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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.02.1987, Az.: AnwSt R 24/86

Erfolgshonorar; Verabredung; Mehrerlös; Immobielienverkauf

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.02.1987
Aktenzeichen
AnwSt R 24/86
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1987, 12009
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VGH Baden-Württemberg - 21.06.1986

Fundstellen

  • BGHSt 34, 295 - 299
  • MDR 1987, 780-781 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1987, 2451-2452 (Volltext mit amtl. LS)
  • NStE BRAO § 43 Nr. 2

Amtlicher Leitsatz

Ein Rechtsanwalt, der aufgrund eines Anwaltsdienstvertrages den Verkauf von Grundstücken zu tätigen und zu überwachen hat, vereinbart im Ergebnis ein - unzulässiges - Erfolgshonorar, wenn er sich für seine Tätigkeit den Verkaufserlös versprechen läßt, der vertraglich festgesetzte Richtsätze überschreitet.

Redaktioneller Leitsatz

Eine Verabredung über ein Erfolgshonorar mit einem Rechtsanwalt ist unzulässig im Falle der Vergütung des Mehrerlöses bei Immobilienverkäufen.

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat
in der Sitzung vom 23. Februar 1987,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Merz als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Laufhütte, Dr. Lepa, Dr. Schmitz sowie
die Rechtsanwälte Dr. Kohlndorfer, Dr. Weise, Dr. Paepcke als beisitzende Richter,
Bundesanwalt Dr. ... als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Prof. Dr. ... als Verteidiger,
Justizamtsinspektor ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Rechtsanwalts gegen das Urteil des III. Senats des Ehrengerichtshofs für Rechtsanwälte des Landes Baden-Württemberg vom 21. Juni 1986 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Ehrengericht hat den Rechtsanwalt wegen anwaltlicher Pflichtverletzung zu einem Verweis und zu einer Geldbuße von 4.000 DM verurteilt. Der Ehrengerichtshof hat die Berufung des Rechtsanwalts gegen dieses Urteil verworfen. Er hat angenommen, daß der Rechtsanwalt zweier Standesverfehlungen schuldig ist - in einem weiteren dem Rechtsanwalt zur Last gelegten Fall hat er eine Standesverfehlung verneint - und die Revision in einem Punkt zugelassen, nämlich "soweit wegen der Maklertätigkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf des Hauses Brautgasse 3 in 7900 Ulm ein pflichtwidriges Verhalten angenommen worden ist".

2

Der Rechtsanwalt hat Revision eingelegt, "soweit dieses Rechtsmittel durch den Senat zugelassen worden ist". "Soweit dem Beschwerdeführer ein Standesvergehen wegen einer ohne vorherige Einschaltung des Kammervorstandes erstatteten Strafanzeige gegen Rechtsanwalt Sp. zur Last gelegt" wird, hat er Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Dieser Nichtzulassungsbeschwerde bedarf es indes nicht, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat. Denn das Rechtsmittel der Revision ist, wenn es - wie hier - gemäß § 145 Abs. 2 BRAO zugelassen ist, nicht auf den Teil des Urteils beschränkt, der nach Auffassung des Ehrengerichtshofs von grundsätzlicher Bedeutung ist. Eine unbeschränkt eingelegte Revision berechtigt und verpflichtet den Senat deshalb, das gesamte Urteil im Rahmen der Revisionsbegründung zu überprüfen (BGH StV 1981, 133; vgl. auch BGHSt 30, 312). Daß das Rechtsmittel hier tatsächlich trotz der scheinbaren Begrenzung in der Revisionseinlegungsschrift sämtliche Punkte, die mit der Revision angegriffen werden konnten - also die beiden Anschuldigungspunkte, auf die der Schuldspruch gestützt ist - ergreifen sollte, folgt daraus, daß die Revision in diesem Umfang mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet worden ist.

3

Das damit zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

4

1.

Standesverfehlung beim Verkauf des Hauses B.gasse 3 in U.

5

a)

Der Rechtsanwalt hatte im Auftrage der Mandantin Susanne P. nach dem Tode ihres Ehemannes "die Nachlaßangelegenheiten zu regeln" (UA S. 3). Dazu gehörte die Vermeidung des "drohenden Nachlaßkonkurses" (UA S. 4). Dies führte zur Notwendigkeit, Immobilien, unter anderem das Wohn- und Geschäftshaus in der Brautgasse ... in U. zu verkaufen. Die Einzelheiten bei der Abwicklung des Verkaufes dieses Hauses besprach Frau P. mit einem freien Mitarbeiter des Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt bestätigte die von dem Mitarbeiter mit Frau P. besprochenen Abmachungen in einem von ihm unterschriebenen - später von Frau P. gegengezeichneten - mit dem Briefkopf seiner Kanzlei versehenen Schreiben vom 8. Dezember 1981. Er führte in dem Schreiben unter anderem aus, daß er eine Gewähr für Erlöse in Höhe von 3.200 DM pro qm Nutzfläche für die gewerblich genutzte Einheit sowie von 2.500 DM pro qm Wohnfläche für die Wohnungen übernahm und daß er als Ersatz für seine Tätigkeit, ausgenommen für Notar- und Grundbuchkosten, den über diesen Richtsätzen liegenden Verkaufserlös erhalten sollte. Dem Schreiben war der Satz hinzugefügt:

"Der guten Ordnung halber weise ich ausdrücklich darauf hin, daß ich bei Durchführung dieses Auftrags nicht als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig werde".

6

Bei dem späteren Verkauf erzielte er einen Erlös von 1.038.525 DM. Als "Übererlös" erzielte er 137.050 DM (UA S. 6).

7

Der Ehrengerichtshof hat festgestellt, der Rechtsanwalt habe trotz der Einschaltung eines freien Mitarbeiters die "Oberverantwortung" bei dem Verkauf der Grundstückseinheiten tragen sollen und wollen. Er ist der Auffassung, daß die "Verwertung des Hauses Br.gasse ... zur optimalen Erfüllung seiner Anwaltstätigkeit gehört habe" (UA S. 10). Mit der Übernahme der Verkaufstätigkeit habe der Rechtsanwalt auch dann, wenn "eine Maklertätigkeit im Einzelfall zulässig sein" sollte (UA S. 11 ff), pflichtwidrig gehandelt. "Aufgrund der richtigerweise zu treffenden Bewertung der Tätigkeit des angeschuldigten Rechtsanwalts als einer Anwaltstätigkeit", ergebe sich ein Verstoß gegen § 52 Abs. 1 und 2 der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts (UA S. 14 ff), die weder gerechtfertigt noch entschuldigt sei (UA S. 15).

8

b)

Dies hält im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand. Der Rechtsanwalt hat seine Berufspflichten (§ 43 BRAO) schuldhaft verletzt.

9

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein Rechtsanwalt im Einzelfall berechtigt ist, als Makler tätig zu sein. Auf die Annahme des Ehrengerichtshofs, eine Maklertätigkeit sei, wenn sie überhaupt zulässig sein sollte, hier jedenfalls nicht erlaubt gewesen (UA S. 11 ff), kommt es deshalb nicht an. Denn der Ehrengerichtshof hat zutreffend angenommen, daß der Beschwerdeführer den Verkauf der Grundstückseinheiten als Rechtsanwalt zu tätigen und zu überwachen hatte. Er hat zwar in der mit seiner Mandantin geschlossenen Vereinbarung darauf hingewiesen, daß er bei der Veräußerung der Grundstückseinheiten "nicht als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig werde". Dieser Vorbehalt kann aber den Charakter des mit seiner Mandantin Susanne P. bestehenden Rechtsverhältnisses nicht ändern. Denn ein Rechtsanwalt kann nicht einen Teil eines Gesamtauftrages aus dem anwaltlichen Vertragsverhältnis ausklammern, um es auf diese Weise standes- und gebührenrechtlich aus diesem zu lösen. Das anwaltliche Vertragsverhältnis verpflichtete ihn, bei der Regelung von Nachlaßangelegenheiten, zu der wegen des drohenden Nachlaßkonkurses auch der Verkauf von Immobilien gehörte, tätig zu werden. Es ist deshalb, wovon der Ehrengerichtshof im Ergebnis zu Recht ausgegangen ist, unabhängig von den Vorstellungen, die sich die Parteien über dessen Rechtsnatur machten, auch in dem Teil als Anwaltsdienstvertrag anzusehen (vgl. BGH NJW 1980, 1855; 1985, 2642), den die Parteien den Regeln des Maklerrechts unterstellen wollten.

10

Zutreffend hat der Ehrengerichtshof auch angenommen, daß das Vergütungsversprechen, das sich der Rechtsanwalt von seiner Mandantin für den Verkauf der Grundstückseinheiten hat geben lassen, im Ergebnis die Vereinbarung eines Erfolgshonorars war. Denn die Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts war abhängig von den beim Verkauf des Grundstücks erzielten Preisen. Vereinbarungen über Erfolgshonorare sind aber grundsätzlich unzulässig (BGHSt 30, 22, 26). Die von der Bundesrechtsanwaltskammer gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO erlassenen Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts - im folgenden Grundsätze (vgl. dazu BGHSt 34, 85, 88) - lassen Erfolgshonorare in § 52 Abs. 2 nur in Ausnahmefällen zu. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier, wie der Ehrengerichtshof zutreffend ausgeführt hat, nicht vor. Soweit die Verteidigung rügt, der Ehrengerichtshof habe nicht berücksichtigt, daß die Vereinbarung vom 8. Dezember 1981 erst auf Bitten der Mandantin so, wie geschehen, geschlossen worden sei - der Rechtsanwalt habe eine stundenweise Vergütung vorgeschlagen -, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die Feststellungen des tatrichterlichen Urteils. Auf die Frage, ob der Einwand von rechtlicher Relevanz ist, kommt es deshalb nicht an.

11

Ohne Rechtsfehler hat der Ehrengerichtshof schließlich ausgeschlossen, daß der Rechtsanwalt sich bei der Abfassung der Vereinbarung vom 8. Dezember 1981 in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befand. Der Tatrichter hat dazu dargelegt, daß der Rechtsanwalt standesrechtliche Bedenken gehabt, diese aber nach Befragen eines Kollegen und gemeinsamer Durchsicht eines Kommentars zur Rechtsanwaltsgebührenordnung "nicht mehr für stichhaltig" gehalten hat (UA S. 5). Zutreffend hat der Ehrengerichtshof dazu ausgeführt, daß die bloße Durchsicht eines Kommentars zur Gebührenordnung hier nicht ausreichend war. Der Rechtsanwalt hätte seinen Irrtum über das standesrechtliche Erlaubtsein seines Verhaltens vermeiden können, wenn er sich mit der Literatur und Rechtsprechung zum Anwaltsdienstvertrag befaßt hätte.

12

2.

Standesverfehlung bei einer Strafanzeige.

13

a)

Der Rechtsanwalt erstattete mit Schreiben vom 24. März 1983 gegen eine ehemalige Angestellte Strafanzeige wegen Verdachts der versuchten Erpressung oder des Verdachts der Nötigung. Er fügte der Anzeige als Beleg ein Schreiben vom 21. März 1983 (die Angabe 31. März 1983 in dem angefochtenen Urteil beruht ersichtlich auf einem Schreibversehen) bei, das Rechtsanwalt Sp. für die ehemalige Angestellte an ihn gerichtet hatte und führte wörtlich aus:

"als Betroffener bringe ich nachstehenden Sachverhalt zur Anzeige. Inwieweit dieser Sachverhalt möglicherweise Herrn Rechtsanwalt Sp., H.straße ... U. zugerechnet werden könnte, wollen Sie bitte selbst überprüfen".

14

b)

Der Ehrengerichtshof hat dieses Verhalten ohne Rechtsfehler als Verstoß gegen die Kollegialitätspflicht (§ 19 Abs. 2 der Grundsätze) gewertet. Der Tatrichter hat dabei nicht darauf abgestellt, ob die Strafanzeige gegen Frau K. berechtigt war oder nicht. Deshalb sieht die Verteidigung zu Unrecht einen Rechtsfehler darin, daß der Ehrengerichtshof diese Strafanzeige nicht im Wortlaut mitgeteilt hat, sich vielmehr nur mit dem Zusatz befaßt hat, der den Hinweis auf das Verhalten des Rechtsanwalts Sp. enthielt. Ohne Rechtsfehler hat der Ehrengerichtshof dazu angenommen, daß diesem Zusatz die Aufforderung zu entnehmen ist, das Verhalten von Rechtsanwalt Sp. strafrechtlich zu überprüfen, daß diese Aufforderung nicht notwendiger Bestandteil der Strafanzeige gegen seine ehemalige Angestellte war und deshalb nur bei Beachtung der Kollegialitätspflicht des § 19 Abs. 2 der Grundsätze hätte erstattet werden dürfen.

15

3.

Der Rechtsfolgenausspruch läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

Merz
Laufhütte
Lepa
Schmitz
Kohlndorfer
Weise
Paepcke