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Bundesgerichtshof
Urt. v. 02.08.1989, Az.: 3 StR 239/89

Raub; Versuch; Gewalt; Gewaltanwendung; Raubüberfall; Geldbombe; Versuchsbeginn; Vorbereitungshandlung; Unmittelbares Ansetzen

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
02.08.1989
Aktenzeichen
3 StR 239/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1989, 11842
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Wuppertal - 03.03.1989

Fundstelle

  • StV 1989, 526

Verfahrensgegenstand

Versuchter schwerer Raub

Amtlicher Leitsatz

Erwartet ein Täter sein Opfer, dem er durch Gewalt eine Geldbombe mit den Tageseinnahmen wegnehmen will, vor dessen Geschäft und geschieht nichts, woraus der Täter auf das unmittelbar bevorstehende Erscheinen schließen könnte, ist die Grenze von der Vorbereitungshandlung zum Versuch noch nicht überschritten.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und
des Generalbundesanwalts, zu Nr. 2 auf dessen Antrag, am 2. August 1989
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 3. März 1989

    1. a)

      im Schuldspruch dahin geändert, daß die Angeklagten der Verabredung eines Verbrechens des schweren Raubes schuldig sind (§§ 30 Abs. 2, 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB);

    2. b)

      im Straf- und Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  2. 2.

    Im übrigen werden die Revisionen verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen versuchen schweren Raubes zu Freiheitsstrafen verurteilt und dem Angeklagten K. die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von zwei Jahren entzogen. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen sind sie im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

2

1.

Nach den Feststellungen haben sich die Angeklagten nicht des versuchten schweren Raubes, sondern nur der Verabredung eines Verbrechens des schweren Raubes (§ 30 Abs. 2, § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB) schuldig gemacht.

3

a)

Sie haben nach ihrer Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Raubtatbestands noch nicht "unmittelbar angesetzt" (§ 22 StGB), indem sie in der Tatnacht ab etwa 01.00 Uhr im Innenhof des "Ratskellers" auf den Geschäftsführer warteten, um ihm, wenn er "noch nachts" auf dem Weg zur Bank erscheinen werde, unter Drohungen mit einer ungeladenen Gaspistole, einer Reizstoffsprühdose und einem Metallrohr die Geldbombe mit den Tageseinnahmen wegzunehmen. Allerdings wird die Grenze von der Vorbereitungshandlung zum Versuch nicht erstüberschritten, wenn der Täter ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht, sondern schon dann, wenn er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden, die mithin - aus der Sicht des Täters - das geschützte Rechtsgut in eine konkrete Gefahr bringen (BGH NStZ 1987, 20). Das wäre - auch nach den Vorstellungen der Angeklagten - hier erst der Fall gewesen, wenn und sobald sie nach ihren Beobachtungen angenommen hätten, der Geschäftsführer sei nunmehr im Begriff, den Innenhof tatsächlich zu betreten (vgl. BGH NJW 1954, 567; vgl. ferner BGH bei Dallinger MDR 1971, 362; 1973, 728). So liegt der Fall jedoch nicht. Der Geschäftsführer befand sich im Gebäudeinneren und machte keine Anstalten, zu erscheinen. Es geschah auch nichts, woraus die Angeklagten auf sein unmittelbar bevorstehendes Erscheinen geschlossen hätten. Das kommt unter anderem darin zum Ausdruck, daß sie sich - ohne ihren Tatplan zu ändern - nach längerem Warten veranlaßt sahen, zweimal in das Gebäude hineinzugehen, um nach ihm Ausschau zu halten.

4

Die Grundsätze der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs NJW 1952, 514 und 4 StR 117/76 vom 29. April 1976, in denen jeweils Raubversuch angenommen worden ist, stehen der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen. Nach dem Sachverhalt, der der ersten dieser Entscheidungen zugrundeliegt, waren die Täter, die das Opfer an einer Straßenbahnhaltestelle erwarteten, der Meinung, es treffe mit der sich nähernden Straßenbahn am Tatort ein. Dem vergleichbar ist der Sachverhalt im Fall der zweiten Entscheidung, bei dem die Täter davon ausgingen, nach den Gästen, die das Lokal gerade verließen, werde als eine der nächsten Personen der Geschäftsführer erscheinen, dem das Geld geraubt werden sollte.

5

b)

Straffreiheit nach § 31 StGB scheidet aus. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten die Ausführung des verabredeten schweren Raubes weder freiwillig aufgegeben noch sich freiwillig darum bemüht, die Tat zu verhindern. Als sie den Innenhof zweimal verließen, um im Gebäude nach dem Geschäftsführer zu suchen, hielten sie an ihrem Vorhaben, ihn draußen im Dunkeln zuüberfallen, weiterhin fest (UA S. 10, 11). Sie gaben ihren Plan - unfreiwillig - erst anschließend auf, weil sie ihn nunmehr für gescheitert hielten (UA S. 12).

6

c)

Der Senat kann den Schuldspruch ändern, ohne daß § 265 Abs. 1 StPO entgegensteht. Wie die Sitzungsniederschrift ergibt, sind die Angeklagten in der Hauptverhandlung darauf hingewiesen worden, daß auch eine Bestrafung nach § 30 Abs. 2 StGB in Betracht komme.

7

2.

Die Urteilsänderung führt zur Aufhebung des Straf- und Rechtsfolgenausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, daß sich die geänderte Unrechtsbewertung zu Gunsten der Angeklagten ausgewirkt hätte, wenn schon das Landgericht von ihr ausgegangen wäre.

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ruß ist wegen Erkrankung verhindert zu unterschreiben. Gribbohm
Gribbohm
Zschockelt
Kutzer
Rissing-van Saan