Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 07.03.1995, Az.: 4 StR 35/95

Fehlgeschlagener Versuch; Versuchsbeginn; Tatverwirklichung; Veränderung der Handlungssituation

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
07.03.1995
Aktenzeichen
4 StR 35/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 12356
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • JZ 1995, 784
  • MDR 1995, 861
  • NJW 1995, 2097
  • WM 1995, 1060

Redaktioneller Leitsatz

Eine versuchte Tat ist nur dann fehlgeschlagen, wenn der Täter aufgrund von einer Änderung g der Handlungssituation oder wegen inneren Hemmungen keine Möglichkeit mehr sieht, den ursprünglichen Tatplan auszuführen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in fünf Fällen, sexueller Nötigung und versuchter Vergewaltigung unter Einbeziehung einer Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

2

Auf die Sachrüge des Angeklagten waren der Schuldspruch im Fall V 6 der Urteilsgründe sowie der gesamte Strafausspruch aufzuheben; im übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

3

1. In Fall V 6 hat die Jugendschutzkammer festgestellt, der Angeklagte habe sich "halb" auf die auf einer Couch ausgestreckte S. M. gelegt, ihr die Arme festgehalten und versucht, gegen den Willen des Mädchens sein Glied in dessen Scheide einzuführen. Durch eine ruckartige Drehung habe das Mädchen dies verhindern können. Der Angeklagte sei abgerutscht und habe nun neben S. M. auf der Couch gelegen. Diese habe sich rasch angekleidet und die Wohnung verlassen.

4

Einen strafbefreienden Rücktritt vom - unbeendeten - Versuch der Vergewaltigung hat das Landgericht mit der Begründung verneint, der Angeklagte habe die Tatausführung nicht freiwillig aufgegeben. Da sein Tatplan darauf gerichtet gewesen sei, S. M. ohne massive Gewaltanwendung zum Geschlechtsverkehr zu bringen, sei die Tatausführung fehlgeschlagen, nachdem das Mädchen sich dem Angeklagten entzogen habe.

5

Diese Begründung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand; sie läßt besorgen, daß die Strafkammer dem Tatplan des Angeklagten für die Beurteilung der Rücktrittsfrage eine Bedeutung beigemessen hat, die ihr nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr zukommt. Entscheidend ist nicht, ob der Angeklagte seinen ursprünglichen Tatplan nicht verwirklichen konnte, sondern ob ihm infolge einer Veränderung der Handlungssituation oder aufkommender innerer Hemmungen das Erreichen seines Handlungsziels nicht mehr möglich erschien. War der Angeklagte aber noch Herr seiner Entschlüsse, hielt er die Ausführung der Tat - wenn auch auf andere Weise - noch für möglich, dann ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu werten (BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1, Versuch, fehlgeschlagener 5 m. zahlr. N.). Letzteres liegt hier angesichts der Tatsituation nahe.

6

2. Die Aufhebung des Schuldspruchs in Fall V 6 zieht die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe nach sich.

7

Darüber hinaus hebt der Senat auch die in den übrigen Fällen verhängten Einzelstrafen auf, da nicht auszuschließen ist, daß diese ohne die in dem Fall V 6 verhängte Strafe milder ausgefallen wäre. Dies gilt um so mehr, als die Jugendschutzkammer die Vielzahl der Taten bei der Bemessung sämtlicher Einzelstrafen zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat.