Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.06.1992, Az.: IV ZR 240/91
Gleichstellung eines Grundstückerwerbs in der Zwangsversteigerung mit einem Kauf zur Forderung von Maklerprovisionen; Zustandekommen einer Maklergebühr; Formularmäßige Vereinbarung einer Provisionspflicht für die Bekanntgabe der Ersteigerungsmöglichkeit
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 24.06.1992
- Aktenzeichen
- IV ZR 240/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 16140
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 06.05.1991
- LG Hagen
Rechtsgrundlagen
- § 652 BGB
- § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG
Fundstellen
- BGHZ 119, 32 - 34
- BB 1992, 1589-1590 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1992, 2132 (Volltext mit amtl. LS)
- IBR 1992, 472 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- JR 1993, 113
- MDR 1992, 937-938 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1992, 2568-2569 (Volltext mit amtl. LS)
- Rpfleger 1993, 34 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1992, 1129 (Volltext mit red. LS)
- WM 1992, 1532-1533 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1992, A89 (Kurzinformation)
- ZIP 1992, 1157-1158 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Makler Rudolf F., B. straße ..., S.,
Prozessgegner
Herrn Friedhelm Sc., R. straße ..., S.,
Amtlicher Leitsatz
Der Makler kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Erwerb in der Zwangsversteigerung nicht wirksam einem Kauf gleichstellen.
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
durch
den Vorsitzenden Richter Bundschuh,
die Richter Dr. Schmidt-Kessel und Dr. Zopfs,
die Richterin Dr. Ritter und
den Richter Dr. Schlichting
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 1992
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Mai 1991 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte, nachdem er im Wege der Zwangsversteigerung ein Hausgrundstück erworben hat, an den Kläger Maklerprovision bezahlen muß.
Am 10. Oktober 1988 unterzeichneten die Parteien ein Formular des Klägers mit der Überschrift "Kaufinteressenten-Makler-Vertrag und Nachweisbestätigung". Darin heißt es unter "I. Maklervertragsbedingungen" in Nr. 5:
"Maklergebühr:
Mit dem Zustandekommen eines notariellen Vertragsabschlusses hat der Makler eine Maklergebühr in Höhe von 3,42 % des Gesamtkaufpreises einschließlich MwSt verdient. Sie ist am Tage des Vertragsschlusses fällig. Eine Maklergebühr ist auch zu bezahlen, wenn ein anderer als der angebotene Vertrag oder ein Vertrag über ein anderes dem nachgewiesenen Vertragspartner gehörendes Objekt zustandekommt oder der Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung erfolgt.
Der Makler ist berechtigt, auch für den Vertragspartner des Auftraggebers provisionspflichtig tätig zu werden."
Über das einzige unter "II. Nachweisbestätigung" aufgeführte Hausgrundstück kam ein Kaufvertrag nicht zustande. Im Januar 1989, nach dem Scheitern jener Verhandlungen, wies der Kläger den Beklagten auf die Möglichkeit hin, ein Hausgrundstück zu erwerben, für das Versteigerungstermin auf den 1. Februar 1989 anberaumt war. Der Beklagte ersteigerte das Haus für 185.000,00 DM.
Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 6.327,00 DM nebst Zinsen stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Klausel im Formularvertrag des Klägers unter I 5 Satz 3 letzte Alternative, wonach eine Maklergebühr auch bei Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung bezahlt werden muß, ist unwirksam. Sie hält der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG nicht stand. Das hat das angefochtene Urteil zutreffend entschieden.
1.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, nach dem Formularvertrag sei ein erfolgreicher Nachweis auch provisionspflichtig, wenn die nachgewiesene Erwerbsmöglichkeit nicht ausdrücklich unter "II. Nachweisbestätigung" aufgeführt wurde, trifft schon im Hinblick auf die Überschriften und den Aufbau des Formulars zu.
2.
Die in dem Senatsurteil vom 4. Juli 1990 noch offengelassene Frage, ob ein Erwerb in der Zwangsversteigerung auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen einem Kauf gleichgestellt werden kann (Leitsatz d und BGHZ 112, 59, 64), ist zu verneinen.
a)
Der vom Kläger verwendete Formularvertrag enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Bestandteil des von den Parteien am 10. Oktober 1988 unterzeichneten Maklervertrages geworden sind. Die vom angefochtenen Urteil beanstandete Klausel unterfällt keinem der in §§ 10 oder 11 AGBG genannten Verbote, so daß ihr Inhalt an § 9 AGBG zu messen ist. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG ist eine zur Unwirksamkeit führende unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
b)
Die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Maklervertrages sind § 652 BGB zu entnehmen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. zur sog. Verweisungsklausel BGHZ 88, 368, 371, zur erfolgsunabhängigen Provision und zum Aufwendungsersatz BGHZ 99, 374, 382 f. [BGH 28.01.1987 - IVa ZR 173/85], zur Nachweisweitergabe Senatsurteil vom 14.01.1987 - IVa ZR 130/85 - NJW 1987, 2431 = WM 1987, 632 = LM BGB § 652 Nr. 108 unter II 1). Nach diesen Grundgedanken kann eine Provisionspflicht für einen Nachweis nur entstehen, wenn dieser Nachweis sich auf die "Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrages" bezieht, und wenn "der Vertrag infolge des Nachweises ... zustande kommt"; die Aufgabe des Nachweismaklers besteht demnach darin, durch seinen Nachweis den Kunden in die Lage zu versetzen, mit der anderen Partei des angestrebten Hauptvertrages über dessen Inhalt zu verhandeln und sich mit ihr schließlich zu einigen. Das hat der Senat in dem vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil (BGHZ 112, 59 ff.) näher begründet. Die Leistung des Nachweismaklers ist nach dem Gesetzeswortlaut die Bekanntgabe der Gelegenheit zum Vertragsschluß, nicht etwa die Bekanntgabe des Objektes; dieses ist nicht Nachweisgegenstand (Urteile vom 16.05.1990 - IV ZR 337/88 - NJW RR 1990, 1007 = WM 1990, 1677 unter II 1 und vom 20.03.1991 - IV ZR 93/90 - BGHR BGB § 652 Abs. 1 Satz 1 Nachw. 10 = VersR 1991, 774 unter 2).
c)
Die formularmäßige Vereinbarung einer Provisionspflicht für die Bekanntgabe der Ersteigerungsmöglichkeit steht diesen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung schon deshalb entgegen, weil man damit abweichend vom Leitbild die bloße Objektbekanntgabe genügen ließe. Eine solche Provisionspflicht berücksichtigt außerdem die schutzwürdigen Interessen des Kunden nicht genügend.
Dem Provisionsinteresse des Maklers ist durch die ihm eingeräumte Möglichkeit (BGHZ 112, 58, 64) [BGH 03.07.1990 - XI ZR 302/89] Genüge getan, mit dem Kunden eine individuelle Vereinbarung über die Provisionspflicht auch im Falle des Erwerbs durch Zwangsversteigerung abzuschließen.
Allerdings kann für den Kunden die Information über die Erwerbsmöglichkeit durch Zwangsversteigerung gelegentlich ebenso nützlich sein wie der Nachweis einer Kaufgelegenheit. Gleichwohl sind beide Erwerbsarten für ihn nicht gleichwertig. Der Kunde besitzt anders als beim Abschluß eines Kaufvertrages in der Zwangsversteigerung keine Gestaltungsmöglichkeiten. Durch Verhandeln kann er bei einem Kauf die Vertragsbedingungen verbessern, beispielsweise die Ermäßigung des Preises und der daran gekoppelten Provision erreichen oder sich die nicht selten vertraglich abbedungenen Gewährleistungsansprüche erhalten, die ihm kraft Gesetzes zustehen. Bei einem Erwerb in der Zwangsversteigerung muß der Kunde befürchten, daß andere Bieter den Preis und eine daran gekoppelte Provision in die Höhe treiben. Gestaltungsmöglichkeiten fehlen, Gewährleistungsansprüche bestehen schon von Gesetzes wegen nicht (§ 56 Satz 3 ZVG).
Die für § 9 AGBG erforderliche Interessenabwägung (vgl. Senatsurteil vom 14.01.1987 aaO) zeigt demgemäß, daß der Kunde unangemessen benachteiligt wird, wenn er auch für die ihm ungünstigere, in § 652 BGB nicht genannte Erwerbsart Maklerprovision schuldet. Das wird ihm durch eine besondere Vereinbarung vor Augen geführt, die hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschlossen wurde.
Dr. Schmidt-Kessel
Dr. Zopfs
Dr. Ritter
RiBGH Dr. Schlichting ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesenheit an der Unterschrift verhindert. Bundschuh