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Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.04.1990, Az.: XI ZR 236/89

Beteiligung an einem Bauherrenmodell; Abschluss eines Kreditvertrags; Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht; Pflicht einer Bank zum Hinweis auf die Risiken eines zu finanzierenden Geschäfts; Ursächlicher Zusammenhang zwischen begangener Pflichtverletzung und entstandenem Schaden

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
24.04.1990
Aktenzeichen
XI ZR 236/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 15427
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Köln - 13.12.1988
LG Aachen

Fundstellen

  • DB 1990, 1181-1183 (Volltext mit amtl. LS)
  • IBR 1990, 621-622 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • MDR 1990, 916-917 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1990, 876-878 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1991, 190-193 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1990, 920-924 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuM 1990, 315 (amtl. Leitsatz)

Prozessführer

B. Ba. gesellschaft (vormals H. Bank S. eG),
vertreten durch die Vorstandsmitglieder Bernd Manfred M., Hermann R. und Hans Wilhelm V., Neue B. straße ..., Ha.,

Prozessgegner

Karl-Heinz H ö ..., Bac. straße ..., D.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Kreditinstitut verpflichtet ist, vor Übernahme der Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung im Bauherrenmodell den Erwerber auf besondere Nachteile und Risiken des konkreten Vorhabens hinzuweisen.

  2. b)

    Wird die Finanzierung erst nach Abschluß der zum Erwerb verpflichtenden Verträge beantragt, so setzt die Annahme einer Aufklärungspflicht des Kreditinstituts und der Ursächlichkeit ihrer Verletzung voraus, daß der Erwerber bei Kenntniserlangung in der Lage gewesen wäre, sich aus seinen vertraglichen Bindungen zu lösen.

In dem Rechtsstreit
hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 1990
durch
den Vorsitzenden Richter Schimansky und
die Richter Dr. Halstenberg, Dr. Schramm, Dr. Bungeroth und Dr. van Gelder
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Dezember 1988 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die beklagte Bank betreibt gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde wegen einer Forderung von 155.250 DM nebst Zinsen und Nebenleistungen. Mit der Klage wendet der Kläger sich gegen den der Urkunde zugrunde liegenden Anspruch. Mit der Eventualwiderklage macht die Beklagte ihrerseits einen Darlehensanspruch in Höhe von 138.975,96 DM nebst Zinsen geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2

Der Kläger beteiligte sich im Jahre 1982 zusammen mit dem Kaufmann Herbert S. an dem Bauherrenmodell "Appartementhaus am L." in A. Initiator des Bauherrenmodells war der Diplom-Kaufmann Gerd T. als Inhaber des einzelkaufmännischen Unternehmens Dipl.-Kaufmann Gerd T., Bauträger, sowie als persönlich haftender Gesellschafter der Wirtschaftsbüro Dipl.-Kaufmann Gerd T. KG in Wesel. Im Rahmen dieses seit 1981 angebotenen Bauherrenmodells übernahm die Dipl.-Kaufmann Gerd T., Bauträger, die Rolle des "Generalübernehmers", die Wirtschaftsbüro Dipl.-Kaufmann Gerd T. KG die des Baubetreuers und der Steuerberater Ernst R. die des Treuhänders. Außerdem stellte Gerd T. eine Mietgarantie und eine Zinshöchstgarantie.

3

Theussen war an der Beklagten, die damals die Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft hatte, mit 300.000 DM beteiligt. Er hatte vor dem Jahr 1981 schon einige Bauherrenmodelle durchgeführt und dabei Kredite der Beklagten erhalten. Nach einem fehlgeschlagenen Projekt Mitte der siebziger Jahre in Hösel hatte er bei der Beklagten Verbindlichkeiten von ungefähr 2,5 Millionen DM. Er führte diesen Kredit bis zum 4. Quartal 1981 auf 1.346.284,33 DM zurück. Im gleichen Zeitraum verschuldete die Firma T. Bauträger sich mit 4.985.177,83 DM bei der Beklagten. Für das Vorhaben "Appartementhaus am L." erhielt T. von der Beklagten einen Kredit von 3.800.000 DM zur Vorfinanzierung des Grundstückskaufpreises und von Vorlaufkosten sowie die Zusage der Finanzierung von 80% der Baukosten. Diese Zusage wurde in den Ende 1981 herausgegebenen Prospekt des Bauherrenmodells aufgenommen.

4

Im Rahmen des Bauherrenmodells waren der Umbau und die Erweiterung des ehemaligen Klostergebäudes "Johannes-Höv. Haus" sowie die spätere Aufteilung in 101 Einzimmer- und Zweizimmer-Eigentumswohnungen vorgesehen. Das Johannes-Höv.-Haus stand auf einem 104,70 Ar großen Grundstück "Am L." in A. Die C. AG in S. hatte dieses Grundstück mit Kaufvertrag vom 25. Mai 1981 zum Preise von 1,7 Millionen DM erworben. Sie war zur Weiterveräußerung zu einem Kaufpreis von 3,1 Millionen DM bereit. Gegen Vorauszahlung dieses Betrages durch die Beklagte aus dem T. gewährten Kredit von 3,8 Millionen DM unterbreitete sie absprachegemäß am 22. Oktober 1981 den noch zu benennenden Einzelerwerbern ein notarielles Kaufangebot zum Preise von 3,1 Millionen DM und bewilligte die Eintragung einer Grundschuld von 14 Millionen DM nebst 17,5% Jahreszins und einer einmaligen Nebenleistung von 5% zugunsten der Beklagten für deren Ansprüche gegen T. Die Grundschuld wurde im Dezember 1981 im Grundbuch eingetragen. Der Theussen von der Beklagten für die Vorauszahlung des Kaufpreises gewährte Refinanzierungskredit sollte aus den Kaufpreiszahlungen der einzelnen Bauherren zurückgeführt werden.

5

Mit notarieller Urkunde vom 29. Oktober 1981 bot der Steuerberater R. den künftigen Bauherren den Abschluß eines umfassenden Treuhandvertrages an, der den Abschluß der Kaufverträge mit der C. AG sowie aller weiteren zur Durchführung und Finanzierung des Bauvorhabens erforderlichen Verträge durch R. für die einzelnen Bauherren vorsah. Der Kläger nahm gemeinsam mit dem Kaufmann Herbert S. mit notarieller Urkunde vom 27. August 1982 das Treuhandvertragsangebot R. für den Erwerb der vorgesehenen Einzimmerwohnung Nr. 68 zu einem Gesamtaufwand von 155.250 DM an, trat der Bauherrengemeinschaft "Appartementhaus am L." in A. bei und erteilte dem Treuhänder eine umfassende Vollmacht, die unter anderem auch den Abschluß von Darlehensverträgen, die Bestellung von Grundpfandrechten, die Abgabe von Schuldversprechen sowie die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in den erworbenen Grundbesitz und in das gesamte Vermögen einschloß.

6

Mit notarieller Urkunde vom 14. Oktober 1982 nahm der Treuhänder R. für den Kläger und Schiffer das Kaufangebot der C. AG in Höhe von 1,02 Hundertstel einer Teilfläche des Grundstücks von 36,14 Ar an und erklärte für sie die Übernahme der persönlichen Haftung sowie die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung aus der Urkunde hinsichtlich eines Teilbetrages der Grundschuld von 14 Millionen DM in Höhe von 155.250 DM nebst Zinsen und Nebenleistungen. Raab schloß für die Grundstücksgemeinschaft S.-Hö. mit der Beklagten am 8. November 1982 einen Kreditvertrag über 155.250 DM für die Zwischenfinanzierung der Wohnung Nr. 68 und am 28. Dezember 1983 einen neuen Kreditvertrag über 181.999,99 DM für die Endfinanzierung der genannten Wohnung.

7

Im Jahre 1985 wurde über das Vermögen der C. AG, des Diplom-Kaufmanns Gerd T., seiner Bauträger-KG sowie des Generalanmieters der Wohnungen, der Se. GmbH, das Konkursverfahren eröffnet.

8

Das Bauvorhaben "Appartementhaus am L." ist bisher erst teilweise fertiggestellt. Der Verkehrswert der Wohnung Nr. 68 wurde in einem Sachverständigen-Gutachten aus dem Jahre 1985 auf 36.000 DM geschätzt. Die im Prospekt garantierte Miete ist nicht zu erzielen.

9

Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 14. Oktober 1982. Er ist der Ansicht, der Treuhänder R. sei zur Abgabe eines persönlichen Schuldversprechens nicht bevollmächtigt gewesen. Dem Anspruch der Beklagten stehe auch die Einrede der Bereicherung entgegen. Der mit der Beklagten geschlossene Kreditvertrag sei nämlich unwirksam, weil der Treuhänder mangels Beitritts einer hinreichenden Anzahl von Bauherren nicht bevollmächtigt gewesen sei, mit der Beklagten Verträge zu schließen. Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde stelle schließlich auch eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil gegen die Beklagte Gegenansprüche aus Prospekthaftung und aus Verschulden bei Vertragsschluß bestünden.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde vom 14. Oktober 1982 für unzulässig zu erklären.

11

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und in der Berufungsinstanz hilfsweise für den Fall der Aufrechterhaltung des landgerichtlichen Urteils Widerklage erhoben mit dem Antrag,

den Kläger als Gesamtschuldner mit dem Kaufmann Herbert Schiffer zur Zahlung von 138.975,96 DM nebst Zinsen zu verurteilen.

12

Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre zuletzt in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

14

I.

Das Berufungsgericht hält die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom 14. Oktober 1982 für unzulässig und verneint einen Darlehensanspruch der Beklagten gegen den Kläger, weil die Beklagte nach seiner Ansicht dem Kläger wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet ist und ihn so zu stellen hat, als sei mit ihr weder ein Kreditvertrag noch eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung vereinbart worden. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus:

15

Nach dem Akteninhalt sei zwar davon auszugehen, daß die Beklagte sich auf die Rolle einer Kreditgeberin beschränkt habe. Sie habe jedoch in bezug auf die speziellen Risiken des zu finanzierenden Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kläger gehabt und sei daher verpflichtet gewesen, ihn auf diese Risiken hinzuweisen. Die genannten Risiken hätten darin gelegen, daß dem Diplom-Kaufmann Theussen die zur Durchführung des Bauherrenmodells erforderliche Bonität gefehlt habe. Theussen sei praktisch vermögenslos und bei der Beklagten in erheblichem Umfang verschuldet gewesen. Deshalb sei insbesondere die Vermietungs- und Mietzinsgarantie Theussens wertlos gewesen. Der mangelnde Hinweis auf die genannten Risiken sei auch für den Schaden des Klägers ursächlich gewesen; obwohl der Kläger daran interessiert gewesen sei, durch die Beteiligung an dem Vorhaben eine eigene Forderung aus Glaslieferungen gegen die Firma Häger + Söhne zu realisieren und erneut als Lieferant für Glas beauftragt zu werden, sei davon auszugehen, daß er bei zutreffender Unterrichtung durch die Beklagte von einer Beteiligung abgesehen hätte.

16

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

17

1.

Das Berufungsgericht ist allerdings im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die Beklagte eine vorvertragliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt hat.

18

a)

Eine kreditgebende Bank ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Verwendung des Darlehens aufzuklären. Insbesondere muß die Bank einen Verhandlungspartner, der für ein Geschäft mit einem anderen Kunden der Bank einen Kredit aufnehmen will, regelmäßig weder über die wirtschaftlichen Verhältnisse dieses Kunden unterrichten noch auf die Risiken des zu finanzierenden Geschäfts hinweisen. Eine Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank ist jedoch ausnahmsweise gegeben, wenn im Einzelfall ein besonderes Aufklärungs- und Schutzbedürfnis des Darlehensnehmers besteht und nach Treu und Glauben ein Hinweis der Bank geboten ist (BGH, Urteil vom 9. April 1987 - III ZR 126/85, WM 1987, 1546). Ein solcher Ausnahmefall kann dann gegeben sein, wenn die Bank selbst einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken des Projekts hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen jedenfalls begünstigt oder wenn sie in bezug auf die speziellen Risiken des zu finanzierenden Vorhabens gegenüber dem Darlehensnehmer einen konkreten Wissensvorsprung hat (BGH, Urteil vom 9. April 1987, a.a.O. m.w.Nachw.; Urteil vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563).

19

Bei steuersparenden Bauherren- oder Ersterwerbermodellen gelten, wie der Bundesgerichtshof wiederholt festgestellt hat, besonders strenge Voraussetzungen für die Bejahung der Schutzbedürftigkeit der Interessenten, weil davon auszugehen ist, daß sie entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich der Hilfe von Fachleuten bedienen (BGH, Urteile vom 13. November 1980 - III ZR 96/79, WM 1980, 1446, 1448; vom 17. Januar 1985 - III ZR 135/83, WM 1985, 221, 224; vom 25. April 1985 - III ZR 27/84, WM 1985, 993, 994; vom 9. Oktober 1986 - III ZR 127/85, WM 1986, 1561, 1562; vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, WM 1987, 1426, 1428 und vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563). Gleichwohl können sich aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles auch hier aus den dargelegten Grundsätzen Aufklärungs- und Hinweispflichten der Bank ergeben (BGH, Urteil vom 21. Januar 1988, aaO). Das gilt insbesondere dann, wenn die finanzierende Bank sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte zu Lasten der Erwerber verwickelt (BGH, Urteile vom 12. Juli 1979 - III ZR 18/78, WM 1979, 1054, 1057 und vom 21. Januar 1988, a.a.O. S. 562; Hopt, Festschrift für Stimpel, S. 282 f., 287) oder wenn sie im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht (BGH, Urteil vom 21. Januar 1988, aaO; Hopt a.a.O. S. 282, 287).

20

b)

Im vorliegenden Fall kann eine Aufklärungspflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht allein auf die Kenntnis der Beklagten von der mangelnden Bonität T. gestützt werden. Aus den Feststellungen des Berufungsurteils und dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Akteninhalt ergeben sich jedoch weitere Umstände, die es rechtfertigen, eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu bejahen:

21

Zwischen der Beklagten und T., der an ihr mit 300.000 DM und damit für die Verhältnisse einer Genossenschaftsbank in ungewöhnlich hohem Maße beteiligt war, bestanden seit Jahren umfangreiche Geschäftsbeziehungen. T. hatte bei der Beklagten bereits hohe Schulden, deren Absicherung zu einem erheblichen Teil nicht mit eigenen Vermögenswerten, sondern nur mit von dritter Seite gestellten Sicherheiten möglich war, als er mit der Beklagten wegen der Finanzierung des hier interessierenden Vorhabens Kontakt aufnahm. Gleichwohl ließ die Beklagte sich auf die Finanzierung des neuen Vorhabens ein. Dabei stellte sie T. einen Kredit von 3,8 Millionen DM zur Verfügung, mit dem nicht nur der Kaufpreis des in Aussicht genommenen Grundstücks von 3,1 Millionen DM vorfinanziert, sondern auch Vorlaufkosten von 700.000 DM bestritten werden sollten. Zur Absicherung dieses neuen Kredits begnügte sie sich mit einer von der C. AG bestellten Grundschuld auf dem genannten Grundstück, das - wie sie wußte - die C. AG wenige Wochen vor ihrer Darlehenszusage für nur 1,7 Millionen DM erworben hatte.

22

Die Beklagte hatte nach ihrem eigenen Vortrag dem ihr von T. vorgetragenen Konzept des Vorhabens zugestimmt und auch je ein Exemplar des Prospekts und der Musterverträge erhalten. Sie wußte daher, daß beabsichtigt war, den gesamten Grundstückskaufpreis von 3,1 Millionen DM anteilig auf die künftigen Bauherren zu verteilen, ihnen aber nicht das ganze Gelände von 104,70 Ar, sondern nur eine Teilfläche, die später mit 36,14 Ar vermessen wurde, für das Bauvorhaben zur Verfügung zu stellen. Für die Bauherren dagegen war aufgrund der in diesem Punkt unklaren und irreführenden Gestaltung der Musterverträge, insbesondere des Musters der Annahme eines Kaufangebots, nur schwer ersichtlich, daß sie gemeinsam nur einen Teil des Grundstücks erhalten sollten, und erst recht nicht erkennbar, daß es sich dabei lediglich um ein reichliches Drittel der Gesamtfläche handeln würde.

23

Aus den der Beklagten vorliegenden Musterverträgen, insbesondere aus § 2 Nr. II Abs. 3 des Treuhandvertrages, ergab sich zudem die Zusage des Treuhänders, den Baubeginn erst dann zu veranlassen, "wenn Bauherren für mindestens einen Bauabschnitt der Bauherrengemeinschaft beigetreten sind und die Finanzierung der restlichen Wohnungen von dritter Seite gewährleistet wird". Tatsächlich wurden aber die Vorarbeiten bereits im Herbst 1981 und die eigentlichen Bauarbeiten im Januar/Februar 1982 in Angriff genommen, obwohl noch für 16 Wohneinheiten aus dem ersten Bauabschnitt Erwerber fehlten und die Finanzierung der Wohnungen aus den weiteren beiden - in der Folgezeit auch nicht in Angriff genommenen - Bauabschnitten nicht gesichert war. Ob Theussen sich wirksam verpflichtet hatte, die restlichen 16 Wohnungen des ersten Bauabschnitts vorerst selbst zu übernehmen, kann unter diesen Umständen offen bleiben, zumal die Beklagte Kredite bis zu 80% - in Ausnahmefällen bis zu 100% - der Baukosten nicht für ihn, sondern ausschließlich für Erwerber mit positivem Ergebnis der Bonitätsprüfung in Aussicht gestellt und Theussen bei ihr um eine Vorfinanzierung der restlichen Wohnungen nicht nachgesucht hatte. Auch der Beschluß einer Bauherrenversammlung vom 28. Dezember 1981, nach dem das Bauvorhaben schnellstmöglich durchgeführt werden sollte, ändert nichts daran, daß der erst im Herbst 1982 beigetretene Kläger entgegen dem Inhalt des von ihm angenommenen Gesamtangebots sein Geld in ein Bauvorhaben investierte, dessen erster Abschnitt durchgeführt wurde, obwohl nicht einmal alle Wohnungen dieses Abschnittes verkauft waren und die Finanzierung der weiteren Bauabschnitte ungesichert war. Selbst wenn dem Kläger zur Zeit seines Beitritts möglicherweise bekannt war, daß an dem Vorhaben bereits gearbeitet wurde, so war für ihn als Übernehmer der zuvor bereits von den Eheleuten Küchen gezeichneten Wohnung Nr. 68 nicht erkennbar, daß die Bauherrengemeinschaft für den ersten Abschnitt des Vorhabens noch nicht geschlossen war. Umgekehrt war der Beklagten, die seit Mai 1982 aufgrund von Bautenstandsberichten Zahlungen geleistet hatte, nicht nur bekannt, daß mit dem Bau bereits begonnen worden war. Sie wußte bei Abschluß des Vertrages mit dem Kläger, wieviele Wohnungen des ersten Abschnitts sie bis dahin finanziert hatte. Angesichts der Tatsache, daß die für sie bestellte Grundschuld in Höhe von 14 Millionen DM den Wert des - in der Größe erheblich reduzierten - Baugrundstücks weit überstieg, konnte sie entgegen ihrem Vorbringen kaum annehmen, daß andere Kreditinstitute einzelne Wohnungen finanzierten oder gar "Selbstzahler" sich an einem Projekt im Bauherrenmodell beteiligen würden. Berücksichtigt man schließlich, daß sie jedenfalls auch über die Zahlungseingänge auf dem Kaufpreiskredit-Konto T. eine Kontrolle über die Zahl der veräußerten Wohnungen hatte, so kann sie sich nicht mit Erfolg auf den Standpunkt stellen, ihr sei der jeweilige Stand des Vertriebs nicht bekannt gewesen. Im übrigen wußte sie, daß die Finanzierung der weiteren Bauabschnitte angesichts der Absatzschwierigkeiten bei der damaligen Marktlage mit ihrer bloßen Bereitschaft, noch zu findenden kreditwürdigen Erwerbern Kredit zu gewähren, keineswegs gesichert war.

24

Aus der Gesamtheit dieser Umstände ergibt sich, daß zwischen T. und der Beklagten eine außerordentlich enge Verbindung bestand und daß die Beklagte mit der Verkleinerung des Baugrundstücks auf ein Drittel der ursprünglichen Geländefläche sowie insbesondere mit dem vorzeitigen Baubeginn spezielle Nachteile und Risiken des Vorhabens kannte, die für den Kläger nicht oder zumindest nicht ohne weiteres erkennbar waren. Darüber hinaus hat sie durch ihr eigenes Handeln dazu beigetragen, daß für die Bauherren ein besonderer, über das mit Bauherrenmodellen allgemein verbundene Risiko hinausgehender Gefährdungstatbestand geschaffen wurde, und eine Lage herbeigeführt, in der zu Lasten der Bauherren schwerwiegende Konflikte zwischen ihren eigenen Interessen und denen der Bauherren drohten. Angesichts der mangelnden Bonität T., der in eigener Person oder mittels seiner verschiedenen Firmen alle wesentlichen Funktionen im Rahmen des Bauvorhabens übernahm, konnte das Vorhaben überhaupt nur deshalb in Gang gesetzt werden, weil die Beklagte die Vorfinanzierung des Grundstückskaufpreises und die Finanzierung der Anlaufkosten gegen eine ungenügende dingliche Absicherung übernahm. Dieser unzureichend gesicherte zusätzliche hohe Kredit an einen bereits erheblich verschuldeten Kunden und die für diesen Kredit anfallenden beträchtlichen Zinsen begründeten ein für den einzelnen Erwerber nicht ohne weiteres erkennbares eigenes wirtschaftliches Interesse der Beklagten an einem alsbaldigen Baubeginn. Die damit verbundene Verknüpfung ihrer eigenen Zwecke mit denjenigen T. gefährdete die Belange der künftigen Bauherren, die nach den ihnen überlassenen Unterlagen darauf vertrauen durften, keine Mittel in ein Projekt zu investieren, dessen Fertigstellung nicht gesichert war. Zusätzliche Interessenkollisionen drohten für den Fall, daß das Vorhaben ins Stocken geriet und die Beklagte sich, um wenigstens einen Teil ihrer Kredite zu retten, gezwungen sehen könnte, aus ihrer Grundschuld vorzugehen. Hier konnten die Bauherren in Gefahr geraten, kein Wohnungseigentum zu erhalten und gleichwohl die ihnen von der Beklagten kreditierten Beträge zurückzahlen zu müssen. Dem steht nicht entgegen, daß die Kaufverträge zwischen der Consulting AG und den einzelnen Bauherren eine Bestimmung enthielten, nach der der Grundschuldgläubiger unwiderruflich zu bestätigen hatte, daß bei Verwertung der Grundschuld der auf den vom Käufer jeweils erworbenen Miteigentumsanteil/Teilfläche entfallende Erlösanteil nicht als Sicherheit für andere Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden kann als solche des jeweiligen Käufers. Diese Bestimmung konnte die Beklagte nicht binden und verhieß dem einzelnen Bauherren außerdem lediglich bestimmte Modalitäten bei der Erlösverteilung, schützte ihn aber nicht dagegen, daß es wegen anderer als seiner eigenen Verbindlichkeiten zu einer Zwangsversteigerung kommen würde.

25

Die Beklagte war daher verpflichtet, den Kläger, als er wegen eines Kredits für seine Beteiligung an dem Bauherrenmodell an sie herantrat, auf die besonderen Nachteile und Risiken des Vorhabens hinzuweisen. Sie hätte ihn in erster Linie darüber aufklären müssen, daß entgegen den ihm mit dem Prospekt ausgehändigten Musterverträgen mit den Bauarbeiten bereits begonnen worden war, obwohl noch nicht alle 51 Wohnungen des ersten Bauabschnitts Abnehmer gefunden hatten, und auch die Finanzierung der weiteren Bauabschnitte nicht gesichert war. Ferner hätte sie ihn darauf hinweisen müssen, daß für das Bauvorhaben nur reichlich ein Drittel des in den Unterlagen erwähnten Geländes zur Verfügung stand. Schließlich hätte sie ihn auch darüber unterrichten müssen, in welch ungewöhnlichem Umfang sie bereits auf Seiten Theussens als Kreditgeberin engagiert war.

26

c)

Die Aufklärungspflicht der Beklagten entfiel nicht deshalb, weil der Kreditvertrag zwischen den Parteien erst am 8. November 1982 und damit nach den Verträgen des Klägers über den Beitritt zur Bauherrengemeinschaft vom 27. August 1982 sowie über den Kauf seines Miteigentumsanteils am Baugrundstück vom 14. Oktober 1982 geschlossen wurde. Im Einzelfall kann es zwar gegen die Annahme einer Aufklärungspflicht der Bank im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung für eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell sprechen, wenn der Bauherr an die Bank erst herantritt, nachdem er sich bereits rechtsverbindlich zur Teilnahme verpflichtet hat (BGH, Urteil vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563; Beschluß vom 26. Mai 1988 - III ZR 263/87, WM 1988, 1225). Im vorliegenden Fall lag es für die Beklagte jedoch nahe, daß der Kläger die Verträge in Unkenntnis der erheblichen Abweichungen der wahren Sachlage von den durch die schriftlichen Unterlagen erweckten Vorstellungen abgeschlossen hatte und deshalb möglicherweise weder gewillt noch verpflichtet war, diese Verträge durch Kreditaufnahme zu erfüllen.

27

2.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstands nicht festgestellt werden, daß die Pflichtverletzung der Beklagten für den Schaden des Klägers ursächlich war.

28

a)

Die Revision beruft sich allerdings ohne Erfolg darauf, daß der Kläger mit der Beteiligung an dem Bauherrenmodell auch den Zweck verfolgte, eine eigene Forderung aus Glaslieferungen gegen die Firma Hä. + Söhne zu realisieren und erneut als Lieferant für Glas beauftragt zu werden. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Gesichtspunkten auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger gleichwohl von einer Beteiligung abgesehen hätte, wenn er auf die besonderen Risiken hingewiesen worden wäre. Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen.

29

b)

Die Revision beanstandet jedoch mit Recht, daß das Berufungsgericht übersehen hat, daß der Kreditvertrag zwischen den Parteien erst nach dem Beitritt des Klägers zur Bauherrengemeinschaft und nach dem Kauf seines Anteils am Baugrundstück zustande kam. Diese zeitliche Abfolge schließt die Annahme aus, daß der Kläger, wenn er von der Beklagten auf die besonderen Nachteile und Risiken des Vorhabens hingewiesen worden wäre, noch vom Abschluß der seiner Beteiligung zugrunde liegenden Verträge hätte absehen können.

30

Damit steht jedoch entgegen der Ansicht der Revision nicht fest, daß die Unterlassung der Beklagten für den Schaden des Klägers nicht ursächlich war. Hier kommt es vielmehr darauf an, ob der Kläger, wenn er von der Beklagten über die besonderen Nachteile und Risiken des Vorhabens unterrichtet worden wäre, den Versuch unternommen hätte, sich aus der Bindung an die von ihm abgeschlossenen Verträge zu lösen, und ob er damit Erfolg gehabt hätte. Dazu hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen.

31

III.

Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

32

Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis gelangen, daß der Kläger, wenn er von der Beklagten die erforderlichen Aufklärungen erhalten hätte, sich noch aus der Bindung an die von ihm abgeschlossenen Verträge befreit hätte, so wäre ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu bejahen. Für die Frage, ob die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 14. Oktober 1982 in vollem Umfang oder nur in Höhe eines Teilbetrages unzulässig ist, käme es dann auf die Höhe des Schadensersatzanspruchs an. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht zum einen die Frage eines Mitverschuldens des Klägers zu prüfen haben. Der dem Kläger entstandene Schaden wäre durch einen Vergleich seiner jetzigen Vermögenslage mit derjenigen zu ermitteln, die bestünde, wenn die Beklagte ihre Aufklärungspflicht erfüllt hätte.

Schimansky,
Dr. Halstenberg,
Dr. Schramm,
Dr. Bungeroth,
Dr. van Gelder