Bundesgerichtshof
Urt. v. 12.06.1985, Az.: IVa ZR 261/83
Geltendmachung eines Anspruchs auf Schadensersatz für die infolge eines Autoeinbruchs verlustige Schmuckmusterkollektion; Auslegung einer Juwelier-Reise-Versicherung und Warenlager-Versicherung; Auslegung einer Bewachungsklausel hinsichtlich der Begründung einer Obliegenheit des Versicherungsnehmers oder einer Risikobeschränkung des Versicherungsgebers
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 12.06.1985
- Aktenzeichen
- IVa ZR 261/83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 13137
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Celle - 11.11.1983
- LG Hannover
Rechtsgrundlagen
- § 133 BGB
- § 1 Abs. 2 AGBG
- § 5 AGBG
- AVB f. Juwelier-Reise- und Warenlagerversicherung
Fundstellen
- MDR 1985, 1004 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1985, 979-981 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Firma M. & Co, Inhaberin: Kauffrau Ursula B., A. straße 10, H.,
Prozessgegner
A. Versicherungs-Aktiengesellschaft,
vertreten durch den Vorstand, Zweigniederlassung H., G. B.,
Amtlicher Leitsatz
- a)
Auslegung einer in einzelnen Punkten in Verhandlungen geänderten AGB-Klausel.
- b)
Zur Auslegung einer Klausel, nach der ein versichertes Warenlager in einem Pkw "bis zur Dauer von 2 Stunden ... unbeaufsichtigt bleiben" darf.
In dem Rechtsstreit
hat der IVa - Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 1985
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Hoegen und
die Richter Dr. Lang, Dr. Schmidt-Kessel, Dr. Zopfs und Dr. Ritter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. November 1983 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt einen Schmuckwarengroßhandel. Sie beschäftigt Vertreter, die mit Musterkoffern Juweliere aufsuchen. Sie hat bei der Beklagten eine Juwelier-Reise- und Warenlager-Versicherung abgeschlossen. Der Vertrag enthielt zunächst die Kraftfahrzeugklausel Ausgabe 1. November 1964 - ND 1, die auszugsweise wie folgt lautet:
"1.
Allgemeine BestimmungenVersicherungsschutz besteht auch für Reiselager, die in einem Personenkraftwagen befördert werden, wenn
a-c ...
d)
die versicherten Waren ständig durch den Begleiter, einen Chauffeur oder eine vertrauenswürdige Person beaufsichtigt werden. Eine allgemeine Bewachung, z.B. durch einen Parkwächter, Hotelportier etc., ist nicht ausreichend....
2.
Reisen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und innerhalb von Berlin (West) mit Kraftwagen mit Limousinenaufbau...
Die Reiselager sind auch dann versichert, wenn sie während der Zeit zwischen 8.00 und 20.00 Uhr für kurze Zeit unter Anwendung der nachstehenden Sicherungsmaßnahmen unbeaufsichtigt bleiben.
...
Werden die Vorschriften dieser "Kraftfahrzeug-Klausel", insbesondere die Anwendung der unter Ziffer a-d geforderten Sicherungen nicht eingehalten, so besteht für die in dem unbeaufsichtigt in dem Kraftwagen zurückgelassenen Waren weder bei ihrer Entwendung noch bei einer Entwendung des Kraftwagens selbst Versicherungsschutz."
Die Klägerin empfand diese Klausel als unbefriedigend. Bei einer Erneuerung des Vertragsverhältnisses wurde 1978 nach langwierigen Verhandlungen unter Mitwirkung des Versicherungsmaklers G. aus H. folgende zusätzliche Klausel vereinbart:
"In teilweiser Änderung von Ziffer 2 besteht auch dann Versicherungsschutz, wenn die Reiselager während der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 22.00 Uhr, gelegentlich auch bis 24.00 Uhr, bis zur Dauer von 2 Stunden unter Anwendung der vereinbarten Sicherungsmaßnahmen unbeaufsichtigt bleiben."
Am 22. Oktober 1981 besuchte der Vertreter Ge. der Klägerin Kunden in Heilbronn. Er parkte seinen Pkw Mercedes gegen 13.10 Uhr auf dem obersten Parkdeck einer Tiefgarage, nahe dem Aufgang zu einer Gaststätte. Er ging sodann zum Essen in diese Gaststätte und ließ im ordnungsgemäß verschlossenen und entsprechend den Versicherungsbedingungen zusätzlich mit einer Punktsicherung gesicherten Kofferraum eine wertvolle Schmuckmusterkollektion in einem Koffer zurück. Nach dem Essen, nach 14.00 Uhr kehrte er zu dem Fahrzeug zurück. Wie lange er sich dort aufhielt, ist zwischen den Parteien streitig. Er ließ sodann das Fahrzeug mit dem Koffer weiterhin auf dem Parkdeck stehen und suchte verschiedene Juweliere auf. Als er gegen 16.00 Uhr erneut zu dem Fahrzeug zurückkehrte, war der Kofferraum gewaltsam aufgebrochen und die Schmuckkollektion entwendet. Ge. benachrichtigte sofort um 16.03 Uhr über Notruf das Heilbronner Polizeirevier. Der Schmuck wurde nicht wieder aufgefunden. Die Beklagte kündigte den Versicherungsvertrag unter Hinweis auf § 6 VVG und lehnte Versicherungsleistungen ab.
Die Klägerin behauptet, Ge. habe von 14.10 bis etwa 14.30 Uhr im Fahrzeug gesessen und die Kundenkartei durchgesehen und Zeitung gelesen, um die Wiedereröffnung der Geschäfte um 14.30 Uhr abzuwarten. Sie meint, er habe das Fahrzeug danach nicht länger als zwei Stunden "unbeaufsichtigt" gelassen. Wie die Zwei-Stunden-Frist genau zu verstehen sei, habe ihr selbst die Beklagte auf Antrage nicht eindeutig beantworten können. Sie verlangt von der Beklagten Erstattung von 226.863,63 DM nebst Zinsen.
Die Beklagte behauptet, Ge. habe nach der Mahlzeit nur die Tasche mit der Kundenkartei in den Wagen gelegt und seinen Mantel mitgenommen. Jedenfalls sei das Fahrzeug etwa drei Stunden lang "unbeaufsichtigt" geblieben. Ein gelegentliches Nachschauen unterbreche die Zwei-Stunden-Frist nicht. Spätestens nach zwei Stunden hätte der Vertreter den Standort des Fahrzeugs wechseln müssen.
Die Klage ist vor Landgericht und dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
1.
Der Berufungsrichter läßt offen, ob durch die Bewachungsklausel das Risiko beschränkt oder der Versicherungsnehmerin eine Obliegenheit auferlegt worden ist. Tatsächlich handelt es sich um eine - verhüllte - Obliegenheit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. insbesondere Urteil vom 13. September 1978, IV ZR 177/77 = NJW 1979, 981 = VersR 1979, 343 m.w.N.) kommt es bei der Unterscheidung zwischen Obliegenheit und Risikobeschränkung nicht auf Wortlaut und Stellung einer Versicherungsklausel an. Maßgeblich ist vielmehr der materielle Inhalt der einzelnen Bedingung. Das Wesen der einzelnen Obliegenheit ist darin zu sehen, daß sie dem Versicherungsnehmer eine bestimmte Verhaltensweise auferlegt, die er beachten muß, um sich seinen Versicherungsanspruch zu erhalten. Steht ein solches Verhalten im Vordergrund und tritt es hinter objektive Voraussetzungen, wie z.B. den Versicherungsort oder den Zustand der versicherten Sache zurück, so liegt eine Obliegenheit vor. Mit der vorliegenden Klausel wird dem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Verhalten, nämlich die ständige Beaufsichtigung des Fahrzeugs, abverlangt. Die Klausel dient dazu, den Versicherungsnehmer zu einem sorgsamen Verhalten zwecks Vermeidung und Verringerung des versicherten Risikos anzuhalten. Sie nimmt nicht ein bestimmtes Risiko unabhängig vom Verhalten des Versicherungsnehmers von vorneherein aus dem Versicherungsschutz aus. Der Senat versteht die Klausel deshalb trotz ihres Wortlauts als Obliegenheit.
2.
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die - geänderte - Kraftfahrzeug-Klausel zwischen den Parteien individuell ausgehandelt worden ist. Es sieht es nicht als erwiesen an, daß die Klausel entsprechend ausdrücklicher mündlicher Absprache so verstanden werden solle, wie es die Klägerin darstelle, daß das Fahrzeug mit Schmuck jedenfalls zwei Stunden ohne Standortwechsel unbeaufsichtigt bleiben dürfe, wobei durch ein kurzfristiges zwischenzeitliches Aufsuchen und Überprüfen des Wagens die Zwei-Stunden-Frist neu zu laufen beginne. Bei den Verhandlungen sei wohl die Frage der "Zwischenbeaufsichtigung" oder der zwischenzeitlichen "Überprüfung" des Fahrzeugs erörtert worden; die Formulierung "unbeaufsichtigt bleiben" sei aber unverändert aus der ursprünglichen Kraftfahrzeugklausel übernommen worden. Angesichts der sich widersprechenden Zeugenaussagen lasse sich nicht mit Sicherheit feststellen, daß die Erörterungen zu einer Einigkeit in dem von der Klägerin behaupteten Sinne geführt hätten. Die Folge der Beweislosigkeit treffe die Klägerin. Die gegen diese Beweiswürdigung erhobene Rüge der Klägerin hat der Senat geprüft. Sie greift nicht durch.
3.
Weil sich nicht feststellen lasse, daß die Parteien die Klausel einverständlich in einem ganz bestimmten Sinne verstanden hätten, legt das Berufungsgericht sie aus und berücksichtigt dabei, daß sie im Zusammenhang mit der im übrigen unverändert gebliebenen "Kraftfahrzeug-Klausel Ausgabe 1. November 1964 - ND I" zu sehen sei. Diese bestimme in Nr. 1 d) zunächst allgemein, daß Versicherungsschutz auch für Reiselager in Personenkraftwagen bestehe, wenn die versicherten Gefahren "ständig durch den Begleiter, einen Chauffeur oder eine vertrauenswürdige Person beaufsichtigt" würden. Als erweiternde Ausnahme davon seien bei Reisen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin mit Kraftwagen mit Limousinenaufbau die Reiselager auch dann versichert, wenn sie während bestimmter Zeiten "für kurze Zeit ... unbeaufsichtigt blieben". Nr. 1 d) der Kraftfahrzeug-Klausel gelte als Grundregel auch für die von der Klägerin genommene Versicherung. Dieser Sachzusammenhang mache deutlich, daß unter "Beaufsichtigung", wie auch dem Wortsinn zu entnehmen sei, ein "ständiges" Bewachen in bestimmter Weise, eigens "durch den Begleiter, einen Chauffeur oder eine vertrauenswürdige Person", nicht aber das bloße zwischenzeitliche, in irgendwelchen zeitlichen Abständen erfolgende überprüfen und Kontrollieren des abgestellten Fahrzeugs zu verstehen sei. Eine "Beaufsichtigung" in diesem Sinne habe auch nach der Darstellung der Klägerin nicht stattgefunden. Das Fahrzeug sei in Wahrheit weit mehr als zwei Stunden unbeaufsichtigt abgestellt gewesen. Diese Auslegung entspreche dem erkennbaren Sinn der Klausel. Durch sie solle verhindert werden, daß das Fahrzeug mit dem wertvollen Inhalt längere Zeit als die vereinbarten zwei Stunden irgendwo ohne tatsächliche Einflußmöglichkeit durch eine Aufsichtsperson stehe.
Das durch ein längeres Abstellen auf einem Platz entstehende Diebstahlsrisiko werde nicht wesentlich gemindert, wenn der Berechtigte zwischenzeitlich zum Fahrzeug zurückkehre und sich 15 bis 20 Minuten in ihm aufhalte. Angesichts des unverändert gebliebenen Teils der Kraftfahrzeugklausel gebe es keine begründeten Zweifel bei der Auslegung, die gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Beklagten gehen müssten.
4.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a)
Durch die zwischen den Parteien ausgehandelte Abänderung der Kraftfahrzeug-Klausel ist diese Klausel, die den Charakter Allgemeiner Geschäftsbedingungen hat, in zwei Punkten abgeändert worden. Es wurde der Satzteil "gelegentlich auch bis 24.00 Uhr" eingefügt und anstelle der unbestimmten Bezeichnung "für kurze Zeit" die genauere Zeitangabe "bis zur Dauer von zwei Stunden" eingesetzt. Das "unbeaufsichtigt bleiben", um dessen Auslegung es hier in erster Linie geht, wurde unverändert aus den formularmäßigen Bedingungen übernommen. Da ersichtlich der ganze Inhalt der Klausel Gegenstand der Verhandlungen war, hat die Klausel insgesamt den Charakter einer Individualvereinbarung erlangt. Zwar kann eine einzelne vorformulierte Klausel ihren Charakter als Teil Allgemeiner Geschäftsbedingungen behalten, wenn einzelne individuell verabredete Ergänzungen eingefügt werden, BGH Urteil vom 18. Mai 1983, VIII ZR 20/82 NJW 1983, 1603 [BGH 18.05.1983 - VIII ZR 20/82]. Bei dem dort entschiedenen Fall war die vorgedruckte Erklärung aber von vorneherein darauf angelegt, daß sie durch Einfügen eines Listenpreises und eines Lieferdatums vervollständigt werde. Es ließ sich dort gerade nicht feststellen, daß der vorgedruckte Teil der Erklärungen Gegenstand von Verhandlungen war. Hier enthielt dagegen die vorformulierte Kraftfahrzeug-Klausel eine in sich abgeschlossene Regelung. Gegenstand der Verhandlungen war die Abänderung - nicht Ergänzung - der Klausel und ihre Anpassung an die Bedürfnisse der Klägerin. Das AGB-Gesetz findet deshalb auf die Klausel keine Anwendung, weil das Vertragswerk der Parteien insoweit im einzelnen ausgehandelt worden ist (§ 1 Abs. 2 AGBG). Die Auslegung der Klausel richtet sich daher nach den Regeln über die Auslegung von Individualvereinbarungen. Da indessen der in erster Linie auszulegende Satzteil "unbeaufsichtigt bleiben" aus dem vorformulierten Klauselwerk der Beklagten übernommen ist und das Berufungsgericht nicht festzustellen vermochte, daß sich die Parteien bei Vertragsschluß über ein bestimmtes Verständnis dieses Satzteils geeinigt haben, hat das Berufungsgericht zu Recht auf objektive Kriterien für die Auslegung der Klausel zurückgegriffen. Es ist nämlich anzunehmen, daß sich die Parteien in Ermangelung einer besonderen Abrede die aus der vorformulierten Klausel übernommenen Teile so verstanden wissen wollten, wie diese üblicherweise, also bei unveränderter Übernahme in einen Vertrag zu verstehen sind. Insoweit kann der Senat daher die Auslegung voll nachprüfen.
b)
Bei der Auslegung sind dem Tatrichter aber Fehler unterlaufen. Nach feststehender Rechtsprechung gehen Unklarheiten in der Fassung der Versicherungsbedingungen, die auch durch Auslegung nicht zu beheben sind, nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers. Insbesondere müssen Klauseln, die dem Versicherungsnehmer besondere auf die Verminderung der Gefahr oder Verhütung einer Gefahrerhöhung gerichtete Obliegenheiten auferlegen, das danach Gebotene deutlich erkennen lassen (Prölss/Martin, VVG 23. Aufl. § 6 Anm. 2; RG VerAfP 1922, Nr. 1278 = LZ 1922, 558). Das beachtet der Berufungsrichter nicht hinreichend. Entgegen seiner Ansicht konnte die Klägerin als Versicherungsnehmerin der Kraftfahrzeugklausel weder in ihrer ursprünglichen, noch in der veränderten Fassung hinreichend sicher entnehmen, daß ihr das vom Berufungsgericht beschriebene Verhalten als Obliegenheit auferlegt war. In der Klausel ist zwar klar ausgesprochen, wer zur Beaufsichtigung eines abgestellten Fahrzeugs herangezogen werden durfte, nämlich nur der Begleiter, ein Chauffeur oder eine vertrauenswürdige Person. Im übrigen ist aber nirgends näher beschrieben, was unter "Beaufsichtigung" zu verstehen ist. Es geht nicht an, wie das Oberlandesgericht das tut, aus dem eingangs der Klausel angeführten Grundsatz, daß die versicherten Waren ständig beaufsichtigt werden müssen, Rückschlüsse zu ziehen und nur ein ständiges Bewachen als Beaufsichtigung in diesem Sinne gelten zu lassen. Denn das Erfordernis eines ständigen Bewachens wird ja gerade dadurch durchbrochen, daß die Reiselager für eine bestimmte Zeit unter Anwendung bestimmter Sicherungsmaßnahmen unbeaufsichtigt bleiben dürfen.
Gegenstand der zwischen den Parteien ausgehandelten Regelung war, daß das ständige Bewachen noch weiter abbedungen wurde, Gegenstand der Auslegung muß danach sein, inwieweit. Um zu ermitteln, wie weit die ständige Bewachung abbedungen worden ist, kann nicht die ständige Bewachung wieder als Erfordernis vorausgesetzt werden. Von einer ständigen Bewachung kann im übrigen nur gesprochen werden, wenn sie eben nicht unterbrochen wird. Ist aber eine Unterbrechung der Bewachung gestattet, so kann aus dem grundsätzlichen Erfordernis ständiger Bewachung sinnvollerweise nichts für die Auslegung, inwieweit eine Unterbrechung gestattet ist, gewonnen werden. Die Auslegung des Berufungsrichters läuft konsequent verfolgt darauf hinaus, daß ein Vertreter der Klägerin zwischen 7.00 und 22.00 Uhr seinen Wagen nur einmal bis zu zwei Stunden verlassen darf; denn jedes Beaufsichtigen zwischen dem ersten und dem letzten Verlassen des Wagens kann in dem vom Berufungsrichter verstandenen Sinn nicht "ständig" sein. Damit würde der Versicherungsschutz weit über das hinaus eingeschränkt, was selbst die Beklagte annimmt. Sie geht davon aus, daß ein Fahrzeug auch weitere Male "unbeaufsichtigt gelassen" werden darf, wenn nur in der Zwischenzeit der Standort des Fahrzeugs weit genug vorlegt wird. Die Erwägungen des Berufungsrichters zum Sinn der Klausel lassen vermuten, daß der Berufungsrichter dem folgen will. Das ließe sich aber wiederum mit seinem Verständnis des Beaufsichtigens als ständigem Beaufsichtigen nicht vereinbaren.
c)
Für die Auslegung der Beklagten, daß ein Vertreter gehalten sein sollte, den Standort des Wagens zu wechseln, bevor er das Fahrzeug wiederum unbeaufsichtigt läßt, findet sich weder im Text der ursprünglichen Kraftfahrzeug-Klausel noch in dem der vereinbarten Klausel ein Anhalt. Daß ein solches Verhalten geeignet ist, das Risiko eines Diebstahls zu vermindern, reicht dazu nicht aus. Nach dem Wortverständnis der Umgangssprache wird unter "Beaufsichtigen" ein "im Auge haben" verstanden. Dazu reicht ein beiläufiges Hinsehen nicht aus. Vielmehr ist eine gewisse Intensität und Dauer der Überwachung zu fordern, die ein Sichvergewissern einschließt, ob alles in Ordnung ist. Daß ein Beaufsichtigen in diesem Sinne aber ein Fortbewegen des Fahrzeuges erfordere, kann sich nur dem erschließen, der fachkundig eingehende Überlegungen anstellt, wie er das Risiko eines Diebstahls am besten mindern kann. Dazu ist der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet. Auch für einen aufmerksamen und verständigen Versicherungsnehmer liegt es nahe, die Klausel dahin zu verstehen, daß das Reiselager dann nicht mehr "unbeaufsichtigt" ist, wenn er - auch ohne Standortwechsel - nach Ablauf der zwei Stunden von einer in den Bedingungen genannten Person wieder für eine gewisse Dauer überwacht wird. Die Klausel begründet daher in der vorliegenden Fassung eine Obliegenheit nur in diesem eingeschränkten Sinne. Sollte sich, wie die Klägerin behauptet, Herr Ge. von 14.10 Uhr bis etwa 14.30 Uhr in dem Fahrzeug aufgehalten haben, hätte eine Überwachung der genannten Art wieder stattgefunden und eine Obliegenheitsverletzung nicht vorgelegen. Anders wäre es, wenn er, wie die Beklagte behauptet, nach dem Essen lediglich die Kundenkartei in den Wagen gelegt und seinen Mantel daraus entnommen hätte. Der Berufungsrichter wird daher über die erheblichen Parteibehauptungen Beweis zu erheben haben. Es bedarf danach keines weiteren Eingehens darauf, daß die Auslegung des Tatrichters sich einseitig nur an den Interessen des Versicherers orientiert und unbeachtet läßt, daß es der Klägerin unstreitig bei den Verhandlungen gerade darauf ankam, die Klausel einerseits zu präzisieren und andererseits in einem ihren Bedürfnissen entgegenkommenden Sinne abzuschwächen.
Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben.
Dr. Lang
Dr. Schmidt-Kessel
Dr. Zopfs
Richterin am BGH Dr. Ritter kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben.
Dr. Hoegen