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Bundesgerichtshof
Urt. v. 28.04.1983, Az.: VII ZR 267/82

Schadensersatzanspruch wegen des durch Zerstörung von zur Entwicklung eingereichten Filmen entgangenen Gewinns; Begründung eines Werkmangels durch die fehlerhafte Entwicklung und die damit zusammenhängende, zum Teil endgültige und nicht ersetzbare Zerstörung der Aufnahmen; Verteilung der Beweislast hinsichtlich des Verschuldens nach der Interessenlage; Beweis einer ordnungsgemäßen Behebung des wirklich vorhandenen Mangels an der Entwicklungsmaschine

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
28.04.1983
Aktenzeichen
VII ZR 267/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 13717
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Braunschweig - 19.08.1982

Prozessführer

Phototechnikerin Giesela H., F. Straße ..., B.

Prozessgegner

Angestellte Renate P., M. B.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 1982
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Girisch sowie
die Richter Doerry, Bliesener, Dr. Walchshöfer und Quack
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 19. August 1982 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die als Angestellte der Firma Sch.-Lu. GmbH tätige Klägerin stellt nebenberuflich unter Mitwirkung ihres Ehemannes Dias für gewerbliche Zwecke her. Seit etwa Sommer 1976 läßt sie Diafilme von der Beklagten entwickeln. Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung Profi Color-Fach-Labor für Industrie und Werbung Giesela H. einen entsprechenden Betrieb. Ihre Nettopreisliste vom 1. Mai 1976, in der auch Allgemeine Geschäftsbedingungen abgedruckt sind, ist der Klägerin oder ihrem Ehemann übergeben worden. Nach diesen Geschäftsbedingungen haftet die Beklagte für Beschädigungen der übergebenen Filme unter Ausschluß sonstiger Schadensersatzansprüche nur in Höhe des Materialwertes.

2

Im Sommer 1978 bearbeitete die Klägerin einen Auftrag der Firma Sch.-Lu.. Der Ehemann der Klägerin belichtete zunächst zwei Agfachrome 50 L-Farbfilme und gab diese am 13. Juni 1978 bei der Beklagten zur Entwicklung ab. Beim Abholen stellte sich heraus, daß die entwickelten Filme unbrauchbar waren, überwiegend war auf ihnen überhaupt nichts zu erkennen. Am folgenden Tage übergab der Ehemann der Klägerin sechs weitere Filme. Auf seinen Hinweis, daß es sich auch hierbei um Aufnahmen für die Firma Schmalbach handele und diese nicht wieder zerstört werden dürften, erklärte der Ehemann der Beklagten, derselbe Fehler wie am Vortage werde nicht wieder auftreten. Nach der Entwicklung waren die Filme wiederum unbrauchbar.

3

Wegen des ihr durch Zerstörung der Filme entgangenen Gewinns hat die Klägerin von der Beklagten 4.752 DM Schadensersatz zuzüglich Zinsen verlangt.

4

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 2.322,50 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet, verfolgt die Beklagte die volle Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

5

I.

Das Berufungsgericht sieht in der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung einen Werkvertrag, aus dem die Beklagte nach § 635 BGB auf Schadensersatz hafte.

6

Diese Haftung werde durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht berührt. Der vertragliche Ausschluß der Schadensersatzansprüche in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoße gegen § 11 Nr. 7 AGBG und sei deshalb in vollem Umfang unwirksam. Nach dieser Vorschrift sei der Ausschluß der Haftung u.a. bei grober Fahrlässigkeit nicht möglich. Wenn aber eine Klausel gegen das AGBG verstoße, sei sie in der Regel völlig unwirksam und nicht etwa auf das zulässige Maß zurückzuführen. Deshalb trete die Haftung auch bei leichter Fahrlässigkeit ein, obwohl diese an sich ausschließbar wäre. Der Schutzzweck des AGBG erfordere hier völlige Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses. Es sei Sache des Verwenders von AGB, diese der jeweiligen Gesetzeslage anzupassen, wenn er gegenüber der gesetzlichen Regelung eine Besserstellung erstrebe.

7

Das alles läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Es steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, wonach die Rückführung unwirksamer Klauseln auf einen zulässigen Inhalt nicht mehr möglich ist (BGHZ 84, 109, 115; Urteil vom 20. Januar 1983 - VII ZR 105/81 - WM 1983, 360 zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; ebenso der VIII. Zivilsenat NJW 1982, 2311, 2312) [BGH 07.06.1982 - VIII ZR 139/81]. Die Revision greift das auch nicht an.

8

II.

Das Berufungsgericht hält die Mangelhaftigkeit des Werks für nicht zweifelhaft. Die Bilder seien durch Überentwicklung unbrauchbar gewesen. Der Beklagten habe es oblegen, Beweis für ihre Schuldlosigkeit an dem entstandenen Schaden zu erbringen, weil die Schadensursache in ihrem Gefahrenbereich gelegen habe (BGHZ 48, 310).

9

Diesen Beweis habe die Beklagte nicht erbracht. Nach dem Sachverständigengutachten habe aller Wahrscheinlichkeit nach ein einziger Fehler den Ausfall der Maschine verursacht, der in beiden Fällen zur Unbrauchbarkeit der Filme geführt habe. Wenn der Zeuge H., der Ehemann der Beklagten, bei der ersten Reparatur die Steuerung, beim zweiten Mal das Pumpenrad ausgetauscht habe, könne sein Verhalten nur dann als sachgerecht gewertet werden, wenn er seine Beobachtungen bei der ersten Reparatur hinreichend genau beschreiben könnte. Dazu sei er nicht in der Lage. Deshalb sei es unmöglich zu prüfen, ob die Reparatur sachdienlich gewesen sei. Im übrigen bestehe keinerlei Gewähr dafür, daß der Zeuge Fehler an der Entwicklungsmaschine überhaupt richtig beobachtet habe und daß nicht ein anderer, vom Sachverständigen aufgeführter Bedienungsfehler Schadensursache gewesen sei.

10

Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

11

1.

Die fehlerhafte Entwicklung und die damit zusammenhängende, zum Teil endgültige und nicht ersetzbare Zerstörung der Aufnahmen sind ein Werkmangel im Sinne von § 635 BGB.

12

Dabei ist der Schaden zu ersetzen, der dem mangelhaften Werk unmittelbar anhaftet einschließlich des wegen des Mangels entgangenen Gewinns, aber auch die außerhalb des Werks entstandenen mit dem Mangel zusammenhängenden Folgeschäden (vgl. etwa BGHZ 58, 85, 87 [BGH 20.01.1972 - VII ZR 148/70] m.w.N.; BGHZ 72, 257, 259). Hierzu gehören die von der Klägerin geltend gemachten Schäden wegen Gewinnentgangs durch die notwendig gewordene Wiederholung von Aufnahmen sowie wegen Unersetzbarkeit des anderen Teils der Aufnahmen.

13

2.

Die Mangelhaftigkeit des Werks beruht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf einem Versagen der Entwicklungsmaschine. Die Beklagte hatte aber dafür zu sorgen, daß die Behandlung der Filme geeignet war, eine ordnungsgemäße Entwicklung herbeizuführen. Unter diesen Umständen war es Sache der Beklagten nachzuweisen, daß sie den Mangel nicht zu vertreten hatte. Die Schadensursache lag in ihrem Gefahrenbereich. In solchen Fällen hat der Bundesgerichtshof für die positive Vertragsverletzung wie auch für die Haftung aus § 635 BGB wiederholt entschieden, daß es Sache des Unternehmers ist, sich zu entlasten, soweit es um den Schuldvorwurf geht (BGHZ 23, 288, 290;  42, 16, 18/19; 48, 310, 312 m.w.N.; BGH NJW 1974, 188 Nr. 5, Senatsurteil vom 28. September 1978 - VII ZR 254/77 = BauR 1979, 159).

14

Diese Verteilung der Beweislast ergibt sich für die positive Vertragsverletzung wie für die Fälle des § 635 BGB aus der Interessenlage. Hier hat sich die Schädigung allein im Gefahrenbereich des Unternehmers abgespielt. Er ist in der Lage die jeweilige Situation zu beobachten, die Gefahren zu beurteilen und zu beherrschen. Hingegen wäre es dem Besteller praktisch unmöglich, schuldhaftes Verhalten des Unternehmers zu beweisen, während dieser eher zur Aufklärung im Rahmen des Möglichen in der Lage ist. Es ist daher bei der vorliegenden Sachgestaltung allein interessengerecht, dem Unternehmer die Beweislast für seine Schuldlosigkeit an den entstandenen Schäden aufzuerlegen (vgl. auch Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Band 1, § 635 BGB Rdnrn. 11, 12 m.w.N.).

15

3.

Zu Unrecht beanstandet die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, wonach die Schuldlosigkeit der Beklagten nicht bewiesen sei.

16

Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und kann vom Revisionsgericht nur auf Verfahrensverstöße, Denkfehler und Verletzung anerkannter Grund- und Erfahrungssätze geprüft werden.

17

Solche Verstöße sind in den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht zu finden. Danach kann eine Vielzahl von Bedienungsfehlern nach dem Sachverständigengutachten nicht ausgeschlossen werden, so daß eine ordnungsgemäße Behebung des wirklich vorhandenen Mangels an der Entwicklungsmaschine durch den Zeugen Heiner nicht bewiesen ist. Es bleibt ungewiß, ob die von ihm vorgenommenen Reparaturen überhaupt sachdienlich waren. Zu Unrecht meint die Revision, hier Widersprüche erkennen zu können. Es ist auch nicht zutreffend, daß der Ehemann der Beklagten den Sorgfaltsanforderungen des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens voll entsprochen habe. Vielmehr geht das Berufungsgericht auf der Grundlage dieses Gutachtens gerade davon aus, daß nicht festgestellt werden kann, ob der Ehemann der Beklagten sich bei seinen Reparaturmaßnahmen an der Entwicklungsmaschine hinreichend sorgfältig verhalten hat.

18

III.

Nach alledem ist die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Girisch
Doerry
Bliesener
Walchshöfer
Quack