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Bundesgerichtshof
Urt. v. 25.11.1985, Az.: II ZR 236/84

Anspruch auf Schadensersatz aus einer - mittelbaren - Beteiligung am Betrieb US-amerikanischer Kohlenminen; Unzutreffende Angaben in einem Werbeprospekt; Zustellung einer Klage kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist; Unangemessene Verzögerung einer Vorschusszahlung nach Ablauf der Verjährungsfrist; Ansehung einer Klage als "demnächst" zugestellt

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
25.11.1985
Aktenzeichen
II ZR 236/84
Entscheidungsform
Versäumnisurteil
Referenz
WKRS 1985, 13508
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Frankfurt am Main - 19.09.1984

Fundstellen

  • NJW 1986, 1347-1348 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1986, 677 (red. Leitsatz)

Prozessführer

1. E. Verwaltungsgesellschaft mbH,
vertreten durch ihren Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), V. straße 75, F.

2. Herr Günther S., B. Straße 34, S.

3. Herr Peter K., H. straße 5, F.

4. ...

5. ...

6. Notar Gerhard B., G. E. Straße 13, F.

7. Herr Reinhard A., E. Landstraße 123, F.

Prozessgegner

Landwirt Friedrich H., U. 1, S.

In dem Rechtsstreit
hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 1985
durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. h.c. Stimpel und
die Richter Dr. Schulze, Bundschuh, Dr. Seidl und Brandes
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. September 1984 aufgehoben, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 3 abgewiesen und der Kläger aus diesem Grunde mit je 1/5 der Gerichts- und seiner eigenen außergerichtlichen Kosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3 - jeweils bezogen auf das Berufungsverfahren - belastet worden ist.

Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen

  • die Beklagten zu 1 und 7 ihre außergerichtlichen Kosten sowie als Gesamtschuldner 1/16 der Gerichtskosten und 6/25 der außergerichtlichen Kosten des Klägers,
  • der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 und 6, 1/16 der Gerichtskosten und 6/25 der eigenen außergerichtlichen Kosten.

Über die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens entscheidet das Berufungsgericht.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihm aus seiner - mittelbaren - Beteiligung am Betrieb US-amerikanischer Kohlenminen entstanden ist. Im Revisionsverfahren geht es, seitdem der Senat die Annahme der Rechtsmittel im übrigen abgelehnt hat, nur noch um die Haftung des Beklagten zu 3.

2

Nach einem Konzept des Beklagten zu 7 gründeten zunächst der Beklagte zu 3 die zu 4 verklagte GmbH und der Beklagte zu 2 die zu 1 verklagte GmbH. Jeder übernahm in seiner Gesellschaft die Geschäftsführung. Beide gründeten sodann die zu 5 verklagte Kommanditgesellschaft mit der Beklagten zu 4 als Komplementärin und der Beklagten zu 1 als Kommanditistin. Die Beklagte zu 5 gründete ihrerseits eine Gesellschaft in den USA, die drei Kohlenminen pachtete und Abbaurechte sowie Gerätschaften kaufte. An diesem Geschäft sollten sich deutsche Anleger, die mit einem Prospekt geworben wurden, in der Weise beteiligen, daß sie durch eine "Beitrittserklärung" der Beklagten zu 1 treuhänderisch Gelder übergaben, mit denen diese Beklagte zum Teil Kommanditanteile, zum Teil stille Beteiligungen an der Beklagten zu 5 erwarb. Zu den Anlegern gehörte auch der Kläger. Er zeichnete am 3. Juni 1980 100.000,- DM und überwies sie 2 1/2 Monate später auf das Notaranderkonto des Beklagten zu 6, welcher 77 % in die USA und 23 % an die Beklagte zu 5 weiterleitete. Als Abschlag auf den zu erwartenden Gewinn erhielt der Kläger in der folgenden Zeit dreimal je 5.000 DM. Im Jahre 1981 gerieten die beteiligten Firmen in finanzielle Schwierigkeiten. Konkursanträge über die Vermögen der Beklagten zu 4 und 5 wurden mangels Masse abgewiesen. Die Beklagte zu 1 stellte ihren Geschäftsbetrieb ein und ist vermögenslos.

3

Mit der Behauptung, die Angaben im Prospekt hätten nicht der Wahrheit entsprochen, verlangt der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldnern den Ersatz von 85.000 DM seiner Einlage und Zinsen.

4

Das Landgericht hat den Beklagten zu 3 antragsgemäß verurteilt, das Oberlandesgericht hat dagegen die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe

5

Gegenüber dem Beklagten zu 3 ist die Revision des Klägers begründet.

6

Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise festgestellt, der Prospekt, mit dem seinerzeit geworben und mit dem auch der Kläger zum Beitritt bewogen worden sei, habe unzutreffende Angaben enthalten. Der Beklagte zu 3 sei für die Herausgabe mitverantwortlich gewesen. Für ihn komme daher an sich eine Schadensersatzpflicht nach den Grundsätzen der Prospekthaftung in Betracht. Der Anspruch sei aber verjährt. Die sechsmonatige Verjährungsfrist habe spätestens im Juli 1981 zu laufen begonnen, denn der Kläger habe spätestens damals die Unrichtigkeit des Prospekts erkannt. Seine Klageschrift sei am 17. Dezember 1981 bei Gericht eingegangen, dem Beklagten aber erst am 2. März 1982 zugestellt worden. Seit Einreichung der Klage seien mithin zweieinhalb und seit Ablauf der Verjährungsfrist mehr als zwei Monate verstrichen. Die verzögerte Zustellung habe der Kläger zu vertreten, zumal er den Kostenvorschuß, der am 5. Januar 1982 angefordert worden sei, erst nach dem 16. Februar 1982 eingezahlt habe. Die Verjährung könne daher durch die an sich rechtzeitige Einreichung der Klage nicht mehr als unterbrochen gelten.

7

Mit diesen Ausführungen läßt sich die Verjährung des eingeklagten Anspruchs, wie die Revision zu Recht rügt, nicht hinreichend begründen.

8

Nach § 209 Abs. 1 BGB wird die Verjährung grundsätzlich unterbrochen, wenn der Berechtigte vor Ablauf der Frist durch Zustellung eines Schriftsatzes (§ 253 Abs. 1 ZPO) Klage erhebt. Gemäß § 270 Abs. 3 ZPO tritt die Unterbrechung aber auch ein, wenn die Klageschrift zwar erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt wird, aber schon vor Ablauf bei Gericht eingereicht wird und die Zustellung "demnächst erfolgt". Hiernach genügt es, daß die Klage am letzten Tage des Laufs der Verjährungsfrist eingereicht wird. Es kommt infolgedessen nicht auf den Hinweis des Berufungsgerichts an, daß im vorliegenden Falle zwischen Einreichung der Klage (im Dezember 1981) und Zustellung zweieinhalb Monate lagen, sondern allein darauf, ob die Klage, gemessen vom Tage des Ablaufs der Verjährungsfrist, "demnächst" zugestellt worden ist (BGH, Urt. v. 7.4.1983 - III ZR 193/81 = LM GG Art. 34 Nr. 135; Urt. v. 12.10.1971 - VI ZR 59/70 = LM ZPO § 261 b Nr. 16; Urt. v. 12.2.1969 - IV ZR 539/68 = LM ZPO § 261 b Nr. 12). Den genauen Tag des Fristablaufs hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, sondern nur dargelegt, der Kläger habe "spätestens im Juli 1981" von der Unrichtigkeit des Prospekts Kenntnis gehabt. Für die Revisionsinstanz ist daher zugunsten des Klägers davon auszugehen, daß die Verjährungsfrist erst Ende Januar 1982 abgelaufen war.

9

Da die klagende Partei keinen Einfluß auf den Zustellungsbetrieb des Gerichts hat, gereichen ihr weiterhin auch nach Ablauf der Verjährungsfrist nur solche Verzögerungen zum Nachteil, die in ihrem eigenen Bereich entstanden und daher von ihr zu vertreten sind. Im vorliegenden Fall bedeutet das, daß es auch nicht auf den Zeitpunkt ankommt, der zwischen der Zahlung des Kostenvorschusses und der Zustellung am 2. März 1982 lag. Die Entscheidung läuft damit allein darauf hinaus, ob der Kläger die Vorschußzahlung nach Ablauf der Verjährungsfrist unangemessen verzögert hat und die Klage aus diesem Grunde nicht mehr als "demnächst" zugestellt angesehen werden kann. Den genauen Zeitpunkt der Vorschußzahlung hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt, sie kann aber nach seinen Ausführungen am 17. Februar 1982 bei Gericht eingegangen sein. Wäre das der Fall gewesen, so könnte eine Würdigung der Umstände unter Berücksichtigung der Belange des Beklagten möglicherweise zu dem Ergebnis kommen, daß die Klage, sofern der Klageanspruch erst Ende Januar 1982 verjährt war, noch rechtzeitig zugestellt worden ist; in der Rechtsprechung werden jedenfalls Fristen für die Vorschußzahlung in der Regel noch als hinnehmbar behandelt, die sich um zwei Wochen bewegen oder geringfügig darüber liegen. Auf alle Fälle wäre die Klage im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO "demnächst" zugestellt worden, wenn der Kläger die Aufforderung zur Vorschußzahlung, wie er mit einer Rüge nach § 139 ZPO geltend macht, wegen eines Fehlers der Geschäftsstelle des Landgerichts erst mit erheblicher Verzögerung erhalten und den Verrechnungsscheck alsbald übersandt hätte. Denn die Vorschußanforderung kann die Klagepartei grundsätzlich auch nach Ablauf der Verjährungsfrist abwarten, bevor sie zahlen muß. Das Berufungsgericht hat zwar eine Aufforderung vom 5. Januar 1982 angenommen, über deren Absendung und ihren Zugang beim Kläger aber bislang nichts festgestellt.

10

Die Tatsachen, aus denen sich die Verjährung des Klageanspruchs oder deren Unterbrechung ergeben kann, bedürfen daher einer weiteren Klärung und Würdigung. Der Ansicht der Revision, daß es dessen nicht bedürfe, weil der Klageanspruch auch auf die einer längeren Verjährung unterliegenden Vorschriften der unerlaubten Handlungen oder auf Verschulden bei Vertragsschluß gestützt werden könne, ist nicht zu folgen. Ansprüche aus diesen Rechtsgründen hat das Berufungsgericht rechtlich einwandfrei verneint.

11

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Da der Beklagte zu 3 in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden.

Stimpel
Dr. Schulze
Bundschuh
Dr. Seidl
Brandes