Bundesgerichtshof
Beschl. v. 06.12.1984, Az.: VII ZR 223/83
Rückwirkung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe; Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz erst mit der Entscheidung über die Nichtannahme der Revision; Antrag eines Revisionsbeklagten auf Prozesskostenhilfe nach Eingang der Revisionsbegründung; Beendigung eines Revisionsverfahrens vor Stellung eines Sachantrags durch einen beigeordneten Rechtsanwalt
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 06.12.1984
- Aktenzeichen
- VII ZR 223/83
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1984, 14252
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- MDR 1985, 663-664 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1985, 921-922 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1985, 375
Prozessführer
Witwe Erna K., E.straße ..., B. Kr.,
Prozessgegner
Ehefrau Karin R. geb. Krü., R.straße ..., N.-Ba.,
Amtlicher Leitsatz
Wird dem Revisionsbeklagten Prozeßkostenhilfe, um die er nach Eingang der Revisionsbegründung nachgesucht hat, erst mit der Entscheidung über die Nichtannahme der Revision bewilligt, so wirkt die Bewilligung auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück (im Anschluß an BGH NJV 1982, 446).
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Girisch sowie
die Richter Dr. Recken, Bliesener, Prof. Dr. Walchshöfer und Quack
am 6. Dezember 1984 beschlossen:
Tenor:
Auf die Erinnerung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 1984 werden die zu zahlenden Kosten auf 1.276,80 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beklagte hat gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision eingelegt und diese am 12. Januar 1984 begründet. Am 13. Februar 1984 bestellte sich der beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt Dr. K. zum Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und beantragte, der Klägerin unter seiner Beiordnung Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Sein Schriftsatz enthält weiter den Satz: "Ich werde beantragen, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen."
Mit Beschluß vom 28. Juni 1984 wurde die Revision der Beklagten gemäß § 554 b Abs. 1 ZPO nicht angenommen. Gleichzeitig wurde der Klägerin für die Revisionsinstanz Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. K. beigeordnet.
Mit seiner Kostenrechnung vom 10. Juli 1984 beantragte Rechtsanwalt Dr. K., die volle Prozeßgebühr in Höhe von 1.080,00 DM nebst Auslagen und Umsatzsteuer festzusetzen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte in dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 20. Juli 1984 gemäß § 32 BRAGO jedoch nur eine halbe Prozeßgebühr fest. Zur Begründung führte er aus, das Revisionsverfahren sei beendet gewesen, bevor Rechtsanwalt Dr. K. während seiner Beiordnung einen Sachantrag gestellt habe.
In der dagegen eingelegten Erinnerung vom 24. Juli 1984 führt Rechtsanwalt Dr. K. aus, mit der Nichtannahme der Revision sei das Verfahren abgeschlossen gewesen. Ein Sachantrag "während der Beiordnung" habe deshalb nicht mehr gestellt werden können.
Die nach § 128 Abs. 3 BRAGO zulässige Erinnerung ist begründet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirkt die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe grundsätzlich nicht zurück. Maßgebend ist vielmehr der Zugang des Beschlusses, mit dem der Partei Prozeßkostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet wird (vgl. BGH NJW 1970, 757 für das Armenrecht). Der Bundesgerichtshof hat eine rückwirkende Bewilligung des Armenrechts oder der Prozeßkostenhilfe jedoch dann zugelassen, wenn der Bewilligungsantrag während des Verfahrens gestellt, aber nicht verbeschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung des Armenrechts Erforderliche getan hat (BGH NJW 1982, 446).
Auch im vorliegenden Fall ist es geboten, der Klägerin rückwirkend ab Antragstellung Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Zwar wurde über das Prozeßkostenhilfegesuch noch während des Verfahrens entschieden. Diese Entscheidung wurde jedoch lediglich der Einfachheit halber mit der Entscheidung über die Nichtannahme der Revision der Beklagten verbunden. Damit war das Verfahren beendet. Rechtsanwalt Dr. K. konnte daher den in dem Prozeßkostenhilfegesuch angekündigten Antrag auf Zurückweisung der Revision nach seiner Beiordnung nicht mehr wiederholen. In einem solchen Fall ist es ebenfalls sachgerecht, die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirken zu lassen, zumal die Klägerin mit ihrem Antrag bis zum Eingang der Revisionsbegründung der Beklagten zugewartet hatte (vgl. BGH NJW 1954, 149 Nr. 7; 1982, 446, 447). So muß in einem derartigen Fall der Bewilligungsbeschluß daher verstanden werden. Die Vorschrift des § 32 BRAGO ist somit hier nicht anzuwenden. Vielmehr ist entsprechend dem Antrag des Rechtsanwalts Dr. K. eine volle Prozeßgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer festzusetzen.
Recken
Bliesener
Walchshöfer
Quack