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Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.07.1985, Az.: IVb ZR 37/84

Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten; Ausübung des Übernahmerechts ; Teilung des Überschusses; Anspruch auf Prozesskostenvorschuss; Schuldhafte Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
10.07.1985
Aktenzeichen
IVb ZR 37/84
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 13077
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 16.05.1984

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Jeder Ehegatte hat gegen den anderen einen Anspruch darauf, dass die Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt werden, ehe der Überschuss geteilt wird. Schulden, die erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft begründet wurden, sind keine Gesamtgutsverbindlichkeiten.

  2. 2.

    Der inflationsbereinigte Einbringungswert, der zur Ermittlung der realen Wertsteigerung des Gesamtgutes benötigt wird, muss stets auf den gleichen Zeitpunkt bestimmt werden, der für den Übernahmewert zugrundegelegt wird.

  3. 3.

    Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ist unterhaltsrechtlicher Natur. Die vorgeschossenen Mittel können daher grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Nur ausnahmsweise kommt eine Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers in Betracht, wenn sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich gebessert haben oder die Rückforderung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.

  4. 4.

    Hat ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft aufgehoben, weil er die Scheidung der Ehe anstrebt, kann die Erfüllung der Pflicht zu tatsächlichen Verrichtungen in einem gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb in gleicher Weise unzumutbar werden wie die zur Haushaltsführung.

Der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 1985
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Portmann, Dr. Blumenröhr, Dr. Zysk und Nonnenkamp
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 1984 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der am ... geborene Kläger und die am ... geborene Beklagte schlossen am 14. Mai 1970 die Ehe, aus der drei in den Jahren 1971, 1972 und 1975 geborene Kinder hervorgingen. Durch notariellen Vertrag vom 8. August 1973 vereinbarten sie für die weitere Dauer der Ehe den Güterstand der Gütergemeinschaft und bestimmten, daß die Verwaltung des Gesamtguts beiden gemeinsam zustehen solle. Der Kläger ist Landwirt; er brachte in die Gütergemeinschaft ein land- und forstwirtschaftliches Anwesen ein. Die als landwirtschaftliche Helferin ausgebildete Beklagte brachte eine Aussteuerversicherung im Werte von 3.500 DM ein. Am 10. August 1977 verließ die Beklagte den Hof, weil sie sich vom Kläger trennen wollte; sie hatte bis dahin den Haushalt geführt, die Kinder betreut und in der Landwirtschaft insbesondere durch die Versorgung des Milchviehes mitgeholfen. Seit dem 28. Dezember 1979 ist die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Auf Antrag der Beklagten vom 13. November 1980 wurde zur Vorbereitung der Auseinandersetzung des Gesamtgutes die Teilungsversteigerung des Hofes angeordnet. Der Kläger erklärte daraufhin durch ein der Beklagten am 18. November 1980 zugegangenes Schreiben, daß er gegen Wertersatz alle von ihm in die Gütergemeinschaft eingebrachten Gegenstände übernehme (§ 1477 Abs. 2 BGB); außerdem verlangte er, daß jedem Ehegatten der Wert dessen zurückerstattet werde, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hatte (§ 1478 Abs. 1 BGB). Das Versteigerungsverfahren wurde im Hinblick auf die Übernahmeerklärung einstweilen eingestellt.

2

Im vorliegenden Verfahren betreibt der Kläger die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Parteien. Er hat beantragt festzustellen, daß der Beklagten aus der durch die Scheidung beendeten Gütergemeinschaft keine Ansprüche mehr zustehen, und sie zu verurteilen, ihm wegen pflichtwidriger Einstellung ihrer Mitarbeit Schadensersatz in Höhe von 50.000 DM zu leisten; außerdem hat er beantragt, die Teilungsversteigerung des Anwesens für unzulässig zu erklären und die Beklagte zur Auflassung zu verurteilen.

3

Das Amtsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und sie nur insoweit abgewiesen, als der Kläger einen höheren Schadensersatz als 36.583 DM nebst Zinsen begehrt. Die Beklagte hat die Entscheidung zur Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung nicht angegriffen, im übrigen aber mit der Berufung weiterhin beantragt, die Klage abzuweisen. Das Oberlandesgericht hat die angefochtenen Teile der erstinstanzlichen Entscheidung aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Anwesen Zug um Zug gegen Zahlung von 58.884,10 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 12. April 1980 an den Kläger aufzulassen und in die Eigentumsübertragung einzuwilligen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

4

Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Sie macht geltend, sie könne die Freistellung von den Verbindlichkeiten des Gesamtguts verlangen, die sich im Zeitpunkt der Übernahmeerklärung des Klägers auf 192.358 DM belaufen hätten; außerdem stehe ihr ein Auseinandersetzungsguthaben von mindestens 100.000 DM zu.

5

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

I.

Die Revision ist zulässig, auch soweit die Beklagte über den in der Revisionsbegründung vom 18. Februar 1985 angekündigten Antrag hinaus nunmehr den Klagabweisungsantrag weiterverfolgt.

7

Die Beklagte hatte, nachdem sie ohne Einschränkung Revision eingelegt hatte, in der Revisionsbegründung (nur) beantragt,

das angefochtene Urteil in Ziffer II dahingehend abzuändern, daß die Beklagte nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 100.000 DM zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit 12.4.1980 sowie gegen Freistellung von einer Gesamtgutsverbindlichkeit in Höhe von 192.358 DM verpflichtet ist, das im Grundbuch des Amtsgerichts Mühldorf für Aschau Band 6 Bl. 338 Seite 341 vorgetragene Anwesen samt Zubehör an den Kläger aufzulassen und in die Eigentumsübertragung einzuwilligen,

hilfsweise,

die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

8

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte über diesen Antrag hinaus die Abweisung der Klage - soweit die Berufungsinstanz damit befaßt war - beantragt. Über diesen Antrag ist zu entscheiden, obwohl im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Frist zur Begründung der Revision abgelaufen war. Durch die unbeschränkt eingelegte Revision war der Rechtsstreit insgesamt in die Revisionsinstanz gelangt. Daraus, daß die Beklagte in der Revisionsbegründung einen ihre Beschwer nicht voll erfassenden Rechtsmittelantrag (§ 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) formuliert hatte, kann nicht entnommen werden, daß sie auf die Anfechtung des Berufungsurteils im übrigen verzichten wollte (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGHZ 7, 143; BGH LM § 536 ZPO Nr. 9; Senatsbeschluß vom 8. Juli 1981 - IVb ZB 657/81 - FamRZ 1981, 946, 947; zuletzt Urteil vom 24. Oktober 1984 - VIII ZR 140/83 - zur Veröffentlichung bestimmt, m.w.N.). Die Beklagte konnte danach noch bis zur mündlichen Verhandlung den Rechtsmittelantrag erweitern, soweit die Erweiterung durch die fristgerecht eingegangene Revisionsbegründung gedeckt war. Das ist hier der Fall. In der Revisionsbegründung hat die Beklagte beanstandet, daß der Kläger die Auseinandersetzung des Gesamtgutes nicht vor der Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten verlangen könne. Wie unten (unter II) näher ausgeführt wird, liegt darin eine selbständig tragende Begründung für die Abweisung des Anspruchs auf Übereignung.

9

II.

Die Revision ist begründet.

10

1.

Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß zur Zeit der Ausübung des Übernahmerechts durch den Kläger am 18. November 1980 das in die Gütergemeinschaft eingebrachte Anwesen mit Verbindlichkeiten in Höhe von 192.358 DM belastet war. Es hat diese Schulden (nur) als Passivposten bei der auf diesen Zeitpunkt bezogenen Wertberechnung des zu übernehmenden Gegenstandes berücksichtigt und demgemäß den Kläger zu entsprechend niedrigerem Wertausgleich an das Gesamtgut für verpflichtet erachtet. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht die Beklagte zur Auflassung des Anwesens an den Kläger und zur Einwilligung in die Eigentumsübertragung verurteilt hat, obwohl nicht feststeht, daß die im Verhältnis der Parteien zueinander erforderliche Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten erfolgt ist.

11

Durch die Auflösung ihrer Ehe ist die zwischen den Parteien vereinbarte Gütergemeinschaft beendet worden; sie haben sich jedoch über das Gesamtgut noch auseinanderzusetzen (§ 1471 BGB). Das geschieht, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbaren, gemäß § 1474 BGB nach den §§ 1475 bis 1481 BGB. Das vom Kläger ausgeübte Recht, gegen Ersatz des Wertes das von ihm eingebrachte landwirtschaftliche Anwesen zu übernehmen (§ 1477 Abs. 2 BGB), beeinflußt erst die Art und Weise der Verteilung des Überschusses. Die Teilung stellt den Abschluß der Auseinandersetzung dar; "zunächst" haben die Ehegatten nach § 1475 Abs. 1 BGB die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen. Jeder Ehegatte hat gegen den anderen einen Anspruch darauf, daß die Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt werden, ehe der Überschuß geteilt wird (vgl. Dölle Familienrecht Bd. I § 80 I 2 a S. 974). Besteht das Gesamtgut im wesentlichen aus Vermögensgegenständen, die in einem gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb zusammengefaßt sind und die ein Ehegatte - weil er sie eingebracht hat - gemäß § 1477 BGB wieder übernehmen will, kann der andere die zur Übereignung des Grundbesitzes erforderlichen Willenserklärungen daher verweigern, bis die Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt sind. Gesamtgutsverbindlichkeiten sind nach der gesetzlichen Definition in den §§ 1437, 1459 BGB diejenigen Schulden der Ehegatten, wegen derer ihre Gläubiger Befriedigung aus dem Gesamtgut verlangen können. Darunter fallen nicht solche Schulden, die erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft begründet worden sind (vgl. BGB-RGRK/Finke 12. Aufl. § 1475 Rdn. 2; Soergel/Gaul BGB 11. Aufl. § 1475 Rdn. 2; Staudinger/Thiele BGB 12. Aufl. § 1475 Rdn. 3; Gernhuber Familienrecht 3. Aufl. § 38 X 3 S. 580; a.A. MünchKomm/Kanzleiter BGB § 1472 Rdn. 4). Die Feststellung des Berufungsgerichts schließt indessen nicht aus, daß die am 18. November 1980 auf dem Anwesen ruhenden Schulden ganz oder teilweise bereits bei der Beendigung der Gütergemeinschaft am 28. Dezember 1979 (Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils) als Verbindlichkeiten des Gesamtguts bestanden haben. Auch hat die Beklagte deren Berichtigung vor der Überschußverteilung gefordert (Schriftsätze vom 2. April 1982 und vom 1. Februar 1983). Würde der Kläger das von ihm eingebrachte Anwesen vor der Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten in Alleineigentum übernehmen, so läge darin eine Teilung des Gesamtguts (BGB-RGRK/Finke a.a.O. § 1480 Rdn. 4), denn das Anwesen stellt offenbar im wesentlichen das Gesamtgut dar. Sie hätte zur Folge, daß die Beklagte auch solchen Gläubigern des Gesamtguts persönlich haften würde, denen gegenüber zur Zeit der Teilung eine solche Haftung nicht besteht (§ 1480 BGB), und daß sie dem Kläger nach näherer Maßgabe des § 1481 BGB einstands- oder ersatzpflichtig werden könnte.

12

Auf welche Weise die Berichtigung zu erfolgen hat, bestimmt § 1475 BGB. Den Regelfall stellt die Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten und die Zurückbehaltung der für die Erfüllung noch nicht fälliger Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel dar. Die Berichtigung kann aber auch auf jede andere Weise erfolgen, die dem Sicherungsbedürfnis der Ehegatten nach der Teilung des Gesamtguts Rechnung trägt. Der Senat hat bereits für ausreichend erachtet, daß der sein Übernahmerecht ausübende Ehegatte die Verbindlichkeiten als Alleinschuldner übernimmt und der Gläubiger den anderen Ehegatten aus der Haftung entläßt (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 1985 - IVb ZR 34/84 - zur Veröffentlichung bestimmt). Eine solche Regelung wird nicht selten zu erreichen sein, wenn die Verbindlichkeiten wie im vorliegenden Fall im wesentlichen in der Inanspruchnahme eines Bankkredites liegen, der auf dem zu übernehmenden Vermögensgegenstand dinglich abgesichert ist; denn in einem solchen Fall hat die persönliche Haftung eines vermögenslosen geschiedenen Ehegatten für den Kreditgeber kein großes wirtschaftliches Gewicht. Den Parteien bleibt es aber unbenommen, sich auf einen anderen Weg für die Berichtigung zu einigen.

13

Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die bei Scheidung bestehenden Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt worden sind. Das angefochtene Urteil war daher Aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Zwar erscheint die Klage nach dem bisher festgestellten Sachverhältnis gegenwärtig als unbegründet, doch legt das prozessuale Verhalten beider Parteien die Annahme nahe, daß sie entweder über die Art der Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten einig sind oder bei einer neuen Verhandlung vor dem Tatrichter einig werden könnten. Denn der in der Revisionsbegründung angekündigte Antrag der Beklagten erweckt den Eindruck, daß es ihr ausreicht, wenn der Kläger die Gesamtgutsverbindlichkeiten übernimmt und die Beklagte von einer Inanspruchnahme durch Gesamtgutsgläubiger freistellt. Auf der anderen Seite hat der Kläger durch die gerichtliche Geltendmachung des Übereignungsanspruchs vor der Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten und durch die Nichtanfechtung des ihn zur Leistung einer beträchtlichen Ausgleichszahlung an die Beklagte verpflichtenden Berufungsurteils erkennen lassen, daß eine die Beklagte befreiende Übernahme der Verbindlichkeiten durch ihn gegen Anrechnung auf den zum Gesamtgut zu leistenden Wertersatz eine wirtschaftlich tragfähige Lösung darstellen könnte. Bei diesem Verfahrensstand ist die Zurückverweisung geboten, um den Parteien Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen - unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats - in tatsächlicher Hinsicht zu ergänzen und sachdienliche Anträge (vgl. dazu Soergel/Gaul, BGB, 11. Aufl. § 1474 Rdn. 5) zu stellen.

14

2.

Für das weitere Verfahren sind folgende Hinweise veranlaßt:

15

a)

Rechtlich bedenkenfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Kläger, der aufgrund seiner Übernahmeerklärung das eingebrachte landwirtschaftliche Anwesen (vorbehaltlich der Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten, vgl. oben unter II 1) übernehmen kann, einerseits gemäß § 1477 Abs. 2 BGB dessen Wert dem Gesamtgut zu ersetzen hat, andererseits aber verlangen kann, daß jeder Partei aus dem Gesamtgut der Wert dessen erstattet wird, was sie in die Gütergemeinschaft eingebracht hat (§ 1478 Abs. 1 BGB). Beide Rechte können nebeneinander geltend gemacht werden (BGHZ 84, 333, 338). Auf Bedenken stößt aber, daß das Berufungsgericht die Wertberechnung gemäß § 1477 Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt der Übernahmeerklärung (18. November 1980) bezogen und demgemäß bei der Bestimmung des Einbringungswertes des Anwesens die inflationsbedingte Geldentwertung ebenfalls nur bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt hat. Es ist nicht festgestellt, daß die Parteien sich auf die Bewertung zu diesem Stichtag geeinigt haben. Die Zurückverweisung gibt Gelegenheit zu klären, ob insoweit ein übereinstimmender Parteiwille besteht, der zu beachten wäre. Anderenfalls bestimmt sich der an das Gesamtgut zu ersetzende Wert nach dem Zeitpunkt der Übernahme. Sollen aus dem Gesamtgut Grundstücke übernommen werden, kommt es daher auf den Zeitpunkt der Eintragung des Übernehmers in das Grundbuch an (Senatsurteil vom 14. Dezember 1983 - IVb ZR 62/82 - FamRZ 1984, 254, 256 m.w.N.). Erfolgt die Übernahme erst nach der Entscheidung über den Wertausgleich, bestehen keine Bedenken, wenn der Tatrichter die Bewertung nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bemißt, wenn er davon überzeugt ist, daß sich bis zur Übernahme an dem Wert nichts mehr ändert (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1982, 286, 288). Der inflationsbereinigte Einbringungswert, der zur Ermittlung der realen Wertsteigerung des Gesamtgutes benötigt wird (BGHZ 84, 333), muß stets auf den gleichen Zeitpunkt bestimmt werden, der für den Übernahmewert zugrundegelegt wird.

16

b)

Kommt es zur Teilung eines Überschusses, ist infolge des Erstattungsverlangens des Klägers gemäß § 1478 BGB jedem Ehegatten der Wert dessen zurückzuerstatten, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Beklagte einen Vermögensgegenstand im Wert von 3.500 DM eingebracht hat. Auch dieser der Beklagten zu erstattende Wert muß unter Berücksichtigung der Geldentwertung auf den Abrechnungszeitpunkt berichtigt werden, denn die Rückerstattungswerte können nicht nach für beide Parteien verschiedenen Grundsätzen bemessen werden. Entgegen der Auffassung der Revision hängt der maßgebliche Zeitpunkt nicht von einer eigenen, auf die eingebrachte Aussteuerversicherung bezogenen Übernahmeerklärung der Beklagten ab. Die Erstattung auch dieses Wertes beruht auf der Erklärung des Klägers nach § 1478 Abs. 1 BGB, die für beide Ehegatten Rechtswirkungen auslöst. Der Einbringungswert (§ 1478 Abs. 3 BGB) wird daher auf den Zeitpunkt der Teilung berichtigt, der dem der Übernahme entspricht, wenn das Gesamtgut im wesentlichen aus dem übernommenen Gegenstand besteht.

17

Von der fehlerhaften Berechnung abgesehen, vermißt die Revision zu Recht auch die tatsächliche Gutschrift des - inflationsbereinigten - Erstattungswertes zugunsten der Beklagten bei der Endberechnung ihrer Auseinandersetzungsforderung.

18

c)

Das Berufungsgericht hat die von ihm errechnete (vorläufige) Ausgleichsforderung der Beklagten entsprechend einer Berechnung des Familiengerichts um 10.241,13 DM für festgesetzte Kosten und Prozeßkostenvorschüsse gekürzt. Die Verrechnung mit bereits festgesetzten Kostenerstattungsansprüchen des Klägers (zusammen 3.956,61 DM) hatte die Beklagte nicht angegriffen. Das Berufungsgericht hat daraus offenbar gefolgert, daß die Beklagte gegen die Berücksichtigung des vom Amtsgericht zusammengefaßten Postens Einwendungen nicht erheben wolle und es deshalb einer Begründung für den Abzug des Gesamtbetrages nicht mehr bedürfe. Die Anrechnung der als Prozeßkostenvorschüsse an die Beklagte im Scheidungsverfahren und im vorliegenden Verfahren insgesamt bezahlten 6.284,52 DM auf ihr Auseinandersetzungsguthaben bedarf indessen der Überprüfung.

19

Der Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß ist unterhaltsrechtlicher Natur. Die gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB vorgeschossenen Mittel können daher grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Nur ausnahmsweise kommt eine Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers in Betracht, wenn sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich gebessert haben oder die Rückforderung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht (BGHZ 56, 92 [BGH 14.04.1971 - IV ZR 16/70]). Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 15. Mai 1985 - IVb ZR 33/84 - zur Veröffentlichung bestimmt), berührt eine in dem durch Prozeßkostenvorschüsse ermöglichten Verfahren ergangene Kostenentscheidung den Anspruch aus § 1360 a Abs. 4 BGB nicht. Das gilt auch dann, wenn die Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt haben. Für Prozeßkostenvorschüsse, die erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft gezahlt worden sind, folgt das bereits daraus, daß sie nicht mehr aus dem Gesamtgut geleistet sein können. Das betrifft den im vorliegenden Verfahren durch Beschluß des Familiengerichts vom 16. September 1980 bestimmten Prozeßkostenvorschuß in Höhe von 3.823,35 DM, den der Kläger erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft gezahlt hat. Aber auch Vorschüsse, die aus dem Gesamtgut geleistet worden sind, braucht der Empfänger nach Beendigung des Güterstandes nicht bereits deshalb zu erstatten, weil ihm in dem finanzierten Rechtsstreit die Kosten auferlegt worden sind. Aus den §§ 1443 Abs. 1, 1465 Abs. 1 BGB läßt sich eine derartige Verpflichtung nicht herleiten; diese Regeln enthalten für die Kosten eines Rechtsstreits, den die Ehegatten miteinander führen, nur eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß Verfahrenskosten als Gesamtgutsverbindlichkeiten vom Gesamtgut und damit von beiden Ehegatten gemeinsam getragen werden müssen. Dafür, daß ein in Gütergemeinschaft lebender Ehegatte nach Beendigung der Gütergemeinschaft ohne Rücksicht auf eine Veränderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse einen aus dem Gesamtgut erlangten Prozeßkostenvorschuß stets zurückzahlen müßte, besteht auch kein hinreichender Grund. Dies würde der unterhaltsrechtlichen Natur des Vorschusses widersprechen. Der Empfänger stünde trotz Mittellosigkeit schlechter, als wenn er keinen Vorschuß hätte beanspruchen können, dafür jedoch Prozeßkostenhilfe erlangt hätte. Der abweichenden Auffassung, die der frühere IV. Zivilsenat in der bereits zitierten Entscheidung BGHZ 56, 92 [BGH 14.04.1971 - IV ZR 16/70] auf S. 95 mehr beiläufig geäußert hat, folgt der erkennende Senat deshalb nicht; sie war für die damalige Entscheidung nicht tragend, weil die Parteien jenes Rechtsstreits nicht in Gütergemeinschaft gelebt hatten.

20

Falls das Berufungsgericht jedoch aufgrund der neuen Verhandlung der Sache zu der Auffassung gelangt, daß aufgrund der durch eine Ausgleichszahlung möglicherweise eintretenden Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten die Rückzahlung der Prozeßkostenvorschüsse der Billigkeit entspricht, wird darauf zu achten sein, daß die aus dem Gesamtgut gewährten Vorschüsse wieder in das Gesamtgut zu erstatten sind, dessen Wert sie folglich vergrößern; daran wäre die Beklagte wiederum zur Hälfte zu beteiligen. Dem könnte rechnerisch dadurch Rechnung getragen werden, daß ein solchermaßen begründeter Erstattungsanspruch des Gesamtgutes nur zur Hälfte auf den vom Kläger zu erfüllenden Auseinandersetzungsanspruch der Beklagten verrechnet wird.

21

d)

Bedenken bestehen auch dagegen, daß das Berufungsgericht das Auseinandersetzungsguthaben der Beklagten um einen Betrag von 26.872,27 DM gekürzt hat, weil sie in dieser Höhe zum Gesamtgut Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht im landwirtschaftlichen Betrieb zu leisten habe.

22

Dies ist bereits insoweit verfehlt, als selbst beim Bestehen einer derartigen Ersatzpflicht der Auseinandersetzungsanspruch der Beklagten nicht in gleicher Höhe gekürzt werden dürfte. Wie bereits ausgeführt, erhöhen Ersatzforderungen des Gesamtguts gegen einen Ehegatten den Wert des Gesamtgutes mit der Folge, daß bei der hälftigen Teilung des Überschusses einem ersatzpflichtigen Ehegatten die Hälfte der Forderung wieder gutgebracht werden muß.

23

Den Ausführungen des Berufungsgerichts kann aber auch im übrigen nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Es geht davon aus, daß die in der Gütergemeinschaft bestehende Mitwirkungspflicht jedes Ehegatten (§ 1451 BGB) im vorliegenden Fall die Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb und die Führung des Haushalts umfaßt habe. Die Beklagte habe zwar ihre Mitwirkung im Haushalt einstellen dürfen, weil sie die angestrebte Scheidung nur durch Trennung vom Kläger habe erreichen können. Wegen der unterlassenen Versorgung des Milchviehs hafte sie jedoch entsprechend § 1435 Satz 3 BGB auf Schadensersatz, da sie für die Einstellung ihrer Mitarbeit (seit dem 10. August 1977) keinen stichhaltigen Grund angegeben habe. Der Kläger habe nach dem Ausfall der Beklagten die erforderlichen Stallarbeiten nur unregelmäßig und unter großem Zeitdruck ausführen können, so daß infolge der mangelhaften Versorgung der Kühe sich der Milchertrag gemindert habe. Die Höhe des vom Kläger ausgerechneten Rückgangs der Einnahmen aus dem Milchgeld - von August 1977 bis Dezember 1977: 3.018 DM; im Jahre 1978: 11.862,90 DM; im Jahre 1979: 11.991,34 DM; im genannten Zeitraum somit insgesamt 26.872,27 DM - hat das Berufungsgericht für unbestritten angesehen.

24

Diese Auffassung wird den Besonderheiten des Falles nicht gerecht.

25

Es trifft zwar zu, daß in einer Gütergemeinschaft mit gemeinschaftlicher Verwaltung beide Ehegatten einander verpflichtet sind, zu Maßnahmen mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich sind (§ 1451 BGB), und daß diese Pflicht nicht nur rechtsgeschäftliches, sondern auch rein tatsächliches Handeln betrifft, z.B. in einem landwirtschaftlichen Betrieb die Bestellung der Felder und die Einbringung der Ernte (vgl. BGB-RGRK/Finke a.a.O. § 1451 Rdn. 2) ebenso wie die Versorgung von Vieh. Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, eine Ersatzpflicht in entsprechender Anwendung von § 1435 Satz 3 BGB anzunehmen, wenn ein Ehegatte durch schuldhafte Nichterfüllung seiner Mitwirkungspflicht eine Minderung des Gesamtguts bewirkt hat (Finke a.a.O. Rdn. 6; Soergel/Gaul a.a.O. § 1451 Rdn. 5; MünchKomm/Kanzleiter a.a.O. § 1451 Rdn. 9). Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze setzt aber eine intakte Ehe voraus. In dieser kann sich ein Ehegatte den in der Gütergemeinschaft übernommenen Mitwirkungspflichten nicht einseitig entziehen. Hat ein Ehegatte dagegen die häusliche Gemeinschaft aufgehoben, weil er die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft ablehnt und die Scheidung der Ehe anstrebt, kann das nicht ohne Auswirkung auf die innerhalb der Gütergemeinschaft vorgenommene Aufgabenverteilung bleiben. Die Erfüllung der Pflicht zu tatsächlichen Verrichtungen in einem gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb kann durch die Trennung in gleicher Weise unzumutbar werden wie die zur Haushaltsführung. Ein Ehegatte, der zur Vorbereitung der Scheidung das Getrenntleben (§ 1567 Abs. 1 BGB) herbeiführt, kann daher regelmäßig solche tatsächlichen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, die sinnvoll nur beim Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft erfüllt werden können. Das betrifft auch die Versorgung des Milchviehs auf einem Bauernhof. Nur unter besonderen Umständen kann die Fortsetzung einer solchen Tätigkeit jedenfalls für eine gewisse Übergangszeit noch zugemutet werden, wenn etwa in unmittelbarer räumlicher Nähe andere geeignete Wohnmöglichkeiten für den Ehegatten bestehen und sichergestellt ist, daß sein Entschluß zur Trennung vom anderen Ehegatten respektiert wird. In dieser Hinsicht hat das Berufungsgericht Feststellungen bisher jedoch nicht getroffen.

26

Die Revision rügt auch mit Recht, daß das Berufungsgericht die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs als unbestritten angesehen hat. Das Amtsgericht hatte in seiner Entscheidung den seiner Auffassung nach zu leistenden Schadensersatz danach bemessen, um welchen Betrag der Wert des Gesamtgutes bei einer fortgesetzten Mitarbeit der Beklagten bis zur Auseinandersetzung gestiegen wäre. Dem war die Berufung der Beklagten entgegengetreten. Eine Schadensberechnung auf der Basis eines gegenüber der Zeit vor der Trennung der Parteien verminderten Milchertrages hat der Kläger erst in zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 16. August 1982 vorgenommen. Einen derartigen Rückgang der Einnahmen aus Milchgeld hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. September 1982 sogleich bestritten. Sie hat dieses Bestreiten mit Schriftsatz vom 7. April 1983 aufrecht erhalten. Unter diesen Umständen mußte sie nicht nochmals den etwas veränderten Zahlenangaben des Klägers in dessen Schriftsatz vom 28. April 1983 widersprechen, die das Berufungsgericht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat.

27

Das Berufungsgericht hat auch nicht geprüft, ob im Falle der von ihm angenommenen Schadensersatzpflicht der Beklagten eine Herabsetzung ihrer Ersatzleistung in Betracht kommt, weil der Kläger gegen eine Schadensminderungspflicht verstoßen hat: er hatte nach dem Weggang der Beklagten auch ohne deren Mitwirkung die zur Erhaltung des Gesamtguts notwendigen Maßnahmen zu treffen (vgl. § 1455 Nr. 10 BGB). Bisher ist aber nicht festgestellt, aus welchen Gründen es nicht möglich gewesen ist, die Arbeitskraft der Beklagten nach einer angemessenen Übergangszeit zu ersetzen und den Milchertrag auf die alte Höhe zu bringen. Auch fehlt eine Begründung dafür, daß die Beklagte auch noch den Rückgang des Milchertrages in den Jahren 1978 und 1979 ausgleichen soll.

28

Die neue Verhandlung wird der Beklagten auch Gelegenheit geben, auf ihren Vortrag zurückzukommen, wonach einem Nachteil aus gemindertem Milchertrag ein Vorteil gegenübersteht, weil Unterhalt für sie erspart worden ist.

Lohmann
Portmann
Blumenröhr
Zysk
Nonnenkamp