Gesellschaft ist - bei der Aktiengesellschaft kommt insoweit lediglich eine Veräußerung der Aktien in Betracht -, die Durchführung der Sanierungsmaßnahme die Verfolgung des Gesellschaftszwecks nach objektiver Einschätzung nachhaltig sicherstellt und keine schonendere Sanierung möglich ist (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht aaO., § 5 IV 5; ders. ZIP 1980, 328, 336; ferner Timm, WM 1991, 481, 484 f.).
3. Nach den Darlegungen des Klägers, die für die Revisionsinstanz zugrunde zu legen sind, kann nicht ausgeschlossen werden, daß nach dem Scheitern des zwischen Vorstand und Gesellschaftsgläubigern ausgehandelten Sanierungskonzeptes der Zusammenbruch der G. AG unvermeidlich war.
a) Danach war die Gesellschaft überschuldet im Sinne des § 207 Abs. 1 KO in Verbindung mit § 92 Abs. 2 Satz 2 AktG.
Welche Anforderungen an den gesetzlichen Begriff der Überschuldung zu stellen sind, ist im Schrifttum im einzelnen umstritten (vgl. Hüffer, AktG aaO., § 92 Rz. 10 ff.; Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 92 Rz. 17; KK/Mertens, AktG, 2. Aufl., § 92 Rz. 29 ff.; Baumbach/Hueck, AktG, 13. Aufl., § 92 Rz. 6; Meyer-Landrut in GroßKomm. z. AktG, 3. Aufl., § 92 Anm. 7; Wiesner in Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4 AG 1988, § 25 Rz. 53). Wie der Senat in Übereinstimmung mit dem jüngeren Schrifttum zu § 63 Abs. 1 GmbHG entschieden hat, liegt eine Überschuldung im Sinne dieser Vorschrift nur dann vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten unter Einbeziehung der stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (Überlebens- oder Fortbestehensprognose) (BGHZ 119, 201, 213 ff.). Von diesen Voraussetzungen ist bei gleicher gesetzlicher Regelung auch für die Aktiengesellschaft auszugehen, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen und die Revision anerkannt haben.
b) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer Überschuldung verneint. Es geht davon aus, daß die rechnerische Überschuldung der Gesellschaft und die Frage der positiven Fortführungsprognose zwischen den Parteien umstritten ist. Daß die G. AG nicht erfolgreich habe fortgeführt werden können, lasse sich letztlich nicht feststellen. Denn es stehe nicht fest, daß der Sanierungsvorschlag des Vorstandes bei Beendigung der Hauptversammlung am 3. Februar 1989 gescheitert gewesen sei. Einmal seien die Gläubiger und Arbeitnehmer nicht mit der Frage konfrontiert worden, ob sie auch bei Durchführung der von dem Beklagten vorgeschlagenen Kapitalherabsetzung im Verhältnis 5 : 3 bei ihrem Vergleichsvorschlag hätten bleiben wollen, zum anderen seien die Gläubigerinteressen durch diese Veränderung des Kapitalherabsetzungsverhältnisses zugunsten der Aktionäre nicht gefährdet worden, wobei von wesentlicher Bedeutung sei, daß die Gesellschaft die Mittel aus der mit der Kapitalherabsetzung verbundenen Kapitalerhöhung nach der Darstellung des Vorstandes nicht sofort benötigt habe und Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionäre bis zuletzt nach einer tragbaren Lösung gesucht hätten. Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revision im Ergebnis mit Erfolg.
aa) Die Revision geht davon aus, der Beklagte habe das Bestehen einer Überschuldung der G. AG zugestanden (§ 288 Abs. 1 ZPO). Denn er habe die vom Kläger für eine rechnerische Überschuldung vorgetragenen Zahlen nicht bestritten und auch ausgeführt, der Überschuldungstatbestand sei schon vor seiner Stimmabgabe eingetreten gewesen. Entgegen der Ansicht der Revision kann darin aber kein wirksames Geständnis im Sinne des § 288 Abs. 1 ZPO gesehen werden. Gegenstand eines Geständnisses können nur Tatsachenbehauptungen sein, wie sich aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt. Es ist zwar anerkannt, daß auch Rechtsbegriffe oder Rechtsverhältnisse inhaltlich tatsächliches Vorbringen werden können, wenn sie einfach und allgemein bekannt sind (BGH, Urt. v. 4. November 1991 - II ZR 26/91, NJW 1992, 906 f.; Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl., § 288 Rz. 1; Baumbach/Hartmann, ZPO, 52. Aufl., § 288 Rz. 1; ablehnend Zöller/Greger, ZPO, 19. Aufl., § 288 Rz. 1 a). Ein Geständnis kann aber nicht in der Wertung von Tatsachen gesehen werden (BGHZ 8, 235, 239; Baumbach/Hartmann aaO., § 288 Rz. 1). Ob unter diesen Voraussetzungen die rechnerische Überschuldung zugestanden werden kann, mag hier dahingestellt bleiben. Auf keinen Fall trifft das auf die Fortführungsprognose zu. Denn diese setzt sich aus der Beurteilung von Fakten und der Einschätzung künftiger Entwicklungen - der Gesellschaft, ihrer Absatz- und Gewinnchancen für ihre Produkte und der allgemeinen Wirtschafts- und Marktverhältnisse - zusammen, so daß ihr im wesentlichen der Charakter eines Werturteils zukommt (vgl. die Darstellung BGHZ 119, 201, 215 f.).
bb) Die Revision rügt aber zu Recht, das Berufungsgericht habe sich nur deswegen außerstande gesehen, zu einem endgültigen Scheitern des Sanierungskonzeptes durch das Abstimmungsverhalten des Beklagten zu gelangen, für die Gesellschaft aufgrund dessen eine negative Überlebensprognose zu stellen und damit die Voraussetzungen einer Überschuldung zu bejahen, weil es beweiserheblichen Sachvortrag des Klägers nicht berücksichtigt und gegen die Denkgesetze verstoßen habe.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen, ob die Kapitalherabsetzung im Verhältnis 5 : 2 für die Gläubiger "conditio sine qua non" für den vereinbarten, von ihnen zu erbringenden Forderungsverzicht gewesen ist. Denn sie seien nach Beendigung der Hauptversammlung nicht vor die Frage gestellt gewesen, ob sie an ihrem Sanierungsbeitrag auch bei einer Kapitalherabsetzung im Verhältnis 5 : 3 festhalten würden, unabhängig davon, was ihre Vertreter vor der Hauptversammlung erklärt hätten. Diese Wertung des Berufungsgerichts stellt sich als vorweggenommene Beweiswürdigung dar. Denn der Kläger hat ausdrücklich vorgetragen, daß gerade mit Rücksicht auf die ablehnende Haltung des Beklagten gegen das Herabsetzungsverhältnis von 5 : 2 und seine Ankündigung, ein solches von 10 : 9 anzustreben, in dieser Richtung bereits vor der Hauptversammlung Verhandlungen geführt worden seien. Der Pensionssicherungsverein habe jedoch darauf bestanden, daß sein Sanierungsbeitrag von Umschichtungen unberührt bleibe; die Banken, die dann als einzige für die Leistung eines höheren Sanierungsbeitrages in Betracht gekommen wären, hätten einen solchen abgelehnt, weil ihre Kredit- und Wechselforderungen in vollem Um