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Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.11.1985, Az.: 2 StR 626/85

Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts vom Versuch ; Erfordernis des Lösens von Zweifeln an der Freiwilligkeit des Rücktritts zugunsten des Angeklagten; Rücktritt; Vollendung der Tat; Innere Hemmungen; Unfreiwilligkeit; Freiwilligkeit; Psychische Unvermögen

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
13.11.1985
Aktenzeichen
2 StR 626/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 11722
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Frankfurt am Main - 23.05.1985

Fundstellen

  • MDR 1986, 271
  • StV 1986, 149

Verfahrensgegenstand

räuberische Erpressung u.a.

Redaktioneller Leitsatz

Treten beim Täter vor Vollendung der Tat innere Hemmungen auf, die ihn zwingen, von der Vollendung abzusehen, so erfolgt der Rücktritt nicht freiwillig, sondern es ist eine Unfreiwilligkeit wegen psychischen Unvermögens anzunehmen.

Zugunsten des Täters sind Zweifel an der Freiwilligkeit des Rücktritts aufzulösen.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 13. November 1985
gemäß § 349 Abs. 2 bis 4 StPO
beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Mai 1985 aufgehoben

    1. 1.

      soweit der Angeklagte wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden ist,

    2. 2.

      im gesamten Strafausspruch soweit er den Angeklagten betrifft.

  2. II.

    In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  3. III.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

1.

Die Verurteilung wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

2

Der Angeklagte bedrohte den Inhaber einer Apotheke mit einem Schreckschußrevolver und verlangte von ihm die Herausgabe von Geld. Der so Bedrohte schob dem Angeklagten betont langsam kleinere Geldscheine (10- und 20-DM-Banknoten) zu. Der Angeklagte forderte ihn auf, sich zu beeilen. Als der Apotheker darauf nicht reagierte, wurde der Angeklagte nervös, geriet in Angst, zitterte und lief ohne Geld davon.

3

Das Landgericht wertet dieses Verhalten des Angeklagten als versuchte schwere räuberische Erpressung, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob der Täter freiwillig und deshalb mit strafbefreiender Wirkung vom unbeendeten Versuch zurückgetreten ist. Entscheidend für die Frage der Freiwilligkeit ist, ob aus der Sicht des Täters ein für ihn zwingendes Hindernis vorlag oder ob er noch Herr seiner Entschlüsse geblieben ist (BGH Strafverteidiger 1984, 329). Meinte der Angeklagte, er werde die Tat nicht vollenden können, so war er nicht mehr Herr seiner Entschlüsse. Unfreiwilligkeit wegen psychischen Unvermögens ist aber nur anzunehmen, wenn beim Täter innere Hemmungen solcher Art auftreten, die für ihn einen zwingenden Grund darstellen, von der Vollendung der Tat abzusehen (BGH, Beschluß vom 27. August 1982 - 3 StR 284/82 - bei Holtz MDR 1982, 969).

4

Zweifel an der Freiwilligkeit sind zugunsten des Angeklagten zu lösen (BGH Strafverteidiger 1984, 329).

5

Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht auszuschließen, daß der Angeklagte freiwillig auf die Fortsetzung der Tat verzichtete, zumal er auch die ihm bereits zugeschobenen Geldscheine nicht mitgenommen hat.

6

2.

Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen weiteren Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß sich die Verurteilung wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung auf die Höhe der anderen Strafen ausgewirkt hat. Aus diesem Grunde hat der Senat auch den gesamten Strafausspruch aufgehoben.

Herdegen
Maier
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