Bundesgerichtshof
Urt. v. 19.12.1989, Az.: IVb ZR 91/88
Nichtigkeit einer Vergleichsvereinbarung; Vereinbarung einer Zahlungsverpflichtung des Ehegatten im Falle der Scheidung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 19.12.1989
- Aktenzeichen
- IVb ZR 91/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1989, 13496
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Koblenz - 24.10.1988
- AG Sinzig
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- FamRZ 1990, 372-374 (Volltext mit amtl. LS)
- FuR 1990, 168 (red. Leitsatz)
- JZ 1990, 544-547 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- JurBüro 1990, 228 (Kurzinformation)
- MDR 1990, 524 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1990, 703-704 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1990, 329 (amtl. Leitsatz)
Prozessführer
Stefan G., H. straße 31, R., als Erbe des verstorbenen Dr. Eberhard G.,
zuletzt wohnhaft H. Straße 2, R.-L.
Prozessgegner
Hildegard G., R. 2, R.-O.
Amtlicher Leitsatz
Zur Wirksamkeit einer Vereinbarung, in der sich ein Ehegatte für den Fall, daß er einen Scheidungsantrag einreichen sollte, zur Zahlung einer Abfindungssumme an den Ehepartner verpflichtet
Der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 1989
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Portmann, Dr. Blumenröhr, Dr. Krohn und Dr. Zysk
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. Oktober 1988 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Der am 1. November 1988 verstorbene frühere Kläger Dr. Eberhard G. und die Beklagte waren Eheleute. Als sie am 18. Februar 1972 die Ehe miteinander eingingen, stand Dr. G. (im folgenden: Ehemann) - im 64. Lebensjahr - kurz vor seiner Pensionierung als Ministerialrat; die Beklagte (im folgenden: Ehefrau) war 55 Jahre alt. Vor der Eheschließung hatten sie (am 3. Januar 1972) zu notarieller Urkunde gegenseitig auf alle Ansprüche auf Ausgleich eines etwaigen Zugewinns sowie auf ihre gesetzlichen Erbrechte verzichtet. Die Ehegatten lebten seit 1982 getrennt. In jenem Jahr kam es - auf den Antrag des Ehemannes - erstmals zu einem Scheidungsverfahren, das jedoch mit der Rücknahme des Scheidungsantrages endete. Zu dieser Rücknahme hatte sich der Ehemann in dem zuvor zu Protokoll des Familiengerichts geschlossenen Prozeßvergleich vom 23. März 1982 verpflichtet, in dem die Ehefrau dem Ehemann ihren hälftigen Miteigentumsanteil an der während der Ehe gemeinsam erworbenen Eigentumswohnung W.-M.-Straße 17 in B. gegen Zahlung von 70.000 DM übertragen hatte. Ferner sah der Vergleich die Verpflichtung des Ehemannes vor, an die Ehefrau eine monatliche Unterhaltsrente von 1.500 DM zu zahlen und für ihre Krankenversicherungskosten aufzukommen. Ziffer 6 des Vergleichs enthielt folgende Abrede:
"Herr Dr. Eberhard G. erklärt, daß er sich von seiner Frau Hildegard G. nicht scheiden lassen werde. Die Parteien sind darüber einig, daß diese Erklärung als Geschäftsgrundlage vorliegenden Vergleiches anzusehen ist. Sofern Herr Dr. G. dennoch Scheidungsantrag stellen sollte, sollen die in diesem Vergleich getroffenen Vereinbarungen, soweit sie Frau G. Rechte zusprechen, als Mindestleistungen bestehen bleiben. Darüber hinaus verpflichtet sich Herr Dr. Eberhard G. für den Fall, daß er dennoch Scheidungsantrag stellen sollte, an seine Frau Hildegard G. eine Abfindungssumme von 100.000 DM als Zukunftssicherung vorbehaltlos zu zahlen. Dieser Anspruch wird fällig bei Eingang eines Scheidungsantrags beim zuständigen Familiengericht. Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Vollstreckbarkeit der in diesem Vergleich enthaltenen Ansprüche nach gerichtlicher Protokollierung auch diesen Anspruch auf Zukunftssicherung umfaßt."
Im Jahre 1987 hat der Ehemann erneut Scheidungsantrag gestellt. Weil die Ehefrau aus der Abrede in Ziffer 6 des Vergleichs Anspruch auf Zahlung von 100.000 DM erhebt und die Zwangsvollstreckung beabsichtigt, hat der Ehemann Klage auf Feststellung erhoben, daß der Vergleich vom 23. März 1982 nichtig sei. Das Amtsgericht hat festgestellt, daß der Vergleich in Ziffer 1 (Übertragung des Miteigentumsanteils auf den Ehemann) und Ziffer 6 nichtig sei. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Ehegatten Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel des Ehemannes zurückgewiesen. Auf die Berufung der Ehefrau hat es das amtsgerichtliche Urteil dahin abgeändert, daß es die Klage in vollem Umfang abgewiesen hat. Nach dem vor Abschluß des Scheidungsverfahrens eingetretenen Tode des Ehemannes verfolgt sein Alleinerbe mit der (zugelassenen) Revision das Begehren weiter, daß die Berufung der Ehefrau zurückzuweisen und die Nichtigkeit des gesamten Vergleichs festzustellen sei.
Entscheidungsgründe
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß der Vergleich vom 23. März 1982 in vollem Umfang gültig ist, hält den Angriffen der Revision stand.
I.
1.
Das Gericht hat dargelegt, der Vergleich sei nicht deshalb nichtig, weil der Ehemann in Ziffer 6 erklärt habe, er werde sich nicht scheiden lassen. Mit dieser Erklärung sei er nicht die - unzulässige - Verpflichtung eingegangen, sich in Zukunft nicht scheiden zu lassen, sondern habe, wie sich aus dem Gesamtinhalt von Ziffer 6 ergebe, lediglich eine rechtlich unbedenkliche Absichtserklärung ohne rechtliche Bindungswirkung abgegeben.
Dagegen wendet sich die Revision mit der Rüge, die Auslegung widerspreche dem eindeutigen Wortlaut der Abrede und lasse unberücksichtigt, daß der Ehemann sich in der anschließenden Ziffer 7 des Vergleichs zur Rücknahme des damals anhängigen Scheidungsantrages verpflichtet habe. Neben dieser Verpflichtung könne die Erklärung des Ehemannes nur als bindende Zusage, als Scheidungsverzicht, verstanden werden. Die Ehegatten hätten die Scheidung ihrer Ehe für die Zukunft ausschließen vollen.
2.
Die Rüge greift nicht durch. Dabei kann offenbleiben, ob der Senat den Prozeßvergleich selbst auslegen kann oder ob er die Auslegung des sachlich-rechtlichen Inhalts durch den Tatrichter nur beschränkt, wie sonst bei einem privatrechtlichen Individualvertrag, nachprüfen darf (vgl. BGH Urteil vom 4. April 1968 - VII ZR 152/65 - MDR 1968, 576 m.w.N.). Auch bei unbeschränkter Nachprüfung beständen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Auslegung durch das Berufungsgericht; ihr tritt der Senat vielmehr bei.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß es gegen das Gesetz verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist, wenn Ehegatten die Scheidung ihrer Ehe ausschließen (BGHZ 97, 304 [BGH 09.04.1986 - IVb ZR 32/85]) oder sich einseitig verpflichten, künftig keinen Scheidungsantrag zu stellen. Eine solche Verpflichtung hat das Berufungsgericht in der Erklärung des Ehemannes jedoch zu Recht nicht gesehen. Schon der Wortlaut der Vereinbarung spricht dagegen. Denn es heißt dort, die Ehegatten seien sich darüber einig, daß die Erklärung des Ehemannes Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei. Diese Formulierung haben die Ehegatten bewußt gewählt. Das ergibt sich aus der Korrespondenz, die dem Vergleichsabschluß vorausgegangen ist. Dort hatte der Bruder der Ehefrau, der Oberamtsrichter i.R. Dr. D., den diese zu Rate gezogen hatte, in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 25. Februar 1982 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. August 1987 sowie zum Schriftsatz der Klägerseite vom 10. Oktober 1988) ausdrücklich rechtliche Bedenken gegen den Vorschlag des Ehemannes erhoben, er (der Ehemann) verpflichte sich, keinen Scheidungsantrag zu stellen (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. August 1987), und seinerseits vorgeschlagen, den Vergleich in diesem Punkt wie folgt abzuschließen: "Der Antragsteller erklärt, daß er sich von der Antragsgegnerin nicht scheiden lassen werde. Diese Erklärung ist Geschäftsgrundlage des vorliegenden Vergleichs. Sollte sie entfallen, so sollen ...". Es ist offensichtlich, daß dieser Vorschlag in den schließlich abgeschlossenen Prozeßvergleich Eingang gefunden hat. Hiernach haben die Ehegatten bei ihrer Abrede durch den Gebrauch des Wortes Geschäftsgrundlage zum Ausdruck bringen wollen, daß durch die Erklärung keine Verpflichtung des Ehemannes begründet werden sollte, in Zukunft keinen Scheidungsantrag mehr zu stellen. Ebenso haben sie klargestellt, daß Gegenstand ihrer Abrede nicht der Ausschluß einer künftigen Scheidung gewesen ist.
II.
Die Parteien haben in ihrer Vereinbarung einen erneuten Scheidungsantrag des Ehemannes in ihre Überlegungen einbezogen und für diesen Fall bestimmte Folgen festgelegt. Gegen diese Abrede bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie verstößt weder gegen das Gesetz (§ 134 BGB) noch gegen die guten Sitten (§ 138 BGB).
1.
Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, Ziffer 6 des Vergleichs sei nicht deshalb nichtig, weil der Ehemann sich für den Fall, daß er dennoch Scheidungsantrag stelle, verpflichtet habe, an die Ehefrau eine Abfindungssumme von 100.000 DH als Zukunftssicherung zu zahlen. Dieser Betrag habe zum einen eine Entschädigung dafür sein sollen, daß die Ehefrau sich zunächst mit dem in Ziffer 1 des Vergleichs vereinbarten Betrag von 70.000 DM für die Überlassung der Miteigentumshälfte an der Eigentumswohnung zufrieden gegeben habe, deren Wert die Ehegatten bei Vergleichsabschluß mit etwa 300.000 DM angenommen hätten und die der Ehemann kurze Zeit danach für 280.000 DM verkauft habe. Darüber hinaus sei die Abfindungssumme zur Alterssicherung der Ehefrau im Falle der Scheidung bestimmt gewesen. Insoweit habe sie vorwiegend Ausgleich dafür sein sollen, daß die Ehefrau durch eine Scheidung die Aussicht auf die hohe Witwenpension verliere, die sie sonst im Falle des Vorversterbens ihres um acht Jahre älteren Ehemannes erhalte und die die geringfügige Versorgung, die ihr aus einem Versorgungsausgleich zukomme, bei weitem übersteige. Angesichts dieser die Abfindungssumme bestimmenden Gründe erscheine das Zahlungsversprechen nicht unangemessen hoch. Da auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Ehemannes nicht in Frage stehe, könne die Vereinbarung nicht als sittenwidrig angesehen werden.
Das bekämpft die Revision mit der Rüge, das Berufungsgericht habe verkannt, daß es hier nicht um eine Vereinbarung "in einer konkreten Sachlage, d.h. im Hinblick auf einen konkreten Scheidungsantrag" gehe, sondern um einen Vergleich für den Fall einer später einmal stattfindenden Scheidung. Eine solche Vereinbarung bedeute grundsätzlich die Erschwerung der Scheidung. Dagegen sei im Berufungsurteil von Vereinbarungen die Rede, welche "die Scheidung ermöglichen oder erleichtern". Das bestätige die Annahme, daß das Berufungsgericht seiner Entscheidung einen Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt habe, der auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht passe.
Der Angriff geht fehl.
Das Berufungsgericht ist bei seiner Prüfung davon ausgegangen, daß es Eheleuten grundsätzlich freisteht, "für den Fall der Scheidung" Unterhaltsverträge und sonstige vermögensrechtliche Vereinbarungen zu schließen, und daß sich insoweit Schranken nur aus §§ 134 und 138 BGB ergeben. Bei der Frage, wann ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, hat es darauf hingewiesen, daß das Gesetz es in § 1566 Abs. 1 BGB i.V. mit §§ 630 ZPO, 1585c BGB als erwünscht ansehe, wenn die Ehegatten die Scheidungsfolgen einverständlich regelten, und solche Vereinbarungen nicht etwa deshalb nichtig seien, weil sie die Scheidung ermöglichten oder erleichterten.
Diese Ausführungen rechtfertigen nicht die Annahme, daß das Berufungsgericht seiner Beurteilung einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat. Es hat an den Hinweis auf die vorgenannte gesetzliche Regelung lediglich die Annahme geknüpft, daß nur (noch) selten Gründe vorliegen, die Vereinbarungen von Ehegatten über ihre vermögensrechtlichen Beziehungen für den Fall einer Scheidung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 BGB als nichtig erscheinen lassen. Dem ist nicht nur für Vereinbarungen zuzustimmen, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit einem schon anhängigen oder jedenfalls beabsichtigten Scheidungsverfahren getroffen werden; vielmehr gilt das auch für sonstige Vereinbarungen vermögensrechtlicher Art, die Ehegatten während der Ehe oder sogar schon vorher vorsorglich für den Fall einer späteren Scheidung treffen. Für solche Vereinbarungen besteht grundsätzlich volle Vertragsfreiheit (vgl. Senatsurteil vom 24. April 1984 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788 m.w.N. sowie auch BGH Beschluß vom 4. Oktober 1978 - IV ZB 84/77 - FamRZ 1978, 873, 874). Die Schranken ihrer Gültigkeit hat das Berufungsgericht zu Recht allein in §§ 134 und 138 BGB gesehen. Ob eine Vereinbarung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstößt, d.h. dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zuwiderläuft (vgl. BGHZ 69, 295, 297), hängt von ihrem aus Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter ab, wobei sich aus dem zeitlichen Abstand zu einer nicht beabsichtigten, sondern nur für denkbar gehaltenen Scheidung zusätzliche Gesichtspunkte ergeben können (Senatsurteil vom 24. April 1984 a.a.O. S. 789). Daß sich ein Ehegatte in einer solchen Vereinbarung für den Fall der Scheidung zu Leistungen an den anderen verpflichtet oder die getroffenen Abreden bei einer Scheidung sonst ausschließlich oder doch überwiegend zu seinen Lasten gehen, rechtfertigt allein nicht die Annahme, die Scheidung werde diesem Ehegatten in unzulässiger Weise erschwert. Zwar mag ihm der Entschluß, sich scheiden zu lassen, wegen der abzusehenden, durch die Vereinbarung begründeten Folgen schwerer fallen als seinem Ehepartner; darin liegt jedoch noch kein Nichtigkeitsgrund. Dazu müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen, die der Vereinbarung ein anstößiges Gepräge geben. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn die Vereinbarung ein Leistungsversprechen zum Gegenstand hat, das den Versprechenden - nach Art einer Konventionalstrafe - von der künftigen Erhebung eines Scheidungsantrages abhalten soll. Ebensowenig wie sich Ehegatten verpflichten können, künftig keinen Scheidungsantrag zu stellen (vgl. oben I 2), können sie die Ausübung ihres Scheidungsrechts durch entsprechende Vertragsstrafenversprechen oder ähnliche Vereinbarungen erschweren, die für den Scheidungsfall nachteilige Folgen vorsehen, um von der Erhebung eines Scheidungsantrages abzuhalten.
Von einem solchen Sachverhalt kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß von der in Ziffer 6 des Vergleichs eingegangenen Verpflichtung, an die Ehefrau eine Abfindungssumme von 100.000 DM zu zahlen, ein gewisser wirtschaftlicher Druck auf den Ehemann ausgegangen sein mag. Das kann jedoch die Sittenwidrigkeit allein nicht begründen. Denn Zweck der Vereinbarung und Beweggrund zu ihrem Abschluß war es nicht, dem Ehemann die Scheidung zu erschweren, sondern das Auskommen der Ehefrau im Falle der Scheidung zu verbessern. Vor allem sollte ihr, nachdem sie ihre Miteigentumshälfte an der Eigentumswohnung auf den Ehemann übertragen hatte, zur Alterssicherung ein Ausgleich für den mit einer Scheidung verbundenen Verlust der Aussicht auf eine ansehnliche Witwenversorgung verschafft werden. Das ergibt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegt, aus der dem Vergleichsabschluß vorausgegangenen Korrespondenz, in deren Verlauf der Ehemann zunächst angeboten hatte, bei Übertragung der Miteigentumshälfte auf ihn einen Preis von 50.000 DM zu zahlen, monatlichen Unterhalt von 1.330 DM zu gewähren und für den Fall eines Scheidungsantrages zugunsten der Ehefrau eine Rückauflassungsvormerkung eintragen zu lassen, um ihre Altersversorgung zu sichern. Dabei hatte er darauf hingewiesen, daß die Witwenpension, welche die Ehefrau im Falle seines Vorversterbens erhielt, nach den damaligen Verhältnissen monatlich 3.000 DM betragen werde und den Zinserträgen aus einem Festgeldkonto von 360.000 DM entspreche. Später hatte er den Preis für die Miteigentumshälfte und die Unterhaltsrente erhöht, aber das Angebot über die Bewilligung einer Rückauflassungsvormerkung zurückgenommen und statt dessen die Zahlung eines Betrages von 50.000 DM vorgeschlagen. Diesen Betrag hat er schließlich der Vereinbarung entsprechend erhöht, nachdem der Bruder der Ehefrau die ursprünglich angebotenen 50.000 DM als keineswegs angemessenen Ausgleich für den Verlust der Aussicht auf Witwengeld bezeichnet und der Ehefrau angeraten hatte, daß dieser Betrag für eine entsprechende Zukunftssicherung "mindestens verdoppelt werden" müsse. Hieraus ergibt sich, daß es den Ehegatten bei dem Abschluß darum gegangen ist, der Ehefrau für den Fall einer Scheidung einen Ausgleich für die Veräußerung des hälftigen Anteils an der Wohnung und für den Verlust der Witwenpension zu verschaffen und sie dadurch wirtschaftlich abzusichern. Eine solche Vereinbarung verstößt trotz der möglichen Auswirkungen auf spätere Scheidungsabsichten des Ehemannes nicht gegen die guten Sitten.
2.
Das ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Zahlung der Abfindungssumme nach dem Vergleich bei Eingang des Scheidungsantrages beim zuständigen Gericht und nicht erst mit der Scheidung fällig werden soll. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt, durch die Absprache werde kein unzulässiger wirtschaftlicher Druck auf die Entschließungsfreiheit des Ehemannes ausgeübt. Den Ehegatten sei bei Vergleichsabschluß angesichts ihrer unmittelbar bevorstehenden Trennung klar gewesen, daß es künftig, sobald die Trennung lang genug gedauert haben werde, nur noch eines Scheidungsantrages bedürfe, um die Ehe zur Auflösung zu bringen. Deshalb hätten sie die Zahlung der Abfindungssumme bereits mit der Antragstellung fällig gestellt. In der Erwartung, daß ein Scheidungsantrag in ihrem Falle ohne weiteres zu einem baldigen Scheidungsausspruch führen werde, habe es aus ihrer Sicht keinen wesentlichen Unterschied gemacht, ob die von dem Ehemann geschuldete Abfindungsleistung sogleich mit der Stellung des Scheidungsantrages oder erst mit dem Ausspruch der Scheidung fällig gestellt wurde.
Hiernach hat das Berufungsgericht den Vergleich dahin ausgelegt, daß die Ehegatten zwar das Entstehen der Zahlungsverpflichtung an die Einreichung eines Scheidungsantrages durch den Ehemann geknüpft haben, daß Grundlage dieser Verpflichtung jedoch die beiderseitige Vorstellung ist, der betreffende Scheidungsantrag werde auch zur Auflösung der Ehe führen.
Diese Auslegung ist bedenkenfrei; ihr schließt sich der Senat an. Für sie spricht vor allem der bereits erörterte Zweck, den die Ehegatten mit der Vereinbarung verfolgt haben. Soweit es ihnen dabei um die Absicherung der Ehefrau im Falle der Scheidung ging, ist nicht anzunehmen, daß ihnen bei der Anknüpfung der Zahlungsverpflichtung an die Einreichung des Scheidungsantrages durch den Ehemann gleichgültig war, ob ein solcher Antrag zur Scheidung der Ehe führen werde oder nicht. Denn durch die Einreichung allein wird die Bedürfnislage, die durch die Abfindungssumme behoben werden sollte, nicht herbeigeführt. Insbesondere läßt die Einreichung des Antrages die Aussicht auf eine Witwenversorgung nicht entfallen. Führt ein Scheidungsantrag nicht zur Auflösung der Ehe, etwa weil er zurückgenommen wird oder weil sich das Scheidungsverfahren, wie hier inzwischen geschehen, durch den Tod des Ehegatten in der Hauptsache erledigt, so bleibt das Anrecht des überlebenden Ehegatten auf Witwengeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bestehen (vgl. Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder 5. Aufl. Teil D § 19 BeamtVG Rdn. 14). Danach liegt es nahe, daß die Ehegatten bei der Vereinbarung gemeinsam davon ausgegangen sind, ein die Zahlungsverpflichtung auslösender Scheidungsantrag werde auch zur Auflösung der Ehe führen.
Damit ist die Auflösung der Ehe nach der Vereinbarung der Ehegatten zwar nicht Entstehungsgrund für die Verpflichtung zur Zahlung der Abfindungssumme, wohl aber gemeinsame Grundlage ihres Geschäftswillens. Der Wegfall dieser Grundlage im Falle eines von dem Ehemann beantragten Scheidungsverfahrens, das nicht zur Auflösung der Ehe führt, läßt daher die durch die Antragstellung an sich entstehende Verpflichtung nicht unberührt, sondern nötigt zur Anpassung ihres Inhalts an die veränderten Umstände. Dadurch besteht die Gewähr, daß die in dem Vergleich getroffene Vereinbarung nicht dadurch anstößige Wirkungen entfalten kann, daß die verabredete Zahlungsverpflichtung an die Einreichung des Scheidungsantrages und nicht an die Scheidung der Ehe gebunden worden ist.
III.
Auch sonst liegen keine Umstände vor, die die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung begründen. Vor allem hat das Berufungsgericht zu Recht ein grobes, unerträgliches Mißverhältnis zwischen der Höhe der vom Ehemann versprochenen Zuwendungen und seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen verneint. Dabei kann dahinstehen, ob es den Sachvortrag des Ehemannes im Schriftsatz vom 10. Oktober 1988, die Eigentumswohnung sei nach Auffassung beider Ehegatten 300.000 DM wert, aber noch mit über 200.000 DM belastet gewesen, ohne Verfahrensverstoß unberücksichtigt lassen konnte. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Eigentumswohnung in dem behaupteten Umfang belastet war, sind die Leistungen, zu denen sich der Ehemann in der Vereinbarung verpflichtet hat, nicht in sittenwidriger Weise überhöht.
Portmann
Blumenröhr
Krohn
Zysk