Bundesgerichtshof
Urt. v. 05.07.1991, Az.: V ZR 343/89
Vollstreckungsstandschaft; Zulässigkeit; Sicherungsgeber; Abtretung der titulierten Forderung; Betreiben der Vollstreckung ; Rechnung des Sicherungsnehmers
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 05.07.1991
- Aktenzeichen
- V ZR 343/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1991, 14082
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- JuS 1992, 260 (Volltext mit red. LS)
- NJW 1992, 575 L
- NJW 1992, 575 (red. Leitsatz)
- NJW-RR 1992, 61 (Volltext mit red. LS)
Redaktioneller Leitsatz
1. Eine isolierte Vollstreckungsstandschaft ist nicht zulässig.
2. Ein Sicherungsgeber, dem die titulierte Forderung abgetreten wurde, darf die Vollstreckung auf Rechnung des Sicherungsnehmers nicht weiterbetreiben.
Hinweise:
BGH, DRsp IV (421) 165 b = NJW 1985, 342 [BAG 15.03.1984 - 2 AZR 24/83] = WM 1985, 70 (Anm. Brehm, JZ 1985, 342; Anm. Gelzen, JR 1985, 288)
Tatbestand:
Die Kläger schlossen mit den Beklagten, den Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, am 13. Oktober 1983 einen Vertrag über den Erwerb einer noch fertigzustellenden Eigentumswohnung nebst Kfz-Abstellplatz zum Preis von 345.000 DM. Wegen des Zahlungsanspruchs unterwarfen sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung.
Die Veräußerung hatte - mit Ausnahme eines bestehenden Wegerechts - frei von Belastungen in Abteilung II des Grundbuchs zu erfolgen.
Die notariell beglaubigte Teilungserklärung, auf die der Vertrag verweist, enthält den Hinweis der Beklagten, sie müßten eine Baulast mit dem Inhalt übernehmen, den "jeweiligen Eigentümern, Bewohnern, Mietern und Besuchern" verschiedener Nachbargrundstücke das ausschließliche Nutzungsrecht an einer Anzahl zum Gemeinschaftseigentum zählender Kfz-Abstellplätze sowie Zugang, Zu- und Abfahrt zu ihnen zu gewähren. Sie behielten sich vor, eine entsprechende Grunddienstbarkeit zu bestellen.
In das Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch wurden im Jahre 1984 Grunddienstbarkeiten eingetragen, nach denen der Kreis der Berechtigten sich auf "Besucher, Angestellte, Mieter und Kunden" der Eigentümer der herrschenden Grundstücke erstreckte. Die Grunddienstbarkeiten haben Rang vor den für die Kläger eingetragenen Auflassungsvormerkungen.
In der mit dem Vertrag beurkundeten Baubeschreibung ist vorgesehen, daß die Ein- und Ausfahrt zu den Kfz-Abstellplätzen mit einer Rollgittertüranlage auszustatten ist. Die Beklagten unterließen die Anbringung der Anlage, um den Kunden des auf den herrschenden Grundstücken vorgesehenen Supermarktes die freie Zufahrt zu den Abstellplätzen zu ermöglichen.
Die Kläger haben mit der Begründung, sie hätten die Grunddienstbarkeiten nicht hinzunehmen, sie hätten außerdem Anspruch auf Anbringung der Rollgittertüranlage, einen Restbetrag des Erwerbspreises von 75.000 DM zurückgehalten. Sie haben Vollstreckungsgegenklage erhoben, die sie auch damit begründen, die Beklagten hätten den noch offenen Zahlungsanspruch an eine Bank abgetreten. Die Beklagten sind der Ansicht, die Kläger hätten vorweg auf das Anderkonto des beurkundenden Notars zu leisten. Eine Pflicht zur Anbringung der Rollgittertüranlage bestehe nicht, da dies den Grunddienstbarkeiten zuwiderlaufe.
Das Landgericht hat der Vollstreckungsgegenklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt, "bis die Beklagten die Grunddienstbarkeiten gelöscht" und "die Ein- und Ausfahrt mit einer Rollgittertüranlage versehen haben".
Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf volle Klagabweisung weiter. Die Kläger beantragen Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht meint, es könne dahinstehen, ob die Bezugnahme auf die der notariellen Urkunde nicht beigefügte und nicht verlesene Teilungserklärung unzulässig gewesen sei. Wenn die Teilungserklärung nicht Vertragsbestandteil geworden sei, könnten die Kläger dennoch eine. abgesehen vom Wegerecht, lastenfreie Übertragung des - Eigentums verlangen. Auch die Kläger gingen davon aus, daß die Teilungserklärung Vertragsinhalt geworden sei.
Die eingetragenen Grunddienstbarkeiten unterstellten die Abstellplätze dem gewerblichen Verkehr und gingen deshalb über das hinaus, was die Kläger nach der Teilungserklärung hinzunehmen hätten. Die an sich bestehende Vorleistungspflicht der Kläger sei entfallen, weil die Beklagten an den eingetragenen Belastungen festhielten. Da die Beklagten die Nutzung der Abstellplätze auf den privaten Verkehr zu beschränken hätten, könnten die Kläger auch die Anbringung der Rollgittertüranlage verlangen.
II. Die Revision bleibt bereits deshalb ohne Erfolg, weil die Beklagten, was das Berufungsgericht unerörtert gelassen hat, nicht mehr Inhaber der titulierten Restforderung sind.
Die Kläger haben sich im Berufungsrechtszug den erstinstanzlichen Vortrag des beurkundenden Notars, der dem Rechtsstreit auf seiten der Beklagten als Streithelfer beigetreten war, zu eigen gemacht, die Restforderung sei an eine Bank abgetreten worden. Die Beklagten haben hierzu selbst nicht Stellung genommen. Der Streithelfer hat lediglich ausgeführt, es habe sich um eine stille Abtretung gehandelt; die Bank habe ihm am 26. Februar 1987 mitgeteilt, eingehende Gelder habe er nur noch zu einem Drittel an sie abzuführen, zwei Drittel stünden den Beklagten Berthold und Egon H. zur Verfügung.
Damit ist unstreitig, daß die Beklagten nicht Inhaber des Zahlungsanspruchs sind. Eine Rückübertragung des von der Bank erworbenen Anspruchs hat nicht stattgefunden. Die Mitteilung der Bank enthält lediglich deren Anweisung als Abtretungsempfängerin, eingehende Zahlungen in bestimmter Weise zu verwenden. An der früher erfolgten Abtretung hält die Erklärung ausdrücklich fest.
Bei einer Sicherungsabtretung, die hier möglicherweise vorliegt, ist der Abtretende zwar in der Regel ermächtigt, im eigenen Namen auf Leistung an den Sicherungsnehmer und, vor Aufdeckung des Geschäfts, an sich selbst zu klagen. Nicht statthaft ist es aber, daß der Sicherungsgeber nach Abtretung der titulierten Forderung die Vollstreckung auf Rechnung des Sicherungsnehmers (weiter) betreibt. Eine Vollstreckungsstandschaft läßt das Gesetz nicht zu (BGHZ 92, 347 [BGH 26.10.1984 - V ZR 218/83]). Die Zwangsvollstreckung der Beklagten ist daher unzulässig.
Da nur die Beklagten Revision eingelegt haben, ist der Senat nach § 559 Abs. 1 ZPO daran gehindert, das Urteil des Landgerichts wiederherzustellen. Das Berufungsurteil ist, entgegen der mißverständlichen Fassung der Urteilsformel, dahin zu verstehen, daß die Zwangsvollstreckung nicht von Vorleistungen der Beklagten, sondern von Zug um Zug zu erbringenden Leistungen an die Kläger abhängig ist. Dies ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, die die Einrede des nicht erfüllten Vertrages für begründet halten, hilfsweise den Klägern ein Zurückbehaltungsrecht zubilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.