Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.11.1983, Az.: IVb ZR 21/82

Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt; Möglichkeit der Deckung des Unterhalts durch eigene Einkünfte; Grundsätze der Bemessung des Unterhalts

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.11.1983
Aktenzeichen
IVb ZR 21/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 12634
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Düsseldorf - 30.06.1981

Fundstellen

  • BGHZ 89, 108 - 114
  • JZ 1984, 234-236
  • MDR 1984, 298-299 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1984, 292-294 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Marie-Luise K., G. straße ..., K.

Prozessgegner

Horst K., An d., M. an d.

Amtlicher Leitsatz

Einkünfte eines Ehegatten aus einer zwischen Trennung und Scheidung aufgenommenen Erwerbstätigkeit wirken sich auf das Maß des (ehelichen und nachehelichen) Unterhalts nur aus, wenn die Erwerbstätigkeit auch ohne die Trennung der Ehegatten aufgenommen worden wäre.

In der Familiensache
hat der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 1983
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Dr. Seidl, Dr. Blumenröhr, Dr. Macke und Nonnenkamp
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Antragsgegnerin wird das Urteil des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 1981 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Antragsgegnerin (im folgenden: Ehefrau) nimmt den Antragsteller (im folgenden: Ehemann) auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB in Anspruch.

2

Die Parteien haben im Jahre 1962 geheiratet. Aus der Ehe ist eine am ... geborene Tochter hervorgegangen. Ferner lebte bei den Parteien der am ... geborene Sohn der Ehefrau aus deren früherer Ehe, bis er am 1. November 1976 aus der Familienwohnung auszog. Seit 1. November 1977 leben die Parteien getrennt.

3

Der im Jahre 1939 geborene Ehemann ist - wie schon vor der Trennung - als Ingenieur im Angestelltenverhältnis berufstätig. Die im Jahre 1938 geborene Ehefrau war bis zu ihrer ersten Heirat im Jahre 1958 als Buchhalterin und Kontoristin tätig. Im Mai 1972 nahm sie wieder eine Halbtagstätigkeit, zunächst in einem Krankenhaus, dann als Verwaltungsangestellte auf. Seit dem 1. März 1979 übt sie diese Tätigkeit ganztägig aus.

4

Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und die - im ersten Rechtszug auf Zahlung von monatlich 437 DM gerichtete - Unterhaltsklage der Ehefrau abgewiesen. Die Berufung der Ehefrau, mit der sie die Unterhaltsforderung auf monatlich 491,37 DM erhöht hat, ist erfolglos geblieben.

5

Dagegen wendet sich die Ehefrau mit der (zugelassenen) Revision.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet.

7

1.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in FamRZ 1981, 887 veröffentlicht ist, hat einen Anspruch der Ehefrau auf ergänzenden Unterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB verneint, weil sie ihren vollen, nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien bemessenen Unterhalt (§ 1578 Abs. 1 BGB) durch ihre eigenen Erwerbseinkünfte decken könne. Es hat angenommen, daß für die Unterhaltsbemessung grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Trennung der Ehegatten maßgebend seien und nach der Trennung eintretende Veränderungen der wirtschaftlichen Lage der Ehegatten nur insoweit berücksichtigt werden könnten, als es sich um "vorprogrammierte Entwicklungen" handele, die mit Sicherheit oder erheblicher Wahrscheinlichkeit schon bei der Trennung zu erwarten gewesen seien. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht den angemessenen nachehelichen Lebensbedarf der Ehefrau in der Weise ermittelt, daß es ihren Unterhalt für den Zeitpunkt der Trennung aus den damaligen Einkünften der Parteien im Wege der sogenannten Differenzmethode errechnet hat. Die durch die Trennung bedingte Verteuerung der Lebenshaltung hat es pauschal mit einem Zuschlag von 10 % berücksichtigt. Den sich so ergebenden Betrag hat es sodann entsprechend der bis zur Berufungsverhandlung eingetretenen Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten erhöht. Die nach der Trennung eingetretene Ausweitung der Erwerbstätigkeit der Ehefrau von einer Halbtags zu einer Ganztagsbeschäftigung hat das Oberlandesgericht bei der Bedarfsbemessung außer acht gelassen mit der Begründung, daß die Ehefrau ihre Erwerbstätigkeit erst infolge der Trennung und mit Blick auf die Scheidung ausgebaut habe.

8

Dem kann nicht gefolgt werden.

9

a)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung maßgebend (Senatsurteil vom 9. Juni 1982 - IVb ZR 698/80 - FamRZ 1982, 892 m.w.N.). Dies entspricht der seit Jahrzehnten, schon unter der Geltung des früheren Rechts, das in § 58 EheG ebenfalls auf die "Lebensverhältnisse der Ehegatten", abgestellt hatte, herrschenden Auffassung (BGB-RGRK/Wüstenberg/Koeniger, 10./11. Aufl. § 58 EheG Anm. 31; Hoffmann/Stephan, EheG 2. Aufl. § 58 Rdn. 31). Sie beruht darauf, daß mit dem Eheband die daraus resultierende unterhaltsrechtliche Verantwortung der Ehegatten füreinander auch nach der Trennung fortbesteht und deshalb auch der bis zur Auflösung der Ehe erreichte Lebenszuschnitt der Ehegatten maßgeblich sein muß. Die Erwägungen des Berufungsgerichts rechtfertigen es nicht, hiervon abzugehen und nach der Trennung der Ehegatten eintretende Änderungen der Verhältnisse bei der Bemessung des (ehelichen und nachehelichen) Unterhalts grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Im einzelnen kann auf das Senatsurteil vom 31. März 1982 (IVb ZR 661/80 - FamRZ 1982, 576) verwiesen werden, in dem sich der Senat mit den Ausführungen in dem vorliegenden Berufungsurteil bereits auseinandergesetzt hat.

10

Da die ehelichen Lebensverhältnisse insbesondere durch die Einkommensverhältnisse der Ehegatten geprägt werden, sind danach für die Unterhaltsbemessung regelmäßig die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung maßgebend.

11

b)

Allerdings hat der Senat entschieden, daß Veränderungen in den Einkommensverhältnissen, die auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwicklung seit der Trennung der Eheleute beruhen, nicht geeignet sind, die ehelichen Lebensverhältnisse zu bestimmen und damit die Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs zu beeinflussen (Senatsurteile vom 31. März 1982 - IVb ZR 652/80 a.a.O. S. 578 und IVb ZR 661/80 - FamRZ 1982, 576). Ferner müssen Einkünfte aus einer während des Getrenntlebens aufgenommenen unzumutbaren Tätigkeit außer Betracht bleiben, weil sie die Lebensverhältnisse der Ehegatten nicht dauerhaft prägen und damit als Maßstab für den nachehelichen Unterhalt ungeeignet sind (Senatsurteil vom 24. November 1982 - IVb ZR 310/81 - FamRZ 1983, 146, 149).

12

Unter diese Fallgruppen läßt sich der vorliegende Sachverhalt jedoch nicht einordnen. Eine außergewöhnliche Entwicklung der Einkommensverhältnisse im dargelegten Sinne liegt weder beim Ehemann, noch bei der Ehefrau vor. Der Ehemann war nach der Trennung unverändert in derselben beruflichen Stellung wie vorher erwerbstätig. Die Ehefrau hat zwar ihre Halbtagstätigkeit als Verwaltungsangestellte während des Getrenntlebens zu einer Ganztagstätigkeit ausgeweitet. Dies geschah jedoch, nachdem ihre Tochter 16 Jahre alt geworden war. Das Heranwachsen eines Kindes in dieses Alter eröffnet dem das Kind betreuenden Elternteil in aller Regel die Möglichkeit, eine Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen (vgl. Göppinger/Häberle, Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 1051 m.w.N.; Rechtsprechungshinweise der Münchner Familiensenate des OLG München in FamRZ 1983, 20, 21), von der auch vielfach Gebrauch gemacht wird. Wenn auch hier die bereits halbtags berufstätig gewesene Ehefrau diese Möglichkeit genutzt hat, kann darin weder eine unerwartete, vom Normalverlauf erheblich abweichende Entwicklung, noch die Aufnahme einer unzumutbaren Tätigkeit gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 650/80 - FamRZ 1982, 360, 361).

13

c)

Die Frage, ob Einkünfte eines Ehegatten aus einer erst nach der Trennung der Ehegatten aufgenommen oder ausgeweiteten Erwerbstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmen, kann allerdings nicht allein nach den vorgenannten Kriterien beantwortet werden. § 1361 Abs. 2 BGB verweist den getrennt lebenden Ehegatten darauf, "seinen Unterhalt" durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn ihm dies nach den gegebenen Verhältnissen zumutbar ist. Diese Regelung gilt auch für solche Fälle, in denen der Ehegatte vor der Trennung im Einverständnis des anderen Ehepartners keiner oder nur einer eingeschränkten Erwerbstätigkeit nachgegangen war und bei Fortsetzung des Zusammenlebens in intakter Ehe die Erwerbstätigkeit nicht aufgenommen oder ausgeweitet hätte. Dem getrennt lebenden Ehegatten wird insoweit nach der Trennung eine gesteigerte Eigenverantwortung auferlegt, seinen Unterhaltsbedarf durch die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit selbst zu decken. Wenn ein Ehegatte in einem solchen Fall dieser Obliegenheit nachkommt, kann dies nicht gleichzeitig zur Folge haben, daß die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit auch die ehelichen Lebensverhältnisse und damit das Maß des Unterhalts mitbestimmen; insoweit ist an den Ausführungen des Senatsurteils vom 20. Mai 1981 - IVb ZR 556/80 - FamRZ 1981, 752, 754 f. festzuhalten. Andererseits schließt das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit nach § 1361 Abs. 2 BGB nicht aus, daß die Erwerbstätigkeit zugleich den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht und danach auch auf das Maß des Unterhalts von Einfluß ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 1982 a.a.O. S. 893). Es müßte auf Unverständnis stoßen, wenn bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse ein Einkommen aus einer schon während des Zusammenlebens der Eheleute geplanten oder doch vorauszusehenden Erwerbstätigkeit nur deshalb außer Betracht bleiben sollte, weil es nicht erst nach, sondern schon vor der Aufnahme oder Ausweitung der Erwerbstätigkeit zur Trennung gekommen ist.

14

Für die Frage, ob und inwieweit die Erwerbstätigkeit nicht nur einer Erwerbsobliegenheit nach § 1361 Abs. 2 BGB, sondern zugleich auch den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht und damit das Maß des Unterhalts mitbestimmt, kommt es danach entscheidend darauf an, ob die Aufnahme oder Ausweitung der Erwerbstätigkeit in der Ehe angelegt war und damit auch ohne die Trennung erfolgt wäre. Die Entscheidung hierüber ist vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffen. Läßt sich nicht feststellen, daß die Erwerbstätigkeit auch ohne die Trennung aufgenommen oder ausgeweitet worden wäre, so müssen die daraus erzielten Einkünfte bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs außer Betracht bleiben, da der Unterhaltskläger die Beweislast für die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse trägt, nach denen sich sein Unterhalt bemißt (Göppinger/Häberle a.a.O. Rdn. 1710).

15

d)

Nach diesen Grundsätzen kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Bei Anwendung der Differenzmethode, die als solche aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, ist nicht von den Einkünften auszugehen, die die Ehegatten im Zeitpunkt der Trennung bezogen haben. Vielmehr ist die weitere Einkommensentwicklung bei beiden Ehegatten zu berücksichtigen. Auf seiten der Ehefrau bedarf es dabei der Prüfung, ob sie ihre Halbtagstätigkeit auch ohne die Trennung zu einer Ganztagstätigkeit ausgeweitet hätte. Das Berufungsgericht hat insoweit zwar ausgeführt, daß die Ehefrau erst infolge der Trennung und mit Blick auf die bevorstehende Scheidung ihre Erwerbstätigkeit ausgebaut habe. Indessen läßt das Berufungsurteil nicht erkennen, daß es sich dabei um das Ergebnis einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles handelt. In diesem Zusammenhang ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, insbesondere der Umstand von Bedeutung und in die tatrichterliche Würdigung einzubeziehen, daß die Ausweitung der - bereits seit mehreren Jahren ausgeübten - Halbtagsbeschäftigung zu einer Ganztagstätigkeit erfolgte, nachdem dies durch das Heranwachsen der Tochter der Parteien möglich geworden war. Führt die tatrichterliche Würdigung zu dem Ergebnis, daß die Ehefrau ihre Erwerbstätigkeit auch ohne die Trennung ausgeweitet hätte, sobald ihr dies durch das Heranwachsen der Tochter ermöglicht wurde, so ist das Einkommen der Ehefrau aus der Ganztagstätigkeit in die Differenzrechnung einzustellen. Andernfalls ist insoweit auf das (der Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Scheidung bzw. der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter entsprechende) Einkommen aus einer Halbtagstätigkeit abzuheben.

16

Zur Prüfung dieser Frage ist der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Zu einer eigenen Entscheidung in der Sache ist der Senat auch deshalb nicht in der Lage, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zu den Einkünften des Ehemannes in maßgeblichen Zeitpunkt keine Feststellungen getroffen und auch die tatsächlichen Behauptung nicht geprüft hat, mit denen der Ehemann einen Ausschluß des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Abs. 1 Nr. 2 BGB geltend gemacht hat.

17

2.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, daß gegen die Unterhaltsbemessung in dem angefochtenen Urteil auch noch in anderer Hinsicht Bedenken bestehen:

18

a)

Das Berufungsgericht hat die Mehrkosten, die die Aufrechterhaltung des ehelichen Lebensstandards infolge der Haushaltstrennung verursachte, mit einem pauschalen Zuschlag von 10 % zu dem nach der Differenzmethode ermittelten Unterhalt berücksichtigt. Dies steht nicht in Einklang mit der - nach Erlaß des Berufungsurteils hierzu entwickelten - Rechtsprechung des Senats. Wenn bei einer Doppelverdienerehe der Unterhaltsanspruch des weniger verdienenden Ehegatten nach der Differenzmethode ermittelt wird, so ist in sogenannten Mangelfällen, in denen für die Deckung des durch die Trennung eintretenden erhöhten Bedarfs nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen als für die Bedarfsdeckung während des Zusammenlebens, die Differenzmethode jedenfalls bei durchschnittlichen Einkommen regelmäßig geeignet, auch dem beiderseitigen Mehrbedarf angemessen Rechnung zu tragen (Senatsurteil vom 9. Juni 1982 a.a.O. S. 893 f.).

19

Andernfalls muß der Mehrbedarf gegebenenfalls vom Unterhaltsgläubiger konkret dargelegt und vom Tatrichter unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falles festgestellt werden, wobei es ihm allerdings nicht verwehrt ist, unter Zuhilfenahme allgemeiner Erfahrungssätze nach § 287 ZPO zu verfahren (Senatsurteile vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - FamRZ 1982, 255, 257 und vom 1. Juni 1983 - IVb ZB 389/81 - FamRZ 1983, 886, 887).

20

b)

Das Berufungsgericht hat von dem in die Differenzberechnung einbezogenen Nettoeinkommen des Ehemannes einen Betrag von monatlich 500 DM unberücksichtigt gelassen mit der Begründung, der Ehemann habe laufend mindestens diesen Betrag für Vermögensbildung und für persönliche, nicht dem normalen Lebensbedarf zurechenbare Anschaffungen und Ausgaben abgezweigt. An tatsächlichen Feststellungen liegt dem zugrunde, daß der Ehemann monatlich 113 DM für Lebensversicherungen aufgewendet und in den Jahren ab 1972 größere Geldbeträge für die Anschaffung einer Foto- und einer Filmausrüstung, eines Wohnwagens, eines Pkw, zweier Motorräder und eines Orgelbausatzes ausgegeben hatte (vgl. im einzelnen FamRZ 1981, 890 f.).

21

Daran ist im Ansatz nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den für die Lebensversicherungen aufgewendeten Betrag von monatlich 113 DM bei der Unterhaltsbemessung nicht berücksichtigt hat. Insoweit handelte es sich um Aufwendungen zur Vermögensbildung in einer nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Höhe, die nach der Lebensführung der Parteien schon während ihres Zusammenlebens nicht für den laufenden Lebensbedarf zur Verfügung standen (vgl. Senatsurteile vom 23. April 1980 - IVb ZR 527/80 - FamRZ 1980, 665, 669 und vom 27. April 1983 - IVb ZR 372/81 - FamRZ 1983, 678, 679). Wenn allerdings der in der Ehe erreichte Lebensstandard wegen des trennungsbedingten Mehrbedarfs durch die zur Verfügung stehenden Mittel nicht mehr voll gedeckt wäre, könnte es dem Ehemann nicht mehr gestattet werden, nach der Scheidung die Vermögensbildung einseitig zu seinen Gunsten fortzusetzen und sich gegenüber der Ehefrau auf mangelnde Leistungsfähigkeit zu berufen.

22

Schon im Ansatz nicht gefolgt werden kann dagegen der Auffassung des Oberlandesgerichts, daß die Mittel, die der Ehemann laufend für Anschaffungen der genannten Art aufgewendet hat, bei der Unterhaltsbemessung außer Betracht bleiben müssen. Insoweit handelt es sich, auch wenn die angeschafften Gegenstände einen höheren Vermögenswert haben, nicht um Vermögensbildung, sondern um Aufwendungen für Bedarfsgüter, die der Lebensführung dienen und deren Wert mit zunehmendem Gebrauch laufend abnimmt. Eine Vermögensbildung in entsprechender Höhe wäre auch nach den Verhältnissen der Parteien objektiv nicht geboten gewesen. Unabhängig davon, ob die in Frage stehenden Anschaffungen mehr den Interessen und Neigungen des Ehemannes oder denjenigen der Ehefrau entsprangen, sind die dafür aufgewendeten Beträge den Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen und bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts mit zu berücksichtigen (vgl. auch Senatsurteil vom 27. April 1983 a.a.O. S. 679).

Lohmann
Seidl
Blumenröhr
Macke
Nonnenkamp