Bundesgerichtshof
Urt. v. 19.10.1987, Az.: II ZR 43/87
Ausschließung; Monopolverband
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 19.10.1987
- Aktenzeichen
- II ZR 43/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 13462
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 102, 265 - 280
- DB 1988, 491-492 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1988, 206-207 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1988, 552-556 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1987, 1536-1541
Amtlicher Leitsatz
1. Zum Verfahren beim Ausschluß eines Mitglieds aus der Gewerkschaft.
2. Zum Umfang der gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Ausschließungsentscheidungen von Monopolverbänden sowie Vereinen oder Verbänden mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich.
Tatbestand:
Die bei der H. AG in F. beschäftigten Kläger wenden sich mit ihren Feststellungsklagen gegen ihren Ausschluß aus der beklagten Gewerkschaft. Nachdem es den Klägern zu 1 und 4, die gleichzeitig Vertrauensleute der Beklagten waren, nicht gelungen war, bei der Betriebsratswahl 1981 gemeinsam mit anderen Belegschaftsmitgliedern eine Persönlichkeitswahl zu erreichen und sie auch nicht auf der Liste der Beklagten als Kandidaten aufgestellt worden waren, kandidierten sie auf einer Liste »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit«. Für diese Liste wurden sie in den Betriebsrat gewählt. Wegen ihrer Kandidatur auf der gewerkschaftsfremden Liste wurden diese beiden Kläger von der Beklagten mit einem bis Ende 1983 befristeten Funktionsverbot belegt.
Die Mitglieder der Liste »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« - eine bis 1984 im wesentlichen unverändert zusammengesetzte Gruppe, zu der auch Betriebsangehörige gehören, die nicht Mitglieder der Beklagten sind - wandten sich auch nach der Betriebsratswahl 1981 bis zur folgenden Wahl mit nahezu regelmäßig monatlich unter der Bezeichnung der Liste erscheinenden Flugblättern und Informationsschriften an die Belegschaft. Darin nahmen sie zu Vorgängen im Betrieb Stellung und berichteten kritisch über die Tätigkeit der von der Beklagten gestellten Betriebsratsmehrheit. Vor der Betriebsratswahl 1984 schlossen sich die Kläger zu 2 und 3 der genannten Gruppe an. Die »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« kandidierten 1984 erneut mit einer eigenen Liste zum Betriebsrat, auf der auch sämtliche Kläger vertreten waren.
Anfang April 1984 leitete der Vorstand der Verwaltungsstelle Frankfurt am Main der Beklagten wegen dieser Kandidatur gegen die Kläger das Ausschlußverfahren ein. Nachdem die Kläger am 10. Juli 1984 mündlich angehört worden waren, wurden sie durch Beschlüsse des Hauptvorstandes vom 28. September 1984 aus der Beklagten ausgeschlossen, weil sie - wie es in der ihnen unter dem 18. Oktober 1984 mitgeteilten Begründung u. a. hieß - eine eigene konkurrierende »gegnerische« Liste eingereicht und sich damit außerhalb der Solidarität der Gewerkschaft gestellt, deren Organisation geschmäht und ihre führenden Funktionäre herabgesetzt hätten, und weil sie sich seit Jahren als oppositionelle Gruppe gegenüber der Betriebsratsmehrheit (IG Chemie) betätigt und dargestellt hätten, die wie eine organisierte Gruppe mit eigener Pulikations- und Pressearbeit aufgetreten seien und die eigene Gewerkschaft bekämpft habe. Als Beweismaterial wurde u. a. eine Reihe von Flugblättern der Gruppe angeführt.
In ihrem Einspruch vom 19. November 1984 erklärten die Kläger die gegen sie erhobenen Vorwürfe für unbegründet. Sie rügten insbesondere, daß sie keine Gelegenheit gehabt hätten, zu den ihnen vorgehaltenen Flugblättern, von denen sie nur für fünf verantwortlich seien, Stellung zu nehmen. Im übrigen könnten sie nicht erkennen, aus welchen Passagen der Flugblätter sich ein gewerkschaftsschädigendes Verhalten ergeben sollte. Der Beschwerdeausschuß der Beklagten verwies die Sache am 6. Dezember 1984 an den Hauptvorstand zur Prüfung etwaiger Verfahrensmängel zurück. Nach schriftlichen Stellungnahmen der Kläger - einen weiteren Termin zur mündlichen Anhörung nahmen sie nicht wahr - hob der Hauptvorstand am 30. Januar 1985 seine Ausschlußbeschlüsse vom 28. September 1984 auf. Sodann schloß er die Kläger erneut und im wesentlichen aus denselben Gründen wie zuvor aus der Gewerkschaft aus und teilte ihnen dies durch Schreiben vom 30. Januar 1985 mit. Der dagegen gerichtete Einspruch der Kläger vom 11. Februar 1985 blieb erfolglos.
Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgreichen Klagen abgewiesen. Die zugelassenen Revisionen der Kläger führten zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht hat das Verfahren der Beklagten nicht im einzelnen auf seine Rechtmäßigkeit geprüft, sondern sich mit einer vorsorglichen Bemerkung begnügt, weil es die von den Klägern in erster Instanz gegen das Ausschlußverfahren erhobenen Einwendungen als erledigt angesehen hat, nachdem das Landgericht das Ausschlußverfahren als fehlerfrei bezeichnet hatte und die Kläger diese Ausführungen in der Berufungsinstanz nicht angegriffen hatten. Es kann dahinstehen, ob dem im Hinblick darauf gefolgt werden kann, daß die Kläger den Rechtsstreit im ersten Rechtszug gewonnen hatten und sich deshalb nach Ansicht der Revision darauf beschränken konnten, den Angriffen der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil entgegenzutreten, solange das Berufungsgericht nicht gemäß §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO einen Hinweis darauf gab, daß es aus seiner Sicht auf die Rechtmäßigkeit des Ausschließungsverfahrens ankommen könne. Denn der Senat kann die fehlende Prüfung, da es dazu keiner ergänzenden tatrichterlichen Feststellungen bedarf, selber vornehmen. Sie führt zu dem Ergebnis, daß das Ausschließungsverfahren, wovon auch das Berufungsgericht in seinen vorsorglichen Bemerkungen ausgeht, keine Verstöße gegen Gesetz oder Satzung aufweist, die schon aus formalen Gründen zur Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlüsse führen müßten.
Der Senat vermag insbesondere nicht der Ansicht der Revision zu folgen, daß den Ausschließungsbeschlüssen des Hauptvorstandes der Beklagten nur solche Tatsachen zugrundegelegt werden dürfen, die bereits in der Sachverhaltsschilderung, mit der die Verwaltungsstelle ihren Ausschließungsantrag begründet hat, aufgeführt sind. Da die Beurteilung der Kandidatur für die Liste »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« eng mit der Zielsetzung und Aktivität dieser Gruppierung zusammenhängt, so daß es sich um einen einheitlichen Tatsachenkomplex handelt, kann es dahinstehen, wie es rechtlich zu beurteilen wäre, wenn der Hauptvorstand seine Ausschlußentscheidung von sich aus auf ganz andere Vorwürfe als die in dem Antrag des Verwaltungsstellenvorstandes erhobenen, gestützt hätte. Denn jedenfalls die Annahme, die Satzung der Beklagten schreibe für die Durchführung des Ausschlusses eines Mitgliedes ein Verfahren nach dem Vorbild staatlicher Prozeßordnungen mit der Verwaltungsstelle als Kläger oder Ankläger und der Geltung eines strikten Beibringungsgrundsatzes vor, der nur die Berücksichtigung von Ausschlußtatsachen zuläßt, die von der antragstellenden Instanz in das Verfahren eingeführt worden sind, findet in den Bestimmungen der Satzung keine Stütze. Eine solche Regelung kann insbesondere auch nicht aus § 7 Ziff. 2 der Satzung hergeleitet werden, wonach für die Stellung des Ausschließungsantrags beim Hauptvorstand regelmäßig der Verwaltungsstellenvorstand zuständig ist, der dabei den Sachverhalt ausführlich zu schildern und seine eigene Meinung darüber zu äußern hat. Es besteht kein Anlaß, in dieser Bestimmung mehr zu sehen als eine der Zweckmäßigkeit dienende Regelung, die dem Hauptvorstand die Entscheidung erleichtern soll, indem das Tatsachenmaterial, aus dem sich der mögliche Ausschließungsgrund ergibt, von einer personell und sachlich dafür hinreichend ausgestatteten Stellen vorher aufbereitet wird. Daß die Satzung der Beklagten damit keine staatlichen Gerichtsverfahren entsprechende Verteilung der Parteirollen beabsichtigt, zeigt sich schon daran, daß der Hauptvorstand nach § 7 Ziff. 3 ein Mitglied in schwerwiegenden Fällen auch auf einen aus seiner eigenen Mitte - nämlich durch den geschäftsführenden Hauptvorstand (§ 47 Ziff. 6) - gestellten Antrag ausschließen kann. Gerade in solchen Fällen wäre aber zu erwarten gewesen, daß die Satzung eine besonders strenge Einhaltung der Parteirollen gefordert hätte, wenn es ihr im Interesse des Schutzes des vom Ausschluß bedrohten Mitgliedes um eine echte Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen einer anklagenden und einer entscheidenden Instanz mit Bindung der letzteren an den von ersterer eingeführten Streitstoff gegangen wäre. Die Annahme, der Hauptvorstand als Beschlußorgan dürfe seiner Entscheidung nur die in dem Antrag der Verwaltungsstelle aufgeführten Tatsachen zugrundelegen, wird auch nicht durch allgemeine rechtsstaatliche Erwägungen geboten. Der Beibringungsgrundsatz gehört nicht einmal im staatlichen Gerichtsverfahren zu den tragenden rechtsstaatlichen Grundsätzen. Soweit er in den Prozeßordnungen vorgesehen ist, beruht seine Geltung auf gesetzgeberischen Zweckmäßigkeitserwägungen. Überdies gibt es, wie der Senat bereits in einer früheren Entscheidung (Urt. v. 20. April 1967 - II ZR 142/65, NJW 1967, 1657) ausgeführt hat, keinen Grundsatz, wonach vereinsrechtliche Ausschließungsverfahren weitgehend den für staatliche Gerichtsverfahren geltenden Richtlinien angepaßt sein müßten. Von einem privatrechtlichen Verein oder Verband ist im allgemeinen nicht mehr zu verlangen, als daß seine Ausschlußorgane gewisse allgemeingültige Verfahrensgrundsätze beachten, damit das Verfahren, das zum Ausspruch einer Vereinsstrafe führt, nicht zum Willkürakt wird und sich das betroffene Mitglied sachgerecht verteidigen kann. Dazu kann eine strikte Einhaltung des Beibringungsgrundsatzes nicht gezählt werden. Der Hauptvorstand der Beklagten war deshalb nicht gehindert, in dem vor ihm eingeleiteten Ausschlußverfahren gegen die Kläger auch Umstände im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zu der Gruppe »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« zu berücksichtigen, die in dem einleitenden Antrag des Verwaltungsstellenvorstandes noch nicht aufgeführt waren, sofern nur den Klägern Gelegenheit gegeben wurde, sich auf die Verteidigung gegen die zusätzlichen Vorwürde ausreichend einzurichten. Diese Möglichkeit haben die Kläger jedenfalls dadurch gehabt und auch wahrgenommen, daß sie in ihrer Beschwerde vom 19. November 1984 gegen den später aufgehobenen ersten Ausschließungsbeschluß vom 28. September 1984 zu den darin aufgeführten weiteren Ausschlußgründen ausführlich Stellung bezogen haben. Eine Verletzung des Anhörungsrechts der Kläger wird dementsprechend auch von der Revision nicht geltend gemacht.
Ebensowenig begründet es einen zur Unwirksamkeit führenden Verfahrensfehler, daß der Beschluß vom 30. Januar 1985 nach Aufhebung des ersten, ebenfalls auf Ausschließung lautenden Beschlusses vom 28. September 1984 zustandegekommen ist. Die Satzung der Beklagten, die über die Art der Entscheidung des Beschwerdeausschusses keine Bestimmungen trifft, bietet keinen Anhalt, der die Ansicht der Revision rechtfertigen könnte, die Entscheidung des Beschwerdeausschusses habe nur entweder auf Aufhebung oder Bestätigung des angefochtenen Ausschließungsbeschlusses vom 28. September 1984, nicht aber auch auf Zurückverweisung der Sache an den Hauptvorstand lauten dürfen. Wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, hat der Beschwerdeausschuß die Sache im Hinblick auf mögliche dem Beschluß vom 28. September 1984 zugrundeligenden Verfahrensmängel an den Hauptvorstand zurückverwiesen. Der Beschwerdeausschuß trug damit der Tatsache Rechnung, daß der Hauptvorstand zur Begründung seines Ausschließungsbeschlusses vom 28. September 1984 eine Reihe von Umständen herangezogen hatte, die in dem Antrag der Verwaltungsstelle noch nicht aufgeführt gewesen waren und zu denen den Klägern möglicherweise noch nicht ausreichend rechtliches Gehör entsprechend den Bestimmungen des § 7 Ziff. 4 der Satzung gewährt worden war. Die Zurückverweisung der Sache durch die überprüfende an die Instanz, deren Entscheidung angefochten wird, zwecks Nachholung einer verfahrenfehlerfreien Entscheidung ist ein sinnvolles Vorgehen, das deshalb auch in vielen staatlichen Prozeßordnungen vorgesehen ist. Es muß auch im verbandsinternen Verfahren, selbst wenn es in der Satzung nicht ausdrücklich geregelt ist, als zulässig erachtet werden. Essentielle Rechte des Verbandsmitgliedes werden dadurch nicht beeinträchtigt. Ein Anspruch darauf, daß die zweite Verbandsinstanz auch bei Vorliegen eines Verfahrensfehlers selber in der Sache entscheidet, oder daß ein bei der erstinstanzlichen Entscheidung unterlaufender Verfahrensfehler unter allen Umständen zu deren endgültiger Aufhebung mit der Folge der Beendigung des Ausschlußverfahrens führen müsse, ist nicht anzuerkennen. Ebensowenig begründet es die Unwirksamkeit der Hauptvorstandsbeschlusses vom 30. Januar 1985, daß die Aufhebung des verfahrensfehlerhaft zustandegekommenen ersten Ausschließungsbeschlusses vom 29. September 1984 erst durch den Hauptvorstand selber nach Zurückverweisung der Sache und nicht schon vorher durch den Beschwerdeausschuß vorgenommen worden ist. Da die Beklagte in der Gestaltung ihres Ausschließungsverfahren frei ist, soweit dabei nicht elementare rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden, kann eine buchstäbliche Übernahme von nur für die staatlichen Gerichte geltenden prozessualen Regeln nicht verlangt werden.
Schließlich läßt es keinen Rechtsfehler erkennen, wenn das Berufungsgericht dem Umstand, daß sich Hauptvorstand und Beschwerdeausschuß desselben Sachbearbeiters zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen bedienen, keine Bedeutung für die Wirksamkeit des Ausschlusses der Kläger beigemessen hat. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß der betreffende Sachbearbeiter nicht Mitglied der mit dem Ausschlußverfahren befaßten Gremien gewesen ist. Es bedarf keiner Stellungnahme zu der Frage, wie eine solche Sachlage rechtlich zu beurteilen wäre. Jedenfalls gibt es weder im allgemeinen noch im Vereinsrecht einen Grundsatz, wonach die Beschäftigung einer schon in der ersten Instanz in gleicher oder ähnlicher Funktion tätig gewesenen Hilfsperson mit vorbereitenden Arbeiten zur Unwirksamkeit der Entscheidung der zweiten Instanz führen müsse. Eine solche Mitwirkung beeinträchtigt weder die Entscheidungsfreiheit der Mitglieder des Beschlußgremiums noch kann sie mangels Stimmrechts der Hilfsperson Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis haben. Die Möglichkeit, daß sich einzelne Mitglieder des Beschlußorgans in rein tatsächlicher Hinsicht durch den Inhalt der von dem Sachbearbeiter erstellten Vorlage beeinflussen lassen könnten, rechtfertigt nicht die Folgerung, das verbandsinterne Verfahren leide an einem unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht mehr hinnehmbaren Mangel, der die Nichtigkeit des Beschlusses nach sich ziehen müsse. Besondere Umstände, die im vorliegenden Fall zu einer anderen Beurteilung führen könnten, hat auch die Revision nicht aufzuzeigen vermocht.
B. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hält der Ausschluß der Kläger auch in sachlicher Hinsicht gerichtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht führt dazu aus, es neige entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu der Annahme, daß jede Liste, die in Konkurrenz zur Gewerkschaftsliste um Stimmen werbe, eine »gegnerische« Liste sei und Gewerkschaftsmitglieder, die auf ihr kandidieren, ihrer Gewerkschaft generell die Solidarität verweigern und wegen gewerkschaftsschädlichen Verhaltens ausgeschlossen werden dürfen, so daß die Beklagte schon aus diesem Grunde befugt gewesen sei, die Kläger auszuschließen. Diese Frage könne jedoch dahinstehen. Denn jedenfalls sei der Ausschluß der Kläger deshalb berechtigt, weil sie sich über ihre Kandidatur hinaus in eine Frontstellung zu der Beklagten begeben hätte, die weit über eine sachgerechte Wahrnehmung des Wahlrechts und über den Kampf um Stimmen hinausgehe. Die Kläger hätten sich nämlich teils über Jahre hinweg, teils jedenfalls grundsätzlich durch den Anschluß an eine Gruppe von ihrer Gewerkschaft abgegrenzt, die den über die Gewerkschaftslisten gewählten Betriebsräten generell Konkurrenz gemacht und sich als eigenständige Kraft neben oder innerhalb der Gewerkschaft dargestellt hat. Daß die »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« als Opposition zur gewerkschaftlichen Betriebsratsfraktion verstanden werden wollten, folge sowohl aus der - unstreitigen - Tatsache fortlaufender eigener Publikationen als auch aus dem Inhalt der exemplarisch angeführten Flugblätter. Sie enthielten grundsätzliche Kritik an der Vertretung der Arbeitnehmerinteressen durch die Gewerkschaftsfunktionäre der Beklagten, den - mehr oder weniger versteckten - Vorwurf, die Mehrheitsfraktion im Betriebsrat vertrete eher die Interessen der Unternehmensleitung und der Aktionäre als die der Arbeitnehmer, sowie scharfe Angriffe auf den über die Liste der Beklagten gewählten Betriebsratsvorsitzenden, der zugleich für den Niedergang der Beklagten in H. verantwortlich gemacht werde. Unter diesen Umständen hätten sich die Kläger in einen weit grundsätzlicheren und intensiveren Gegensatz zu der Beklagten begeben als Gewerkschaftsmitglieder, die sich aus der besonderen Situation und den konkreten Verhältnissen vor einer bestimmten Betriebsratswahl zur Kandidatur auf einer konkurrierenden Liste entschließen. Verbandsinterne Sanktionen würden deshalb durch § 20 Abs. 2 BetrVG nicht ausgeschlossen. Angesichts dessen beschränke sich die Überprüfung der Ausschließungsbeschlüsse auf grobe Unbilligkeit und Willkür. Beides liege nicht vor. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis Erfolg.
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats unterliegt der Ausschließungsbeschluß der gerichtlichen Nachprüfung nur mit dem Inhalt und der Begründung, wie er im verbandsrechtlichen Ausschlußverfahren zustandegekommen ist. Eine nachträgliche Klärung des Sachverhalts im Zivilprozeß mit dem Ziel des Beweises von Ausschlußtatsachen, die im Ausschlußverfahren nicht festgestellt worden sind, liefe auf eine nachgeschobene Begründung des Ausschließungsbeschlusses hinaus, auf der dieser Beschluß nicht beruht, und ist deshalb unzulässig (BGHZ 45, 314 [BGH 13.06.1966 - II ZR 130/64]; Urt. v. 19. Januar 1981 - II ZR 20/80, NJW 1981, 2178, 2180). Entgegen der im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten vertretenen Ansicht ist aus der Entscheidung BGHZ 87, 337 nicht zu entnehmen, daß der Senat an diesen Grundsätzen nicht mehr festhalte. Die Nachprüfbarkeit der Tatsachenfeststellungen, mit denen der Ausschluß begründet wird, durch die staatlichen Gerichte bedeutet nicht, daß der Verband im gerichtlichen Verfahren neue Tatsachen, die er im verbandsinternen Verfahren nicht festgestellt hat und auf die sich der Ausschluß deshalb auch nicht gründen konnte, im Zivilprozeß als neue Ausschlußgründe zur Rechtfertigung seines Ausschließungsbeschlusses nachschieben darf. Zu Unrecht leitet die Revision jedoch aus diesen Grundsätzen ab, das Berufungsgericht habe zum Gegenstand seiner Überprüfung der Rechtmäßigkeit der gegen die Kläger gerichteten Ausschließungsbeschlüsse lediglich den Vorwurf machen dürfen, die Kläger hätten bei Betriebsratswahlen auf einer nicht von der Beklagten unterstützten Liste kandidiert, weil die weiteren Vorwürfe teils gar nicht, teils nicht in genügend konkretisierter Form Inhalt der Begründung der Ausschließungsbeschlüsse vom 30. Januar 1985 gewesen seien. Der Vorwurf, die »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« hätten sich seit Jahren als oppositionelle Gruppe gegenüber der Betriebsratsmehrheit (IG Chemie) bei der H. AG betätigt und dargestellt, sie träten wie eine organisierte Gruppe auf, betrieben eine eigene Publikations- und Pressearbeit und bekämpften die eigene Gewerkschaft, der sie als Mitglieder angehörten, wodurch über einen langen Zeitraum das Ansehen der Beklagten geschädigt worden sei, findet sich bereits in der Begründung des (später aufgehobenen) Ausschließungsbeschlusses vom 28. September 1984. Er kehrt mit diesem Inhalt unverändert in dem Ausschließungsbeschluß vom 30. Januar 1985, der den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet, wieder. Er ist angesichts der Art des in Frage stehenden Sachverhalts auch in tatsächlicher Hinsicht konkret genug, um den Klägern die Möglichkeit der Verteidigung und den staatlichen Gerichten der Überprüfung des Ausschlusses zu geben. Wenig konkret ist für sich genommen lediglich der Vorwurf der Verunglimpfung der Arbeit und personellen Repräsentanz der Beklagten in der Öffentlichkeit in Wort und Bild, da er nicht unmittelbar auf bestimmte Tatsachen Bezug nimmt, aus denen sich eine solche Verunglimpfung ergeben soll, sondern nur eine zusammenfassende Bewertung eines nicht näher bezeichneten Sachverhalts enthält. Dies könnte jedoch nur dann rechtlich erheblich sein, wenn infolgedessen nicht feststünde, welches tatsächliche Geschehen diesem Vorwurf zugrundeliegt und von der Beklagten als Verunglimpfung ihrer Arbeit und ihrer Repräsentanten gewertet worden ist, weil damit den Klägern die Möglichkeit zu einer zweckentsprechenden Verteidigung und den Gerichten zur Überprüfung des Ausschließungsbeschlusses genommen worden wäre. Es könnte in der Tat nicht Aufgabe der Gerichte sein, die zahlreichen Flugschriften der Gruppe erstmals darauf nachzuprüfen, ob sich in ihnen Äußerungen finden, die die Beklagte als verunglimpfend empfinden konnte, und damit dem Ausschließungsbeschluß im Zivilprozeß nachträglich zu einer weiteren, bis dahin jedenfalls nicht konkretisierten Begründung zu verhelfen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn der Vorwurf der Verunglimpfung der Arbeit und personellen Repräsentanz der Beklagten nimmt nicht Bezug auf einen selbständigen Tatsachenkomplex. Er ist vielmehr identisch mit demjenigen, die Gruppierung »Kollegen für eine duchschaubare Betriebsratsarbeit«, in der die Kläger maßgeblich mitarbeiteten, greife schon seit Jahren, insbesondere durch die von ihr regelmäßig herausgebrachten Flugschriften, fortlaufend die Arbeit und die Vertreter der Beklagten im Betriebsrat in scharfer Form an und habe dadurch dem Ansehen der Beklagten und der von ihr in den Betriebsrat entsandten Mitarbeiter schweren Schaden zugefügt. Es handelt sich damit lediglich um eine weitere wertende Folgerung, die die Beklagte aus dem Tatsachenkomplex der Betätigung der »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« als organisierte Opposition gegen die Arbeit des mehrheitlich von der Beklagten getragenen Betriebsrats gezogen hat. Es ist deshalb aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Flugblätter der Gruppe, für die sich die Kläger im Laufe des Ausschließungsverfahrens ausdrücklich als verantwortlich bekannt haben - auch wenn sie in der Begründung des Ausschließungsbeschlusses vom 30. Januar 1985 nicht ausdrücklich erneut aufgeführt worden sind - darauf überprüft hat, ob die Pressearbeit der Gruppe die von der Beklagten behauptete, gegen sie gerichtete Tendenz aufweist, die die Beklagte den Klägern vor allem zum Vorwurf gewerkschaftsfeindlichen Verhaltens macht.
2. Das Berufungsgericht hat die sachliche Überprüfung der Ausschließungsbeschlüsse darauf beschränkt, ob der den Klägern vorgeworfene Sachverhalt zutreffend festgestellt ist und die Sanktion grob unbillig, willkürlich, gesetzwidrig oder sittenwidrig ist. In diesen Grenzen seien die staatlichen Gerichte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an die Subsumtion des Sachverhalts unter die herangezogene Satzungsbestimmung (hier § 7 Nr. 1 a und b der Satzung der Beklagten) durch das Vereinsorgan gebunden. Der Ausschluß der Kläger sei weder gesetzwidrig noch grob unbillig oder willkürlich. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Reichsgericht und Bundesgerichtshof haben zwar in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahmen nur einer beschränkten Kontrolle durch die staatlichen Gerichte unterworfen, die sich darauf erstreckt, ob die verhängte Maßnahme eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung hat, ob das satzungsmäßige Verfahren beachtet worden ist, sonst keine Satzungsverstöße vorgekommen sind und ob die Maßnahme nicht grob unbillig oder willkürlich ist (vgl. BGHZ 87, 337, 343 m. w. Nachw.). Diese Beschränkung läßt sich jedoch nur für diejenigen Vereinigungen aufrechterhalten, die keiner Aufnahmepflicht unterliegen, die also in der Entscheidung über die Zusammensetzung ihres Mitgliederbestandes grundsätzlich frei sind. Da diese Vereinigungen die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Mitgliedes eigenverantwortlich bestimmen können, steht ihnen grundsätzlich auch das Recht zu, selber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen jemand nicht Mitglied bleiben kann. In Respektierung dieses Selbstbestimmungsrechts überprüft die Rechtsprechung bei ihnen Ausschlußentscheidungen nur auf Gesetzwidrigkeit, grobe Unbilligkeit oder Willkür. Diese Beschränkung ist bei Monopolverbänden sowie Vereinigungen mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich, bei denen die Mitgliedschaft für den Einzelnen aus beruflichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von erheblicher Bedeutung ist, wozu aufgrund ihrer überragenden Stellung im Chemiebereich sich die Beklagte rechnet (vgl. für die Gewerkschaften im allgemeinen BGHZ 93, 151, 152 f.) [BGH 10.12.1984 - II ZR 91/84], und die deshalb einem Aufnahmezwang unterliegen, innerlich nicht berechtigt. Wenn die Rechtsordnung bei ihnen mit Rücksicht auf schwerwiegende Interessen der betroffenen Kreise die grundsätzliche Selbstbestimmung über die Aufnahme von Mitgliedern nicht hinnehmen kann (BGHZ 93, 151, 152) [BGH 10.12.1984 - II ZR 91/84], so muß sie ihnen aus den gleichen Gründen auch die freie Entscheidung über den Ausschluß von Mitgliedern versagen. Es geht nicht an, einerseits Beitrittswilligen im Hinblick auf die Machtstellung des Verbandes und die Bedeutung der Mitgliedschaft für die Betroffenen einen Aufnahmeanspruch zu gewähren, andererseits aber dem Verband bis zur Grenze der Willkür oder groben Unbilligkeit das Recht zu geben, sie nach freiem Ermessen auszuschließen. Deshalb können bei diesen Vereinigungen an das Recht zum Ausschluß eines Mitgliedes und die gerichtliche Nachprüfbarkeit einer Ausschlußentscheidung keine geringeren Anforderungen gestellt werden als an das Recht, einen Aufnahmeantrag abzulehnen. Der Ausschluß muß durch sachliche Gründe gerechtfertigt, darf also nicht unbillig sein. Dabei ist zwar der Vereinigung in Anerkennung ihrer Autonomie zur Wert- und Zielsetzung ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Das Gericht kann daher nicht ohne weiteres seine Überzeugung und seine Wertmaßstäbe an die Stelle derjenigen des Verbandes setzen. Da ein Ausschluß aber um so eher unbillig sein wird, je wichtiger für den Betroffenen die Mitgliedschaft ist, sind diesem Beurteilungs- oder Ermessensspielraum enge Grenzen gesetzt (vgl. BGHZ 93, 151, 158) [BGH 10.12.1984 - II ZR 91/84].
b) Ungeachtet der vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 45, 314 ff. [BGH 13.06.1966 - II ZR 130/64]; 71, 126 ff.; 87, 337 ff.; Urt. v. 19. Januar 1981 - II ZR 20/84, NJW 1981, 21, 78) fest, daß aus der Gewerkschaft nicht ausgeschlossen werden darf, wer bei der Betriebsratswahl lediglich auf einer Liste kandidiert, die zwar mit der von der Gewerkschaft unterstützten Liste konkurriert, sich aber über den Wettbewerb um Stimmen hinaus nicht gegen die Gewerkschaft richtet. Unter diesem Gesichtspunkt kann es den Klägern nicht zum Vorwurf gereichen, daß sie sich mit anderen nicht gewerkschaftlich organisierten Kollegen zu einer Gruppe zusammengeschlossen haben, die unter der Bezeichnung »Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit« bei den Betriebsratswahlen 1981 und 1984 mit einer eigenen Liste gegen die Beklagte angetreten ist. Die Wahrnehmung dieses Rechts zur Kandidatur schließt auch die Befugnis ein, im Kampf um Wählerstimmen Kritik an der Betriebsratsarbeit der eigenen Gewerkschaft zu üben. Dies gilt auch für die Zeit zwischen den Betriebsratswahlen, da eine Liste, die mit der von der Gewerkschaft unterstützten konkurrieren will, die Möglichkeit haben muß, jeweils aus konkretem Anlaß ihr Anliegen darzustellen und der Belegschaft zu verdeutlichen, wie nach ihrer Vorstellung die Betriebsratsarbeit zum Wohle der Arbeitnehmer verbessert werden könnte. Einer sachlichen Kritik muß sich die Gewerkschaft, auch wenn sie aus den eigenen Reihen kommt und in die Belegschaft hineingetragen wird, stellen, ohne darauf mit Ausschlußverfahren zu reagieren. Vom Schutz der Wahlfreiheit nicht mehr gedeckt sind dagegen Äußerungen und Handlungen eines Mitglieds, die die Gewerkschaft allgemein oder die Grundordnung, die ihre Betätigung garantiert, in Frage stellen oder die eigene Gewerkschaft und ihre satzungsmäßigen Zielsetzungen in einer ihr die - notfalls auch kritische - Solidarität aufkündigenden, mit der Mitgliedschaft schlechterdings nicht mehr zu vereinbarenden Weise bekämpfen. Solche von grundsätzlicher Gegnerschaft getragenen gewerkschaftsfeindlichen Angriffe können allerdings auch verdeckt erfolgen, indem nicht die Gewerkschaft als solche, wohl aber ihre führenden Repräsentanten und ihre laufende Arbeit zur ständigen Zielscheibe einer diffamierenden Kritik gemacht werden, die von einem prinzipiell anders gearteten Verständnis der Rolle der Gewerkschaften im demokratischen Staat und in einer freien Gesellschaft geprägt ist und vor diesem Hintergrund die demokratischen Gewerkschaften im Ergebnis als »Arbeiterverräter« denunziert. Die Gewerkschaft darf es deshalb als nicht mehr von § 20 Abs. 2 BetrVG geschütztes gewerkschaftsschädliches Verhalten betrachten, wenn ihre Entscheidungen, insbesondere ihre Betriebsarbeit laufend in scharfer, gehässiger Weise angegriffen und gegenüber der Belegschaft als arbeitnehmerschädlich, wenn nicht geradezu -feindlich gebrandmarkt werden, mit dem Ziel, ihr die Belegschaft zu entfremden und sie von der aus grundsätzlichen Erwägungen für richtig befundenen, betriebsverfassungsrechtlich sogar vorgeschriebenen (§ 2 Abs. 1 BetrVG) Haltung einer vertrauensvollen Kooperation mit der Unternehmensleitung auf eine Linie totaler Konfrontation mit dem Sozialpartner zu zwingen. Eine solche mit der Gewerkschaftszugehörigkeit unvereinbare Gegnerschaft zu der Beklagten wird weder in der Begründung des Ausschließungsbeschlusses vom 30. Januar 1985 aufgezeigt noch vom Berufungsgericht auf der Grundlage der Tatsachen, auf die sich dieser Beschluß stützt, festgestellt. Zwar wird in den vier vom Berufungsgericht herangezogenen Flugblättern dem Betriebsrat verschiedentlich vorgeworfen, er habe die Interessen der Arbeitnehmer nicht energisch genug gegenüber der Unternehmensleitung vertreten. Die einzelnen Vorwürfe haben jedoch ausnahmslos konkrete Vorfälle im Hauptwerk der H. AG zum Anlaß (Pensionsregelung und Abbau von Arbeitsplätzen bzw. Einführung von Kurzarbeit) und überschreiten im allgemeinen nicht die Grenzen einer zwar teilweise scharfen, aber insgesamt noch sachbezogenen Kritik an einzelnen Maßnahmen der Unternehmensleitung und der dazu seitens des Betriebsrats eingenommenen Haltung. Auch wenn die Flugblätter dabei dem Betriebsrat und dem der Beklagten angehörenden Betriebsratsvorsitzenden in teilweise polemischer Form vorhalten, er habe Übervorteilungen der Belegschaft durch die Unternehmensführung nicht verhindern wollen oder können, wahren die in ihnen enthaltenen Äußerungen insgesamt noch den Charakter sachbezogener Stellungnahmen zu Einzelproblemen und Einzelpersonen und können damit nicht ohne weiteres als Ausdruck einer mit der Gewerkschaftsmitgliedschaft unvereinbaren grundsätzlichen Gegnerschaft zu der Beklagten und ihren satzungsmäßigen Zielen gelten. Schwerwiegender ist der im Zusammenhang mit der Zustimmung der Betriebsratsmehrheit zur Einführung von Kurzarbeit erhobene Vorwurf, die Gruppe könne »nur bedauernd feststellen, daß die Betriebsratsmehrheit sich mal wieder um die Dividende der H. Aktionäre verdient gemacht hat«. Eine solche an sich bedenkliche, in dieser Form jedoch vereinzelt gebliebene polemische Überspitzung kann aber angesichts der damit für die Kläger verbundenen erheblichen Nachteile für sich allein kein ausreichender Grund für eine so schwerwiegende Maßnahme wie den Ausschluß aus der Gewerkschaft sein.
Zu dem in dem Ausschließungsbeschluß enthaltenen Vorwurf der Verunglimpfung der personellen Repräsentanz der Beklagten stellt das Berufungsgericht lediglich fest, der über die Liste der Beklagten gewählte Betriebsratsvorsitzende B. werde in dem Flugblatt Nr. 22/83 scharfen Angriffen ausgesetzt und für den Niedergang der Beklagten in H. verantwortlich gemacht. Die Äußerung findet sich im Zusammenhang mit dem Vorwurf, die Vertrauensleute-Sitzungen der Beklagten in H. seien nur noch schlecht besucht, weil B. und seine Freunde kritische Stimmen nicht zu Worte kommen ließen, und ist mit der indirekten Aufforderung verbunden, bei der nächsten gewerkschaftlichen Vertrauensleute-Wahl I.G.-Chemie-Kollegen zu wählen, die sich nicht »unterbuttern« ließen. Es mag zweifelhaft sein, ob eine solche Äußerung, da sie unmittelbar innere Angelegenheiten und interne Wahlen der Beklagten betrifft, noch von der Wahlfreiheit des § 20 Abs. 2 BetrVG gedeckt ist. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Jedenfalls kann eine derartige, wenn auch vielleicht in der Form überzogene Kritik an einem einzelnen Funktionsträger der Beklagten weder den Vorwurf der Gewerkschaftsfeindlichkeit begründen noch als sachlich gerechtfertigter Grund für eine so schwerwiegende Disziplinarmaßnahme wie den Ausschluß aus der Gewerkschaft gelten.