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Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.02.1994, Az.: VII ZR 127/93

Berufungsbegründung; Anfechtungsgründe; Angabepflicht

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
24.02.1994
Aktenzeichen
VII ZR 127/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 15565
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BauR 1994, 538-539 (Volltext mit amtl. LS)
  • LM H. 8 / 1994 § 519 ZPO Nr. 121
  • MDR 1994, 506-507 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1994, 1481 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1994, 953-954 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZfBR 1994, 169-170 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZfBR 1994, 105 (amtl. Leitsatz)

Amtlicher Leitsatz

Der Berufungskläger hat in der Berufungsbegründung anzugeben, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils er bekämpft und welche Gründe er ihm entgegensetzt.

Tatbestand:

1

Die Klägerin hat für die beklagte Gemeinde in den Jahren 1987 und 1988 Straßenbauarbeiten durchgeführt. Die Beklagte hat die Schlußrechnung der Klägerin gekürzt; der anerkannte Betrag ist bezahlt. Die Klägerin hält die Rechnungskürzung nur teilweise für gerechtfertigt. Sie verlangt restlichen Werklohn.

2

Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil zur Zahlung von 96.524, 11 DM und Zinsen verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen.

3

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

4

I. Das Berufungsgericht hält die Berufung der Beklagten für unzulässig, weil ihre Berufungsbegründung nicht die nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderliche Bezeichnung der Anfechtungsgründe enthalte.

5

Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

6

II. 1. Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung sowie der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung der Berufung anzuführen hat. Die Begründung muß deshalb zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im einzelnen angeben, aus welchen Gründen er die tatsächliche und rechtliche Würdigung des vorinstanzlichen Urteils in den angegebenen Punkten für unrichtig hält (BGH, Beschluß vom 10. Juli 1990 - XI ZB 5/90 - BGHR, ZPO, § 519 Abs. 3 Nr. 2 Inhalt, notwendiger 4). Insoweit reicht die in der eigentlichen Berufungsbegründung der Beklagten enthaltene pauschale Bezugnahme auf die Beweisanträge und das übrige Vorbringen erster Instanz nicht aus. Die Erklärung, der Vortrag aus dem ersten Rechtszug werde wiederholt, genügt den gesetzlichen Anforderungen an die Darlegung der Berufungsgründe selbst dann nicht, wenn der Streit nur eine einzelne Rechtsfrage betrifft (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1981 - IVb ZB 505/81 - FamRZ 1981, 534) oder wenn der Sachverhalt sonst zwischen den Parteien unstreitig ist und das angefochtene Urteil sich auf rechtliche Erörterungen beschränkt. Selbst in einem solchen Fall muß der Berufungskläger deutlich machen, inwieweit er die rechtliche Würdigung für unrichtig hält oder in welche Richtung seine Einwendungen gegen die Beurteilung durch die Vorinstanz gehen. Um so mehr gilt das, wenn wie im Streitfall mehrere tatsächliche und rechtliche Fragen zu entscheiden sind. Insoweit findet sich jedoch in dem Schriftsatz der Beklagten nichts, obwohl das Landgericht in allen Einzelheiten die für es maßgeblichen Tatsachen aufgeführt, vorhandene Aufstellungen ausgewertet und die daraus resultierenden Berechnungen vorgenommen hatte. Vor diesem Hintergrund fehlt es dem Vorbringen, das Landgericht habe "die diesseitigen Beweisanträge in den Schriftsätzen als völlig unbeachtlich angesehen und sie daher übergangen", an der notwendigen Substantiierung im Sinne des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Das gleiche gilt für den nicht konkretisierten Vortrag, das Landgericht habe "sozusagen aus eigener Sachkunde die bautechnischen Abrechnungsprobleme beurteilt", es liege "wohl auf der Hand, daß damit das Gericht von einer Position ausgegangen ist, welche nicht nachvollziehbar ist."

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2. Die eigentliche Berufungsschrift enthält somit keine hinreichend genaue Stellungnahme zu dem angefochtenen Urteil. Sie nimmt statt dessen auf die Ausführungen eines Bauingenieurs Bezug, der sich mit der Rechnung der Klägerin vom 18. Oktober 1988, aber nicht mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt. Eine solche Bezugnahme vermag die vom Gesetz geforderte eigene verantwortliche Stellungnahme des Berufungsanwalts zu der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Streitstoffes in dem angefochtenen Urteil schon deshalb nicht zu ersetzen, weil das vorgelegte Privatgutachten selbst die Voraussetzungen von § 519 Abs. 3 Nr. 2 nicht erfüllt. Berufungsgericht und Gegner werden durch die Bezugnahme auf die schriftlichen Erklärungen des Bauingenieurs nicht, wie es die Absicht des Gesetzgebers ist, in die Lage versetzt, sich möglichst schnell und sicher über den Streitstand, über die mit der Berufung angegriffenen Punkte sowie über die Gründe zu unterrichten, aus denen die Berufungsklägerin eine Änderung der angefochtenen Entscheidung erstrebt. Die eigentliche Berufungsbegründung entspricht diesen Anforderungen auch in Verbindung mit dem beigefügten Privatgutachten in so geringem Maße, daß nicht von einer ausreichenden Berufungsbegründung im Sinne von § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO gesprochen werden kann. Andererseits wird die Berufung auch nicht - wie die Revision geltend macht - auf neue Tatsachen und Beweise gestützt. Es handelt sich vielmehr im wesentlichen um dieselben Rechnungspositionen, die nur ohne jedes Eingehen auf die sehr dezidierte Darstellung der Sach- und Rechtslage im landgerichtlichen Urteil anders berechnet werden. Schon deshalb ist es unerheblich, daß der Berufungsanwalt die Ausführungen des Bauingenieurs beglaubigt hat. Dem Berufungsgericht ist somit darin beizutreten, daß die Berufung nicht ausreichend begründet worden ist.