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Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.06.1985, Az.: 4 StR 213/85

Strafbarkeit wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung und wegen unerlaubten Waffenbesitzes; Anforderungen an die Sachbeschwerde; Erlangung von Kreditkarten durch Täuschung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
13.06.1985
Aktenzeichen
4 StR 213/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 11716
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bielefeld - 28.11.1984

Fundstellen

  • BGHSt 33, 244 - 251
  • MDR 1985, 950-952 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1985, 2280-2282 (Volltext mit amtl. LS)
  • NStZ 1985, 548-549
  • StV 1985, 412-414

Verfahrensgegenstand

Betrug

Amtlicher Leitsatz

Zur strafrechtlichen Beurteilung des Kreditkartenmißbrauchs.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
in der Sitzung vom 13. Juni 1985
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Salger,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Khoblich, Goydke, Dr. Jähnke, Dr. Meyer-Goßner als beisitzende Richter,
Bundesanwältin ... als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte ... als Urkundsbeamtin der Geschäftstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 28. November 1984 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch Über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen unerlaubten Waffenbesitzes unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 9. Juni 1982 - 1 KLs 61 Js 913/77 - zu zwei Jahren und zwei Monaten sowie wegen Betruges in zwei weiteren Fällen zu einem Jahr Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Von dem Vorwurf, sich darüber hinaus des fortgesetzten Betruges in zwei Fällen schuldig gemacht zu haben, hat es ihn freigesprochen. Gegen diesen Freispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachbeschwerde.

2

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

3

1.

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte in zahlreichen Einzelfällen unter Vorlage von Kreditkarten der Firmen American Express und Diners Club bei Vertragsunternehmen dieser Firmen bargeldlos Einkäufe getätigt und Dienstleistungen in Anspruch genommen, wobei er sich darüber im klaren war, daß er "zur Ausgleichung der aufgelaufenen Schuldsalden nicht in der Lage" sein würde. In einzelnen Fällen hat er sich dabei Rechnungen über einen höheren als den zu zahlenden Betrag ausstellen und den Differenzbetrag auszahlen lassen ("Bargeldbeschaffung"). Daß der Angeklagte bereits beim Erwerb der Kreditkarte "die Absicht hatte, diese ... mißbräuchlich einzusetzen", hat das Landgericht nicht festzustellen vermocht.

4

Die Vertragsunternehmen haben sich gegenüber den genannten Firmen verpflichtet, den Inhabern der Kreditkarten Waren und Dienstleistungen zu denselben Preisen und Bedingungen zu überlassen wie barzahlenden Kunden. Zu ihren Vertragspflichten gehört es, jeweils die vorgelegte Kreditkarte auf ihre Gültigkeit und das Vorhandensein der Unterschrift des Karteninhabers zu überprüfen sowie die Mitgliedsnummer und den Namenszug auf dem von diesem zu unterzeichnenden "Belastungsbeleg", der später als Abrechnungsgrundlage dient, zu vergleichen und außerdem zu prüfen, ob der Name des Kunden in den von den Kreditkartenfirmen herausgegebenen "Sperrlisten" verzeichnet ist. Sie sind ferner gehalten, bei ihren Geschäften mit den Karteninhabern die in den Einzelverträgen je nach Branche pro Tag und Mitglied festgelegten Höchstbeträge nicht ohne die Zustimmung der Kreditkartenfirma zu überschreiten. Bei Beachtung dieser Vertragspflichten sind die Kreditkartenfirmen zur Bezahlung der ihnen vorgelegten Rechnungen - unter Abzug einer nach der Umsatzhöhe gestaffelten Provision - verpflichtet. Die Kreditkarteninhaber erhalten darüber monatliche Abrechnungen, zu deren unverzüglicher Begleichung sie ihrerseits verpflichtet sind. Für die Inhaber der Diners-Club-Karte ist zudem in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich vorgeschrieben, die Karte nur dann zu verwenden, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse den monatlichen Kontoausgleich gestatten. Weitere Verpflichtungen der Vertragsparteien sind in den Geschäftsbedingungen nach den Urteilsfeststellungen nicht genannt.

5

Das Landgericht ist der Auffassung, der Angeklagte habe sich mit dem "mißbräuchlichen Einsatz der Kreditkarten" keiner strafbaren Handlung schuldig gemacht. Untreue gegenüber den Kreditkartenfirmen liege nicht vor, da er diesen gegenüber keine Vermögensfürsorgepflicht gehabt habe. Betrug scheide ebenfalls aus, denn es fehle schon an einer Täuschungshandlung, da für die Vertragsunternehmen lediglich die Gültigkeit der Kreditkarte, die Personenidentität und das "Nichtverzeichnetsein" in der Sperrliste von Bedeutung gewesen sei, der Angeklagte insoweit jedoch nicht getäuscht habe; jedenfalls aber liege das Tatbestandsmerkmal des Irrtums nicht vor, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß man sich bei diesen Unternehmen nach Prüfung der genannten Voraussetzungen "über die Bonität und die Zahlungsfähigkeit des Angeklagten oder anderer Kunden keine weiteren Gedanken gemacht" habe. Das Landgericht hat deshalb den Angeklagten freigesprochen.

6

2.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

7

a)

Der Freispruch kann schon deshalb nicht bestehenbleiben, weil die Strafkammer die naheliegende Frage, ob sich der Angeklagte bereits bei der Beantragung der Kreditkarten jeweils des Betruges schuldig gemacht hat, nicht hinreichend geprüft hat.

8

Sie hat, ohne die getroffenen Feststellungen im einzelnen zu würdigen, erklärt, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Angeklagte schon zu diesem Zeitpunkt die Absicht gehabt habe, die Kreditkarten mißbräuchlich einzusetzen (UA 33). Nach ihren Feststellungen liegt es jedoch nahe, daß er die Kreditkarten bereits durch Täuschung erlangt und damit den Tatbestand des Betruges erfüllt hat.

9

Er hat sich nämlich bei der Beantragung der Karten als Apotheker ausgegeben, während er in Wahrheit nur Apothekenhelfer mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 1.600,- DM netto war, und hat zudem - insbesondere durch die Vorlage eines Schreibens des Bankhauses L. - den unzutreffenden Eindruck erweckt, in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen zu leben, obwohl er in Wirklichkeit "in erheblichem Maße verschuldet" war (UA 3, 21, 22). Dies spricht dafür, daß er die Kreditkartenfirmen, die an die Kreditwürdigkeit neuer Karteninhaber sehr hohe Anforderungen stellen (vgl. Weisensee, Die Kreditkarte S. 68, 90), durch diese Vorspiegelung unzutreffender Tatsachen zur Überlassung der Karten veranlaßt hat. Die Aushändigung der Kreditkarten, die in gleicher Weise wie ein Scheckheft einen Vermögenswert verkörperten, an den stark verschuldeten Angeklagten kann aber bereits eine Vermögensgefährdung zur Folge gehabt haben, die das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbeschädigung im Sinne des § 263 StGB erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 1952, mitgeteilt bei Dallinger in MDR 1953, 21). Das Landgericht hätte den Sachverhalt jedenfalls auch unter diesem Gesichtspunkt prüfen müssen.

10

Falls diese Prüfung ergeben hätte, daß die Kreditkartenfirmen dem Angeklagten auch bei Kenntnis seiner wahren Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Karten überlassen hätten und deshalb für die Beantragung der Kreditkarten der Tatbestand des Betruges ausscheidet, wäre weiterhin zu untersuchen gewesen, ob der Angeklagte diesen Tatbestand dadurch erfüllt hat, daß er es unterlassen hat, diesen Firmen die weitere Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse mitzuteilen. Eine solche - allerdings nur in Ausnahmefällen zu bejahende - Offenbarungspflicht kann sich hier, soweit sie nicht ohnehin ausdrücklicher Bestandteil des in der Regel auf längere Dauer angelegten Kreditkartenvertrages ist, jedenfalls nach Treu und Glauben aus der Funktion der Kreditkarte als Zahlungs- und Kreditmittel ergeben (vgl. BGHSt 6, 198, 199 [BGH 15.06.1954 - 1 StR 526/53]; Lackner in LK 10. Aufl. § 263 StGB Rdn. 64 m. w. Nachw.; Dreher/Tröndle 42. Aufl. § 263 Rdn. 13, 14).

11

b)

Durchgreifenden Bedenken begegnet ferner die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe bei dem "mißbräuchlichen Einsatz der Kreditkarten" keinen Straftatbestand verwirklicht.

12

aa)

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte vielmehr in den Fällen, in denen er die Kreditkarten zur "Bargeldbeschaffung" verwendet hat, den Tatbestand des - vollendeten - Betruges erfüllt. Denn er hat in allen diesen Fällen jeweils im Zusammenwirken mit dem Vertragsunternehmen den Kreditkartenfirmen vorgespiegelt, Waren oder Dienstleistungen im angegebenen Wert erhalten zu haben, während er sich in Wirklichkeit hatte Bargeld auszahlen lassen, auf das er keinen Anspruch hatte. Damit hat er bei diesen Firmen einen entsprechenden Irrtum erregt mit der Folge, daß sie diese nicht geschuldeten Beträge an die Vertragsunternehmen ausgezahlt und dadurch einen entsprechenden Schaden erlitten haben. Daß sich der Angeklagte darüber im klaren war, auf solche Bargeldauszahlungen keinen Anspruch zu haben, kann nach den Feststellungen nicht zweifelhaft sein.

13

Das Landgericht geht zudem davon aus, daß von diesen "Bargeldbeschaffungen", die der Angeklagte Überwiegend mit Hilfe des Restaurants O. in B. vorgenommen hat (UA 24/25), nur die Firma American Express betroffen gewesen sei. Dem könnte entgegenstehen, daß das genannte Restaurant sich zur selben Zeit auch von der Firma Diners Club für Leistungen an den Angeklagten Beträge hat erstatten lassen, deren Höhe die Vermutung begründet, daß diesen Leistungen ebenfalls - jedenfalls zum Teil - solche "Bargeldbeschaffungen" zugrunde gelegen haben (UA 27). Den Urteilsgründen ist jedoch nicht zu entnehmen, ob das Landgericht diese naheliegende Frage geprüft hat.

14

bb)

Auch soweit der Angeklagte die Kreditkarten zur Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen eingesetzt hat, hat das Landgericht bei seiner rechtlichen Würdigung den festgestellten Sachverhalt nicht vollständig ausgeschöpft.

15

Es ist zwar zu Recht der Auffassung, daß der Angeklagte dabei nicht den Tatbestand des vollendeten Betruges erfüllt hat. Denn nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen war für die Vertragsunternehmen lediglich die Frage der Gültigkeit der Karten, die Personenidentität und das Nichtverzeichnetsein in den Sperrlisten von Bedeutung; "weitere Vorstellungen über die Bonität des Angeklagten und seinen Willen und die tatsächlichen Möglichkeiten, die Verpflichtungen gegenüber den Kreditkartenunternehmen zu erfüllen", haben sie sich dagegen nicht gemacht (UA 28/29, 32). Sie haben sich danach nicht - wie es für den Betrugstatbestand erforderlich wäre - in einem Irrtum über diese Umstände befunden.

16

Das Landgericht hat jedoch die Prüfung unterlassen, ob der Angeklagte insoweit den Tatbestand des versuchten Betruges erfüllt hat. Falls er nämlich im Gegensatz zu den Vertragsunternehmen davon ausgegangen ist, daß in der Vorlage der Kreditkarte die schlüssige Erklärung zu sehen sei, die Waren oder Dienstleistungen bezahlen zu können und zu wollen, hätte er diesen gegenüber eine - wenn auch mangels Tauglichkeit des Erklärungsempfängers erfolglose - Täuschungshandlung begangen und damit zur Verwirklichung des Betrugstatbestandes unmittelbar angesetzt (vgl. Khauth NJW 1983, 1287 ff). Diese nicht fernliegende Möglichkeit wäre deshalb näher zu untersuchen gewesen. Das Landgericht hat stattdessen diese Frage ausdrücklich offengelassen (UA 31).

17

c)

Unter sonstigen Gesichtspunkten hat sich der Angeklagte dagegen durch sein Verhalten nicht strafbar gemacht.

18

aa)

Der Auffassung der Revision, der Angeklagte habe sich jedenfalls nach dem "Erklärungswert seines Gesamtverhaltens" des vollendeten Betruges schuldig gemacht, kann nicht beigetreten werden.

19

Die Revision beruft sich hierfür auf die Entscheidung BGHSt 24, 386 ff, in welcher der Bundesgerichtshof - entgegen der überwiegenden Meinung im Schrifttum (vgl. Lackner in LK 10. Aufl. § 263 StGB Rdn. 320 ff; Hübner in LK 10. Aufl. § 266 StGB Rdn. 38; Cramer in Schönke/ Schröder 21. Aufl. § 267 StGB Rdn. 29, 50; Dreher/Tröndle 42. Aufl. § 266 StGB Rdn. 6 a; Otto, Bargeldloser Zahlungsverkehr und Strafrecht S. 100, 101, jeweils m. w. Nachw.) - die Zahlung mit einem von einem Geldinstitut durch Scheckkarte garantierten ungedeckten Scheck als Betrug gewertet hat, weil in einem solchen Fall der Aussteller dem Schecknehmer durch schlüssiges Handeln eine in Wahrheit nicht vorhandene Deckung vortäusche und dadurch bei diesem einen entsprechenden Irrtum hervorrufe (vgl. auch OLG Köln NJW 1977, 713; OLG Hamburg NJW 1983, 768 [OLG Hamburg 04.11.1981 - 1 Ss 177/81]).

20

Dazu ist folgendes zu bemerken:

21

Der Vorlage einer Scheckkarte kann ein derartiger Erklärungswert nur deshalb zukommen, weil sie im Scheckverkehr erfolgt. Für die strafrechtliche Beurteilung ist die Begebung des Schecks der maßgebliche Anknüpfungspunkt. Die Vorlage der Scheckkarte erbringt nur zusätzlich den Nachweis einer Einlösegarantie seitens der bezogenen Bank bis zu einem bestimmten Betrag. Deshalb hat der Bundesgerichtshof in der von der Revision bezeichneten Entscheidung ausgeführt, in der Zahlung mit einem durch Scheckkarte garantierten ungedeckten Scheck bestehe, abgesehen davon, daß der Geschädigte ein anderer ist, "wesensmäßig kein Unterschied zu der Einlösung eines ungedeckten Schecks ohne Scheckkarte" (BGHSt 24, 386, 388).

22

Während die Vorlage einer Scheckkarte vor allem der Sicherung des Scheckempfängers dient und dem Scheck allein die Funktion der Zahlung zukommt, ist die Funktion der Kreditkarte eine umfassendere. Sie ist Zahlungs- und Kreditmittel in einem (Weisensee a.a.O. S. 167), sichert also für sich allein nicht nur die bargeldlose Zahlung ab, sondern gewährt auch einen kurzfristigen Kredit in Höhe des Entgelts für die beanspruchte Leistung seitens der Vertragsunternehmen. Ihr Gebrauch erfolgt auch nicht im Zusammenhang mit der Begebung einer Zahlungsanweisung. Diese tatsächlich und rechtlich anders geartete Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen unter den Beteiligten eines Kreditkartensystems führt zu einer anderen strafrechtlichen Beurteilung der Vorlage einer Kreditkarte.

23

Der Vertrag zwischen dem Kreditkartenherausgeber und dem Vertragsunternehmen verlangt von diesem nur die Prüfung der genannten formellen Voraussetzungen (Gültigkeit der Karte, Identität des Karteninhabers usw.), nicht jedoch auch - wie der Scheckverkehr - der Bonität des Karteninhabers. Er stellt damit das Vertragsunternehmen vom Risiko einer Nichterfüllung der durch den Kauf oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung entstandenen Forderung frei. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditkarteninhabers, insbesondere dessen Bonität, können dem Vertragsunternehmer somit gleichgültig sein. Er hat deshalb keinen Anlaß, sich Vorstellungen über diese zu machen und daher in der Vorlage der Kreditkarte (anders als bei der Aushändigung eines Schecks) die Zusicherung zu sehen, zahlungsfähig und zahlungswillig zu sein. Diese Auffassung allein entspricht auch der allgemeinen Verkehrsanschauung (vgl. auch Bringewat in wistra 1984, 194, 195; Khauth a.a.O. 1230; a.A. OLG Hamm wistra 1984, 192 ff). Das zeigt sich besonders deutlich im vorliegenden Fall, denn hier haben die Personen, die in den "Vertragsunternehmen die Bezahlung der Waren und Dienstleistungen durch den Angeklagten entweder selbst akzeptiert haben oder die ansonsten damit aufgrund ihres beruflichen Aufgabenbereichs betraut sind", bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung "eindeutig erklärt, daß sie sich nach Prüfung der oben genannten äußeren Voraussetzungen, zu der sie aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung mit dem Kreditunternehmen verpflichtet sind, über die Bonität und die Zahlungsfähigkeit des Angeklagten oder anderer Kunden keine weiteren Gedanken gemacht haben bzw. machen" (UA 28, 32). Vollendeter Betrug scheidet daher insoweit aus.

24

bb)

Der rechtlichen Nachprüfung hält im Ergebnis ebenfalls die Auffassung des Landgerichts stand, daß sich der Angeklagte durch sein Verhalten auch nicht der Untreue schuldig gemacht hat.

25

Der Angeklagte war zwar - wie es der hier in Betracht kommende Mißbrauchstatbestand erfordert - durch Rechtsgeschäft, nämlich durch die mit den Kreditkartenfirmen abgeschlossenen Verträge, befugt, diese zur Begleichung der durch den Kauf von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen entstandenen Forderungen der Vertragsunternehmen zu verpflichten. Diese Befugnis hat er auch mißbraucht. Das begründet aber noch nicht das Vorliegen einer Untreue. Denn diese setzt - für den Mißbrauchs- wie für den Treubruchtatbestand - voraus, daß der Täter "Vermögensinteressen ... zu betreuen hat". An diesem Tatbestandsmerkmal fehlt es hier. Der Angeklagte hatte zwar beim Gebrauch der Kreditkarten auch Vermögensinteressen der Kreditkartenfirmen zu berücksichtigen; denn er war vertraglich verpflichtet, die Karten nur dann zu verwenden, wenn er in der Lage war, die monatlichen Abrechnungen unverzüglich zu begleichen. Dabei handelt es sich aber nicht um eine eigenverantwortliche Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB. Eine solche ist nämlich nur dann gegeben, wenn sie den wesentlichen Inhalt des Vertragsverhältnisses ausmacht und damit zu den Hauptpflichten aus dem Vertrage gehört (vgl. BGHSt 22, 190, 192 und die weiteren Rechtsprechungsnachweise bei Hübner in LK 10. Aufl. § 266 StGB Rdn. 25). Der wesentliche Inhalt der Verträge zwischen den Kreditkartenfirmen und dem Angeklagten betraf jedoch gerade nicht eine Pflicht des Angeklagten, Vermögensinteressen dieser Firmen zu betreuen, er ging vielmehr dahin, ihm den bargeldlosen Zahlungsverkehr und eine kurzfristige Kreditierung seiner Verbindlichkeiten mit Hilfe der Kreditkarte zu ermöglichen (vgl. auch Knauth a.a.O. 1288; a.A. Bringewat a.a.O. 196; Otto a.a.O. 100 f). Daß er, abgesehen von einer Offenbarungspflicht gegenüber den Kreditfirmen (vgl. die Ausführungen unter 2 a)), dabei gehalten war, von der Karte nur dann Gebrauch zu machen, wenn er zur unverzüglichen Begleichung der entstandenen Forderungen in der Lage war, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Verstoß gegen die Pflicht, sich vertragsgemäß zu verhalten - um mehr handelt es sich hier nicht -, ist als solcher aber noch keine Untreue (ständige BGH-Rechtsprechung, vgl. BGHSt 22, 190, 191;  24, 386, 388, jeweils m. w. Nachw.). Diese Strafnorm kann daher bei der gegenwärtigen - auch in der Werbung herausgestellten - rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Kreditkartensystems nicht dazu dienen, das letztlich unkalkulierbare Risiko eines Kreditkartenmißbrauchs mindern zu helfen.

26

cc)

Das vorstehende Ergebnis, nach welchem der Angeklagte, soweit er die Kreditkarten - ihrer Bestimmung gemäß - zum Kauf von Waren und zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen verwendet hat, weder wegen vollendeten Betruges noch wegen Untreue bestraft werden kann, mag unbefriedigend sein, weil es ein Verhalten von Strafe freistellt, das mit dem Landgericht als "sozial schädlich und strafwürdig" (UA 32) angesehen werden kann. Mangels einer einschlägigen Strafnorm wird es deshalb Aufgabe des Gesetzgebers sein, zu prüfen, ob ein solches Verhalten - wie auch andere, den geltenden Strafbestimmungen nicht unterfallende Verhaltensweisen im modernen Zahlungs- und Kreditverkehr - mit Strafe bedroht werden soll, und gegebenenfalls entsprechende Straftatbestände zu schaffen.

Salger
Khoblich
Goydke
Jähnke
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Meyer-Goßner ist infolge Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen Salger