Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.12.1984, Az.: VII ZR 227/83
Überprüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen; Bezeichung der Preise als "freibleibend"; Hinreichende Bestimmtheit der Lieferfrist
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 06.12.1984
- Aktenzeichen
- VII ZR 227/83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1984, 14229
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Bamberg - 27.04.1983
- LG Bamberg
Rechtsgrundlagen
- § 13 AGBG
- § 11 Nr. 1 AGBG
- § 9 AGBG
- § 10 Nr. 1 AGBG
- § 326 Abs. 1 S. 1 BGB
- § 11 Nr. 2 AGBG
- § 11 Nr. 10e AGBG
Fundstellen
- MDR 1985, 398-399 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1985, 855-858 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Firma R. Leichtmetallbau GmbH, A./S., vertreten durch ihren Geschäftsführer Reinhard R., ebenda,
Prozessgegner
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V., Au.straße ..., St. ..., vertreten durch die erste Vorsitzende Maria Ingrid K.,
Amtlicher Leitsatz
Zur Unwirksamkeit von "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" eines Fensterherstellers.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 1984
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Girisch sowie
die Richter Dr. Recken, Bliesener, Prof. Dr. Walchshöfer und Quack
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. April 1983 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die beklagte GmbH stellt Leichtmetallfenster her, die sie vertreibt und montiert. Den Verträgen mit ihren Kunden legt sie "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" zugrunde, die u.a. folgendes bestimmen:
- 1.
"Die Preise sind freibleibend. Bei einer Steigerung von Material- und Rohstoffpreisen, Löhnen und Gehältern, Herstellungs- und Transportkosten ist der Lieferer berechtigt, die vom Tage der Lieferung gültigen Preise zu berechnen." (Klausel 2.1)
- 2.
"Ist eine bestimmte Lieferzeit vereinbart, beginnt diese erst nach Eingang der vom Auftraggeber beizubringenden Unterlagen und nach Vorliegen der verbindlichen Maße im Lieferwerk sowie deren schriftlichen Bestätigung durch den Hersteller." (Klausel 3.4)
- 3.
"Verzögert sich die Lieferzeit aus einem vom Hersteller zu vertretenden Umstand, so kann der Auftraggeber nur dann vom Vertrag zurücktreten oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn er dem Hersteller zuvor unter Ablehnungsandrohung erfolglos eine Nachfrist von mindestens 6 Wochen gesetzt hat und diese Frist fruchtlos abgelaufen ist." (Klausel 3.5 Satz 1)
- 4.
"Nicht zu vertreten hat der Hersteller insbesondere Streik, Aussperrung, nicht rechtzeitige Belieferung durch Zulieferer ... ." (Klausel 3.6 Satz 2)
- 5.
"Ist die Montage im Vertrag eingeschlossen, so sind bei Anlieferung 90 % der Rechnungssumme fällig. Der Restbetrag ist bei Bauabnahme fällig mit 3 % Skonto auf die Gesamtsumme." (Klausel 5.1 Satz 1 und 2)
- 6.
"Fehllieferungen berechtigen keinesfalls zur Schecksperrung." (Klausel 5.5 Satz 2)
- 7.
"Der Hersteller ist berechtigt, die Durchführung der Montage von der vorherigen Begleichung der bei Ablieferung der bestellten Ware auf der Baustelle fällig gewordenen Zahlung abzüglich 10 % abhängig zu machen." (Klausel 7.5 Satz 1)
- 8.
"Versteckte Mängel der gelieferten Ware sind vom Auftraggeber unverzüglich nach Sichtbarwerden schriftlich zu rügen," (Klausel 8.3)
Die klagende Verbraucherzentrale e.V. hält die angeführten Bestimmungen der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" wegen Verstosses gegen das AGB-Gesetz für unwirksam. Mit der gemäß § 13 AGBG erhobenen Klage verlangt sie von der Beklagten, diese Klauseln im Rechtsverkehr gegenüber Nichtkaufleuten nicht mehr zu verwenden.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage - mit Ausnahme einer Alternative der Klausel Nr. 4 - stattgegeben. Mit der - angenommenen - Revision, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet, verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
I.
1.
Das Berufungsgericht ist vorweg der Auffassung, bei einer Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen müsse im Hinblick auf den Schutzzweck des § 13 AGBG bei unklaren Klauseln die dem Kunden ungünstigste Auslegung zugrunde gelegt werden. Für eine Aufrechterhaltung beanstandeter Klauseln mit eingeschränktem Inhalt sei im Rahmen des § 13 Abs. 1 AGBG kein Raum, weil eine solche Rückführung auf den zulässigen Inhalt mit Wortlaut und Zweck dieser Vorschrift nicht vereinbar sei.
2.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Unterlassungsverfahren nach § 13 AGBG davon auszugehen, wie ein rechtlich nicht vorgebildeter Durchschnittskunde die beanstandete Klausel verstehen muß oder zumindest verstehen kann (Senatsurteil NJW 1983, 1671 m.N.). Anders als im Individualprozeß, in dem bei Mehrdeutigkeit eine "kundengünstige" Auslegung geboten sein kann, ist im Verbandsprozeß deshalb - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - die dem Kunden ungünstigste Auslegung zugrunde zu legen. An dieser Auffassung, die entgegen der Ansicht der Revision durch die Entscheidung BGH NJW 1983, 1603, 1604 [BGH 18.05.1983 - VIII ZR 20/82] nicht in Frage gestellt worden ist, hält der Senat fest (vgl. neuerdings wieder BGH, Urteil vom 31. Oktober 1984 - VIII ZR 226/83, zur Veröffentlichung bestimmt). Ebenso ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß auch im Verfahren nach §§ 13 ff AGBG beanstandete Klauseln nicht mit eingeschränktem Inhalt aufrechterhalten werden können (BGHZ 86, 284, 297; 90, 69, 80 [BGH 01.02.1984 - VIII ZR 54/83]; BGH NJW 1983, 1320, 1321 [BGH 26.01.1983 - VIII ZR 342/81]; 1984, 48, 49; 1984, 2404, 2406; Senatsurteil vom 11. Oktober 1984 - VII ZR 248/83, zur Veröffentlichung bestimmt, jeweils m.w.N.).
II.
Danach verstoßen die von der Klägerin beanstandeten, unter 1. bis 8. aufgeführten Klauseln der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" der Beklagten - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt - gegen §§ 9 bis 11 AGBG. Sie sind deshalb unwirksam und dürfen von der Beklagten nicht mehr verwendet werden. Was die Revision dagegen vorbringt, greift nicht durch.
1.
Die unter 1. angeführte Klausel 2.1 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen", in der die Preise grundsätzlich als "freibleibend" bezeichnet werden, berechtigt die Beklagte, bei einer Steigerung von Material- und Rohstoffpreisen, Löhnen und Gehältern, Herstellungs- und Transportkosten die "vom Tage der Lieferung gültigen Preise zu berechnen". Diese Regelung ist mit § 11 Nr. 1 AGBG nicht zu vereinbaren. Darüberhinaus benachteiligt sie die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 AGBG).
a)
Zwar sind nach § 11 Nr. 1 AGBG Preisänderungsvorbehalte bei vereinbarten Lieferungsfristen von mehr als vier Monaten grundsätzlich zulässig, sofern sie den Kunden nicht unangemessen benachteiligen (BGHZ 82, 21, 23). Läßt eine Klausel jedoch - wie im vorliegenden Fall - allgemein eine Preiserhöhung zu, ist sie nach § 11 Nr. 1 AGBG unwirksam. Eine solche Bestimmung erfaßt nicht nur Leistungen, die später als vier Monate erbracht werden. Aufgrund ihrer Formulierung kann sie sich vielmehr auch auf kürzere Leistungsfristen erstrecken und dem Verwender in derartigen Fällen jederzeit eine Preiserhöhung ermöglichen. Dies ist mit § 11 Nr. 1 AGBG auch dann nicht zu vereinbaren, wenn - wie hier - der Änderungsvorbehalt ausdrücklich auf Kosten- oder Lohnerhöhungen im Bereich des Verwenders Bezug nimmt (vgl. Staudinger/Schlosser, BGB, 12. Aufl., § 11 Nr. 1 AGBG Rdn. 16; Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, AGBG, § 11 Nr. 1 Rdn. 31; Wolf/Lindacher/Horn, AGB-Gesetz, § 11 Nr. 1 Rdn. 6).
Dem steht nicht entgegen, daß unter Umständen einzelne von der Beklagten zu erbringende Leistungen - vielleicht aufgrund von Umständen, die in der Sphäre des Kunden liegen - erst vier Monate nach Vertragsabschluß erbracht werden können und die Beklagte - wie in 2.2 ihrer "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" vorgesehen - auch zu "vereinbarten Festpreisen" liefert. Die Feststellung des Berufungsgerichts, es sei weder dargetan noch ersichtlich, daß in dem von der Beklagten betriebenen Geschäftszweig branchenüblich die Lieferung stets mehr als vier Monate nach Vertragsabschluß erfolge, ist nicht zu beanstanden. Ob - wie die Revision meint - Hindernisse in der Kundensphäre die Beklagte zu der vorbehaltenen Preisänderung berechtigen, kann offen bleiben. Denn der von der Beklagten verwendete Vorbehalt stellt - was notwendig wäre - auf einen solchen Sachverhalt gerade nicht ab (vgl. Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, Großkommentar zum AGB-Gesetz, 2. Aufl., § 11 Nr. 1 Rdn. 10). Schließlich ist es entgegen der Auffassung der Revision auch nicht möglich, die von der Beklagten festgesetzten Preise jeweils als - nach 2.2 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" für sechs Monate geltende - "Festpreise" anzusehen. Aus der in dieser Klausel verwendeten Formulierung "soweit Festpreise vereinbart sind" ergibt sich, daß die Beklagte grundsätzlich zwischen Einheits- und Festpreisen unterscheidet. Dies hat sie in ihrer Berufungsbegründung auch selbst vorgetragen. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht davon abgesehen, entgegen dem Wortlaut der Klausel, der allgemein von "Preisen" spricht, ausschließlich von (vereinbarten und für sechs Monate geltenden) Festpreisen auszugehen.
b)
Das Berufungsgericht nimmt ferner mit Recht an, daß die unter 1. angeführte Klausel auch gegen § 9 AGBG verstößt. Zwar kann der Verwender ein berechtigtes Interesse daran haben, ihn treffende Preiserhöhungen und Lohnsteigerungen nachträglich auf den Kunden abwälzen zu können. Solche formularmäßigen Preisänderungsvorbehalte sind aber dann nicht mehr angemessen, wenn sie es dem Verwender ermöglichen, über die Abwälzung der Kostensteigerung hinaus den vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung einseitig anzuheben (BGHZ 82, 21, 25; BGH NJW 1983, 1603, 1604 [BGH 18.05.1983 - VIII ZR 20/82] m.N.). So ist es hier. Die Klausel führt lediglich die Gründe an, die die Beklagte zur Erhöhung der Preise auf die "vom Tage der Lieferung gültigen Preise" berechtigen soll. Sie bestimmt jedoch nicht, daß Preiserhöhungen nur im Rahmen oder zum Ausgleich der angeführten Preis- und Kostensteigerungen möglich sind. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Maß der Preiserhöhungen daher nicht durch die genannten Gründe beschränkt. Auch kann der Kunde, selbst wenn er die Preis-, Lohn- oder Kostensteigerungen kennen sollte, der Klausel nicht den Umfang der Preiserhöhung entnehmen, weil die Beklagte die am Tage der Lieferung "gültigen Preise" soll berechnen dürfen. Die Klausel ermöglicht der Beklagten somit jede beliebige, durch zwischenzeitlichen Kostenanstieg nicht gedeckte Preiserhöhung, zumal der "gültige Preis" auch eine erst bevorstehende Kostensteigerung berücksichtigen kann. Eine solche Bestimmung benachteiligt den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 9 AGBG unwirksam (vgl. BGHZ 82, 21, 25 f; BGH NJW 1983, 1603, 1604 [BGH 18.05.1983 - VIII ZR 20/82] m.N.).
2.
Die unter 2. angeführte Klausel 3.4 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" bestimmt, daß eine vereinbarte Lieferzeit erst nach Eingang der vom Auftraggeber beizubringenden Unterlagen und nach Vorliegen der verbindlichen Maße im Lieferwerk sowie deren schriftliche Bestätigung durch den Hersteller beginnt. Diese Regelung verstößt gegen § 10 Nr. 1 AGBG; denn aufgrund der gewählten Formulierung ist die Lieferfrist nicht hinreichend bestimmt.
Die Frist für die Erbringung einer Leistung ist i.S. des § 10 Nr. 1 AGBG hinreichend bestimmt, wenn sie der Kunde berechnen kann (vgl. Kötz in MünchKomm, 2. Aufl., § 10 Nr. 1 AGBG Rdn. 11; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. § 10 Nr. 1 Rdn. 24; Palandt/Heinrichs, BGB, 43. Aufl., § 10 AGBG Anm. 1 b bb; Wolf/Lindacher/Horn a.a.O. § 10 Nr. 1 Rdn. 45). Bei einer vereinbarten Lieferzeit ist dies zu bejahen, wenn der Beginn der Frist von einem Ereignis im Bereich des Kunden abhängig ist, der Kunde z.B. Unterlagen vorlegen oder Maße mitteilen muß (vgl. Wolf/Lindacher/Horn a.a.O. Rdn. 47). Dagegen ist die Frist durch den Kunden nicht mehr berechenbar, wenn ihr Beginn ausschließlich oder zusätzlich von einem Ereignis im Bereich des Verwenders abhängt (Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Kommentar, 4. Aufl., § 10 Nr. 1 Rdn. 14). Dies ist bei der in der Klausel vorgesehenen "schriftlichen Bestätigung durch den Hersteller" der Fall. Auch wenn der Kunde die von ihm beizubringenden Unterlagen übersandt hat und die verbindlichen Maße im Lieferwerk vorliegen, beginnt die Lieferfrist erst mit der schriftlichen Bestätigung durch die Beklagte. Darauf, wann diese Bestätigung erteilt wird, hat der Kunde keinen Einfluß. Das liegt allein im Bereich der Beklagten und kann von ihr - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - zu einem beliebigen Zeitpunkt abgegeben werden.
3.
Die unter 3. angeführte Klausel 3.5 Satz 1 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" bestimmt, daß der Kunde bei Verzug des Herstellers nur dann vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann, wenn er dem Hersteller zuvor eine Nachfrist von mindestens sechs Wochen gesetzt hat. Diese Regelung enthält eine unangemessen lange Nachfrist; sie verstößt gegen § 10 Nr. 2 AGBG.
Aufgrund der in § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehenen "angemessenen" Nachfrist soll der Schuldner Gelegenheit erhalten, seine im wesentlichen vorbereitete Leistung nunmehr zu erbringen. Die Nachfrist braucht deshalb nicht so lang zu sein, daß der Schuldner innerhalb dieser Frist seine Leistung überhaupt erst vorbereiten kann (BGH NJW 1982, 1279, 1280) [BGH 10.02.1982 - VIII ZR 27/81]. Zwar dürfen formularmäßige Nachfristen die "angemessene" Nachfrist des § 326 Abs. 1 Satz 1 BGBüberschreiten. Auch sind bei Prüfung der Frage, ob eine solche Nachfrist unangemessen lang ist, die Besonderheiten des jeweiligen Gewerbezweiges zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 1982, 331, 333, insoweit in BGHZ 82, 21 nicht abgedruckt; vgl. a. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1984 - VIII ZR 226/83). Die Nachfrist darf aber nicht - wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt - zu einer "Ersatzlieferungsfrist" werden oder die Lieferfrist erheblich verlängern.
Dem wird die von der Beklagten in der beanstandeten Klausel vorbehaltene Nachfrist nicht gerecht. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, daß die Kunden der Beklagten an alsbaldiger Lieferung interessiert sind. Die Beklagte muß daher während der Lieferzeit ihre Leistung entsprechend vorbereiten. Sie kann die Nachfrist allenfalls dazu nutzen, die geschuldete Leistung abschließend zu erbringen, z.B. die bereits fertiggestellten Fenster an die Baustelle zu liefern und einzubauen. Die in der Klausel vorgesehene Nachfrist von sechs Wochen ermöglicht es demgegenüber der Beklagten häufig, erst nach Verzugseintritt mit der eigentlichen Leistung zu beginnen, die Nachfrist also als "Ersatzlieferungsfrist" auszunutzen. Als formularmäßige Nachfrist ist sie daher nicht mehr angemessen (vgl. auch OLG Stuttgart NJW 1981, 1105, 1106 [OLG Stuttgart 19.12.1980 - 2 U 122/80]; OLG Schleswig AGBE III § 9 Nr. 100 S. 461).
Dies gilt auch dann, wenn der Beklagten im Einzelfall bei Ausführung eines Großauftrags ausnahmsweise eine Nachfrist von sechs Wochen zugebilligt werden könnte. Denn eine derart lange Nachfrist kann jedenfalls nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen generell festgelegt werden (OLG Stuttgart aaO). Auch überwiegt das Interesse des Verwenders an einer einheitlichen Nachfristregelung nicht das Interesse des Kunden, bei Verzug des Verwenders nach Setzen einer lediglich angemessenen und damit nicht unzumutbar langen, nur in Ausnahmefällen gerechtfertigten Frist unter Ablehnungsandrohung vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen zu können (vgl. a. Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. § 10 Nr. 2 Rdn. 6).
4.
Nach 3.6 Satz 1 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" ist die Beklagte berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, wenn "von dem Hersteller nicht zu vertretende Umstände" die Lieferung unangemessen verzögern. Als solche Umstände werden in der in Nr. 4 angeführten Klausel 3.6 Satz 2 "insbesondere Streik, Aussperrung, nicht rechtzeitige Belieferung durch Zulieferer" aufgeführt. Dieser Rücktrittsvorbehalt ist sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt gegen § 10 Nr. 3 AGBG.
a)
Es kann offen bleiben, ob - wie die Revision meint - das der Beklagten formularmäßig eingeräumte Rücktrittsrecht deshalb sachlich gerechtfertigt ist, weil Arbeitskämpfe im Betrieb des Verwenders auch zu einer von dem Verwender nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung führen können. Da sich die Klausel nach ihrem Wortlaut allgemein auf durch Streik oder Aussperrung hervorgerufene Leistungsstörungen bezieht, erfaßt sie jedenfalls auch solche Fälle, in denen Arbeitskämpfe im Betrieb des Verwenders nur zu einer Leistungsverzögerung führen. Solche vorübergehende Leistungshindernisse sind aber kein sachlich gerechtfertigter Grund für ein Rücktrittsrecht i.S. des § 10 Nr. 3 AGBG (Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. § 10 Nr. 3 Rdn. 56; Schlosser/Coester-Waltjen/Graba a.a.O. § 10 Nr. 3 Rdn. 33; Staudinger/Schlosser a.a.O. § 10 Nr. 3 Rdn, 20; Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. Anh. §§ 9-11 Rdn. 103).
b)
Auch der in der Klausel enthaltene "Selbstbelieferungsvorbehalt" rechtfertigt nicht ein Rücktrittsrecht der Beklagten. Zwar ist ein solcher Vorbehalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich zulässig. Der Verwender wird von seiner Leistungspflicht aber nur frei, wenn er ein kongruentes Deckungsgeschäft abgeschlossen hat und von seinem Lieferanten im Stich gelassen wird (BGH NJW 1983, 1320, 1321 [BGH 26.01.1983 - VIII ZR 342/81] m.N.). Die unter Nr. 4 angeführte Klausel, die einen uneingeschränkten Selbstbelieferungsvorbehalt enthält, wird dem nicht gerecht. Diese Regelung gewährt der Beklagten ganz allgemein bei "nicht rechtzeitiger Belieferung durch Zulieferer" ein Rücktrittsrecht. Aus welchen Gründen sie nicht beliefert wird soll - so, wie ein rechtlich nicht vorgebildeter Durchschnittskunde die Klausel verstehen muß oder zumindest kann - keine Rolle spielen. Damit ist die Klausel nicht mit § 10 Nr. 3 AGBG zu vereinbaren (BGH aaO).
5.
Die unter Nr. 5 angeführte Klausel 5.1 Satz 1 und 2 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" sieht vor, daß die Vergütung für die von der Beklagten abgeschlossenen Werklieferungsverträge bei Anlieferung in Höhe von 90 % der Rechnungssumme fällig wird. Dabei bedeutet "Anlieferung" - wie sich aus 5.1 Abs. 3 Satz 8 i.V.m. 3.2 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" ergibt - Transport der Ware an die Baustelle ohne Abladen. Die Wirksamkeit der eine Vorleistungspflicht des Kunden enthaltende Regelung ist grundsätzlich nach § 9 AGBG zu beurteilen (BGH, Urt. v. 23. Mai 1984 - VIII ZR 27/83 = WM 1984, 1056, 1058). Eine derartige Klausel kann aber auch nach § 11 Nr. 2 AGBG unwirksam sein (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 1984 - VII ZR 248/83, zur Veröffentlichung bestimmt). Beide Bestimmungen greifen hier durch.
Der Besteller eines Werkvertrags, um den es beim Einbau von Fenstern in einen Bau geht, hat nach § 641 BGB die geschuldete Vergütung bei der Abnahme zu entrichten. Die Fälligkeit der Vergütung ist somit davon abhängig, daß der Besteller die von dem Unternehmer erbrachte Leistung als im wesentlichen vertragsgemäß anerkennt (§ 640 BGB). Demgegenüber muß der Besteller nach der von der Beklagten verwendeten Klausel 90 % der Vergütung bereits zu einem Zeitpunkt bezahlen, in dem er - weil die Ware noch nicht abgeladen ist - weder Mängel feststellen noch den ordnungsgemäßen Einbau der Fenster überprüfen kann. Das ihm nach § 320 BGB zustehende Leistungsverweigerungsrecht wird somit nahezu ausgeschlossen, seine Ausübung zumindest wesentlich erschwert. Auch auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB kann er sich nicht berufen. Eine solche Vorleistungspflicht des Bestellers ist - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, insbesondere mit dem Gerechtigkeitsgehalt der §§ 320, 322, 273 BGB nicht zu vereinbaren. Sie benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, schließt praktisch Leistungsverweigerungs- und Zurückbehaltungsrechte des Bestellers aus bzw. schränkt sie unzumutbar ein und ist deshalb nach §§ 9, 11 Nr. 2 AGBG unwirksam (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 1984 aaO).
Entgegen der Ansicht der Revision kann den vom Senat entwickelten Grundsätzen zur Abschlagszahlung (Senatsurteil BGHZ 73, 140, 143/144) nichts anderes entnommen werden. Diese Grundsätze hat der Senat für einen Bauvertrag entwickelt, für den die Geltung der VOB/B vereinbart und deshalb nach § 16 VOB/B Abschlagszahlungen entsprechend dem Baufortschritt vorgesehen waren. Sie lassen sich auf Werkverträge nach BGB nicht ohne weiteres übertragen, weil § 641 BGB für solche Verträge Abschlagszahlungen nicht vorsieht (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 10. Aufl.,[xxxxx] B § 16 Rdn. 13). Immerhin kann sich die Pflicht den Bestellers zu Abschlagszahlungen nach Baufortschritt auch beim BGB-Werkvertrag aus Treu und Glauben ergeben (§ 242 BGB). Doch begründet § 16 Nr. 1 VOB/B gar keine uneingeschränkte Vorleistungspflicht des Auftraggebers. Denn der Auftragnehmer kann Abschlagszahlungen immer nur nach Baufortschritt verlangen, also nur insoweit, als er die entsprechenden Leistungen tatsächlich erbracht hat. Gerade daran fehlt es hier, wenn 90 % der Rechnungssumme schon vor dem Abladen der Fenster gezahlt werden sollen und nicht erst nach ihrem Einbau. Außerdem hindert die Fälligkeit von Abschlagszahlungen gem. § 16 Nr. 1 VOB/B den Auftragnehmer nicht, ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen (Senat aaO).
6.
Die unter Nr. 6 angeführte Klausel 5.5 Satz 2 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" untersagt dem Kunden bei Fehllieferungen eine Schecksperrung. Auch diese Regelung ist - wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt - mit den für den Werkvertrag geltenden Vorschriften nicht zu vereinbaren und daher nach den §§ 9, 11 Nr. 2 AGBG unwirksam.
Fehllieferungen im Sinne der beanstandeten Klausel liegen nicht nur vor, wenn die Beklagte falsche, den mitgeteilten Maßen nicht entsprechende Fenster liefern. Fehllieferungen müssen vielmehr auch dann angenommen werden, wenn die ausgelieferten Fenster Mängel aufweisen oder nur ein Teil der bestellten Fenster an die Baustelle gebracht wird. In diesen Fällen stehen dem Kunden Erfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu; zur Zahlung der Vergütung ist er (noch) nicht verpflichtet. Mit der beanstandeten Klausel in Verbindung mit der unter Nr. 5 angeführten Bestimmung wird ihm demgegenüber auch für den Fall fehlerhafter Lieferungen eine nahe zu [xxxxx] unbegrenzte Vorleistungspflicht auferlegt. Eine solche Regelung entfernt sich soweit von den gesetzlichen Vorschriften der §§ 633 ff, 320, 273 BGB, daß sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und deshalb nicht mehr hingenommen werden kann. Die Klausel verstößt im übrigen - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt - gegen § 11 Nr. 2 AGBG (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 1984 aaO).
7.
Gleiches gilt für die unter Nr. 7 angeführte Klausel 7.5 Satz 1 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen", wonach der Hersteller berechtigt ist, die Durchführung der Montage von einer 90 % -igen Bezahlung der gesamten Vergütung abhängig zu machen. Auch diese Bestimmung benachteiligt den Kunden unangemessen und vereitelt ihm zustehende Leistungsverweigerungs- und Zurückbehaltüngsrechte, Eine solche, den Kunden zur Zahlung fast des gesamten Werklohns vor Einbau der Fenster zwingende Regelung wird nicht etwa durch das Interesse der Beklagten gerechtfertigt, sich vor Beginn der Montage abzusichern.
8.
Die unter Nr. 8 angeführte Klausel 8.3 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" sieht vor, daß der Auftraggeber versteckte Mängel der gelieferten Ware unverzüglich nach Sichtbarwerden schriftlich zu rügen hat. Diese Regelung verstößt gegen § 11 Nr. 10 e AGBG.
Zwar enthält die Klausel nicht ausdrücklich eine Ausschlußfrist. In 8.5 der "Verkaufs- und Lieferungsbedingungen" ist jedoch bestimmt, daß "bei berechtigter und im übrigen form- und fristgerechter Rüge" der Hersteller zur Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung verpflichtet ist. Die in 8.3 vorgesehene unverzügliche Rüge ist somit Voraussetzung für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen. Mit Recht sieht das Berufungsgericht deshalb in der Rügefrist eine Ausschlußfrist i.S. des § 11 Nr. 10 e AGBG. Da der Kunde - anders als nach der gesetzlichen Regelung - versteckte Mängel unverzüglich zu rügen hat, wird für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlußfrist gesetzt, die kürzer ist als die Verjährungsfrist für den gesetzlichen Gewährleistungsanspruch. Die Klausel ist daher gemäß § 11 Nr. 10 e AGBG unwirksam (vgl. OLG Karlsruhe AGBE II § 11 Nr. 10 e Nr. 116).
III.
Nach alledem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Recken
Bliesener
Walchshöfer
Quack