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Bundesgerichtshof
Urt. v. 14.03.1985, Az.: IX ZR 26/84

Schadensersatz wegen Amtspflichtsverletzung; Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzung für den schädigenden Vertragsabschluss; Grundstücksübertragung als den Gewinn erhöhende Entnahme ; Grundstücksübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge; Unterbrechung der Ursachenkette durch nicht Einlegung eines Rechtsmittels; Unterschiedliche steuerliche Behandlung von Betriebsentnahmen und Betriebsaufgabe

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
14.03.1985
Aktenzeichen
IX ZR 26/84
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 13182
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Celle - 11.01.1984

Fundstellen

  • MDR 1985, 577-578 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1986, 1329-1333 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1986, 650 (amtl. Leitsatz)
  • ZIP 1985, 1143-1149

Prozessführer

Elsa L. geb. M., M. straße ..., W. (OT R.)

Prozessgegner

Dr. Hans Werner V., H. straße ..., H.

Amtlicher Leitsatz

Der adäquate Zurechnungszusammenhang einer unrichtigen, steuerrechtlich nachteiligen Beratung durch einen Notar, als deren Folge ein Veräußerungsgewinn für Entnahme aus einem Betriebsvermögen angefallen ist, wird nicht dadurch unterbrochen, daß der Beratene später den Betrieb aufgibt.

In dem Rechtsstreitverfahren
hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 1985
durch
den Vorsitzenden Richter Merz und
die Richter Zorn, Henkel, Gärtner und Winter
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Januar 1984 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Notar Schadensersatz wegen Amtspflichtsverletzung, weil er sie im Zusammenhang mit der Übertragung eines Grundstücks auf ihren Sohn Hans-Dieter L. steuerlich unrichtig beraten habe.

2

Der Ehemann der Klägerin (im folgenden: Erblasser) war Eigentümer eines Grundstücks in H., das mit einem Wohn- und Geschäftshaus sowie einem Hofgebäude bebaut ist. In den Geschäftsräumen betrieb er eine Bäckerei; eine Wohnung nutzte er mit seiner Familie, die übrigen waren vermietet. Das gemischt genutzte Grundstück gehörte mit seinem gewerblich genutzten Teil deshalb zum Betriebsvermögen. Nach dem Tode des Ehemannes am 22. Dezember 1974 wurden die Klägerin befreite Vorerbin und die beiden gemeinsamen Kinder (Bäcker- und Konditormeister Hans-Dieter L. und Christa L.) Nacherben. Ein Sohn aus erster Ehe des Erblassers, der ebenfalls als Nacherbe eingesetzt war, schlug die Nacherbschaft aus und verlangte den Pflichtteil. Die Klägerin führte den Bäckereibetrieb fort.

3

Am 2. Dezember 1975 ließen die Klägerin und ihr Sohn Hans-Dieter L. durch den Beklagten einen von ihm vorbereiteten Vertrag beurkunden. Darin übertrug die Klägerin ihrem Sohn das Grundstück unentgeltlich im Wege vorweggenommener Erbfolge und ließ es ihm auf. Das Grundstück, ebenso Gefahr, Nutzungen und Lasten, Steuern und öffentliche Abgaben, sollten mit Wirkung vom 1. Januar 1976 auf den Sohn übergehen. Die Klägerin behielt sich den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstück vor. Nach ihrem Tode sollte die Tochter Christa L. ein unentgeltliches dingliches Wohnungsrecht an den Räumen im ersten Stockwerk haben; die Mieteinnahmen sollten dann Hans-Dieter und Christa L. je zur Hälfte zustehen. Den Verkehrswert des Grundstücks gaben die Vertragsparteien mit etwa 500.000 DM an. Christa L. stimmte dieser Vereinbarung durch notariell beurkundete Erklärung vom 18. Dezember 1975 zu, nachdem durch einen Erbvertrag vom selben Tage der elterliche Nachlaß im übrigen geregelt worden war.

4

Am 26. April 1976 wurde der Grundstücksübertragungsvertrag im Grundbuch vollzogen. Unter demselben Datum wandte sich der Steuerberater G., der den Erblasser beraten und erst kürzlich von der Grundstücksübertragung erfahren hatte, schriftlich an den Beklagten und äußerte seine Bestürzung darüber, daß er nicht zur Beratung hinzugezogen worden sei und nunmehr infolge des Vertrages zusätzliche Einkommen- und Gewerbesteuern in Höhe von etwa 110.500 DM anfallen könnten. Im Verlaufe eines längeren Schriftwechsels wies er unter dem 7. Mai 1976 den Beklagten auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Februar 1974 (abgedruckt in BFHE 112, 257) hin, nach dem die Übertragung des Grundstücks, soweit es zum Betriebsvermögen gehört habe, als eine den Gewinn erhöhende Entnahme zum vollen Teilwert zu veranschlagen sei. Mit Schreiben vom 2. Juni 1976 räumte der Beklagte ein, daß dieses Urteil "in der Tat ungünstig" sei, und hielt Überlegungen für notwendig, den Schenkungsvertrag aufzuheben und damit die Entnahme noch im Laufe des Wirtschaftsjahres 1976 rückgängig zu machen. Am 16. Juni 1976 kam es hierüber zu einer Besprechung zwischen dem Beklagten, dem Steuerberater G. und Hans-Dieter L., bei der auch erwogen wurde, daß der Entnahmegewinn 1976 günstiger zu versteuern sei, falls Hans-Dieter L. den Betrieb später nicht fortführen wolle. Dabei blieb es zunächst.

5

Anfang Dezember 1976 beauftragten die Klägerin und Hans-Dieter L. den Rechtsanwalt B. mit der Prüfung, ob wegen der zu erwartenden ungünstigen steuerrechtlichen Folgen des Vertrages vom 2. Dezember 1975 ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Betracht komme. Der Rechtsanwalt setzte den Beklagten hiervon in Kenntnis und regte an, etwaige Verträge zur Verhinderung steuerlicher Nachteile noch im Jahre 1976 unter Dach und Fach zu bringen. Die Klägerin bat den Beklagten, ihr noch im Jahre 1976 einen Beurkundungstermin zu geben, damit der Schenkungsvertrag aufgehoben und dadurch die Entnahme noch im Wirtschaftsjahr 1976 rückgängig gemacht werden könne. Der Urlaubsvertreter des Beklagten erwiderte hierauf, daß die Angelegenheit schon seit Monaten hätte geregelt werden können. Mit Schreiben vom 21. Dezember 1976 teilte Hans-Dieter L. dem Beklagten unter anderem mit, daß er sich weigere, den Grundstücksübergabevertrag rückgängig zu machen.

6

Ende Mai 1978 reichte der Steuerberater G. für die Klägerin die Einkommensteuererklärung 1976 beim Finanzamt ein und gab darin den Gewinn der Bäckerei mit 255.266,02 DM an. Das entsprach der von ihm erstellten Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. Dezember 1976, in der er die Übertragung des Grundstücks, soweit es zum Betriebsvermögen gehört hatte, als Privatentnahme mit dem vollen Teilwert in Ansatz gebracht hatte. Der Bemessung des Teilwerts hatte er einen Wert des Gesamtgrundstücks von rund 1.000.000 DM zugrunde gelegt, den er einer Berechnung des Pflichtteilsanspruchs durch den Sohn des Erblassers aus erster Ehe entnommen hatte. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 12. März 1981 die von der Klägerin für 1976 zu entrichtende Einkommensteuer auf 161.976 DM fest; das sind nach der Behauptung der Klägerin 105.764 DM mehr, als ohne die Grundstücksübertragung zu zahlen wären. Die Klägerin focht den Steuerbescheid nicht an.

7

Mit ihrer im Juni 1979 erhobenen Klage verlangte sie die Feststellung, daß der Beklagten ihr wegen unrichtiger steuerrechtlicher Auskünfte Schadensersatz zu leisten habe. Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesgerichtshof, dessen Urteil vom 5. November 1982 - V ZR 217/81 - in VersR 1983, 181 und WM 1983, 123 abgedruckt ist, das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.

8

Die erneute Berufungsverhandlung ergab, daß die Klägerin den Bäckereibetrieb zwischenzeitlich eingestellt und die Betriebsräume - mit einer Ausnahme - durch "Mietvertrag" vom 3. Februar 1979 mit Wirkung vom 1. März 1979 der Firma Werner S. Bäckerei GmbH & Co. überlassen hatte.

9

Der Behauptung der Klägerin zufolge wurde inzwischen auch die Gewerbesteuer für das Jahr 1976 auf 36.660,60 DM festgesetzt und von ihr an die Stadt H. bezahlt; nach ihrem Vortrag waren das 32.113 DM mehr, als ohne die Grundstücksübertragung festgesetzt worden wären. Die Klägerin ging deshalb zur Leistungsklage über und beantragte,

die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß er verurteilt werde, an das Finanzamt H. für ihre Rechnung auf den Einkommensteuerbescheid für 1976 105.764 DM und an sie selbst weitere 32.113 DM nebst Zinsen zu zahlen.

10

Das Oberlandesgericht wies die Klägerin auch mit dem geänderten Berufungsantrag ab.

11

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Der Beklagte beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

I.

Der Berufungsrichter führt aus, im Sinne des Einkommensteuerrechts habe die Klägerin ihren Bäckereibetrieb aufgegeben. Zwar könne eine Betriebsfortführung vorliegen, wenn der bisherige Inhaber den Betrieb im ganzen verpachte. In einem solchen Falle könne der bisherige Inhaber wählen, ob die Verpachtung steuerlich als Betriebsfortführung oder als Betriebsaufgabe behandelt werden solle. Dieses Wahlrecht habe der Klägerin aber nicht zugestanden, weil sie ihren Betrieb nicht im ganzen verpachtet habe. Sie habe ihren Geschäftsbetrieb mit Konditorei und Café eingestellt und lediglich die bisherigen Betriebsräume - abzüglich eines Imbiß-Ladenraums - vermietet. Der Betrieb des Mieters unterscheide sich wesentlich von dem der Klägerin. Der Mieter betreibe eine Großbäckerei, die sieben Filialen in H. unterhalte. In den Mieträumen des Hofgebäudes stelle er nur bestimmte Backwaren her, die er auch in anderen Filialen verkaufe. Seine Hauptbetriebsstätte liege woanders. Die Hälfte des von der Klägerin vermieteten Verkaufsraums sei an einen Schlachter untervermietet. Das Café bestehe nicht mehr. Bei dieser Sachlage sei es unerheblich, ob andere Bestandteile des früheren Betriebes, z.B. das Personal, erhalten geblieben seien. Der frühere Betrieb der Klägerin existiere jedenfalls nicht mehr. Ihren Willen, den Betrieb aufzugeben, habe die Klägerin kundgetan, indem sie dem Ordnungsamt der Landeshauptstadt H. die Betriebsaufgabe zum 28. Februar 1979 angezeigt und zum selben Zeitpunkt die Löschung in der Handwerksrolle veranlaßt habe.

13

Selbst wenn der Klägerin das Wahlrecht zugestanden hätte, den Betrieb steuerlich als fortbestehend zu behandeln, habe sie sich anders entschieden und dem Finanzamt gegenüber bindend die Betriebsaufgabe erklärt. In dem ihr am 13. Juni 1979 übersandten Fragebogen des Finanzamts habe sie nämlich eine weitere Tätigkeit nach Aufgabe des bisherigen Unternehmens und Einkünfte aus einer solchen Tätigkeit verneint. Die Frage, aus welchen Einkünften sie ihren Lebensunterhalt bestreite, falls sie überhaupt nicht mehr gewerblich oder beruflich tätig sei, habe sie mit "Rente und Mieteinnahmen" beantwortet. Die Antwort "Betrieb verpachtet" auf die Frage, ob ihr Unternehmen im ganzen oder teilveräußert worden sei, könne zwar auch auf eine Fortführung des Betriebes schließen lassen. Ihre übrigen Angaben seien jedoch auch für einen Laien eindeutig dahin zu verstehen, daß die Klägerin einer Tätigkeit als Unternehmerin nicht mehr nachgegangen sei. Darüber hinaus habe die Klägerin in der Folgezeit die aus der Vermietung der Betriebsräume erzielten Einkünfte in ihren Steuererklärungen nicht mehr als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angegeben.

14

Die Betriebsaufgabe habe als Privatentnahme zur Versteuerung der stillen Reserven geführt. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin die Betriebsaufgabe schon geplant habe, als sie im Mai 1978 die Entnahme der Betriebsräume dem Finanzamt angezeigt habe. Jedenfalls habe sie allein wegen der inzwischen erfolgten Betriebsaufgabe einen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 12. März 1981 unterlassen. Dieser wäre sinnlos gewesen, weil nunmehr zweifellos eine Entnahme vorgelegen habe. Der zeitliche Zusammenhang von Betriebsaufgabe und Klageschrift mache die Verknüpfung deutlich.

15

Damit entfalle ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten. Die Klägerin habe den Einkommensteuerbescheid bewußt rechtskräftig werden lassen aus Gründen, die mit dem schadenstiftenden Ereignis nicht zusammenhingen. Sie habe damit vor Verwirklichung des Schadens die Ursachenkette durch ein auf freier Entschließung beruhendes Verhalten unterbrochen.

16

Die Steuerpflicht der Klägerin falle auch nicht mehr in den Schutzbereich des § 19 Abs. 1 BNotO. Wie der zeitliche Zusammenhang deutlich belege, habe die Klägerin - entsprechend beraten - die durch die unrichtige Auskunft des Beklagten verursachte steuerrechtliche Lage für sich und/oder ihren Sohn endgültig genutzt, die Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 EStG zu erklären, um dadurch zu Lasten des Beklagten jene Vorteile zu sichern, die damit verbunden seien, daß Grundstücke zum Privatvermögen und nicht zum Betriebsvermögen gehören. Dieser Willensentschluß der Klägerin könne dem Beklagten nicht zugerechnet werden; denn § 19 Abs. 1 BNotO schütze nicht das Erlangen steuerlicher Vorteile auf Kosten des Notars.

17

Es könne deshalb dahinstehen, ob die nachträgliche Herbeiführung des Steuertatbestandes einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO gleichzusetzen sei, auf die sich der Beklagte berufen könnte. Er sei nämlich im Zusammenhang mit der Erörterung der steuerlichen Folgen des zu beurkundenden Vertrages nicht mit einem Amtsgeschäft nach § 24 BNotO beauftragt worden. Das ergebe sich aus den insoweit übereinstimmenden Schreiben des Beklagten vom 10. Dezember 1976 und des Zeugen Hans-Dieter L. vom 21. Dezember 1976; aus dem letzteren folge auch, daß nur am 2. und 18. Dezember 1975 mit dem Beklagten die steuerlichen Belange erörtert worden seien.

18

II.

Mit diesen Erwägungen läßt sich die Abweisung der Zahlungsklage nicht rechtfertigen.

19

1.

Der Berufungsrichter trifft keine ausreichenden Feststellungen zu der Frage, ob der Beklagte im Zusammenhang mit der Beurkundung des Grundstücksübertragungsvertrages vom 2. Dezember 1975 eine ihm gegenüber der Klägerin obliegende Amtspflicht im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO schuldhaft verletzt hat. Er führt lediglich aus, dem Beklagten sei ein besonderer Auftrag zu notarischer Rechtsbetreuung (§ 24 BNotO), der eine Beratung über die steuerlichen Folgen der beabsichtigten Grundstücksübertragung zum Gegenstand gehabt habe, nicht erteilt worden. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision nicht angegriffen. Eine Verletzung von Amtspflichten aus einem Amtsgeschäft der in § 24 BNotO bezeichneten Art scheidet deshalb aus.

20

Nicht ausgeschlossen ist aber, daß der Beklagte eine ihm bei dem Urkundsgeschäft (§ 20 BNotO) obliegende Amtspflicht verletzt haben kann. Im ersten Berufungsurteil hatte das Oberlandesgericht als erwiesen angesehen, daß der Beklagte die vor der Beurkundung gestellte Frage, ob die Klägerin oder ihr Sohn aufgrund des beabsichtigten Vertrages über die Verpflichtung zur Entrichtung von Schenkungssteuer hinaus mit weiteren Steuerpflichten, insbesondere mit der Heranziehung zur Einkommensteuer, rechnen müsse, verneint und damit eine unrichtige Auskunft erteilt habe. Die Auffassung, darin liege eine fahrlässige Verletzung der dem Beklagten im Rahmen des Urkundsgeschäfts auferlegten Amtspflichten, hatte der Bundesgerichtshof im ersten Revisionsurteil gebilligt. Das angefochtene Urteil beruht ebenfalls auf dieser Auffassung. Das genügt aber nicht. Nach der Zurückverweisung war das Berufungsgericht an die frühere Beurteilung weder nach § 318 ZPO noch nach § 565 Abs. 2 ZPO gebunden; denn das erste Berufungsurteil ist aus anderen Erwägungen aufgehoben worden (vgl. BGHZ 3, 321, 324 f; 6, 76, 79; Urt. v. 7. Februar 1969 - V ZR 115/65, NJW 1969, 661). Die Frage war deshalb neu zu prüfen. Dem angefochtenen Urteil ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob der Berufungsrichter die früheren Feststellungen aufgrund eigener Überzeugung übernehmen wollte. Abweichende Feststellungen hat er nicht getroffen. Die Amtspflichtverletzung ist deshalb für das Revisionsverfahren (nur) zu unterstellen.

21

2.

Das angefochtene Urteil enthält auch nicht die Feststellung, daß die Amtspflichtverletzung ursächlich für den Abschluß des Grundstücksübertragungsvertrages war. Im ersten Berufungsurteil hatte das Oberlandesgericht festgestellt, daß die Klägerin von der Grundstücksübertragung abgesehen hätte, wenn sie aufgrund einer zutreffenden Auskunft des Beklagten mit der ernsthaften Möglichkeit steuerlicher Nachteile gerechnet hätte. Auf dieser Grundlage hatte der Bundesgerichtshof im ersten Revisionsurteil den Ursachenzusammenhang zwischen unrichtiger Auskunft und Vertragsschluß sowie einer dadurch ausgelösten steuerlichen Mehrbelastung der Klägerin bejaht. Auch diese Beurteilung ist aber aus den bereits genannten Gründen für das weitere Verfahren nicht bindend. Eine neue Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und Vertragsschluß ist geboten, weil es nach dem Vortrag des Beklagten und den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen ist, daß die Klägerin und ihr Sohn schon zur Zeit des Vertragsschlusses beabsichtigten, die Bäckerei in naher Zukunft aufzugeben. Hatte die Klägerin diese Absicht, so hätte sie sich im Hinblick auf die steuerlichen Folgen einer Betriebsaufgabe (vgl. § 16 Abs. 3 EStG) möglicherweise auch durch eine zutreffende Auskunft des Beklagten nicht vom Vertragsschluß abhalten lassen. Es kommt insoweit darauf an, wie die Klägerin sich nach Abwägung der bei sachgerechter Belehrung voraussehbaren steuerlichen Vor- und Nachteile einer Betriebsaufgabe nach vorheriger Entnahme der betrieblich genutzten Grundstücksteile und denen einer Betriebsaufgabe ohne vorherige Entnahme sowie sonstiger Gründe, die sie zum Abschluß des Grundstücksübertragungsvertrages bewogen, entschieden hätte.

22

Da der Tatrichter hierzu keine Feststellungen getroffen hat, ist für das Revisionsverfahren auch zu unterstellen, daß die (angenommene) unrichtige Auskunft des Beklagten ursächlich für den Vertragsschluß war.

23

3.

Der Berufungsrichter hat bisher ebenfalls nicht geprüft, welche steuerlichen Folgen die Grundstücksübertragung für die Klägerin hatte. Nach ihrem Vortrag fielen dadurch für das Jahr 1976 eine um 105.764 DM höhere Einkommensteuer und eine um 32.113 DM höhere Gewerbesteuer an. Diese Mehrbelastung bildet den für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Schaden der Klägerin, vorbehaltlich der noch zu erörternden Frage, ob der Schaden infolge der Aufgabe der Bäckerei ganz oder teilweise wieder entfallen ist.

24

4.

Geht man von diesen Unterstellungen aus, läßt sich der Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklagten und dem Schaden der Klägerin nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen.

25

a)

Der Ursachenzusammenhang im logischen Sinne ist gegeben. Ohne die Grundstücksübertragung wären die Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1976 nicht so hoch festgesetzt worden. Der Ursachenzusammenhang wurde nicht dadurch unterbrochen, daß die Klägerin sich entschloß, den Einkommensteuerbescheid nicht anzufechten. Dadurch kann sie allenfalls eine weitere Ursache für die steuerliche Mehrbelastung gesetzt haben. Das ändert nichts daran, daß (auch) die Amtspflichtsverletzung des Beklagten dafür ursächlich war. Entsprechendes gilt für die ebenfalls unterbliebene Anfechtung des Gewerbesteuerbescheids, auf die das Berufungsgericht nicht eingegangen ist.

26

b)

Mit "Unterbrechung der Ursachenkette" mag das Berufungsgericht freilich - entsprechend einem verbreiteten, aber unzutreffenden Sprachgebrauch - die Unterbrechung des rechtlichen Zurechnungszusammenhangs zwischen Amtspflichtsverletzung und Schaden gemeint haben. Im Zivilrecht haftet der Schädiger nämlich nicht für alle nachteiligen Folgen, die in einem logischen Ursachenzusammenhang mit seinem Verhalten stehen. Er kann nur für "adäquate" Folgen verantwortlich gemacht werden (BGHZ 3, 261). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war. Er kann fehlen, wenn der Geschädigte oder ein Dritter in völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (vgl. BGHZ 3, 261, 268;  57, 25, 27 f;  63, 189, 191 f; BGH, Urt. v. 27. Juni 1963 - II ZR 112/62, VersR 1963, 824, 825; v. 21. Januar 1964 - VI ZR 45/63, VersR 1964, 408, 409; v. 3. Oktober 1978 - VI ZR 253/77, LM BGB § 249 Bb Nr. 26).

27

Auch der adäquate Zusammenhang kann hier aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht verneint werden. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der durch die unrichtige Auskunft des Beklagten in Gang gesetzte Geschehensablauf bis zum Erlaß des Einkommensteuerbescheids 1976 - entsprechendes müßte für den Gewerbesteuerbescheid 1976 gelten - adäquate Folge der Amtspflichtsverletzung ist. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Februar 1974 lag es nahe, die Veräußerung des Grundstücks, soweit es für den Bäckereibetrieb genutzt wurde, als eine den Gewinn der Klägerin erhöhende Entnahme von Betriebsvermögen (§§ 4 Abs. 1 Satz 1 und 2, 5 Abs. 5 - früher Abs. 4 -, 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu behandeln. Es war deshalb nicht außergewöhnlich, daß der Steuerberater der Klägerin und die Steuerbehörden die Grundstücksübertragung entsprechend veranschlagten. Selbst wenn in diesem Zusammenhang bei der Beurteilung der Frage, ob die Grundstücksveräußerung hier ausnahmsweise keine Entnahme darstellte, bei der Bewertung der Entnahme oder der Behandlung des Vorbehaltsnießbrauchs Fehler unterlaufen sein sollten (vgl. dazu unten), wäre das nicht so ungewöhnlich, daß dadurch der adäquate Zusammenhang unterbrochen wäre. Nach den für das weitere Verfahren bindenden Rechtsausführungen des ersten Revisionsurteils (§ 565 Abs. 2 ZPO) hätte die Klägerin die steuerlichen Folgen einer Entnahme allenfalls dann rückgängig machen können, wenn sie die Rückübereignung des Grundstücks noch im Jahre 1976 gegen ihren Sohn hätte durchsetzen können und damit auch der steuerrechtliche Tatbestand weggefallen wäre. Das ist nach wie vor nicht festgestellt.

28

Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet die Ansicht des Berufungsrichters, der adäquate Zurechnungszusammenhang sei nach Erlaß des Einkommensteuerbescheides 1976 unterbrochen worden, weil die Klägerin den Bescheid aus freier Entschließung allein wegen der inzwischen erfolgten Betriebsaufgabe nicht angefochten habe.

29

aa)

Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung, die Einstellung des Bäckereibetriebes im Februar 1979 sei als Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG zu werten. Der Berufungsrichter geht zutreffend von den Grundsätzen aus, nach denen der Bundesfinanzhof eine Betriebsaufgabe von einer Betriebsverpachtung des fortbestehenden Betriebes abgrenzt (vgl. BFH BB 1975, 1377; BFHE 78, 315). Die zivilrechtliche Abgrenzung von Miet- und Pachtvertrag, auf die die Revision abstellt, ist insoweit für die steuerrechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend. Die Feststellung, die Klägerin habe eine Betriebsverpachtung, sei es auch nur in Form der Verpachtung der wesentlichen Grundlagen des Betriebes, nicht vorgenommen und die Betriebsaufgabe dem Finanzamt gegenüber erklärt, beruht auf der dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse. Einen Verfahrensfehler zeigt die Revision insoweit nicht auf.

30

bb)

Auf einem Verfahrensverstoß beruht dagegen die weitere Feststellung, die Klägerin habe den Einkommensteuerbescheid 1976 allein wegen der inzwischen erfolgten Betriebsaufgabe nicht angefochten. Zwar ist entgegen der Meinung der Revision § 286 ZPO nicht verletzt. Die Feststellung der für die Beurteilung des adäquaten Zurechnungszusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden erheblichen Tatsachen ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Für sie gilt nicht § 286 sondern § 287 ZPO.

31

Fehl geht auch die Revisionsrüge, der Berufungsrichter habe im Urteil nicht mitgeteilt, auf welcher Grundlage er die Feststellung getroffen habe. Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ergeben, daß sich die Überzeugung des Berufungsrichters auf die Überlegung gründete, ein Einspruch gegen den Steuerbescheid sei mit Rücksicht auf den inzwischen eingetretenen Entnahmetatbestand sinnlos gewesen, sowie auf den zeitlichen Zusammenhang von Betriebsaufgabe und Klageschrift.

32

Die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe bei seiner Überzeugungsbildung erhebliche Umstände übergangen, greift jedoch durch. Der Tatrichter entscheidet zwar im Rahmen des § 287 ZPO nach freier Überzeugung; es bleibt seinem Ermessen überlassen, ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme anzuordnen sei. Das Revisionsgericht kann aber auf Rüge prüfen, ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Umstände außer acht gelassen sind (BGHZ 3, 162, 175 f; 6, 62 f; 39, 198, 219). Das ist hier der Fall.

33

Der Berufungsrichter geht ohne nähere Erläuterung davon aus, daß nach der Betriebsaufgabe eine Anfechtung des Steuerbescheides sinnlos gewesen wäre. Sollte er damit meinen, ein Rechtsbehelf hätte schon wegen der Betriebsaufgabe keinen Erfolg mehr haben können, wäre das rechtsfehlerhaft. Einkommen- und Gewerbesteuer sind Jahressteuern (§ 2 Abs. 7 EStG, §§ 10 Abs. 1, 14 Abs. 2 GewStG). Die Betriebsaufgabe des Jahres 1979 konnte deshalb keine Rückwirkung auf die Steuerpflicht für 1976 haben. Wäre er dagegen der Ansicht, wegen der Betriebsaufgabe habe sich eine Anfechtung des Steuerbescheids wirtschaftlich nicht mehr gelohnt, entbehrt dies der erforderlichen Tatsachengrundlage. Voraussetzung wäre, daß eine weitere Zugehörigkeit der betrieblich genutzten Grundstücksteile zum Betriebsvermögen die Klägerin bei der Betriebsaufgabe steuerlich ebenso belastet hätte wie die Grundstücksveräußerung des Jahres 1976. Dann wäre es für die Klägerin möglicherweise gleichgültig gewesen, ob der Wert der betrieblich genutzten Grundstücksteile 1976 oder 1979 versteuert werden mußte. Die erforderlichen Feststellungen hierzu fehlen.

34

Richtig ist, daß bei der Entnahme von Betriebsvermögen ebenso wie bei der Betriebsaufgabe die durch die Buchwerte verdeckten stillen Reserven aufgelöst und versteuert werden müssen. Die Revision verweist jedoch mit Recht darauf, daß die beiden Fälle im Steuerrecht unterschiedlich geregelt sind. Bei Gewerbetreibenden, die - wie die Klägerin - den der Einkommensteuer unterliegenden Gewinn durch Vermögensvergleich ermitteln, erhöhen Entnahmen den Gewinn des laufenden Wirtschaftsjahres (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sie sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen; das ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs, der den Betrieb fortführt, im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das entnommene Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Um den Betrag, um den der Teilwert höher ist als der unter Berücksichtigung der steuerlichen Abschreibung festgestellte letzte Buchwert, erhöht sich also der Gewinn. Bei der Betriebsaufgabe ist neben dem Jahresgewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 6 EStDV) auch der Veräußerungsgewinn zu versteuern (§ 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 EStG). Das ist der Betrag, um den die Veräußerungspreise veräußerter Wirtschaftsgüter und der gemeine Wert nicht veräußerter Wirtschaftsgüter nach Abzug der Aufgabe- und Veräußerungskosten den Buchwert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Aufgabe übersteigen (§ 16 Abs. 3 Sätze 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 EStG; vgl. Klein/Flockermann/Kühr, EStG 3. Aufl. § 16 Rdn. 106). Der Veräußerungsgewinn wird also nach einem anderen Maßstab ermittelt als der Teilwert einer Entnahme. Der Veräußerungsgewinn wird zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er bestimmte Freibeträge übersteigt (§ 16 Abs. 4 EStG). Für ihn ist außerdem auf Antrag ein ermäßigter Steuersatz anzuwenden (§ 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG). Ohne nähere tatrichterliche Feststellungen läßt sich daher nicht beurteilen, ob die Veranschlagung der betrieblich genutzten Grundstücksteile beim Veräußerungsgewinn des Jahres 1979 für die Klägerin anläßlich der Betriebsaufgabe die gleiche Einkommensteuerbelastung bewirkt hätte wie die Veranschlagung als Entnahme des Jahres 1976.

35

Der Berufungsrichter hat auch die unterschiedliche Behandlung von Entnahme- und Veräußerungsgewinn im Gewerbesteuerrecht nicht beachtet. Nach § 7 GewStG bildete der Gewinn des Geschäftsjahres im Sinne des Einkommensteuerrechts den Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbeertrags, der gemäß § 6 Satz 1 GewStG neben dem Gewerbekapital Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist. Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 EStG, die ein Einzelunternehmer erzielt, werden jedoch von der Gewerbesteuer nicht erfaßt (BFH, Großer Senat, in BFHE 78, 315, 320; vgl. Lenski/Steinberg/Stäuber, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz 6. Aufl. § 7 Rdn. 26; Müthling/Fock, GewStG 2. Aufl. § 7 Anm. 5; Blümich/Boyens/Steinberg/Klein/Hübl, GewStG 8. Aufl. § 7 Anm. 8 a). Auch hier läßt sich daher aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht sagen, eine Anfechtung des Steuerbescheids 1976 wäre wegen der Betriebsaufgabe sinnlos gewesen.

36

Schließlich übergeht der Berufungsrichter wesentlichen Parteivortrag bei seiner Folgerung, die Klägerin habe - entsprechend beraten - die durch die unrichtige Auskunft des Beklagten verursachte steuerrechtliche Lage bewußt ausgenutzt, um eine steuerliche Mehrbelastung für 1976 und nicht erst für 1979 herbeizuführen, weil sie von einer Ersatzpflicht des Beklagten für die Steuernachteile des Jahres 1976 ausgegangen sei. Der Berufungsrichter hat nämlich nicht geprüft, welche Erfolgsaussichten ein Rechtsbehelf gegen den Steuerbescheid gehabt hätte und welche Vorstellungen die Klägerin darüber hegte. Sie hatte unter Beweisantritt vorgetragen, der Steuerberater Gehrke habe ihr von einer Anfechtung abgeraten, weil sie keine Erfolgsaussicht habe (Schriftsätze vom 28. April 1981, S. 2, und vom 15. Februar 1983, S. 3, 4). Dem ist der Berufungsrichter nicht nachgegangen.

37

Es ist nicht ausgeschlossen, daß er bei Berücksichtigung der oben bezeichneten Punkte die Motivation der Klägerin, die Steuerbescheide nicht anzufechten, anders beurteilt hätte. Hätte sie lediglich die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs falsch eingeschätzt, wäre damit der adäquate Zurechnungszusammenhang zwischen Amtspflichtsverletzung und Schaden nicht unterbrochen; in Betracht käme nur ein mitwirkendes Verschulden.

38

cc)

Selbst wenn die Klägerin - wie der Berufungsrichter annimmt - ohne Rücksicht auf etwaige Erfolgsaussichten die Steuerbescheide allein wegen der inzwischen erfolgten Betriebsaufgabe nicht angefochten hätte, könnte einem solchen willkürlichen Verhalten der Klägerin Bedeutung für die Schadenszurechnung allenfalls insoweit zukommen, als es ursächlich für den Schaden war. Der Berufungsrichter hätte deshalb feststellen müssen, daß ein Rechtsbehelf der Klägerin gegen den Steuerbescheid Erfolg gehabt und die steuerliche Mehrbelastung ganz oder teilweise beseitigt hätte. Daran fehlt es.

39

Insoweit erscheinen folgende Hinweise angezeigt: Die Frage, ob ein Rechtsbehelf Erfolg gehabt hätte, ist danach zu beurteilen, wie über den Rechtsbehelf nach der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen.

40

Wie schon im ersten Revisionsurteil dargelegt worden ist, hätte ein Rechtsbehelf der Klägerin Erfolg gehabt, wenn sie nach Abschluß des Vertrages vom 2. Dezember 1975 wirtschaftliche Eigentümerin des Grundstücks geblieben wäre (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO; früher auch § 11 Nr. 4 StAnpG; vgl. BFH BB 1983, 1905, 1906;  1906, 1907;  Brandenberg, Nießbrauch an Privatgrundstücken, Betriebsgrundstücken und Kapitalvermögen, Rdn. 118 f, 200; Meyer, Einkommensteuerliche Behandlung des Nießbrauchs und anderer Nutzungsüberlassungen, S. 130 f, 226 f); eine Entnahme von Betriebsvermögen hätte dann nicht vorgelegen.

41

Ist die Klägerin nicht wirtschaftliche Eigentümerin geblieben, lag eine Entnahme der betrieblich genutzten Grundstücksteile vor, die mit dem vollen Teilwert anzusetzen war (vgl. BFHE 112, 257; BFH BB 1983, 1905, 1906). Ob die Klägerin hätte geltend machen können, der Teilwert des entnommenen Wirtschaftsgutes sei zu hoch veranschlagt worden, hängt von der ebenfalls ungeklärten Frage ab, ob der Bemessung des Teilwerts ein zu hoher Grundstückswert zugrunde gelegt worden ist. Die Klägerin hätte aber jedenfalls mit Erfolg darauf verweisen können, daß sie aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchsrechts die entnommenen Grundstücksteile weiterhin betrieblich nutze und dies eine Einlage des Nießbrauchs in das Betriebsvermögen darstelle (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG; vgl. BFHE 112, 257, 259; BFH BB 1983, 1905, 1906). Sie hätte verlangen können, das Nießbrauchsrecht, soweit es die betrieblich genutzten Grundstücksteile betraf, gemäß den §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit seinem Teilwert als gewinnmindernde Einlage zu veranschlagen (vgl. dazu BFH BB 1983, 1905, 1906; Brandenberg a.a.O. Rdn. 202 f). Inwieweit dadurch die Entnahme steuerlich ausgeglichen worden wäre, bedürfte weiterer tatrichterlicher Aufklärung.

42

c)

Aufgrund der bisherigen Feststellungen läßt sich die Schadenszurechnung auch nicht mit der Begründung verneinen, der von der Klägerin behauptete Schaden falle jetzt nicht mehr in den Schutzbereich des § 19 BNotO.

43

Richtig ist, daß nur für solche Schadensfolgen Ersatz verlangt werden kann, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen. Der geltend gemachte Schaden muß innerhalb des Schutzzwecks der Vorschrift liegen; es muß sich um Folgen handeln, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen, die Rechtsnorm erlassen wurde (BGHZ 27, 137, 140). Notwendig ist ein innerer Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage, nicht nur eine bloß zufällige äußere Verbindung (BGHZ 57, 137, 142) [BGH 14.10.1971 - VII ZR 313/69]. Das gilt auch für die Haftung aus § 19 BNotO (BGHZ 70, 374, 377; BGH, Urt. v. 8. Dezember 1981 - VI ZR 164/80, NJW 1982, 572, 573).

44

Hier geht es um die Amtspflicht des Notars, einem Beteiligten, den er im Zusammenhang mit einem Urkundsgeschäft steuerlich berät, keine unrichtigen, unklaren oder nicht erkennbar unvollständigen Auskünfte zu erteilen. Sie soll den Beteiligten gerade vor der Gefahr schützen, im Vertrauen auf die Auskunft das Rechtsgeschäft vorzunehmen und dadurch steuerliche Nachteile zu erleiden. Es ist nicht auszuschließen, daß sich hier eben diese Gefahr zum Nachteil der Klägerin verwirklicht hat. Nur wenn es zuträfe, daß sie die steuerliche Mehrbelastung des Jahres 1976 bewußt nicht durch Anfechtung der Steuerbescheide beseitigt hat, weil diese Belastung sonst 1979 infolge der Betriebsaufgabe angefallen wäre und sie glaubte, für die Belastungen des Jahres 1976 vom Beklagten Ersatz fordern zu können, könnte es an dem notwendigen inneren Zusammenhang zwischen Schaden und Amtspflichtsverletzung fehlen. Die dahin gehende Feststellung des Berufungsgerichts beruht indessen auf dem oben erörterten Verfahrensverstoß und kann deshalb keinen Bestand haben. Es stellen sich hier dieselben Fragen, die schon bei der Beurteilung des adäquaten Zurechnungszusammenhangs eine Rolle spielten.

45

III.

Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig.

46

1.

Der Berufungsrichter hat nicht geprüft, ob der Schaden der Klägerin infolge der Betriebsaufgabe ganz oder teilweise entfallen ist. Hat sie das Grundstück 1976 dem Betriebsvermögen entnommen, konnte sein Wert den Veräußerungsgewinn des Jahres 1979 nicht mehr erhöhen. Möglicherweise ist also die steuerliche Mehrbelastung für 1976 ganz oder teilweise durch eine steuerliche Minderbelastung für 1979 ausgeglichen worden. Wäre das der Fall, könnte dies für die Schadensfeststellung erheblich sein.

47

Ob ein zu ersetzender Vermögensschaden im Sinne der §§ 249, 251 BGB vorliegt, beurteilt sich im Ansatz nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte (Differenzhypothese; vgl. BGH, Urt. v. 4. März 1977 - V ZR 236/75, NJW 1978, 262, 263 f; v. 30. November 1979 - V ZR 214/77, DB 1980, 587, 588); maßgebender Zeitpunkt für den Vermögensvergleich ist im Schadensersatzprozeß die letzte mündliche Tatsachenverhandlung. Die Differenzhypothese hat vorzugsweise die Funktion, allgemeine Vermögensschäden zu erfassen und ihre Höhe mittels der Differenzrechnung zu bestimmen (vgl. BGHZ 45, 212, 218;  71, 234, 240), Auch bei einem solchen Schaden, wie er hier geltend gemacht ist, kann aber der Gesamtvermögensvergleich durch die Grundsätze über die Vorteilsausgleichung oder über die Berücksichtigung hypothetischer Schadensursachen, deren Anwendung hier in Betracht kommt (vgl. BGH, Urt. v. 29. September 1982 - IVa ZR 309/80, LM BGB § 249 Bb Nr. 36), ausgeschlossen sein. Nach diesen Grundsätzen sind nämlich Vorteile, die durch das schädigende Ereignis verursacht sind, und Reserveursachen, die ohne das schädigende Ereignis den Schaden ebenfalls herbeigeführt hätten, nicht stets haftungsmindernd zu berücksichtigen, wie es bei uneingeschränkter Durchführung der Differenzhypothese der Fall sein müßte. Die Differenzhypothese wird dadurch aufgrund wertender Betrachtungsweise (vgl. dazu BGHZ 74, 231, 233 m.w.Nachw.) eingeschränkt.

48

Obwohl eine Abgrenzung der Vorteilsausgleichung von der Berücksichtigung hypothetischer Schadensverläufe im Einzelfall Schwierigkeiten bereitet (vgl. Rother, Haftungsbeschränkung im Schadensrecht, S. 225 f), ist der Senat der Auffassung, daß hier allein die Grundsätze über die Berücksichtigung hypothetischer Schadensverläufe (vgl. dazu BGHZ 8, 288, 296;  10, 6; 20, 275, 279 f; 29, 207, 215 f; BGH, Urt. v. 29. Oktober 1959 - VII ZR 197/58, WM 1960, 21, 23 f; v. 13. Oktober 1966 - II ZR 173/64, LM BGB § 249 Ba Nr. 19; v. 30. September 1968 - II ZR 224/66, LM BGB § 249 Ba Nr. 20; v. 8. Dezember 1976 - I ZR 59/75, LM BGB § 249 Ba Nr. 23) anwendbar sind. Es geht nämlich um die Frage, ob die Amtspflichtverletzung des Beklagten eine steuerliche Mehrbelastung verursacht hat, die ohne sie aufgrund der Betriebsaufgabe drei Jahre später eingetreten wäre. Auf eine solche Fallgestaltung sind die Grundsätze über die Berücksichtigung hypothetischer Ursachen besonders zugeschnitten. Ob sie hier zugunsten des Beklagten eingreifen, läßt sich indessen ohne weitere tatrichterliche Aufklärung nicht beantworten.

49

2.

Das Berufungsgericht hat sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten wegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit der Klägerin ausgeschlossen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO) oder infolge eines mitwirkenden Verschuldens der Klägerin gemindert ist (§ 254 BGB). Insoweit kann auf die Ausführungen des ersten Revisionsurteils verwiesen werden; danach bedürfen auch diese Fragen weiterer tatrichterlicher Klärung.

50

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß als anderweitige Ersatzmöglichkeit auch Ansprüche der Klägerin gegen ihren Sohn in Betracht kommen. Hätte die Klägerin, etwa wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage (vgl. dazu BGH, Urt. v. 2. Februar 1951 - V ZR 15/50, NJW 1951, 517, 518; v. 18. November 1975 - VI ZR 153/73, DB 1976, 234, 235 [BGH 18.11.1975 - VI ZR 153/73] = WM 1976, 53; Staudinger/Dilcher BGB 12. Aufl. § 119 Rdn. 94; Walz ZHR 147, 281, 310), von ihrem Sohn die Rückübertragung des Grundstücks fordern können und wären dadurch - wie der Beklagte meint - bis zum Ablauf des Jahres 1976 Steuernachteile zu vermeiden gewesen - sei es durch Rückgängigmachung der Entnahme (vgl. dazu § 5 Abs. 4 StAnpG, § 41 Abs. 1 AO; BFH BB 1983, 1906), sei es durch erneute Einlage des Grundstücks in das Betriebsvermögen -, kann der Sohn für die steuerliche Mehrbelastung haften, wenn er durch seine Weigerung die rechtzeitige Rückübertragung des Grundstücks schuldhaft vereitelt hat.

51

3.

Falls der Beklagte der Klägerin für die Mehrbelastung mit Einkommensteuer Schadensersatz zu leisten hat, kann die Klägerin nur Befreiung von der Steuerschuld fordern; denn sie hat nach ihrem eigenen Vorbringen die Einkommensteuer noch nicht bezahlt (vgl. BGH, Urt. v. 14. Januar 1975 - VI ZR 139/73, DB 1975, 445 = WM 1975, 305 m.w.Nachw.). Sie verlangt Zahlung an das Finanzamt. Das kann aber nicht zur Teilabweisung der Klage führen. Falls der gestellte Antrag nicht schon als Freistellungsbegehren ausgelegt werden kann, müßte der Klägerin gemäß § 139 ZPO Gelegenheit zu einer sachdienlichen Änderung ihres Antrags gegeben werden.

52

Das angefochtene Urteil wird deshalb aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Merz
Zorn
Henkel
Gärtner
Winter