Bundesgerichtshof
Urt. v. 04.06.1992, Az.: IX ZR 149/91
Geltung des § 265 ZPO bei ausländischem Urteil; Ausschluß der Vollstreckbarerklärung; Pre-trial-discovery; Urteilsaufhebung im Erststaat; Inlandsbeziehung des Sachverhalts; Anspruch auf Ersatz von Heilungskosten aus ausländischem Recht; Anerkennungshindernis i.S.d. § 328 ZPO; U.S.-Schadensersatz; Vollstreckbarkeit amerikanischer Urteile auf; Strafschadensersatz; Erfolgshonorar des Prozeßbevollmächtigten; Vollstreckbarkeit amerikanischer Urteile in Deutschland
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 04.06.1992
- Aktenzeichen
- IX ZR 149/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 14361
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 118, 312 - 351
- CR 1993, 274-278 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1992, 2498 (Kurzinformation)
- IPRax 1993, 288-292 (Urteilsbesprechung von Prof. Dr. Harald Koch und Prof. Dr. J. Zekoll)
- IPRax 1993, 310-321 (Volltext mit amtl. LS)
- IPRspr 1992, 218
- JZ 1993, 261-266 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- JuS 1993, 423 (Volltext mit amtl. LS)
- JurBüro 1992, 592 (Kurzinformation)
- MDR 1992, 1181-1184 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1992, 3096-3106 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1993, 152-153 (amtl. Leitsatz)
- RIW 1993, 132-139 (Volltext mit amtl. LS)
- Streit 1993, 22-23
- VersR 1992, 1281-1292 (Volltext mit red. LS)
- WM 1992, 1451-1465 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1992, 1707-1725 (Urteilsbesprechung von Hartwin Bungert)
- ZIP 1992, A61-A62 (Kurzinformation)
- ZIP 1992, 1256-1270 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. § 265 Abs. 2 ZPO gilt auch im Rechtsstreit auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils nach § 722 ZPO (Abgrenzung zu BGHZ 92, 347 [BGH 26.10.1984 - V ZR 218/83]).
2. Der Umstand, daß ein rechtskräftiges ausländisches Urteil nach dem Recht des erlassenden Staates ausnahmsweise vernichtbar ist, schließt die Vollstreckbarerklärung gem. § 722 ZPO so lange nicht aus, bis das Urteil im Erststaat aufgehoben ist.
3. Die Tatsache allein, daß einem US-amerikanischen Urteil eine "pre-trial discovery" vorausgegangen ist, hindert dessen Anerkennung in Deutschland nicht.
4. Kann ein ausländisches Urteil wegen einzelner Ansprüche im Inland nicht für vollstreckbar erklärt werden, so hindert das die Vollstreckbarerklärung im übrigen nicht.
5. Bei Anwendung des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist auch auf Ausmaß und Bedeutung der Inlandsbeziehung des Sachverhalts abzustellen, der dem ausländischen Urteil zugrunde liegt.
6. Gewährt das ausländische Recht einen Anspruch auf Ersatz von Heilungskosten ohne Rücksicht darauf, ob der Verletzte gegenwärtig die bestimmte Absicht hat, sich der Heilbehandlung zu unterziehen, so begründet das kein Anerkennungshindernis i. S. v. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.
7. Spricht ein zuständiges ausländisches Gericht dem ausländischen Prozeßbevollmächtigten des obsiegenden ausländischen Klägers aufgrund des dort geltenden Rechts ein Erfolgshonorar von 40 % aller eingehenden Schadensersatzleistungen zu, so begründet das für sich allein in Deutschland kein Anerkennungshindernis.
8. Ein US-amerikanisches Urteil auf Strafschadensersatz ("punitive damages") von nicht unerheblicher Höhe, der neben der Zuerkennung von Ersatz für materielle und immaterielle Schäden pauschal zugesprochen wird, kann insoweit in Deutschland regelmäßig nicht für vollstreckbar erklärt werden.
9. Zur Anerkennung eines US-amerikanischen Urteils auf Zahlung eines für inländische Verhältnisse außerordentlich hohen Schmerzensgeldbetrags ("damages for pain and suffering").
10. In Deutschland kann ein ausländisches Urteil unabhängig davon für vollstreckbar erklärt werden, ob es Art. 5 Abs. 1 S. 2 oder Art. 38 EGBGB entspricht.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt, ein US-amerikanisches Schadensersatzurteil in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären. Er ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Beklagte hat seit der Geburt die deutsche und erwarb dazu die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Beide Parteien lebten in Stockton/Kalifornien.
Am 30. Mai 1984 verließ der Beklagte, der von einem US-amerikanischen Gericht wegen sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, die USA. Er lebt nunmehr in Deutschland, wo er über Grundvermögen verfügt.
Durch Urteil des Superior Court of the State of California in and for the County of San Joaquin (im folgenden: Superior Court) vom 24. April 1985 wurde dem - 1968 geborenen - Kläger unter dem Decknamen "John Doe" gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von US-Dollar 750.260 zuerkannt. Das Urteil enthält keine ins einzelne gehende Darstellung des ihm zugrundeliegenden Sachverhalts und der Entscheidungsgründe. Jedoch erschließt sich aus dem Protokoll der Gerichtsverhandlung vor dem Superior Court, daß der Verurteilung sexuelle Verfehlungen des Beklagten gegenüber dem zur Tatzeit noch nicht 14 Jahre alten Kläger in Stockton zugrunde liegen (gemeinsames Masturbieren in fünf Fällen) und daß sich die gesamte, dem Kläger zugesprochene Urteilssumme zusammensetzt aus US-Dollar 260 als Ersatz für Heilaufwendungen (past medical damages), US-Dollar 100.000 für künftige medizinische Versorgung (future medical), US-Dollar 50.000 für eine voraussichtlich erforderliche Unterbringung des Klägers (cost of placement), US-Dollar 200.000 für erlittene Ängste, Schmerzen, Leiden und sonstige Schäden dieser Art (anxiety, pain, suffering and general damages of that nature) und US-Dollar 400.000 Strafschadensersatz (exemplary and punitive damages). Ferner ordnete der Superior Court in seinem Urteil an, daß dem amerikanischen Rechtsanwalt des Klägers 40 % aller Gelder zustehen, die dieser im Namen des Klägers von dem Beklagten erhalte.
Das Landgericht hat das Urteil des Superior Court zuzüglich Zinsen für vollstreckbar in Deutschland erklärt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht (dessen Urteil in RIW 1991, 594 ff = VersR 1991, 1161 ff = RuS 1991, 339 ff veröffentlicht ist) die Vollstreckbarerklärung in Höhe von US-Dollar 275.325 aufrechterhalten und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage, während der Kläger mit seiner Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils ohne Zinsen begehrt.
Entscheidungsgründe
Beide Rechtsmittel haben nur teilweise Erfolg.
A. Zur Revision des Beklagten
I. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits die ihm durch das Urteil des Superior Court zuerkannte Forderung an seinen amerikanischen Rechtsanwalt als Treuhänder vorübergehend abgetreten, um sich vor Beeinflussungsversuchen durch den Beklagten zu schützen. Der Abtretungsempfänger ist mit der Einziehung durch den Kläger einverstanden.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Abtretung habe gemäß § 265 Abs. 2 ZPO die Prozeßführungsbefugnis des Klägers nicht beeinflußt. Auch einer Umstellung des Klageantrags dahin, daß das Urteil des Superior Court nunmehr für den neuen Forderungsinhaber vollstreckbar sein solle, bedürfe es nicht. Der Kläger habe nach wie vor ein schutzwertes Interesse daran, die Klage in unveränderter Form durchzusetzen.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Prozeßführungsbefugnis des Klägers aus § 265 Abs. 2 ZPO hergeleitet und insoweit deutsches Verfahrensrecht angewandt (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. vor § 50 Rdn. 22; Wieczorek, ZPO 2. Aufl. § 722 Anm. C II b 2; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht - nachfolgend IZPR - Rdn. 2041 f). Der Gegenansicht, die zur Prozeßführungsbefugnis allgemein auf die für den materiellrechtlichen Streitstoff maßgebliche Rechtsordnung abstellen will (Grunsky ZZP 89, 241, 257 f), kann jedenfalls insoweit nicht gefolgt werden, als sich die Prozeßführungsbefugnis - wie nach § 265 Abs. 2 ZPO - unmittelbar aus dem im deutschen Gerichtsstand anwendbaren Prozeßrecht ergibt. Wegen des Zwecks dieser Vorschrift, das Prozeßrechtsverhältnis vor materiellrechtlichen Änderungen abzuschirmen, gilt sie für jedes von ihr erfaßte Verfahren (Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht S. 427 f; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht - nachfolgend IZVR - Rdn. 552; Nagel, Internationales Zivilprozeßrecht 3. Aufl. Rdn. 281). Entgegen der Ansicht der Revision steht der Rechtsgrundsatz, daß § 265 ZPO für die Übertragung eines titulierten Anspruchs im inländischen Vollstreckungsverfahren nicht gilt (BGHZ 92, 347, 349 f [BGH 26.10.1984 - V ZR 218/83] m.w.N.), der Prozeßführungsbefugnis des Klägers nicht entgegen. Das Urteil des Superior Court kann und soll hier nicht Grundlage einer Zwangsvollstreckung im Inland sein. Maßgeblicher Titel dafür ist allein die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung (vgl. BGH, Urt. v. 6. November 1985 - IVb ZR 73/84, JZ 1987, 203, 204; Zöller/Geimer, ZPO 17. Aufl. § 722 Rdn. 56, jeweils m.w.N.; Stein/Jonas/Münzberg aaO. § 722 Rdn. 23; Roth IPRax 1989, 14, 15). Mit der Abtretung der im Urteil des Superior Court zuerkannten Forderung hat der Kläger noch keinen nach deutschem Recht titulierten Anspruch übertragen. Ein solcher kann erst im Rechtsstreit nach § 722 ZPO entstehen. Dabei handelt es sich um einen ordentlichen Zivilprozeß und nicht um ein Verfahren der Zwangsvollstreckung (Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I 2. Halbbd. § 237 I; Zöller/Geimer aaO. § 722 Rdn. 16 und 44 m.w.N.). Der Umstand, daß sein Streitgegenstand unmittelbar das - nicht abgetretene - prozessuale Begehren auf Vollstreckbarerklärung ist, schadet entgegen der Meinung der Revision nicht, weil der Rechtsstreit der Sache nach die Durchsetzung der - abgetretenen - ausländischen Ansprüche in Deutschland vorbereiten soll. Infolgedessen ist, wie auch sonst im Erkenntnisverfahren, § 265 ZPO anwendbar (Stein/Jonas/Schumann aaO. § 265 Rdn. 15).
2. Es ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Umstellung des Klageantrags nicht für notwendig erachtet hat. Zwar führt eine nach Rechtshängigkeit vorgenommene Forderungsabtretung ungeachtet der nach § 265 Abs. 2 ZPO fortbestehenden Prozeßführungsbefugnis regelmäßig dazu, daß nur auf Leistung an den neuen Gläubiger geklagt werden kann (BGHZ 26, 31, 37; BGH, Urt. v. 18. März 1986 - X ZR 4/85, NJW-RR 1986, 1182). Der alte Gläubiger ist dann nicht mehr in der Lage, Leistung an sich selbst zu fordern, weil die Abtretung sachlich-rechtliche Wirksamkeit entfaltet. Einer Umstellung des Klageantrags bedarf es gleichwohl nicht, wenn der alte Gläubiger trotz der Abtretung die Ermächtigung zur Einziehung der Forderung behalten hat (RGZ 166, 218, 237). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den zwischen ihm und dem neuen Gläubiger getroffenen Vereinbarungen. Dabei handelt es sich um eine materiell-rechtliche Frage, die im Streitfall gemäß Art. 33 Abs. 1, 27 EGBGB nach ausländischem Recht zu beurteilen ist (vgl. Schack IZVR Rdn. 558), hier also nach kalifornischem Recht. Die Revision legt nicht in der Form des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO dar, daß das Berufungsgericht mit seiner Annahme, der Kläger sei nach wie vor zur Einziehung der Forderung aus dem Urteil des Superior Court in eigenem Namen und an sich selbst berechtigt, seine Verpflichtung zur Ermittlung entgegenstehenden amerikanischen Rechts (§ 293 ZPO) unberücksichtigt gelassen habe.
II. 1. Zu Unrecht rügt die Revision das Fehlen tatrichterlicher Feststellungen zu der Frage, ob das Urteil des Superior Court gemäß § 723 Abs. 2 Satz 1 ZPO nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die formelle Rechtskraft erlangt hat.
Der Tatbestand des Berufungsurteils verweist in gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässiger Weise wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Prozeßakten. Diese enthalten eine bereits in erster Instanz eingereichte Rechtskraftbescheinigung des Superior Court vom 2. Oktober 1989 (GA I Bl. 91) nebst Übersetzung in die deutsche Sprache (GA I Bl. 93). Darin ist bestätigt, daß gegen das Urteil des Superior Court weder innerhalb der dafür vorgesehenen Frist Berufung eingelegt noch eine Aussetzung der Urteilsvollstreckung angeordnet wurde und daß das Urteil endgültig, rechtskräftig und vollstreckbar ist. Aufgrund dessen hat schon das Landgericht ausgesprochen (LGU S. 9), das amerikanische Urteil sei rechtskräftig. Der Beklagte hat dies mit seiner Berufung nicht angegriffen, sondern andere verfahrensrechtliche Einwendungen erhoben. Dann ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht von weiteren Ausführungen zu der Frage, ob das Urteil des Superior Court nach amerikanischem Recht in Rechtskraft erwachsen ist, abgesehen und sich auf die Feststellung beschränkt hat, die vom Beklagten geltend gemachten, in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils im einzelnen abgehandelten verfahrensrechtlichen Gesichtspunkte stünden der Verleihung der Vollstreckbarkeit gemäß §§ 722, 723, 328 ZPO nicht entgegen. Damit ist hinreichend deutlich geworden, daß das Berufungsgericht alle Voraussetzungen des § 723 ZPO und damit auch die des Vorliegens einer nach kalifornischem Recht rechtskräftigen Entscheidung bejaht. Es hat sich insoweit die nicht angefochtene landgerichtliche Feststellung erkennbar zu eigen gemacht.
2. Gegen diese Feststellung erhebt die Revision keine den Erfordernissen des § 545 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO entsprechende Rüge. Sie führt zwar aus, die Benachrichtigung, die an den früheren Treuhänder des mit unbekannten Aufenthalt aus den USA geflohenen Beklagten gerichtet gewesen sei, habe die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung des Urteils nicht ersetzt. Jedoch legt sie nicht dar, daß eine öffentliche Zustellung nach kalifornischem Recht möglich ist und dort unter den gegebenen Umständen für den Eintritt der Rechtskraft vorausgesetzt wird.
III. Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Anerkennung der Vollstreckbarkeit des Urteils des Superior Court sei auch im übrigen nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen ausgeschlossen.
Nach den insoweit unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurde der Prozeß vor dem Superior Court am 26. Januar 1983 durch Zustellung der Formularklage ("complaint") eingeleitet. Daraufhin schaltete der Beklagte den amerikanischen Rechtsanwalt Jacobsen ein, den er das Zustellungsankenntnis unterzeichnen ließ. Der Rechtsanwalt fertigte am 28. März 1983 für den Beklagten ein Bestreiten des Klagevorbringens ("general denial"). Am 30. Mai 1984, dem Tage seiner Flucht aus den USA, wurde dem Beklagten eine Ladung zur Zeugenaussage im Büro der amerikanischen Rechtsanwälte des Klägers zugestellt (vgl. "civil subpena"). Am 10. August 1984 richtete der amerikanische Rechtsanwalt Glahn, der von der Hauseigentümerversicherung des Beklagten beauftragt worden war, eine von ihm und Rechtsanwalt Jacobsen unterzeichnete Erklärung an den Superior Court, mit der jener sich als prozeßbevollmächtigter Anwalt des Beklagten "assoziierte" (GA I Bl. 35). In der Folgezeit trat allein Rechtsanwalt Glahn für den Beklagten vor dem Superior Court auf und wurde am 16. Januar 1985 allein zur Verhandlung ("trial") vom 23. April 1985 geladen. Mit Schreiben vom 4. April 1985 (GA III Bl. 525) beantragte Rechtsanwalt Glahn, als registrierter Anwalt in Sachen des Beklagten entlassen zu werden. Dem entsprach der Superior Court durch Beschluß vom 18. April 1985 (GA III Bl. 552) und ordnete an, der Beklagte werde nun mit seiner eigenen Vertretung betraut. Im Termin vom 23. April 1985, der zum Urteil des Superior Court führte, war für den Beklagten niemand anwesend.
1. Damit ist dem Beklagten die verfahrenseinleitende Klageschrift ("complaint") rechtzeitig zugestellt worden, und er hat sich darauf - vor dem international zuständigen Gericht (§ 328 Abs. 1 Nr. 1, §§ 12 f, 32 ZPO) - auch eingelassen, § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Daß die Klage unter einem Decknamen für den Kläger erhoben war, machte sie nicht unwirksam. Denn sie enthielt jedenfalls so viele Einzelangaben, daß der Beklagte sich dagegen in vollem Umfange verteidigen konnte. Aus ihr ergab sich, daß Streitgegenstand ein Anspruch auf Zahlung von Ersatz für materielle und immaterielle Schäden sowie von Strafschadensersatz wegen sexueller Handlungen sein sollte, die der Beklagte in seinem Hause in der Zeit von Februar bis August 1982 am minderjährigen Kläger angeblich vorgenommen hatte.
2. Der Beklagte hat das Gutachten eines amerikanischen Rechtsanwalts vorgelegt, das zu dem Ergebnis gelangt, das Urteil des Superior Court verstoße gegen die amerikanische Bundesverfassung und die Verfassung des Staates von Kalifornien, weil es unter Überschreitung der Rechtsprechungsbefugnis ("jurisdiction") des Gerichts ergangen sei. Dies folge daraus, daß weder der Beklagte noch Rechtsanwalt Jacobsen zu der mündlichen Verhandlung vom 23. April 1985 geladen worden sei. Dem Beklagten könne die an Rechtsanwalt Glahn gerichtete Ladung nicht zugerechnet werden, weil dieser nicht wirksam zu seinem Prozeßbevollmächtigten bestellt worden sei. Das Urteil des Superior Court sei deshalb nichtig und nicht vollstreckbar ("void and unenforceable"). Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Frage der Nichtigkeit des kalifornischen Urteils sei im Rahmen des Verfahrens auf Verleihung der Vollstreckbarkeit von den deutschen Gerichten nur beschränkt zu überprüfen. Im Grundsatz seien ausländische Urteile zu respektieren. Dazu gehöre in erster Linie, den ausländischen Hoheitsakt als nach ausländischem Recht existent zu betrachten, sofern nicht seine Nichtigkeit auf der Hand liege. Von einer ganz offenkundigen und unzweifelhaften Nichtigkeit könne hier jedoch keine Rede sein. Es sei nicht Aufgabe des deutschen Richters, in Zweifelsfällen über die Vereinbarkeit US-amerikanischer Urteile mit der US-amerikanischen Bundesverfassung und der Verfassung der jeweiligen Einzelstaaten zu entscheiden.
Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Wirkungen eines ausländischen Urteils können allerdings nur dann auf das Inland erstreckt werden, wenn sie nach der Rechtsordnung des Staates, in dem das Urteil ergangen ist, überhaupt eintreten. Urteile, die nach der Rechtsordnung des Entscheidungsstaats schlechthin nichtig oder unwirksam (ungültig) sind, sind deshalb nicht gemäß §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar zu erklären (Martiny, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts - nachfolgend Handbuch - Bd. III/1 Rdn. 485; Stein-Jonas/Schumann aaO. § 328 Rdn. 105; Geimer/Schütze aaO. Bd. I/1 § 139 I 1; MünchKomm ZPO/Gottwald § 328 Rdn. 51; Nussbaum, 41 Columbia Law Review 221, 231). Ist das Urteil nach dem Recht des Erststaates hingegen lediglich anfechtbar, so schließt dies seine Anerkennung nicht aus, solange es nicht aufgehoben ist (Martiny, Handbuch Rdn. 486; Geimer IZPR Rdn. 2236; Geimer/Schütze aaO. Bd. I/2 § 195 I; Zöller/Geimer aaO. § 328 Rdn. 91 m.w.N.). Das gilt - vorbehaltlich des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO - auch dann, wenn die Entscheidung, der im Inland die Vollstreckbarkeit verliehen werden soll, im Erlaßstaat in einem neuen Verfahren, wie etwa auf eine Verfassungsbeschwerde oder Wiederaufnahme des Verfahrens, beseitigt werden könnte (vgl. Martiny aaO. Rdn. 489 m.w.N.; Pohle JW 1936, 1873). Gegen derartig fehlerhafte Urteile muß grundsätzlich Abhilfe vor den Gerichten des Erlaßstaates aufgrund der dafür eröffneten Rechtsbehelfe gesucht werden. Die im Revisionsrechtszug vom Beklagten erhobene neue Behauptung allein, er habe inzwischen das Urteil des Superior Court vor einem kalifornischen Gericht wegen Nichtigkeit angefochten, ist unerheblich. Der Beklagte legt nicht dar, daß das angegangene ausländische Gericht das Ersturteil aufgehoben habe.
Für die Abgrenzung zwischen der Nichtigkeit einer ausländischen Entscheidung und deren bloßer Aufhebbarkeit ist zu beachten, daß Fälle, in denen ein Urteil ohne Rechtswirkungen bleibt, auch in ausländischen Rechtsordnungen die Ausnahme bilden und in der Regel die Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung lediglich dazu führt, daß diese mit Rechtsmitteln angefochten werden kann (vgl. Geimer/Schütze aaO. Bd. I/1 § 139 I 3). Nach amerikanischem Recht gilt ebenfalls eine Vermutung für die Wirksamkeit des Urteils (Engelmann-Pilger, Die Grenzen der Rechtskraft des Zivilurteils im Recht der Vereinigten Staaten S. 39 m.w.N.). Verfahrensfehler können grundsätzlich nur durch Rechtsmittel gegen das Urteil selbst ("direct attack") geltend gemacht werden (vgl. Teply/Whitten, Civil Procedure S. 59, 665, 669 f).
b) Nach diesen Grundsätzen ist es entgegen der Ansicht der Revision nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, das Vorbringen des Beklagten zur Frage der Nichtigkeit des Urteils des Superior Court stehe einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen. Das Verfahren vor dem Superior Court soll entsprechend der Darstellung in dem vom Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten fehlerhaft gewesen sein, weil Rechtsanwalt Glahn nach den für den kalifornischen Zivilprozeß geltenden Regeln keine wirksame Prozeßvollmacht zur Vertretung des Beklagten erlangt habe, obwohl Rechtsanwalt Jacobsen als dessen Prozeßbevollmächtigter der "Assoziierung" Glahns ausdrücklich zugestimmt hatte. Der Privatgutachter folgert daraus pauschal, das Urteil des Superior Court sei "void" (nichtig), es habe "no legal effect". Es ist aber nicht zu erkennen, daß mit diesem mehrdeutigen Begriff (vgl. dazu Nussbaum aaO. 226 f) eine Folge bezeichnet sein soll, die über die bloße Aufhebbarkeit hinausgeht und nach kalifornischem Recht nicht allein mit ordentlichen oder außerordentlichen - fristgebundenen - Rechtsmitteln, sondern zu jeder Zeit und in jedem Verfahren - etwa im Wege eines "collateral attack" - erfolgreich geltend gemacht werden könnte (vgl. hierzu Engelmann/Pilger aaO. S. 39 f; Lange/Black, Der Zivilprozeß in den USA Rdn. 105 ff, 109 ff; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozeßrecht - nachfolgend Einführung - S. 61 f, 69; Ed.note in 65 Harvard Law Review, 817, 850, jeweils m.w.N.). Die vom Beklagten für seine Ansicht zitierten kalifornischen Urteile (Stubblefield v. Long (1932) 125 Cal. App. 329 ff; Starkweather v. Minarets Min. Co. (1935) 5 Cal. App. 2d 501 ff; Wilson v. Goldman (1969) 274 Cal. App. 2d 573 ff; Irvine National Bank v. Han (1982) 130 Cal. App. 3rd 693 ff) sind aufgrund ordentlicher Rechtsmittel ("direct attacks") gegen fehlerhafte Säummnisentscheidungen ergangen.
Inhaltlich führt der Privatgutachter nur aus, die Verhandlung aufgrund des angegebenen Zustellungsmangels sei nicht lediglich fehlerhaft ("error"), sondern ein "act in excess of the court's jurisdiction to proceed" gewesen. Einen Fall der fehlenden Gerichtsbarkeit des kalifornischen Gerichts über die Parteien (jurisdiction over the parties) oder über den Streitgegenstand (jurisdiction over the subject matter), der nach US-amerikanischer Auffassung zur Nichtigkeit eines Urteils führen kann (Teply/Whitten aaO. S. 670, 698 f; Engelmann-Pilger aaO. S. 39; Schack, Einführung S. 66, 69; Boskey/Braucher, 40 Columbia Law Review 1006 ff; Ed.note in 65 Harvard Law Review, 817, 849 ff m.N.), legt der Beklagte damit jedoch nicht dar. Insbesondere wurde die Gerichtsbarkeit eines kalifornischen Gerichts über den Beklagten durch die dort erfolgte Zustellung begründet (vgl. dazu Teply/Whitten aaO. S. 27, 31, 152, 175 f; Schurtmann/Walter, Der amerikanische Zivilprozeß S. 37 f; Lange/Black aaO. Rdn. 9; Ehrenzweig, A Treatise on the Conflict of Laws S. 77, 88, 119; Hay, Einführung in das Amerikanische Recht 2. Aufl. S. 49 f; Engelmann-Pilger aaO. S. 129). Ob sie später schon aufgrund einer Verhandlung ohne ordnungsmäßige Ladung einer Partei wieder entfallen kann, ist nicht dargetan. Allein die Verwendung des vieldeutigen Begriffs der "jurisdiction" (vgl. hierzu Smit, 10 AmJCompL 164 ff), die aufgrund des Fehlers "überschritten" worden sein soll, besagt dazu nichts. Soweit kalifornische Berufungsgerichte beiläufig ausgeführt haben, offenkundige Versäumnisurteile seien "subject to collateral attack at any time" (Perini v. Perini (1964) 37 Cal. Rptr. 354, 359 f; Wilson v. Goldman aaO. S. 578), wenn sie ohne Ladung des Säumigen ergangen seien, betraf das Verhandlungen, in denen das Gericht nicht einmal den Versuch einer Ladung nachgeprüft und dennoch reine Säumnisfolgen ausgesprochen hatte. Das ist nicht vergleichbar mit dem vom Gutachter hier angenommenen Fall des Zustellungsfehlers, der allein darauf beruhen soll, daß mit der "Assoziierung" des Rechtsanwalts Glahn ein erleichterter Anwaltswechsel ohne Beteiligung des Gerichts und möglicherweise - dann unter Umgehung des § 284 des California Code of Civil Procedure - des Beklagten beabsichtigt war. Zudem hat der Superior Court hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (BU S. 14) die Ladung geprüft und für ordnungsgemäß befunden. Er hat auch kein Versäumnisurteil erlassen, sondern eine vollständige mündliche Verhandlung - wenngleich in Abwesenheit des Beklagten - durchgeführt.
c) Der Senat ist gemäß §§ 559 Abs. 2 Satz 2, 565 Abs. 4 ZPO befugt, selbst die Schlüssigkeit der auf ausländisches Recht gestützten Behauptung nachzuprüfen, wenn - wie im Streitfall - Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu fehlen. Denn die vom Beklagten nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO erhobene Rüge einer Verletzung des § 293 ZPO durch das Berufungsgericht kann nur berechtigt sein, wenn die Behauptung in der Berufungsinstanz objektiv geeignet war, eine Pflicht des Tatrichters zur Ermittlung des ausländischen Rechts auszulösen. Dies hängt auch davon ab, ob die Parteien zu den Erkenntnisquellen der ausländischen Rechtsordnung unschwer Zugang haben; dann müssen sie das ausländische Recht regelmäßig konkret darstellen (Senatsurteil v. 30. April 1992 - IX ZR 233/90, z.V.b. in BGHZ). Legt eine Partei das Privatgutachten eines ausländischen Sachverständigen vor und ergibt es nicht, daß der Ausgang des inländischen Prozesses von der mitgeteilten ausländischen Rechtslage abhängt, so hat das deutsche Gericht insoweit regelmäßig nicht von sich aus weiter nachzuforschen.
Danach stellt es hier im Ergebnis keinen Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 293 ZPO dar, wenn es zur Frage der Nichtigkeit des Urteils des Superior Court nach amerikanischem Recht seine weiteren Ermittlungen vorgenommen hat. Eine andere Betrachtungsweise ist auch nicht im Hinblick auf die Ausführungen des Beklagten in dessen nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingereichten Schriftsatz vom 21. Mai 1991 geboten. Darin hat der Beklagte ebenfalls nichts vorgetragen, was darauf schließen lassen könnte, die von ihm behaupteten Mängel des Verfahrens vor dem Superior Court rechtfertigten nach amerikanischem Recht mehr als eine bloße Aufhebbarkeit des Urteils. Es verstößt deshalb entgegen der Ansicht der Revision nicht gegen § 156 ZPO, daß das Berufungsgericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit der Begründung abgelehnt hat, das neue Vorbringen im Schriftsatz vom 21. Mai 1991 zum Verfahren vor dem Superior Court sei nicht rechtserheblich.
3. Das Berufungsgericht hat die Umstände, die dazu führten, daß der Beklagte im Termin vom 23. April 1985 vor dem Superior Court nicht vertreten war, desweiteren gemäß § 723 Abs. 2, 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO auf ihre Vereinbarkeit mit dem verfahrensrechtlichen ordre public untersucht und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, ein unerträglicher Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts liege nicht vor. Entgegen der Auffassung der Revision hält auch das einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht insoweit von einer Überprüfung der Frage abgesehen, ob der Beklagte aufgrund der am 16. Januar 1985 an Rechtsanwalt Glahn gerichteten Ladung nach den für den Zivilprozeß in Kalifornien geltenden Regeln ordnungsgemäß über den Termin vom 23. April 1985 benachrichtigt war. Der Superior Court hat dies ausdrücklich bejaht (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 23. April 1985 GA III Bl. 602 f). Eine Nachprüfung der sachlichen Richtigkeit der Feststellung ist dem deutschen Gericht gemäß § 723 Abs. 1 ZPO (Verbot der revision au fond) im Verfahren über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Urteils verwehrt (BGHZ 53, 357, 363).
b) Ein die Anerkennung ausschließender Verstoß gegen den ordre public im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO n.F. läge vor, wenn die Anerkennung des Urteils des Superior Court zu einem Ergebnis führte, das mit den Grundrechten oder sonst offensichtlich mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar wäre. Hiervon ist bei Verfahrensverstößen nur auszugehen, wenn die Entscheidung auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maße abweicht, daß es nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einer geordneten, rechtsstaatlichen Weise ergangen angesehen werden kann (BGHZ 48, 327, 331; 53, 357, 359 f; 73, 378, 386 [BGH 07.03.1979 - IV ZR 30/78]; 98, 70, 73 [BGH 15.05.1986 - III ZR 192/84]; BGH, Urt. v. 19. September 1977 - VIII ZR 120/75, WM 1977, 1230, 1232; Beschl. v. 21. März 1990 - XII ZB 71/89, NJW 1990, 2201; Senatsurt. v. 27. März 1984 - IX ZR 24/83, WM 1984, 748, 749). Das trifft hier nicht zu. Insbesondere verletzt das Verfahren des Superior Court nicht die Prinzipien, die dem Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zugrunde liegen. Dessen Schutz erstreckt sich nicht auf eine bestimmte, verfahrensrechtliche Ausgestaltung (BGH, Urt. v. 11. April 1979 - IV ZR 93/78, NJW 1980, 529, 531), etwa eine Terminsladung. Bei der Anwendung jener Verfassungsbestimmung zur Konkretisierung des gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO maßgeblichen verfahrensrechtlichen ordre public ist vielmehr auf die Grundsätze abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will. Dies ist einmal das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das grundsätzlich verbietet, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Betroffene Gelegenheit zur Äußerung hatte. Ferner verlangt das Gebot der Achtung der Menschenwürde, daß ein Beteiligter in der Lage sein muß, auf den Verfahrensablauf aktiv Einfluß zu nehmen (BVerfGE 63, 332, 337 m.w.N.; BGHZ 48, 327, 333, bestätigt durch Beschl. des BVerfG v. 28. März 1968 - 2 BvR 740/67; BGH, Urt. v. 19. September 1977 - VIII ZR 120/75, aaO.; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG Art. 103 Abs. 1 Rdn. 2 ff). Diesen Erfordernissen hat das Verfahren vor dem Superior Court Rechnung getragen.
Dem Beklagten war die in Kalifornien gegen ihn anhängige Zivilklage des Klägers bekannt, und er hatte bereits geraume Zeit vor seiner Flucht aus den USA Rechtsanwalt Jacobsen zu seinem Prozeßbevollmächtigten bestellt, der ihn zunächst im amerikanischen Rechtsstreit auch vertrat. Damit war der Beklagte jedenfalls in der Lage, sich gegenüber der Klage vor dem kalifornischen Gericht zu verteidigen. Die nach seinem Verlassen der USA eingetretene weitere Entwicklung seiner Vertretung im amerikanischen Prozeß vermag eine Verletzung der Grundsätze rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. Nach den insoweit unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgte die als "Assoziierung" vorgenommene Einschaltung von Rechtsanwalt Glahn durch förmliche Erklärung des Rechtsanwalts Jacobsen an den Superior Court. Der Sache nach beabsichtigte Rechtsanwalt Jacobsen damit, einen Anwaltswechsel vorzunehmen. In der Folgezeit trat allein Rechtsanwalt Glahn vor dem Superior Court auf und wurde zu dem Termin vom 23. April 1985 geladen. Erst danach kam es zu seiner Entlassung als Rechtsanwalt des Beklagten.
Zu Recht führt das Berufungsgericht aus, es sei schon deutschen Rechtsvorstellungen nicht fremd, eine Partei unter diesen Umständen als ordnungsgemäß geladen anzusehen. Seinen Ausdruck findet das in der Vorschrift des § 176 ZPO, derzufolge Zustellungen im anhängigen Rechtsstreit an den bestellten Prozeßbevollmächtigten erfolgen müssen. Die Zustellung an einen von mehreren Prozeßbevollmächtigten genügt (Zöller/Stephan aaO. § 176 Rdn. 13). Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt tatsächlich Prozeßvollmacht hatte. Entscheidend ist im Hinblick auf den erforderlichen Vertrauensschutz für die Gegenseite und auf § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO allein, ob er sich ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zum Prozeßbevollmächtigten bestellt hat (BGH, Beschl. v. 23. November 1978 - II ZB 7/78, VersR 1979, 255 m.w.N.; v. 21. Mai 1986 - VIII ZB 17/86, VersR 1986, 993, 994; v. 22. Oktober 1986 - VIII ZB 40/86, NJW 1987, 440; MünchKomm ZPO/v. Feldmann § 176 Rdn. 4, 8). Eine spätere Beendigung des Mandats berührt die Wirksamkeit der Zustellung nicht. Das Interesse der Partei, für die ein nicht bevollmächtigter Rechtsanwalt aufgetreten ist, wird durch die je nach Lage des Falles bestehenden Möglichkeiten, das Urteil anzufechten oder sich an dem vollmachtlosen Vertreter schadlos zu halten, hinreichend gewahrt (BGH, Beschl. v. 23. November 1978 - II ZB 7/78, aaO).
Darüber hinaus gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG nur die - von Staats wegen ungehinderte - Gelegenheit, sich am Gerichtsverfahren zu beteiligen. Der Berechtigte kann sie durch schuldhaftes Verhalten verwirken oder von der Ausübung des Rechts absehen. Es stand allgemein im Machtbereich des Beklagten, sich in dem ihm bekannten Verfahren in Kalifornien weiter zu verteidigen. Für ihre eigene ordnungsmäßige Vertretung in einem ihr bekannten Gerichtsverfahren hat in erster Linie jede Partei selbst nach besten Kräften zu sorgen (BGH, Urt. v. 19. September 1977 - VIII ZR 120/75, aaO.; Zöller/Geimer aaO. § 328 Rdn. 156 f). Durch Flucht konnte sich der Beklagte dieser Obliegenheit nicht wirksam entziehen. Er hat auch nicht dargetan, daß er die spätere Zurückhaltung des Rechtsanwalts Jacobsen in dem Prozeß sowie das Auftreten des Rechtsanwalts Glahn für ihn nicht hätte verhindern können. Dann erscheint aus rechtsstaatlicher Sicht das Ergebnis nicht unerträglich, daß der Superior Court später allein Rechtsanwalt Glahn als berechtigten Vertreter des Beklagten behandelt hat. Gegen das verfassungsrechtliche Gebot einer fairen Verfahrensgestaltung hat das Gericht hierdurch nicht in erheblicher Weise verstoßen.
Nach alledem liegt in dem Unterlassen der Ladung des Beklagten und des Rechtsanwalts Jacobsen kein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, denen zufolge die Beauftragung von Rechtsanwalt Glahn sogar dem tatsächlichen Willen des Beklagten entsprach und auch eine Ladung des Rechtsanwalts Jacobsen am Prozeßergebnis nichts geändert hätte, den dagegen gerichteten Angriffen der Revision standhalten.
4. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Verstoß gegen den prozessualen ordre public angesichts der übrigen Umstände des Verfahrens vor dem Superior Court verneint hat, sind ebenfalls frei von Rechtsfehlern.
a) Insbesondere geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, allein die Tatsache, daß dem Urteil des Superior Court eine Ladung des Beklagten zur "pre-trial discovery" vorausgegangen sei, stehe einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen. Die Durchführung eines solchen Beweis- und Beweisermittlungs-Verfahrens zwischen Klageerhebung und mündlicher Verhandlung ("trial") unter weitgehender Parteiherrschaft in den USA begründet für sich noch keinen Verstoß gegen den ordre public im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (ebenso Martiny, Handbuch Rdn. 1109; Schack, IZVR Rdn. 865; Stürner ZVglRWiss Bd. 81, 159, 200; Stiefel/Stürner VersR 1987, 829, 830 f; Heidenberger RIW 1990, 804, 807; Zekoll, US-Amerikanisches Produkthaftpflichtrecht vor deutschen Gerichten - nachfolgend Produkthaftpflichtrecht - S. 137 ff, 148 f und RIW 1990, 302, 305; v. Westphalen PHI 1988, 18, 20; Veltins DB 1987, 2396, 2398; MünchKomm ZPO/Gottwald § 328 Rdn. 91; Gottwald ZZP 103, 257, 283; Hoechst, Die US-amerikanische Produzentenhaftung - nachfolgend Produzentenhaftung - S. 121; wohl auch Schütze in Festschrift für Stiefel - nachfolgend FS Stiefel -, 697, 703 ff; a.A. Schütze WM 1986, 633, 636 und wohl auch in Festschrift für Nagel - nachfolgend FS Nagel - 392, 401; vgl. ferner LG Berlin RIW 1989, 988, 990 und Greger ZRP 1988, 164, 166). Die bloße Möglichkeit, daß hierbei unter anderem eine nach deutschem Prozeßrecht unzulässige Ausforschung erreicht wird, erfüllt die Voraussetzungen des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht. Insoweit gilt ebenfalls das Gebot (oben 3 b und BGHZ 48, 327, 333; BGH, Urt. v. 19. September 1977 - VIII ZR 120/75, aaO.; MünchKomm ZPO/Gottwald § 328 Rdn. 85 f; Zöller/Geimer aaO. § 328 Rdn. 155), über die - sogar zwingenden - Einzelregelungen des deutschen positiven Rechts hinaus auf die Grundwerte abzustellen, die hierdurch geschützt werden sollen. Dabei sind nicht nur die deutschen Prozeßrechtsgrundsätze zu beachten (a.M. Schütze, Deutsch-amerikanische Urteilsanerkennung - nachfolgend Urteilsanerkennung - S. 169), sondern ist die Gesamtrechtsordnung zu berücksichtigen, einschließlich deutscher materiellrechtlicher Auskunftspflichten, die mit vergleichbarer Wirkung an die Stelle ausländischer Verfahrensregeln treten können (vgl. Schlosser IPRax 1987, 153, 154; Paulus ZZP 104, 397, 402 ff; Schack IZVR Rdn. 740). Entscheidend ist sodann, ob das konkrete Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts einschließlich damit möglicherweise verbundener völkerrechtswidriger Eingriffe in die Hoheitsrechte des Anerkennungsstaates (Schack aaO. Rdn. 865; Stiefel/Stürner aaO.) mit den so ermittelten wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts und dem Wert der gerichtlichen Wahrheitsfindung an sich offensichtlich unvereinbar ist.
Dafür ist hier nichts dargetan. Im Gegenteil erstreckt sich nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts die vom Superior Court an das Ausbleiben des Beklagten im "pre-trial discovery"-Verfahren geknüpfte Säumnisfolge nur auf die Tatsachen zum Anspruchsgrund, die schon durch das amerikanische Strafverfahren gegen den Beklagten aufgedeckt waren und die er bis heute nicht bestreitet. Deshalb ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angenommen hat, das Urteil des Superior Court beruhe im Ergebnis nicht auf dem "pre-trial discovery"-Verfahren.
b) Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht (Schütze WM 1979, 1174, 1176) bestehen auch keine allgemeinen Bedenken gegen die Anerkennung US-amerikanischer Zivilurteile deswegen, weil diese grundsätzlich keine Kostenerstattung zugunsten der obsiegenden Partei vorsehen (Jestaedt RIW 1986, 95 f). Für einen ausländischen Beklagten ist es sogar unter Berücksichtigung der ihn in jedem Falle treffenden, beträchtlichen Kostenlast nicht unzumutbar, sich auf ein solches Verfahren einzulassen. Aus deutscher Sicht folgt die Verteilung der Kostenlast für streitige Verfahren je nach dem Verfahrensausgang aus dem Veranlassungsprinzip (BGHZ 60, 337, 343; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht 14. Aufl. § 87 V 5, S. 500).