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Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.02.1983, Az.: IX ZR 35/82

Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung bei kassatorischen Entscheidungen; Ausschließliche Angreifbarkeit kassatorischer Entscheidungen mittels der Verfahrensrüge; Verletzung des Gesetzes

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
24.02.1983
Aktenzeichen
IX ZR 35/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 12641
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Frankfurt am Main - 02.03.1982
AG Frankfurt

Fundstellen

  • MDR 1983, 749-750 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1984, 495 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Gegen eine kassatorische Entscheidung nach § 539 ZPO kann mit der Revision nur geltend gemacht werden, daß das Gesetz in bezug auf das Verfahren verletzt sei. Fehlt eine nach§ 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO ordnungsgemäß ausgeführte Rüge, so ist die Revision unzulässig.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 1983
durch
den Vorsitzenden Richter Mai und
die Richter Zorn, Fuchs, Dr. Lang und Winter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. März 1982 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Tatbestand

1

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Auf den am 27. Juni 1979 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe im April 1981 geschieden. Das Scheidungsurteil ist noch nicht rechtskräftig.

2

Die Klägerin verlangt vom Beklagten als Ausgleich des Zugewinns 200.000,00 DM nebst Zinsen. Die Parteien streiten darum, ob beim Endvermögen des Beklagten ein Grundstück zu berücksichtigen ist, das seine Eltern im November 1971 gekauft, 1975 mit einem Doppelhaus bebaut und im Januar 1978 auf den Beklagten übertragen haben. Nach der Trennung der Parteien haben der Beklagte und seine Eltern den Übergabevertrag im Mai 1978 wieder aufgehoben und die Rückauflassung erklärt. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, ihre Schwiegereltern hätten das Grundstück nur treuhänderisch für die Parteien erworben; aus deren Mitteln sei es bebaut worden. Es sei dann abredewidrig nicht an beide Parteien, sondern nur an den Beklagten übergeben worden. Da die Rückauflassung unentgeltlich und um sie zu schädigen erfolgt sei, rechne der volle Wert des Anwesens zum Endvermögen des Beklagten.

3

Das Amtsgericht hat die Klage als unschlüssig ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

4

Mit der zugelassenen Revision beantragt der Beklagte,

das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen,

5

hilfsweise,

den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

6

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist nicht zulässig.

8

Zwar fehlt es nicht an einer Beschwer des Beklagten. Er hatte im Berufungsrechtszug die Zurückweisung der Berufung der Klägerin beantragt. Ergangen ist ein Urteil, das die Sache wegen eines Verfahrensmangels an das Amtsgericht zurückverweist. In dieser Abweichung von seinem Berufungsantrag liegt seine Beschwer (RG JW 1926, 1452; BGHZ 31, 358, 361; BGH LM ZPO § 539 Nr. 9).

9

Das Rechtsmittel ist jedoch nicht ordnungsgemäß begründet (§ 554 ZPO). Das Berufungsgericht hat nicht in der Sache entschieden, vielmehr das amtsgerichtliche Urteil wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht zurückverwiesen. Diese kassatorische Entscheidung nach§ 539 ZPO ist ein Endurteil und kann deshalb mit der Revision angefochten werden. Da aber eine Sachentscheidung fehlt, kann mit der Revision nur geltend gemacht werden, die ausgesprochene Aufhebung und Zurückverweisung verstoße gegen das Gesetz (RG WarnRspr 1914 Nr. 344; RGZ 90, 238; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20. Aufl. § 539 Anm. II 1; Wieczorek, ZPO 1. Aufl. § 539 Rdn. C II a). Es kann also nur geltend gemacht werden, daß das Gesetz in bezug auf das Verfahren verletzt sei. Kann aber die Revision nur auf einen Verfahrensfehler gestützt werden, so muß die Revisionsbegründung die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO). Dazu müssen die Tatsachen, die den Verfahrensmangel ergeben sollen, in den wesentlichen Punkten genau und bestimmt angegeben werden (BGHZ 14, 205, 209 f).

10

Daran fehlt es hier. Der Beklagte rügt überhaupt nicht, daß das Berufungsgericht von der Vorschrift des § 539 ZPO Gebrauch gemacht und den Rechtsstreit an das Amtsgericht zurückverwiesen hat. Er wendet sich in seiner Revisionsbegründung nur gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, in denen abgehandelt wird, daß die Klage schlüssig sei. Diese Ausführungen hält die Revision für sachlich unrichtig und bezeichnet mehrere Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie des sonstigen materiellen Rechts als verletzt. Damit ist jedoch die Revision nicht ordnungsgemäß begründet. Zwar sind auch bei einem kassatorischen Urteil nach§ 539 ZPO sachliche Ausführungen des Berufungsgerichts einer Nachprüfung durch das Revisionsgericht nicht schlechthin entzogen, obwohl ihnen keine Bindungswirkung zukommt. Das Reichsgericht hat allerdings in diesem Falle in ständiger Rechtsprechung jede sachliche Nachprüfung abgelehnt, weil das Berufungsgericht nicht sachlich entschieden habe und dies vom Revisionsgericht nicht unter Überspringung des Rechtszugs nachgeholt werden könne (RGZ 90, 238; RG WarnRspr. 1914 Nr. 344 und 1934 Nr. 170). Dagegen hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung BGHZ 31, 358 angenommen, daß das Revisionsgericht in diesem Falle auch zur Nachprüfung sachlich-rechtlicher Ausführungen des Berufungsgerichts berechtigt ist, wenn diese Ausführungen die Grundlage für die gemäß § 539 ZPO ausgesprochene Zurückverweisung bilden. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Die Aufhebung und Zurückverweisung rügt der Beklagte aber gerade nicht. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß er darlegt, in Wahrheit habe das Verfahren des ersten Rechtszuges nicht an einem wesentlichen Hangel gelitten, oder zumindest, der Berufungsrichter hätte trotz eines solchen Mangels den Rechtsstreit nicht an das Amtsgericht zurückverweisen dürfen, weil es selbst in der Sache hätte entscheiden, nämlich die Klage als unschlüssig abweisen müssen. Die Revisionsbegründung rügt dagegen nur die Verletzung materiellen Rechts. Sie bezeichnet entgegen § 554 Abs. 3 Nr. 3 a ZPO keine Rechtsnorm des Prozeßrechts als verletzt. Die Rechtsausführungen beschränken sich auf Erwägungen zum materiellen Recht, und zwar nur zu einem von mehreren Klagegründen, die nach Auffassung des Tatrichters in Betracht kommen. Unter diesen Umständen führt von dieser Begründung der Revision keine Brücke zu einer Verletzung des Gesetzes in bezug auf das Verfahren. Das Rechtsmittel ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.

Mai
Zorn
Fuchs
Dr. Lang
Winter