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Bundesgerichtshof
Urt. v. 14.01.1991, Az.: II ZR 190/89

Widerrufsrecht; Haustürwiderrufsgesetz; Darlegungslast; Beweislast; Kunde; Zeitpunkt des Vertragsabschlusses

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
14.01.1991
Aktenzeichen
II ZR 190/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1991, 14298
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 113, 222 - 227
  • BB 1991, 374-375 (Volltext mit amtl. LS)
  • DB 1991, 545 (Volltext mit amtl. LS)
  • JR 1992, 159-161 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1991, 413 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1991, 1052-1054 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1991, 273-276 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZBB 1991, 108
  • ZIP 1991, 173-176 (Volltext mit amtl. LS)

Redaktioneller Leitsatz

1. Hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen eines Widerrufsrechts nach dem Haustürwiderrufsgesetz trägt der Kunde die Darlegungs- und Beweispflicht.

2. Dies gilt auch für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, da dieser maßgeblich für den zeitlichen Geltungsbereich des HWiG ist.

Tatbestand:

1

Die Kläger haben sich in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Baumarkt N. " zusammengeschlossen, deren Zweck im wesentlichen in Erwerb, Vermietung, Verpachtung und Verwaltung von Immobilien besteht. Der Kläger zu 3 ist als sogenannter Gesellschaftertreuhänder ermächtigt, in die Gesellschaft Treuhandgesellschafter mit einem Mindestzeichnungsbetrag von 10.000,-- DM aufzunehmen, der in 100 monatlichen Raten durch Zahlung an die Gesellschaft zu begleichen ist. Beitritt und Treuhandvertrag werden mit der Annahme durch den Gesellschaftertreuhänder wirksam.

2

Der Beklagte hat am 16. April 1986 schriftlich eine Erklärung über den Beitritt zu der Gesellschaft und den Abschluß eines Treuhandvertrages unter Zeichnung von 10.000,-- DM - zahlbar in monatlichen Raten von 100,-- DM ab 1. Juni 1986 - abgegeben. Der Kläger zu 3 hat die entsprechende in dem Vordruck über die Beitrittserklärung enthaltene Annahmeerklärung unter dem Datum des 24. April 1986 unterzeichnet. Die Annahmerklärung ist dem Beklagten mit Schreiben vom 28. April 1986 zugesandt worden.

3

Der Beklagte verweigert den Klägern die Bezahlung der nach dem Vertrag für November 1986 sowie ab 1. Januar 1987 fällig gewordenen und künftig noch fällig werdenden Raten und verlangt widerklagend die Rückzahlung des von ihm bereits geleisteten Betrages von 500,-- DM. Er hat die von ihm abgegebenen Erklärungen in der Berufungsinstanz nach § 2 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften vom 16. Januar 1986 (HTürGG, BGBl. I S. 122) mit der Begründung widerrufen, dieses Gesetz finde Anwendung, weil ihm die Annahmeerklärung des Klägers zu 3 erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes (1. Mai 1986) zugegangen sei. Er hat sich u.a. auf den Standpunkt gestellt, der Vertrag sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig und im übrigen wegen arglistiger Täuschung anfechtbar. Auch treffe die Kläger eine Haftung aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen, weil er über die Geringfügigkeit der mit dem Beitritt verbundenen Steuervorteile nicht aufgeklärt worden sei.

4

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat mit seinem in ZIP 1989, 1267 veröffentlichten Urteil die Klage abgewiesen und der Widerklage im wesentlichen stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

6

I. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird der vorliegende Treuhand- und Beitrittsvertrag vom zeitlichen Geltungsbereich des Haustürwiderrufsgesetzes, das nach § 9 Abs. 2 Satz 1 auf vor seinem Inkrafttreten geschlossene Verträge keine Anwendung findet, nicht erfaßt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Vertrag erst nach dem 1. Mai 1986, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (§ 9 Abs. 1 HTürGG), zustande gekommen ist.

7

1. Das Berufungsgericht hat nicht feststellen können, ob der Vertrag bereits vor oder erst nach dem genannten Stichtag abgeschlossen worden ist. Dagegen wendet sich die Revision mit der Rüge, der Beklagte habe überhaupt nicht wirksam bestritten, daß ihm die Annahmeerklärung des Gesellschaftertreuhänders schon vor dem 1. Mai 1986 zugegangen sei. Das erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten, der Vertrag sei vor dem 1.Mai 1986 zustande gekommen, widerspreche seinen in der Berufungsinstanz abgegebenen Erklärungen, das Schreiben vom 28. April 1986 sei ihm mit einem auf den 1. Juni 1986 datierten Zertifikat erst nach dem 13. Juni 1986 zugesandt worden. Das wiederum stehe in Widerspruch zu seiner Aussage als Partei, er könne den Eingang der Beitrittserklärung zeitlich nicht mehr genau festlegen, er meine aber, dieser sei zwischen Mitte Mai und Anfang Juni 1986 erfolgt. Entgegen der Ansicht der Revision bestehen gegen die weitgehend auf tatrichterlicher Würdigung bestehende Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe einen vor dem 1. Mai 1986 erfolgten Vertragsabschluß wirksam. bestritten, keine rechtlichen Bedenken.

8

Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Beklagten in dem in erster Instanz eingereichten Schriftsatz vom 30. Dezember 1987, der Vertrag sei vor dem 1. Mai 1986 zustande gekommen, ersichtlich in Zusammenhang mit seinem weiteren Vorbringen in demselben Schriftsatz gesehen, der Kläger zu 3 habe das Angebot "unter dem 24. April 1986" angenommen. Zu dem Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärung hat sich der Beklagte, wie auch das Berufungsgericht ausführt, in erster Instanz nicht geäußert. Da nach dem Parteivorbringen erster Instanz weder die Parteien noch das Landgericht auf den Zugang der Annahmeerklärung als Voraussetzung für das Zustandekommen des Vertrages abgestellt haben oder hätten abstellen müssen und der Vortrag des Beklagten offensichtlich von der irrigen Erwägung ausgeht, der Vertrag sei bereits mit der Unterzeichnung der Annahmeerklärung am 24. April 1986 zustande gekommen, kann es nicht beanstandet werden, daß das Berufungsgericht den Beklagten nicht an seinem ursprünglichen Vortrag festgehalten hat. Es durfte vielmehr auch im Blick auf die Änderung der rechtlichen Voraussetzungen, die aufgrund der Widerrufserklärung des Beklagten vom 9. Februar 1989 in der Berufungsinstanz eingetreten sind, aus dem gesamten Vorbringen des Beklagten ein wirksames Bestreiten eines Vertragsabschlusses vor dem 1. Mai 1986 entnehmen.

9

Dem Berufungsgericht kann auch nicht vorgeworfen werden, es habe den Vortrag des Beklagten nicht umfassend gewürdigt (§ 286 ZPO). Zwar ist es nicht ausdrücklich auf den Vortrag im Schriftsatz des Beklagten vom 30. Dezember 1987 eingegangen, der Vertrag sei vor dem 1. Mai 1896 zustande gekommen. Nach dem Zusammenhang mit dem vom Berufungsgericht gewürdigten Vortrag des Beklagten, der Kläger zu 3 habe das Angebot des Beklagten am 24. April 1986 angenommen, und der Rechtslage, wie sie sich nach dem Parteivortrag erster Instanz darstellte, war die Darstellung weiterer Einzelerwägungen nicht erforderlich (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, ZPO, 48. Aufl. § 286 Anm. 2 D m.w.N.).

10

Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht habe den Beweis des Zugangs der Annahmeerklärung vor dem 1. Mai 1986 als erbracht ansehen müssen, setzt sie in revisionsrechtlich unzulässiger Weise ihre eigene tatsächliche Würdigung des Parteivorbringens und des Ergebnisses der Beweisaufnahme an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.

11

2. Die Revision vertritt ferner den Standpunkt, der Vertrag sei bereits mit der Unterzeichnung der Abnahmeerklärung durch den Kläger zu 3 am 24. April 1986 geschlossen worden, weil der Beklagte nach Nr. 4 der Beitrittserklärung darauf verzichtet habe, daß die Annahmeerklärung ihm gegenüber abgegeben werde (§ 151 Satz 1 BGB). Auch davon ist das Berufungsgericht zu Recht nicht ausgegangen.

12

Ein solcher Verzicht folgt nicht schon aus der Vereinbarung, der Beklagte halte sich sechs Wochen ab Unterzeichnung der Beitrittserklärung an sein Angebot gebunden. Ersichtlich soll mit dieser Erklärung vor allem die in § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffene Regelung abbedungen werden, daß ein Angebot unter Anwesenden nur sofort angenommen werden kann.

13

Die weiterhin in Nr. 4 Satz 1 des Beitrittsvordruckes enthaltene Erklärung des Beklagten, sein Eintritt in die Gesellschaft werde mit der Annahme seines Angebots durch den Gesellschaftertreuhänder wirksam, ergibt ebenfalls nicht zweifelsfrei einen solchen Verzicht. Es liegt nahe, diese Regelung im Zusammenhang mit § 4 des Gesellschaftsvertrages, auf den Nr. 3 der Beitrittserklärung Bezug nimmt und der die Ermächtigung des Gesellschaftertreuhänders (des Klägers zu 3) durch die "vollhaftenden Gesellschafter (die Kläger zu 1 und 2) zur Aufnahme von Treuhandgesellschaftern enthält, zu sehen und dahin zu verstehen, daß der Kläger zu 3 als Gesellschaftertreuhänder die Annahme des Angebots auch namens der Kläger zu 1 und 2 zu erklären berechtigt ist und damit der Beitrittsvertrag zustande kommt. Eine Vereinbarung über die Abweichung von dem nach dem Gesetz vorausgesetzten Zugangserfordernis ist daraus nicht, jedenfalls nicht zweifelsfrei, ersichtlich. Es begegnet unter diesen Umständen keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht das Vorliegen einer Verzichtserklärung des Beklagten unter Anwendung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG verneint hat.

14

3. Die Beweislast dafür, daß der Treuhand- und Beitrittsvertrag vor dem Inkrafttreten des Haustürwiderrufsgesetzes am 1. Mai 1986 abgeschlossen worden ist, wird vom Berufungsgericht den Klägern auferlegt. Den Beweis dafür, daß die Annahmeerklärung des Klägers zu 3 dem Beklagten vor dem 1. Mai 1986 zugegangen sei, seien sie jedoch schuldig geblieben. Gegen die von dem Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Beweislastverteilung wendet sich die Revision zu Recht.

15

Die Widerrufstatbestände des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 HTürGG seien, so führt das Berufungsgericht aus, als rechtshindernde Einwendungen formuliert. Die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines dieser Tatbestände müßten von dem Kunden bewiesen werden. Es meint aber, das gelte nicht für den zeitlichen Anwendungsbereich des Gesetzes. Der Zeitpunkt der Vornahme eines Rechtsgeschäfts gehöre weder zum Tatbestand einer anspruchsbegründenden noch zu dem einer rechtshindernden Norm. Sei der Zeitpunkt, in dem das Rechtsgeschäft vorgenommen worden sei, entscheidend, müsse dem Regelungszweck des Gesetzes entnommen werden, welche Partei insoweit die Beweislast trage. Für die vorliegende Fallgestaltung nötige die Zielsetzung des Haustürwiderrufsgesetzes dazu, bei Zweifeln über seinen zeitlichen Anwendungsbereich dem Schutz des Verbrauchers den Vorzug zu geben, so daß nicht der Kunde, sondern dessen Vertragspartner den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zu beweisen habe. Das komme letztlich auch in der Fassung des § 9 Abs. 2 Satz 1 HTürGG zum Ausdruck. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

16

Im Zivilrecht ist als Beweislastprinzip im allgemeinen der Grundsatz anerkannt, daß jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge geltend macht, die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen hat. Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der Gegner muß den Beweis für rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen erbringen (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 13. Juli 1983 - VIII ZR 107/82, LM ZPO § 282 Nr. 23; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl. § 286 Rdnrn. 40 ff.; Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl., S. 98 ff.). Das Vorliegen der in § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 HTürGG aufgeführten Voraussetzungen führt dazu, daß ein solcher Vertrag schwebend unwirksam ist und von dem Kunden widerrufen werden kann. Die Ausübung des Widerrufsrechts hat zur Folge, daß der schwebend unwirksame Vertrag beseitigt wird (vgl. MüKomm.-Ulmer, 2. Aufl., § 1 HTürGG Rdnrn. 3, 6; Soergel/M. Wolf, BGB, 12. Aufl., HTürGG § 1 Rdnr. 28). Da die Vorschrift des § 1 Abs. 1 HTürGG, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, als rechtshindernde Einwendung ausgestaltet ist, hat der Kunde das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen, die zu der ihm günstigen Rechtsfolge der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages führen und das Recht auf Ausübung des Widerrufs gewähren, darzulegen und zu beweisen (MüKomm.-Ulmer aaO § 1 HTürGG Rdnr. 50). Diese Darlegungs- und Beweislast wird von der in § 2 HTürGG getroffenen Regelung über den Lauf der Wochenfrist, innerhalb deren das Widerrufsrecht auszuüben ist, nicht berührt.

17

Der Zeitpunkt, in dem ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Vertrag abgeschlossen wird, ist für die Durchsetzung eines Anspruchs in der Regel, für dessen Abwehr häufig ohne Bedeutung. Er ist daher auch regelmäßig bei der Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen entbehrlich und wird zur Abwehr des Anspruchs meist nur für die Erhebung der Verjährungseinrede, der Geltendmachung einer Ausschlußfrist oder des Bestreitens der Geschäftsfähigkeit benötigt. Nach dem bereits erwähnten zivilrechtlichen Beweislastprinzip ist die Partei für ihn darlegungs- und beweispflichtig, die sich auf einen ihr günstigen Rechtssatz beruft, zu dessen tatsächlichen Voraussetzungen der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder des Vertragsschlusses gehört (vgl. allgemein Rosenberg aaO S. 165 f.; für die Frage der Geschäftsunfähigkeit vgl. OLG Saarbrücken, NJW 1973, 2065 [OLG Saarbrücken 22.03.1973 - 6 U 38/72]; Musielak, Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1965, S. 326 f., 372 f.; Musielak/Stadler, Grundfragen des Beweisrechts, 1984, Rdnr. 288). Dieser Grundsatz gilt auch für den Fall einer Rechtsänderung durch gesetzliche Neuregelung: Gewährt ein neues Gesetz einen bestimmten, nach bisheriger Regelung nicht gegebenen Anspruch, hat der Anspruchsteller grundsätzlich darzulegen und zu beweisen, daß das anspruchsbegründende Ereignis in den zeitlichen Geltungsbereich der neuen Gesetzesregelung fällt (vgl. RG WarnRspr. 1917, Nr. 208). Eröffnet ein solches Gesetz dem Anspruchsgegner die Möglichkeit, den verfolgten Anspruch mit einem rechtshindernden Einwand zu Fall zu bringen, ist er für die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig. Dazu gehört auch der Zeitpunkt, in dem der den Anspruch begründende Vertrag geschlossen worden ist, damit festgestellt werden kann, ob der zeitliche Geltungsbereich des neuen Gesetzes den Vertrag erfaßt.

18

Das Berufungsgericht meint, für die Entscheidung dieser Frage müsse auf den Zweck der gesetzlichen Regelung abgestellt werden (so für den Fall der Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Ziff. 1 BGB: Baumgärtel/Laumen in Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 1, 1981, § 104 Rdnr. 1/2). Da das Haustürwiderrufsgesetz den Schutz des Verbrauchers bezwecke, könne diesem die Beweislast für den Vertragsabschluß nicht aufgebürdet werden. Dem kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Die Auffassung der genannten Autoren, auf die sich das Berufungsgericht stützt, hat im Schrifttum Ablehnung erfahren. Ihnen ist entgegengehalten worden, der Hinweis auf den von §§ 104 ff. BGB bezweckten Schutz des nicht Geschäftsfähigen könne nichts an der Tatsache ändern, daß die gesetzliche Regelung Geschäftsunfähigkeit und beschränkte Geschäftsfähigkeit als anspruchshindernde Merkmale ausgestaltet und damit als Ausnahme aufgefaßt habe (Musielak aaO S. 326, 373; Musielak/Stadler aaO Rdnr. 288). Das gilt in gleichem Maße für die als rechtshindernde Einwendungen ausgestalteten Tatbestände des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 HTürGG. Aus Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik des Haustürwiderrufsgesetzes ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß im Falle des § 1 Abs. 1 aus dem Gedanken des Kundenschutzes von den allgemein anerkannten Beweislastregeln abgewichen werden sollte.

19

Der hier zugrunde gelegten Beweislastverteilung steht auch nicht entgegen, daß § 9 Abs. 2 Satz 1 HTürGG, der den zeitlichen Geltungsbereich des Gesetzes umschreibt, negativ gefaßt ist. Das Berufungsgericht ist allerdings der Ansicht, mit dieser Fassung werde zum Ausdruck gebracht, daß die Nichtanwendbarkeit des Gesetzes auf abgeschlossene Verträge als Ausnahme anzusehen sei. Da sich die Kläger auf einen solchen Ausnahmetatbestand beriefen, hätten sie ihre Behauptung auch zu beweisen (so auch Werner/Machunsky, HTürGG, 1990, § 9 Rdnr. 1). Eine solch weittragende Bedeutung kann der Fassung des § 9 Abs. 2 Satz 1 HTürGG aber nicht beigemessen werden. Mit dieser Bestimmung soll klargestellt werden, daß das Gesetz keine Anwendung auf Verträge findet, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind. Damit wird zugleich die Anwendung auf Haustürgeschäfte ausgeschlossen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits abgeschlossen waren, bei denen aber die nach dem Gesetz vorgesehene Widerrufsfrist an diesem Stichtag noch nicht abgelaufen war. Es erlaubt hingegen die Anwendung auf noch im Abschlußstadium befindliche Verträge (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften, BT-Drucks. 10/2876, S. 15). Das Gesetz trägt auf diese Weise dem im Rechtsstaatsprinzip enthaltenen Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Rechnung, das ausschließt, an abgeschlossene Tatbestände ungünstigere Folgen zu knüpfen als sie im Zeitpunkt der Vollendung dieser Tatbestände voraussehbar waren (sog. echte Rückwirkung, vgl. BVerfGE 13, 261, 270 f.;  25, 142, 154 f.;  31, 222, 225 f. [BVerfG 22.06.1971 - 2 BvL 6/70]). Es knüpft ersichtlich an unstreitige oder erwiesene Tatbestände an, ohne daß sein Regelungsgehalt oder die Technik der verwendeten Formulierung für die Lösung der aufgeworfenen Beweislastfrage etwas ergeben.

20

II. Da das Haustürwiderrufsgesetz im vorliegenden Falle schon nach seinem zeitlichen Geltungsbereich nicht anwendbar ist und damit der auf dieses Gesetz gestützte Widerruf des Beklagten unwirksam ist, wird das Berufungsgericht dem weitergehenden Vortrag des Beklagten nachgehen müssen, mit dem er sich gegen die von den Klägern verfolgten Ansprüche wendet. Über ihn ist vom Landgericht bereits überwiegend Beweis erhoben worden. Das Berufungsgericht wird auch zu erwägen haben, ob und in welchem Rahmen es dem Beklagten Gelegenheit gibt, sein Vorbringen zu diesen Fragen zu ergänzen.

21

Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.