Bundesgerichtshof
Urt. v. 04.07.1994, Az.: II ZR 126/93
Milchkühe; Zuchtviehbestand; Schadensminderung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 04.07.1994
- Aktenzeichen
- II ZR 126/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 15068
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- MDR 1995, 268 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1995, 126-128 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1994, 2127-2129 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Sieht der Halter von Zuchtvieh mit Rücksicht auf seinen Ausschluß aus der Herdbuchgenossenschaft von der bereits geplanten Aufstockung seines Zuchtviehbestandes ab und erhält er infolgedessen nach Einführung der Milchquotenregelung nur eine geringere Milchquote nach dem bisherigen Bestand zugeteilt, so wird der Ursachenzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Ausschluß aus der Herdbuchgenossenschaft und dem in der Zuteilung der geringeren Milchquote liegenden Schaden nicht dadurch unterbrochen, daß es der Halter unterlassen hat, seinen Viehbestand mit Milchkühen anstelle der nicht mehr möglichen Einstellung von Zuchtvieh aufzustocken. Dieses Unterlassen kann allenfalls einen Verstoß gegen die Obliegenheit zur Schadensminderung (§ 254 II BGB) begründen.
Tatbestand:
Der Kläger betreibt einen auf Herdbuchviehhaltung ausgerichteten landwirtschaftlichen Betrieb und befaßt sich neben der Aufzucht und Vermarktung von Rindvieh auch mit Milchwirtschaft. Er ist Mitglied der beklagten Herdbuchgenossenschaft. Wegen vermeintlicher Unstimmigkeiten bei der Milchleistungsprüfung faßte der Vorstand der Beklagten am 24. August 1983 den Beschluß, den Kläger aus der Abteilung Herdbuch mit der Folge der Beendigung der Herdbucheigenschaft sämtlicher Tiere seines Bestandes und des Erlöschens des Anspruchs auf Ausstellung von Zuchtunterlagen auszuschließen. Ein Antrag auf Wiederaufnahme sollte frühestens zum 1. Oktober 1986 gestellt werden können. Durch Urteil vom 22. November 1983, das am 1. März 1985 rechtskräftig geworden ist, hat das Landgericht Osnabrück die Unwirksamkeit dieses Beschlusses festgestellt. Ferner hat das Oberlandesgericht Oldenburg mit Urteil vom 19. Mai 1988 festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm durch den Ausschlußbeschluß der Beklagten vom 24. August 1983 und dessen faktische Durchführung in der Zeit vom 24. August 1983 bis zum 1. März 1985, insbesondere durch die Verweigerung von Abstammungsnachweisen, entstanden ist. Diese Entscheidung ist, nachdem die von der Beklagten dagegen eingelegte Revision durch Senatsbeschluß vom 28. November 1988 (II ZR 178/88) nicht angenommen wurde, mit diesem Zeitpunkt in Rechtskraft erwachsen.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind zwei von dem Kläger als Folge seines Ausschlusses geltend gemachte Schadenspositionen. Er habe im Frühjahr 1983 einen Boxenlaufstall mit einer Kapazität von 300 Kuhplätzen errichtet, um durch den Zukauf hochwertigen Zuchtviehs seinen Viehbestand in einer Größenordnung von 250 Tieren aufzustocken. An der Verwirklichung dieses Planes sei er durch den von der Beklagten erklärten Ausschlusses gehindert worden. Bei der Einführung der Milchquotenregelung im Jahre 1984 habe er deshalb nur eine Milchquote nach dem früheren Bestand erhalten. Der dadurch bedingte Verlust belaufe sich für den Zeitraum vom 1. April 1984 bis 31. Dezember 1986 auf 600.000, -- DM. Als zweite Schadensposition begehrt der Kläger wegen verminderter Zuchtleistung und entsprechend geringerer Zuchterlöse - auf die Dauer von zwei Jahren gerechnet - einen Betrag in Höhe von insgesamt 60.000, -- DM. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Die Revision des Klägers ist nur hinsichtlich der entgangenen Milchquote, nicht aber der geringeren Zuchterlöse angenommen worden. In diesem Rahmen verfolgt der Kläger nunmehr sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet, soweit die Klage auf Zahlung von 600.000, -- DM nebst anteiliger Zinsen ("Milchquote") abgewiesen wurde. Sie führt in diesem Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Ausschluß des Klägers aus der Herdbuchabteilung sei für die Versagung der erhöhten Referenzmenge nicht ursächlich geworden. Die Zuteilung der Milchquote knüpfe grundsätzlich an die im Jahre 1983 erwirtschaftete Produktionsmenge an, bestimme sich aber im Fall von Baumaßnahmen ausnahmsweise nach den bis Februar 1984 erstellten Kuhplätzen. Aufgrund des Ausschlusses aus der Herdbuchabteilung sei der Kläger indessen nicht gehindert gewesen, seinen Stall mit Milchnutzvieh zu bestücken. Für die Zuteilung einer Referenzmenge sei es nicht auf die Herdbuchqualität der Tiere angekommen. Allein die unternehmerische Entscheidung des Klägers, von der Erweiterung seines Bestandes mit Milchnutzvieh abzusehen, habe zur Zuteilung einer geringeren Milchquote geführt. Diese Entscheidung sei nicht durch den Ausschluß aus der Herdbuchabteilung herausgefordert worden, zumal es sich auf die Klassifikation als Herdbuchbetrieb nicht auswirke, wenn das Mitglied einer Herdbuchorganisation zur Bestandsergänzung Nichtherdbuchtiere erwerbe.
II. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Kläger hinsichtlich der Milchquote einen Schadensersatz abgesprochen hat, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Der Entgang einer Milchreferenzmenge stellt einen nach § 249 ff. BGB zu erstattenden Schaden dar.
Das Milchkontingent ist eine öffentlich-rechtliche Befugnis. Es gewährt dem Milcherzeuger das Recht, im Rahmen der ihm zugeteilten Erzeugungs- oder Ablieferungsquote Milch abgabenfrei anzuliefern (BGHZ 114, 277, 280) [BGH 26.04.1991 - V ZR 53/90]. Die Zuteilung einer sogenannten Milchquote wirkt sich auf den Wert eines landwirtschaftlichen Betriebes aus (BGHZ 115, 162, 167).
Wird die Aussicht auf den Erhalt einer Milchreferenzmenge entzogen, so ist dieser Vermögenswert als entgangener Gewinn (§ 252 BGB) zu ersetzen (BGH, Urt. v. 29. Januar 1993 - V ZR 160/91, NJW-RR 1993, 626, 627 f.). Beansprucht der Geschädigte Ersatz des entgangenen Gewinns, so braucht die Wahrscheinlichkeit, daß der Gewinn gezogen worden wäre, nicht schon beim Eintritt des zum Ersatz verpflichtenden Umstands bestanden zu haben (BGHZ 29, 393, 398). Deshalb ist es hier ohne Bedeutung, ob die Einführung der Milchkontingentierung zum Zeitpunkt der Ausschlußentscheidung bereits absehbar war.
2. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, daß ein Ursachenzusammenhang zwischen der Ausschließung des Klägers aus der Herdbuchabteilung und dem Verlust der Milchquote nicht besteht.
a) Das Grunderfordernis jeder Schadenszurechnung bildet die Verursachung des Schadens im logisch-naturwissenschaftlichen Sinn. Nach der Äquivalenztheorie ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfiele (allgemeine Meinung; vgl. nur BGHZ 2, 138, 141; Hermann Lange, Schadenersatz 2. Aufl. S. 79 f.; Mertens in: Soergel, BGB 12. Aufl. Rdn. 117 vor § 249; Palandt/Heinrichs, BGB 53. Aufl. Rdn. 57 vor § 249). Dabei ist zu beachten, daß zur Feststellung des Ursachenzusammnhangs nur die pflichtwidrige Handlung hinweggedacht, nicht aber weitere Umstände hinzugedacht werden dürfen (BGHZ 96, 157, 172).
b) Nach dem für das Revisionsverfahren zugrundezulegenden Sachverhalt hat das Verhalten des Beklagten den Schaden des Klägers in diesem Sinne verursacht. Durch den Ausschluß aus der Herdbuchabteilung hat die Beklagte eine nicht hinwegdenkbare Bedingung dafür gesetzt, daß der Kläger von dem Vorhaben, seinen Viehbestand durch weiterhin als solche klassifizierte Herdbuchtiere zu erweitern, Abstand nahm. Wäre der Ausschluß nicht erfolgt, so hätte der Kläger seinen Viehbestand plangemäß durch den Erwerb von Herdbuchtieren aufgestockt und an dem maßgeblichen Stichtag eine entsprechend höhere Milchreferenzmenge erlangt. Der Vergleich der realen Vermögenslage mit derjenigen, wie sie sich ohne das schädigende Ereignis ergeben hätte, führt zu der Feststellung, daß der Entgang der Milchquote ursächlich auf die Ausschließungsentscheidung der Beklagten zurückzuführen ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Kausalität nicht mit der Erwägung abgelehnt werden, der Kläger sei trotz des Ausschlusses in der Lage gewesen, seinen Stall mit Milchvieh zu bestücken. Als hinzugedachter Umstand hat diese Handlungsalternative bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs außer Betracht zu bleiben (BGHZ 96, 157, 172). Ob der Kläger gehalten war, statt Herdbuchtieren reine Milchrinder anzuschaffen, betrifft nicht die Kausalität, sondern allenfalls die Pflicht zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 BGB). Eine etwaige Schadensminderungspflicht, die niemals aus § 249 BGB hergeleitet werden kann, läßt indessen, was das Berufungsgericht verkannt hat, den Zurechnungszusammenhang unberührt (vgl. BGHZ 4, 170, 174) [BGH 13.12.1951 - III ZR 83/51].
3. Des weiteren ist im vorliegenden Fall auch die zusätzlich erforderliche Adäquanz des Ursachenzusammenhangs zu bejahen.
a) Der "Filter der Adäquanz" ist heute allgemein als Ausgrenzung derjenigen Kausalverläufe anerkannt, die dem Verantwortlichen billigerweise rechtlich nicht mehr zugerechnet werden können (BGHZ 79, 259, 261) [BGH 27.01.1981 - VI ZR 204/79]. Adäquat ist eine Bedingung dann, wenn das Ereignis im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen (BGHZ 57, 137, 141 [BGH 14.10.1971 - VII ZR 313/69]; st. Rspr.).
b) Es liegt nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge, daß der Inhaber eines auf Herdbuchtierhaltung ausgerichteten landwirtschaftlichen Betriebs nach dem Ausschluß aus der Herdbuchabteilung auf den beabsichtigten Kauf von Zuchtrindern verzichtet und dadurch bei der Zuteilung einer Milchreferenzmenge einen Nachteil erleidet. In der Ausschlußentscheidung der Beklagten vom 24. August 1983 heißt es wörtlich: "Mit dem Ausschluß endet die Herdbucheigenschaft aller Tiere ihres Betriebes. " Damit hatte die gesamte Viehherde des Klägers die Herdbucheigenschaft verloren. Hinzuerworbene Herdbuchtiere hätten diese Klassifikation mit der Eingliederung in den Betrieb des Klägers verloren. Die von dem Berufungsgericht aufgezeigte Möglichkeit, zur Bestandsergänzung Nichtherdbuchtiere zu kaufen und diese in das Hilfsherdbuch eintragen zu lassen, stand dem Kläger nicht offen. Von dieser Befugnis kann, wie der Sachverständige S. zutreffend ausgeführt hat, nur das Mitglied einer Herdbuchorganisation Gebrauch machen. Die Mitgliedschaft in der Herdbuchabteilung war dem Kläger aber gerade entzogen worden. Da die Beklagte einen Antrag auf Wiederaufnahme in das Herdbuch frühestens zum 1. Oktober 1986 zugelassen hatte, konnte der Kläger seinen auf Herdbuchtierhaltung ausgerichteten landwirtschaftlichen Betrieb nicht in der angestammten Form fortführen. Deshalb kann es nicht als ungewöhnlicher Geschehensablauf bewertet werden, wenn der Kläger von der geplanten Aufstockung seines Viehbestands absah.
c) Der erforderliche haftungsrechtliche Zusammenhang kann auch dann fehlen, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt (BGH, Urt. v. 7. Januar 1993 - IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587, 1589 m.w.N.). Bestand für die Zweithandlung des Geschädigten ein rechtfertigender Anlaß oder wurde sie durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert, erweist sich die Reaktion auch nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen, so bleibt der Zurechnungszusammenhang mit dem Verhalten des Schädigers dagegen bestehen (BGH, Urt. v. 3. Dezember 1992 - IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine solche gefahrstiftende Willensentscheidung des Klägers im vorliegenden Fall bei wertender Betrachtung nicht anzunehmen.
Die maßgebliche Ursache dafür, daß der Betrieb des Klägers die Herdbuchqualifikation einbüßte, hinzuerworbene Herdbuchtiere an dieser Schadensfolge teilnahmen, der Kläger gezwungenermaßen die Erweiterung seines Viehbestands zurückstellte und eine entsprechend geringere Milchquote erzielte, hat allein die Beklagte geschaffen. Der Entgang der Milchquote geht folgerichtig auf den von der Beklagten erklärten Ausschluß aus der Herdbuchabteilung zurück. Eine hinzugedachte Bedingung - die Willensentschließung des Klägers, auf den Erwerb reiner Milchrinder zu verzichten - vermag den Zurechnungszusammenhang nicht zu durchbrechen.
Ein Ursachenbeitrag des Klägers liegt allenfalls in dem Entschluß, den Kauf von Herdbuchtieren zu unterlassen. Diese Willensentscheidung war indessen durch das Tun der Beklagten, die den Kläger aus der Herdbuchabteilung ausgeschlossen und die Ausstellung von Zuchtnachweisen ausdrücklich abgelehnt hatte, veranlaßt worden. Es war eine wirtschaftlich angemessene und vernünftige Reaktion (Mertens aaO. Rdn. 139 vor § 249), das Vorhaben, Herdbuchtiere zu erwerben, aufzugeben, nachdem dem Kläger Herdbuchzucht nicht mehr gestattet war. Schon durch den Kauf von Herdbuchvieh hätte der Kläger einen Nachteil erlitten, weil sich der unvermeidbare Verlust der Herdbuchklassifikation in einer beträchtlichen Wertminderung der einzelnen Tiere niedergeschlagen hätte. Angesichts dessen kann von einem ungewöhnlichen oder gänzlich unangemessenem Eingriff durch den Kläger keine Rede sein. Die nicht ungewöhnliche Reaktion des Klägers wurde vielmehr durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert.
4. Der dem Kläger mit dem Verlust des Milchkontingents erwachsene Schaden liegt auch im Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht.
a) Für den Bereich der deliktischen Haftung und anderer gesetzlicher Haftungsvorschriften ist allgemein anerkannt, daß ein Schaden nur dann zu ersetzen ist, wenn er in den Schutzbereich der verletzten Vorschrift fällt. Das ist dann der Fall, wenn es sich um Folgen handelt, die im Bereich der Gefahren liegen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde. Notwendig ist ein innerer Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage, nicht nur eine bloß zufällige äußere Verbindung. Diese Grundsätze gelten auch für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten; auch hier hängt die Ersatzpflicht des Schädigers davon ab, daß die verletzte Vertragspflicht das Entstehen von Schäden der eingetretenen Art verhindern sollte (BGH, Urt. v. 30. Januar 1989 - XI ZR 63/89, BGHR § 249 BGB "Zurechnungszusammnhang 2 - Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht").
b) Die vertragliche Verpflichtung der Beklagten, sich eines unberechtigten Ausschlusses ihrer Mitglieder zu enthalten, dient dem Zweck, dem einzelnen Mitglied die Teilnahme an den durch den Beitritt zu der Genossenschaft eröffneten Vorteilen zu sichern. Mit dem Ausschluß aus der Herdbuchabteilung wurde dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers die Herdbucheigenschaft aberkannt. Über den Viehbestand im Zeitpunkt der Ausschlußentscheidung hinaus hätte der Verlust der Herdbuchklassifikation auch zur Bestandserweiterung angeschaffte Herdbuchtiere getroffen. Mithin war dem Kläger die Fortsetzung einer bestimmungsgemäßen Herdbuchzucht und folglich auch der Zukauf von Herdbuchtieren zu Zuchtzwecken verwehrt. Da die satzungsgemäßen Förderungspflichten der Beklagten vor allem die Unterstützung bei der Herdbuchzucht zum Gegenstand haben, liegt es innerhalb des Schutzzwecks der verletzten Vertragspflicht, dem Kläger den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen, daß er zu einer herdbuchkonformen Erweiterung seines Viehbestands nicht mehr in der Lage war. Der Entgang der Milchquote ist zwar als Folgeschaden zu begreifen. Bei der Verletzung einer Vertragspflicht ist der Geschädigte indessen grundsätzlich gegen alle Schäden geschützt, die bei pflichtgemäßem Verhalten des Vertragspartners vermieden worden wären (Mertens aaO. Rdn. 149 vor § 249).
5. Dem Kläger kann nicht als Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) angelastet werden, seinen Stallneubau nicht mit Milchnutzvieh bestückt zu haben. Der Berücksichtigung dieses Umstands steht die Rechtskraft des Feststellungsurteils vom 19. Mai 1988 entgegen.
a) Es kann hier letztlich dahinstehen, ob von dem Kläger als langjährigem Mitglied einer Herdbuchorganisation überhaupt hätte verlangt werden können, durch den Erwerb von Milchrindern seinen Betrieb praktisch von Herdbuchviehhaltung auf Milchwirtschaft umzustellen (vgl. den anders gelagerten Fall eines Deckungskaufs bei reiner Milchviehhaltung: BGH, Urt. v. 29. Januar 1993 aaO. 627). Dieser in dem rechtskräftigen Feststellungsurteil des Oberlandesgerichts nicht ausdrücklich behandelte Aspekt hat auf die Schadensersatzpflicht der Beklagten keinen Einfluß. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die im Schrifttum einhellig gebilligt wird, führt die Rechtskraft eines Feststellungsurteils, in dem die Schadensersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers festgestellt worden ist, dazu, daß jedenfalls Einwendungen, die das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen und sich auf Tatsachen stützen, die schon zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und von dem Schädiger hätten vorgetragen werden können, nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Das schließt insbesondere die Geltendmachung eines Mitverschuldens des Klägers im späteren Verfahren über die Höhe des Schadens aus; anders als beim Erlaß eines Grundurteils müssen solche Einwendungen, die den Grund des Schadensersatzanspruchs betreffen, beim Erlaß des Feststellungsurteils beschieden werden (BGH, Urt. v. 14. Juni 1988 - VI ZR 279/87, NJW 1989, 105 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Behauptung eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht nicht den Grund, sondern die Höhe des Schadens betrifft (BGH aaO.).
b) Aufgrund des rechtskräftigen Feststellungsurteils vom 19. Mai 1988 kann dem Kläger eine auf Mitverschulden gestützte Einwendung gegen Grund und Höhe seines Anspruchs nicht mehr entgegengehalten werden. Da die Beklagte bereits seinerzeit geltend gemacht hatte, daß der Schaden durch den Einsatz von Milchnutzvieh vermeidbar gewesen wäre (LG Osnabrück - 4 O 405/85 - GA 73 f., 122), ist sie nunmehr mit diesem Sachvortrag ausgeschlossen.
6. Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil somit keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Kläger tatsächlich, wie von ihm vorgetragen, geplant hatte, den Stallneubau zu einer am maßgeblichen Stichtag abgeschlossenen Erweiterung seines Herdbuchviehbestands zu nutzen, oder ob der Neubau, wie die Beklagte behauptet, lediglich den alten Stall ersetzen sollte. Zur Durchführung der danach erforderlichen Beweisaufnahme ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.