Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.11.1985, Az.: IVa ZR 96/84
Wirksamkeit einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB); Ausschluss der Eigenvermietung eines erworbenen Ferienhauses in einem Ferienpark; Bindung an die Vermittlung durch eine Verwaltungsgesellschaft; Recht zur Kündigung aus wichtigem Grunde; Vorliegen eines Maklervertrages
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 06.11.1985
- Aktenzeichen
- IVa ZR 96/84
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 12970
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Oldenburg - 04.04.1984
- LG Oldenburg - 20.10.1983
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1986, 294-295 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1986, 1173-1174 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Eine AGB-Klausel, in der der Erwerber eines Ferienhauses in einem Ferienpark bei der gewerblichen Vermietung zeitlich unbegrenzt und unter Ausschluß der Eigenvermietung an die Vermittlung durch eine Verwaltungsgesellschaft gebunden ist, verstößt gegen§ 9 AGBG.
Ein derartiger Vertrag kann auf regelmäßige Dienstleistungen i.S. von § 28 Abs. 2 AGBG gerichtet sein.
In dem Rechtsstreit
hat der IVa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 1985
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Hoegen und
die Richter Dr. Lang, Dehner, Dr. Zopfs und Dr. Ritter
fürRecht erkannt:
Tenor:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. April 1984 aufgehoben und das Urteil der 13. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Oldenburg vom 20. Oktober 1983 geändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die beklagten Eheleute kauften mit notariellem Vertrag vom 25./30. Oktober 1976 von der Klägerin zwei Ferienhäuser im Ferienpark T. In § 9 des Vertrages heißt es:
"Die Verkäuferin wird zum Verwalter des Wohn- und Ferienparks bestellt. Hierüber wird ein gesonderter Ordnungs- und Pflegevertrag abgeschlossen, der als Vertragsbestandteil beigefügt ist."
In dem von der Klägerin bei einer Vielzahl von Erwerbern verwendeten Ordnungs- und Pflegevertrag wird die dauernde Verwaltung gemeinschaftlicher Einrichtungen und der Ferienhäuser durch die Beklagte gegen ein bestimmtes Entgelt teils obligatorisch, teils auf Wunsch der Erwerber sowie die Vermietung der Ferienhäuser geregelt. Die Klägerin verpflichtete sich dort unter D: "Auf Wunsch der Hausbesitzer die Häuser dem Fremdenverkehrs-Vermiet-Service unter Einschaltung von Touristikunternehmen zuzuführen." Der Hausbesitzer verpflichtete sich nach XII,
"Die Vermietung des Hauses an dritte Personen nur über die Verwaltung abzuwickeln. Darüber ist der unter D genannte gesonderte Vertrag abzuschließen.
Das unentgeltliche Überlassen des Hauses an Verwandte und Freunde fällt nicht unter diese Regelung."
und unter XIII
"Die Verpflichtungen aus diesem Vertrag an seine Rechtsnachfolger und auf seine Gäste und Besucher zuübertragen."
Zum Verwalter für den Wohn- und Ferienpark sollte die Klägerin oder eine von ihr beauftragte Verwaltungsgesellschaft bestellt werden. Mit der darauf gegründeten Ferienpark T. GmbH,
die die Verwaltung übernahm, schlossen die Beklagten am 3. Februar 1978 einen Mietvertrag über die beiden Ferienhäuser. Danach vermieteten sie die Ferienhäuser zur Untervermietung an die Ferienpark T. GmbH und durften sie nur in bestimmtem Rahmen auch selbst nutzen. Die GmbH verpflichtete sich, die Vermietung der Ferienhäuser im Rahmen der Nachfrage nach besten Kräften vorzunehmen und 85% der aus der "Untervermietung" erzielten Erlöse an die Beklagten abzuführen.
Diesen Vertrag kündigten die Beklagten zum 31. Dezember 1981 und betreiben seither die Vermietung ihrer Ferienhäuser mit Hilfe eines örtlichen Verwalters selbst.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten, die Vermietung der Ferienhäuser gegen Entgelt im Rahmen des gewerblichen Fremdenverkehrs zu unterlassen und die entgeltliche Vermietung nur über die Verwaltung der Ferienpark T. GmbH im Rahmen des Ordnungs- und Pflegevertrages vorzunehmen. Sie besteht nicht auf dem Abschluß eines neuen "Mietvertrages", hält es vielmehr für ausreichend, wenn sie die zwischen den Beklagten und den Interessenten abzuschließenden Mietverträge vermittele; wesentlich sei, daß die Beklagten eine eigene Vermietung, die nicht über die Verwaltung der Klägerin laufe, unterließen.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision erstreben die Beklagten die volle Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht versteht Ziffer XII des Ordnungs- und Pflegevertrages dahin, daß die Beklagten danach gehalten sind, die eigene gewerbliche Fremdvermietung zu unterlassen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das Berufungsgericht wendet das AGB-Gesetz nicht an, weil der Vertrag vor dem 1. April 1977 abgeschlossen sei. Als Formularvertrag unterliege der Verwaltervertrag aber der richterlichen Inhaltskontrolle im Sinne der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes. Ziffer XII des Vertrages sei aber weder unklar noch für die Beklagten überraschend. Die Verpflichtung, die gewerbliche Fremdvermietung nur über die Klägerin oder einen von ihr beauftragten Dritten durchzuführen, sei auch nicht sittenwidrig. Zwar sehe der Vertrag keine Kündigungsmöglichkeit vor. Jedenfalls habe aber die bisherige Vertragsdauer von 7 bis 8 Jahren nicht zu einer sittenwidrigen Knebelung der Beklagten geführt. In der Anfangsphase habe die Kontinuität der Verwaltung den Eigentümern der Ferienhäuser erhebliche Vorteile gebracht, sei sogar notwendig gewesen, umüberhaupt erst eine funktionierende Gemeinschaft zu schaffen und den Ferienpark auf dem Markt bekannt zu machen. Dem Schutzbedürfnis der Beklagten werde dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß sie ein unabdingbares Recht zur Kündigung aus wichtigem Grunde nach § 626 BGB hätten. Einen wichtigen Grund zur Kündigung hätten die Beklagten allerdings nicht schlüssig dargetan.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht geht zunächst zutreffend und von der Revisionserwiderung unbeanstandet davon aus, daß es sich bei dem Ordnungs- und Pflegevertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Sie hat den vorformulierten Vertrag einer Vielzahl von Kaufverträgen zugrundegelegt. Daß eine seiner Klauseln mit den Beklagten ausgehandelt worden wäre, ist nicht dargetan.
Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht aber die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes. Nach seinem § 28 Abs. 2 gilt § 9 des Gesetzes auch für vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossene Verträge über die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen sowie die Gebrauchsüberlassung von Sachen, soweit diese Verträge noch nicht abgewickelt sind. Darunter fallen Maklerverträge dann, wenn der Makler abweichend vom gesetzlichen Regelfall eine Verpflichtung zu regelmäßiger Nachweis- oder Vermittlungstätigkeitübernommen hat (Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 4. Aufl. § 28 Rdn. 5; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, Großkommentar zum AGB-Gesetz 2. Aufl. Bd. II § 28 Rdn. 13). Der zwischen den Parteien streitige Teil des Ordnungs- und Pflegevertrages betrifft die Vermittlung und Abwicklung der gewerblichen Vermietung der Ferienhäuser. Im Mittelpunkt steht insoweit die Suche und Vermittlung von Mietinteressenten sowie die Durchführung abgeschlossener Mietverträge und Abrechnung mit den Beklagten. Dabei ist ausschließlich die Klägerin zur Vermittlung befugt, sogar unter Ausschluß von Eigengeschäften der Beklagten, sie hat aber andererseits eine Pflicht zum Tätigwerden übernommen. Es handelt sich damit im Kern um einen Maklervertrag, der eine Dienstleistung und Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat und als Alleinauftrag unter Ausschluß von Eigengeschäften ausgestaltet ist. Da die Klägerin sich hier - anders als im Normalfall (Senatsurteil vom 26. Februar 1981 - IVa ZR 99/80 = WM 1981, 561) - zur regelmäßigen Vermittlung von Interessenten verpflichtet hat, fällt der Vertrag unter§ 28 Abs. 2 AGBG, soweit er noch nicht abgewickelt ist - und nur für die Zukunft streiten ja die Parteien. Entgegen der Annahme der Klägerin handelt es sich ersichtlich nicht um einen Vertrag auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts im Sinne des § 23 Abs. 1 AGBG. Der Vertrag regelt, jedenfalls soweit die gewerbliche Vermietung der Ferienhäuser in Frage steht, nur die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Klägerin und der Beklagten und betrifft insoweit kein irgendwie geartetes Gemeinschafts- oder Gesellschaftsverhältnis.
Prüfungsmaßstab ist danach § 9 AGBG. Nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 652 ff. BGB ist der Maklervertrag jederzeit vom Auftraggeber frei widerruflich und verbietet nicht die Inanspruchnahme einer anderen Vermittlung oder ein Eigengeschäft des Auftraggebers. Von diesem Leitbild konnte der Makler schon nach altem Recht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam nur in Grenzen abweichen. Der frühere IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat ausgesprochen, daß es Treu und Glauben widerspricht, wenn der Makler seinen Auftraggeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen soweit bindet, daß der Kunde im Rahmen eines Alleinauftrages kein Eigengeschäft abschließen darf, ohne provisionspflichtig zu werden (BGHZ 60, 377, 380 ff.)[BGH 08.05.1973 - IV ZR 158/71]. Um so weniger geht dies an, wenn - wie hier - der Auftraggeber bei einem Eigengeschäft nicht nur provisionspflichtig werden soll, ihm ein Eigengeschäft vielmehr schlechthin untersagt ist, und weiter die zeitlich unbegrenzte Bindung hinzutritt, noch verstärkt durch die Verpflichtung, diese Bindung auch einem eventuellen Rechtsnachfolger aufzuerlegen. Diese krasse Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des Maklervertrages benachteiligt die Beklagten in unangemessener Weise. Sie wird nicht dadurch gerechtfertigt, daß der Vertrag auch Elemente eines Dienst- und Geschäftsbesorgungsvertrages enthält, der die Klägerin zu einem bestimmten Handeln verpflichtet. Abgesehen davon, daß auch das Dienstvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches mannigfaltige Kündigungsmöglichkeiten kennt, ist die hier streitige Klausel in ihrem Kern und nach ihrem Schwerpunkt maklervertraglicher Natur. Für die Frage ihrer Wirksamkeit nach § 9 AGBG ist deshalb der Maßstab des gesetzlichen Leitbildes des Maklervertrages ausschlaggebend, das auch für den Fall des Alleinauftrags und des Maklerdienstvertrags keine unbegrenzte Bindung vorsieht. Aus den besonderen Verhältnissen eines Ferienparks können die Bindung auf Dauer und das Verbot von Eigengeschäften nicht gerechtfertigt werden. Der vom Berufungsgericht zur Verneinung einer Knebelung herangezogene Gesichtspunkt einer Kontinuität der Verwaltung in der Anfangsphase, um überhaupt eine funktionierende Gemeinschaft zu schaffen, betrifft ersichtlich nur die Verwaltung und Pflege gemeinschaftlicher oder gemeinschaftsbezogener Einrichtungen. Diese Verwaltung bleibt in sich sinnvoll, auch wenn die Eigentümer der Ferienhäuser in ihrer Möglichkeit zur wirtschaftlichen Nutzung ihrer Häuser nicht beschränkt werden. Zur Abwehr einer die Mitbewohner des Feriendorfes belästigenden Art der Vermietung ist die Bindung an eine honorarpflichtige Vermittlung durch die Klägerin weder erforderlich noch der geeignete Weg. Daß die Eigentümer der Ferienhäuser, wenn sie sich zur gewerblichen Nutzung ihrer Häuser entschließen, sich dazu der Vermittlung der Klägerin bedienen müssen, liegt offensichtlich hauptsächlich im Interesse der Klägerin, die hierfür einen nicht unbeträchtlichen Teil der eingenommenen Mieten erhält. Die Beklagten haben unwidersprochen dargetan, daß sie bei einer eigenen Vermietung wesentlich höhere Einnahmen erzielen können als bei einer Vermittlung durch die Klägerin. Die Regelung benachteiligt danach die Beklagten in unangemessener Weise. Diese Abwägung kann der Senat selbst vornehmen, da weitere Feststellungen durch den Tatrichter nach den Umständen nicht zu erwarten sind.
Die Klausel kann nicht - wie es dem Berufungsrichter wohl vorgeschwebt hat - teilweise, d.h. für einen bestimmten Zeitraum aufrechterhalten werden. Da die Regelung nicht teilbar ist, liefe das auf eine vom AGB-Gesetz nicht zugelassene geltungserhaltende Reduktion hinaus. Da Nr. XII des Ordnungs- und Pflegevertrags, mit dem allein das Klagebegehren gerechtfertigt werden könnte, sich somit als unwirksam erweist, entscheidet der Senat in der Sache selbst und weist die Klage insgesamt ab.
Dr. Lang
Dehner
Dr. Zopfs
Dr. Ritter