Bundesgerichtshof
Beschl. v. 20.03.1985, Az.: IVa ZB 1/85
Folgen der Berufung eines Streithelfers; Selbständigkeit der Berufung eines Streithelfers; Wirksamkeit der Vornahme von Prozesshandlungen eines Streithelfers im Rahmen der Nebenintervention
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 20.03.1985
- Aktenzeichen
- IVa ZB 1/85
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1985, 13337
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 05.12.1984
Rechtsgrundlagen
Fundstelle
- VersR 1985, 551 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
In der "Berufung" eines Streithelfers der klagenden Partei gegen ein Urteil, gegen das die klagende Partei bereits Berufung eingelegt hat, liegt prozessual nur die Erklärung, das eingelegte Rechtsmittel unterstützen zu wollen; eine selbständige Berufung liegt also nicht vor.
- 2.
Solange eine Nebenintervention nicht rechtskräftig zurückgewiesen ist, kann der Streithelfer wirksame Prozeßhandlungen vornehmen.
In dem Rechtsstreit
hat der IVa - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Hoegen und
die Richter Rottmüller, Dr. Lang, Dr. Zopfs und Dr. Ritter
am 20. März 1985
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Streithelfers zu 2) wird der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Dezember 1984 aufgehoben.
Beschwerdewert: 16.200,00 DM.
Gründe
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und im Urteil die Nebenintervention des Streithelfers zu 2) zurückgewiesen. Dieses Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 12. April 1984 zugestellt worden. Am 16. April 1984 hat die Klägerin hiergegen Berufung eingelegt, am 26. April 1984 hat der Streithelfer zu 2) Berufung und zugleich Beschwerde gegen die Zurückweisung der Nebenintervention eingelegt. Am 16. Mai 1984 hat der Streithelfer zu 1) erklärt, er interveniere auch in der Berufungsinstanz und hat zugleich einen Berufungsantrag gestellt und die Berufung kurz begründet. Die Berufungsbegründung der Klägerin ging am 14. Juni 1984 beim Oberlandesgericht ein. Der Streithelfer zu 2) hat die Berufung nicht eigens begründet. Das Berufungsgericht verwarf sie deshalb durch den angefochtenen Beschluß als unzulässig und legte ihm die Kosten seines Rechtsmittels auf.
Die hiergegen frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Streithelfers zu 2) ist zulässig. Rechtsanwalt H. hat Prozeßvollmacht für das Verfahren vorgelegt (Bl. 313). Sie ist in Vertretung des Streithelfers zu 2) von Rechtsanwalt Z. unterschrieben. Dieser hat früher seinen Beruf gemeinschaftlich mit dem Streithelfer zu 2) in der Anwaltskanzlei "Z. & Partner" ausgeübt und war nach den getroffenen Vereinbarungen von seinen Kollegen bevollmächtigt, diese in allen die Kanzlei als solche betreffenden Angelegenheiten zu vertreten oder für ihre Vertretung zu sorgen, auch vor Gericht. Der Senat versteht das dahin, daß er danach befugt war, den Streithelfer zu 2) in der Gebührenangelegenheit aus jener Zeit, um die es im vorliegenden Rechtsstreit geht, zu vertreten.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts haben sowohl die Klägerin als auch der Streithelfer zu 2) Berufung eingelegt; ein weiterer Streithelfer hat sich der Berufung der Klägerin angeschlossen und sie begründet. Danach besteht nur eine Berufung, nämlich die der Klägerin. In der Berufung des Streithelfers zu 2) liegt prozessual nur die Erklärung, die Berufung des Klägers unterstützen zu wollen. Eine selbständige Berufung stellt sie nicht dar. Über das einheitliche Rechtsmittel der Berufung kann nur einheitlich entschieden werden (RGZ 147, 125; 158, 95, 100; BGH Urteil vom 6. März 1982, V ZR 87/81 = NJW 1982, 2069 m.w.N.). Es war deshalb unzulässig, über die "Berufung11 des Streithelfers zu 2) gesondert zu entscheiden. Die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses gibt dem Oberlandesgericht Gelegenheit zu der gebotenen einheitlichen Entscheidung über die Berufung. Diese kann im Hinblick auf die rechtzeitig eingegangene Berufungsbegründung des Streithelfers zu 1) zulässig sein. Auch behauptet die Klägerin, sie habe ihre Berufung mit einem am 14. Mai 1984 eingegangenen Schriftsatz wiederholt, so daß ihre Berufungsbegründung am 14. Juni 1984 fristgerecht beim Berufungsgericht eingegangen sei. Dieser Schriftsatz befindet sich zwar nicht bei den dem erkennenden Senat übersandten Akten. Angesichts der unübersichtlichen Aktenführung vermag der Senat aber den Eingang eines solchen Schriftsatzes nicht ohne weiteres auszuschließen.
Der angefochtene Beschluß erweist sich auch nicht etwa deshalb als im Ergebnis richtig, weil das Landgericht die Nebenintervention des Streithelfers zu 2) zurückgewiesen hat. Denn dieser hat die Entscheidung fristgerecht mit der Beschwerde angefochten. Solange die Nebenintervention nicht rechtskräftig zurückgewiesen ist, kann der Streithelfer wirksame Prozeßhandlungen vornehmen (§ 71 Abs. 3 ZPO; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 71 Rdn. 9, 10; Thomas/Putzo, ZPO 12. Aufl. § 71 Anm. 3).
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 16.200,00 DM.
Dr. Lang