Bundesgerichtshof
Beschl. v. 24.11.1988, Az.: III ZR 69/88
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 24.11.1988
- Aktenzeichen
- III ZR 69/88
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1988, 21139
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Frankfurt/Main - 12.02.1988 - AZ: 10 U 207/86
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Krohn und die Richter Kroner, Dr. Engelhardt, Dr. Halstenberg und Dr. Werp am 24. November 1988 gemäß § 554 b Abs. 1 ZPO
beschlossen:
Tenor:
Die Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Februar 1988 - 10 U 207/86 - wird nicht angenommen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 236.811,- DM
Gründe
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554 b ZPO). Die Revision hat auch im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 54, 277 [BVerfG 11.06.1980 - 1 PBvU 1/79]).
1.
Zu Unrecht meint die Revision, das Schiedsgericht habe der Antragsgegnerin das rechtliche Gehör dadurch verweigert, daß es eine Verlegung des Termins vom 23. April 1986 abgelehnt hat.
a)
Die Ablehnung eines Antrags auf Terminsverlegung kann den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen. Dies hat der Senat insbesondere für den Fall des Anwaltswechsels anerkannt (BGHZ 27, 163); es gilt aber nicht in jedem Fall. Vielmehr muß der Anwaltswechsel es der Partei unter Berücksichtigung aller Umstände trotz zumutbarer Bemühungen unmöglich machen, in dem angesetzten Termin ihre Auffassungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht angemessen vorbereitet vorzutragen.
Zu den zumutbaren Bemühungen gehört es, daß die Partei alles ihr Mögliche und Zumutbare unternimmt, um einen neuen Anwalt zu finden, der bereit und in der Lage ist, sie in dem angesetzten Termin zu vertreten. Nicht ausreichend ist es, wenn die Partei sich darauf beschränkt, mit nur einem Anwalt in Verbindung zu treten, bei dem sie erst nach Wochen einen Besprechungstermin erhalten kann und der dann einen Urlaub antritt. Wenn schon bei der ersten Kontaktaufnahme mit dem Anwalt erkennbar ist, daß die erste substantielle Besprechung erst nach nahezu der Hälfte der zur Terminsvorbereitung zur Verfügung stehenden Zeit stattfinden und dadurch die sachgemäße Terminsvorbereitung ernsthaft in Frage gestellt werden kann, ist die Partei gehalten, sich um einen Anwalt zu bemühen, der in der Lage ist, sich früher mit der Sache zu beschäftigen. Denn aus dem Grundsatz, daß der Partei das Recht zur freien Wahl eines Anwalts ihres Vertrauens zusteht, kann nicht das Recht hergeleitet werden, von einem bestimmten Anwalt vertreten zu werden, auch wenn dies zu einer Verzögerung des Verfahrens führt.
Die Antragsgegnerin hat nicht vorgetragen, daß sie im Sinne des Vorstehenden alles Zumutbare unternommen hat, um den ihr bekannten Termin in anwaltlichem Beistand wahrnehmen zu können. Sie hat insbesondere nicht dargelegt, daß sie alsbald auch mit weiteren Anwälten in Verbindung getreten sei, unter ihnen aber auch niemanden gefunden habe, der zu ihrer Vertretung am 23. April 1986 bereit und in der Lage gewesen wäre. Deshalb ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Ablehnung der Terminsverlegung nicht dargetan.
2.
Das Schiedsgericht hat den Anspruch der Antragsgegnerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch nicht dadurch verletzt, daß es, nachdem der Geschäftsführer der Antragsgegnerin die Verhandlung am 23. April 1986 verlassen hatte, in seiner Abwesenheit die Schlußverhandlung durchgeführt und den Schiedsspruch erlassen hat.
Nach der Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen sind die Parteien vor Erlaß des Schiedsspruchs zur Schlußverhandlung aufzufordern (§ 7 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1). Diese kann sogleich in einem anstehenden Termin stattfinden (§ 7 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2). Der Geschäftsführer mußte also damit rechnen, daß in dem Termin am 23. April 1986 die Schlußverhandlung stattfinden und alsdann der Schiedsspruch erlassen würde. Dies galt um so mehr, als die von dem Prozeßbevollmächtigten beantragte Terminsverlegung von dem Schiedsgericht bereits abgelehnt worden war. Eines besonderen Hinweises bedurfte es daher nicht.
Dem Verfahren des Schiedsgerichts lag auch keine stillschweigende Abweichung von einer vorher mitgeteilten Rechtsansicht zugrunde, die das Schiedsgericht zu einem ausdrücklichen Hinweis an den Geschäftsführer der Antragsgegnerin hätte verpflichten können (vgl. Senatsurteil BGHZ 85, 288, 293). Es kann schon zweifelhaft erscheinen, ob der frühere Hinweis des Schiedsgerichts an die Beklagte, es sei angezeigt, daß sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lasse, als Äußerung einer Rechtsansicht im Sinne dieser Rechtsprechung anzusehen ist. Jedenfalls hatte das Schiedsgericht schon durch die Ablehnung der beantragten Terminsverlegung zu erkennen gegeben, daß es nicht bereit war, aus diesem Grund dem Verfahren erst Fortgang zu geben, wenn der neue Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten zu deren Vertretung bereit und in der Lage war. Unter diesen Umständen war es Sache des Geschäftsführers der Beklagten, sich vor dem Verlassen der Verhandlung am 23. April 1986 zu vergewissern, wie das Schiedsgericht weiterverfahren würde. Daß er dazu nicht in der Lage gewesen sei, hat die Beklagte nicht behauptet.
3.
Ohne Erfolg rügt die Revision auch, der Schiedsspruch beruhe auf einem unzulässigen Verfahren (§ 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Schiedsgericht hat § 7 Nr. 7 der Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen, die dem Schiedsgerichtsverfahren zugrunde lag, nicht verletzt.
a)
Die Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen unterliegt der freien Auslegung durch das Revisionsgericht, weil sie über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verbreitet ist (Senatsurteil BGHZ 85, 288, 299 f.).
b)
Nach § 7 Nr. 7 dieser Schiedsgerichtsordnung würdigt das Schiedsgericht es nach freiem Ermessen, wenn eine über den Sachverhalt unterrichtete Partei sich zu den tatsächlichen Behauptungen der Gegenpartei nicht erklärt oder trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne ausreichende Entschuldigung nicht zu dem Termin erscheint. Eine ausdrückliche Regelung des Falles, daß eine nicht erschienene Partei ausreichend entschuldigt ist, enthält § 7 Nr. 7 Abs. 2 nicht; es ist aber davon auszugehen, daß in einem solchen Falle eine Entscheidung des Schiedsgerichts nicht ergehen kann.
Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin ist zu dem Termin am 23. April 1986 erschienen. Er hat die Verhandlung allerdings vorzeitig verlassen. Dieser Fall ist, soweit es den Teil der Verhandlung betrifft, der nach dem Weggang des Geschäftsführers der Beklagten durchgeführt worden ist, dem des Nichterscheinens gleichzustellen.
Das "Nichterscheinen" der Beklagten in diesem Sinne war nicht ausreichend entschuldigt. Der Umstand, daß der Rechtsanwalt der Beklagten ihr in dem Termin nicht zur Verfügung stand, entschuldigt nicht ihr eigenes Nichterscheinen. Auch auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum kann die Beklagte sich insoweit nicht berufen, da sie Gelegenheit hatte, sowohl mit ihrem Rechtsberater vor der Verhandlung als auch mit dem Schiedsgericht in derselben diese Frage zu klären.