Bundesgerichtshof
Urt. v. 21.10.1982, Az.: VII ZR 51/82
Erfüllung der Fälligkeitsvoraussetzungen für den Baubeginn; Pflicht zur Beibringung eines formalisierten Finanzierungsnachweises; Verletzung der Bauherrenpflichten durch Unterlassung des "Baureifmachens" der Baubeschreibungen; Verzögerung der Bautätigkeiten durch Untätigkeit des Bauunternehmers
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 21.10.1982
- Aktenzeichen
- VII ZR 51/82
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1982, 13766
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Braunschweig - 16.12.1981
- LG Braunschweig
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1983, 392-393 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1983, 989-991 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Firma W.-Massivhaus J. und U. oHG, St. Straße ..., W. S.,
vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter, die Kaufleute Werner J. und Norbert U., ebenda,
Prozessgegner
1. Dipl.-Chemiker Dr. Lothar B.,
2. dessen Ehefrau Hannelore B.,
beide Sch. straße ..., H.,
Amtlicher Leitsatz
Ist die rechtzeitige Erfüllung eines Bauvertrages durch Hindernisse ernsthaft in Frage gestellt, die im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegen, und ist dem Auftraggeber ein weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten, so kann es ausnahmsweise genügen, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine angemessene Frist setzt, die fristgerechte Erfüllbarkeit des Bauvertrages nachzuweisen, und gleichzeitig erklärt, daß er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehen werde (entspr. §§ 5 Nr. 4, 8 Nr. 3 VOB/B (1979)).
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 1982
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Girisch sowie
die Richter Dr. Recken, Obenhaus, Dr. Walchshöfer und Quack
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Dezember 1981 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Kläger erteilten der Beklagten gemäß schriftlicher Vereinbarung vom 27. Oktober/24. November 1978 den Auftrag zur schlüsselfertigen Errichtung eines Einfamilienhauses. Der Preis betrug 229.879,- DM und wurde von der Beklagten im Falle des Baubeginns vor dem 27. April 1979 garantiert. Ein Termin für die Aufnahme der Arbeiten war nicht vorgesehen. Für den Vertrag sollte u.a. die VOB Teil B gelten.
Am 29. Januar 1979 erhielten die Kläger die Baugenehmigung und am 5. März 1979 die Teilungsgenehmigung für das Grundstück. Auf ihren besonderen Wunsch wurde anschließend die Bauplanung nochmals geändert. Diese Änderung wurde am 27. Juli 1979 genehmigt und am 8./17. August 1979 zum Gegenstand eines Zusatzauftrags gemacht.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 1979 fragten die Kläger bei der Beklagten an, wann der Bau begonnen und wann er fertiggestellt werde. Die Beklagte teilte ihnen daraufhin am 19. Oktober 1979 nur mit, der zuständige Bauleiter stehe mit mehreren Bauunternehmern in engem Kontakt. Da den Klägern diese Erklärung nicht ausreichte, verlangten sie am 6. November 1979 über den Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein H. e.V. eine verbindliche Zusage bis 20. November 1979, daß die Bauarbeiten bis 30. November 1979 aufgenommen und zügig durchgeführt würden. Mit Schreiben vom 20. November 1979 antwortete die Beklagte, die Bauleitung befinde sich immer noch mit verschiedenen Baufirmen im Gespräch; es sei aber richtig, daß nach Erbringung der Bauherrenleistungen die Festpreisgarantie fortgelte.
Die Kläger setzten der Beklagten nunmehr mit Anwaltsschreiben vom 5. Dezember 1979 eine letzte Frist bis zum 31. Dezember 1979, ihnen einen verbindlichen Zeitpunkt sowohl für den Baubeginn als auch für die Baubeendigung zu nennen und die Einhaltung der Termine durch Vorlage entsprechender Vereinbarungen bzw. Bestätigungen von Subunternehmern glaubhaft zu machen. Für den Fall fruchtlosen Fristablaufs kündigten sie an, die Entgegennahme der Leistung abzulehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.
Daraufhin kam es am 27. Dezember 1979 zu einem Baustellentermin, an dem für die Beklagte deren Bauleiter Adrion teilnahm. Dieser ließ wissen, daß er ein Ausschachtungsunternehmen verpflichtet habe und dem Aushub der Baugrube nichts mehr im Wege stehe. Dabei wurde auch erörtert, daß dieser Unternehmer im unmittelbaren Auftrag der Kläger zuvor die auf dem Grundstück befindlichen Bäume roden sowie Reste einer Einfriedungsmauer beseitigen solle. Weil Adrion jedoch einen Rohbauunternehmer nicht benennen konnte, verweigerten die Kläger vorläufig ihr Einverständnis mit dem Bodenaushub. Das nahm die Beklagte zum Anlaß, mit Schreiben vom 28. Dezember 1979 die fehlende Baureife des Grundstücks zu rügen und dessen umgehende "Beräumung" zu verlangen, da bis zum 15. Januar 1980 der Ausschachtungsunternehmer bereitstehe. Demgegenüber bestanden die Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 1980 weiterhin darauf, nicht nur den Beginn der Erdarbeiten sondern auch den der Rohbauarbeiten gesichert zu wissen. Die Beklagte antwortete unter dem 15. Januar 1980, ein derartiger Nachweis sei nicht üblich; im übrigen habe am 2. Januar 1980 ein Bauunternehmer seine Tätigkeit aufnehmen wollen, was aber mangels Baureife des Grundstücks nicht möglich gewesen sei.
Mit Schreiben ihrer Anwälte vom 12. Februar 1980 forderten die Kläger schließlich bis zum 22. Februar 1980 eine Bestätigung der Beklagten, daß das Bauvorhaben zu dem vereinbarten Preis durchgeführt, der Name des Bauunternehmers bis Ende des Monats mitgeteilt und der Bau bis zum Herbst des Jahres abgeschlossen werde. Nach ergebnislosem Ablauf der Frist werde der Auftrag anderweitig vergeben und der Mehrbetrag geltend gemacht. Da die Beklagte darauf nicht reagierte, lehnten die Kläger durch Schreiben ihrer Anwälte vom 26. Februar 1980 die Annahme der vereinbarten Leistung ab und kündigten Schadensersatzansprüche an.
Gleichwohl wurde auch anschließend noch korrespondiert. Am 2. April 1980 fand erneut eine Baustellenbesichtigung statt, über deren Ergebnis die Parteien streiten. Zu weiterer Zusammenarbeit zwischen den Parteien kam es jedoch nicht. Die Kläger ließen vielmehr das Bauvorhaben von einem anderen Bauunternehmer ausführen. Die dadurch entstandenen Mehrkosten beziffern sie inzwischen auf 137.685,70 DM.
Mit ihrer Klage begehren sie Rückerstattung einer von ihnen der Beklagten geleisteten Anzahlung von 11.493,95 DM (nebst Zinsen) sowie die Feststellung, daß die Beklagte ihnen Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages vom 27. Oktober/24. November 1978 zu leisten habe.
Das Landgericht hat mit Teilurteil vom 29. April 1981 dem Feststellungsantrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben, jedoch hat das Berufungsgericht die Urteilsformel an § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B ausgerichtet. Mit der - zugelassenen - Revision, um deren Zurückweisung die Kläger bitten, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Feststellungsklage.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hält die Kläger gemäß §§ 8 Nr. 3 Abs. 1, 5 Nr. 4 VOB/B für berechtigt, den Vertrag über die Errichtung des Hauses zu kündigen. Die Beklagte habe nämlich den Beginn der Bauausführung nachhaltig verzögert und die von den Klägern ordnungsgemäß gesetzten Nachfristen vom 5. Dezember 1979 bzw. 12. Februar 1980 fruchtlos verstreichen lassen (§ 5 Nr. 4 VOB/B). Obgleich sämtliche Bauherrenleistungen bereits erbracht gewesen seien, habe die Beklagte weder die Bautätigkeit aufgenommen noch die geforderte verbindliche Erklärung abgegeben, den Vertrag unverzüglich zu erfüllen. Mit Schreiben der Kläger vom 26. Februar 1980 sei der Bauvertrag daher wirksam gekündigt und auch in der Folgezeit nicht neu abgeschlossen worden. Daraus ergebe sich gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der durch die anderweitige Bauausführung entstandenen Mehrkosten.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg:
1.
Die Parteien haben keinen Termin für den Baubeginn vereinbart. Die Kläger waren infolgedessen berechtigt, die Leistung der Beklagten abzurufen und dadurch die in § 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B vorgesehene Frist von 12 Werktagen in Gang zu setzen, innerhalb deren mit der Bauausführung begonnen werden mußte. Zumindest das von den Klägern veranlaßte Schreiben des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins H. e.V. vom 6. November 1979 enthält eine hinreichend deutliche Leistungsaufforderung im Sinne des § 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.
2.
Allerdings braucht der Auftragnehmer grundsätzlich erst tätig zu werden, wenn sämtliche Fälligkeitsvoraussetzungen erfüllt sind (Ingenstau/Korbion, VOB, 9. Aufl., B § 5 Rdn. 6; Heiermann/Riedl/Schwaab, Handkommentar zur VOB, B § 5 Rdn. 8). Dazu gehört u.a., daß die erforderlichen baubehördlichen Genehmigungen erteilt sind (vgl. BGH NJW 1974, 1080 m.N.) und daß der Bauherr die ihm nach dem Vertrag obliegenden Vorleistungen erbracht hat. Fehlt es daran, so liegen die Gründe einer etwaigen Verzögerung im Verantwortungsbereich des Auftraggebers und hindern ihn an der Ausübung seiner in § 5 Nr. 4 VOB/B vorgesehenen Rechte (Ingenstau/Korbion aaO, B § 5 Rdn. 12; Korbion/Hochstein, Der VOB-Vertrag, 2. Aufl., Rdn. 93; vgl. auch Senatsurteil vom 12. Juli 1962 - VII ZR 22/61; Glanzmann, BGB-RGRK, 12. Aufl.,§ 636 Rdn. 2). Das folgt sinngemäß auch aus § 6 Nr. 1 i.V.m. § 6 Nr. 2 Abs. 1 a VOB/B, wonach die vom Auftragnehmer einzuhaltenden Ausführungsfristen verlängert werden, wenn sich Erschwernisse ergeben, die der Bauherr zu vertreten hat. Das gilt auch, soweit derartige Umstände bereits dem Beginn der Bauausführung entgegenstehen.
Entgegen der Ansicht der Revision war die geschuldete Leistung hier jedoch fällig.
a)
Die Baugenehmigung lag mit allen Ergänzungen und Änderungen - einschließlich der erforderlichen Teilungsgenehmigung - bereits seit dem 27. Juli 1979 vor. Den auf der geringfügig veränderten Planung beruhenden Zusatzauftrag hatten die Kläger schon am 8./17. August 1979 erteilt.
b)
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die Kläger hätten Bauherrenpflichten nicht rechtzeitig erfüllt.
Welche Vorleistungen von den Klägern zu erbringen waren, ergibt sich aus Nr. 28 der zum Inhalt des Vertrags gemachten Bau- und Ausstattungsbeschreibung. Die Kläger hatten danach u.a. die Finanzierungssicherstellung nachzuweisen sowie für die Baureife des Grundstücks zu sorgen. Beides ist in ausreichender Weise geschehen.
aa)
Die Tragweite der Bestimmung in Nr. 28.9 der Bau- und Ausstattungsbeschreibung, wonach der Bauherr spätestens vor Baubeginn die "Finanzierungssicherstellung des Bauvorhabens nachzuweisen" habe und die Finanzierung auf oder entsprechend dem "Weno-Massivhaus-Vordruck" zu bestätigen sei, kann offen bleiben.
Unstreitig haben die Kläger einen derart "formalisierten" Finanzierungsnachweis nicht beigebracht. Auf Anforderung der Beklagten vom 27. März 1979 haben sie am 28. März 1979 vielmehr lediglich einen Zuteilungsvorbescheid des Beamtenheimstättenwerks sowie eine Darlehenszusage der B. Versicherung übersandt. Dennoch ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß sich aus diesem Umstand keine nachteiligen Folgen für die Kläger ergeben. Denn obgleich die von ihnen vorgelegten Unterlagen nicht dem Vordruck entsprachen, ist die Beklagte in der gesamten Vorkorrespondenz nicht auf das Fehlen einer ihren Formularen entsprechenden Finanzierungsbestätigung zurückgekommen, und zwar auch nicht in ihrem von der Revision angeführten Schreiben vom 20. Februar 1980. Dort wird nur erwähnt, daß ihre Hauptverwaltung die Baureife eines Grundstücks nicht aus einem Finanzierungsnachweis ersehen könne. Damit ist ausschließlich die angeblich mangelnde Baureife angesprochen. Die Kläger durften infolgedessen davon ausgehen, daß der Beklagten die bisher eingereichten Kreditunterlagen genügten. Gerade weil in dem umfangreichen Schriftwechsel die Bauherrenleistungen eine wesentliche Rolle spielten, die Beklagte aber keine weiteren Finanzierungsnachweise verlangt hat, ist es ihr nunmehr nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, das Fehlen eines in bestimmter Form zu erbringenden Finanzierungsnachweises geltend zu machen.
Etwas anderes würde auch nicht aus § 6 Nr. 2 Abs. 1 a VOB/B folgen. Hätte die Beklagte in der Unzulänglichkeit der ihr überlassenen Finanzierungsurkunden einen Hinderungsgrund für den Baubeginn sehen wollen, dann hätte sie die Kläger entsprechend § 6 Nr. 1 VOB/B unverzüglich darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit zur Abhilfe geben müssen (vgl. Ingenstau/Korbion aaO, B § 6 Rdn. 8; Kaiser, NJW 1974, 445, 446/447). Das hat sie unterlassen. Ein etwa im Fehlen eines "formalisierten" Finanzierungsnachweises liegendes Hindernis wäre nach den gesamten Umständen auch nicht offenkundig gewesen und könnte nach alledem gemäß § 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht mehr berücksichtigt werden.
bb)
Ebensowenig haben die Kläger ihre Bauherrenpflichten dadurch verletzt, daß sie das Grundstück entgegen Nr. 28.5 der Bau- und Ausstattungsbeschreibung nicht alsbald "baureif" gemacht haben.
Zutreffend hebt das Berufungsgericht hervor, daß die auf dem Baugrundstück befindlichen Obstbäume und Mauerreste nicht vor Beginn der Ausschachtungsarbeiten beseitigt zu werden brauchten. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Kläger sollte vereinbarungsgemäß zunächst eine Abstimmung mit dem Rohbauunternehmer über den Umfang der erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen herbeigeführt werden. Darüber hinaus ist bei dem Ortstermin vom 27. Dezember 1979 geklärt worden, daß der für den Bodenaushub zuständige Unternehmer zweckmäßigerweise auch für die Kläger selbst tätig werden und in deren Auftrag das Grundstück baureif machen sollte. Die Koordinierung der verschiedenen Arbeiten gehörte zu den Nebenpflichten der Beklagten, die sie zur Förderung des Bauvorhabens zusätzlich zu übernehmen hatte (vgl. auch Senatsurteil vom 12. Juli 1962 - VII ZR 22/61; Heiermann/Riedl/Schwaab aaO, B § 6 Rdn. 6). Zuvor waren die Kläger nicht gehalten, einen Unternehmer mit den Abräumarbeiten zu betrauen.
Zu Unrecht meint demgegenüber die Revision, eine derartige Koordinierungspflicht der Beklagten habe nicht mehr bestanden, weil die Kläger ihrem Ausschachtungsunternehmer am 27. Dezember 1979 untersagt hätten, mit der Freilegung des Grundstücks und dem Bodenaushub zu beginnen. Denn dazu waren die Kläger nach den Umständen berechtigt. Sie hatten - wie noch darzulegen sein wird - begründete Zweifel daran, daß das Bauwerk unverzüglich nach der Ausschachtung erstellt würde. Diese Unsicherheit brauchten sie nicht hinzunehmen. Vielmehr durften sie zunächst eine Klärung zur weiteren Bauausführung abwarten. Erst danach waren sie verpflichtet, für die Baureife des Grundstücks zu sorgen.
3.
Da somit keine Bauherrenleistung der Kläger ausstanden, hat allein die Beklagte durch ihre Untätigkeit den Baubeginn verzögert. Es entlastet sie nicht, daß sie etwa keinen geeigneten Bauunternehmer zu finden vermochte. Das war angesichts der von der Beklagten behaupteten damaligen Hochkonjunktur im Baugewerbe vorhersehbar und hätte bei rechtzeitiger Vorsorge - gegebenenfalls auch durch den Einsatz verstärkter wirtschaftlicher Mittel - vermieden werden können (vgl. BGHZ 61, 144, 145; Ingenstau/Korbion aaO, B § 6 Rdn. 15).
4.
Gemäß § 5 Nr. 4 VOB/B waren die Kläger daher berechtigt, der Beklagten eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung zu setzen und anzudrohen, daß sie ihr nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehen würden. Das ist durch die Anwaltsschreiben vom 5. Dezember 1979 und 12. Februar 1980 zwar nicht ausdrücklich geschehen. Gleichwohl erfüllen diese Schreiben die Voraussetzungen des § 5 Nr. 4 VOB/B.
Es mag grundsätzlich erforderlich sein, daß eine angemessene Frist zur "Bewirkung der Leistung" gesetzt wird (vgl. RGZ 101, 397, 399; Palandt/Heinrichs, BGB, 41. Aufl., § 326 Anm. 5 a aa), also eine Frist zur Ausführung oder zumindest zum Beginn der Bauarbeiten. Demgegenüber haben die Kläger mit ihren Fristbestimmungen lediglich die Forderung nach verbindlichen Terminzusagen sowie nach Benennung des beauftragten Bauunternehmers verbunden. Dennoch durften die Kläger ausnahmsweise den von ihnen gewählten Weg einschlagen, um Gewißheit über Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Beklagten zu erlangen. Treten nämlich bei einem langfristigen Vertrag über die Errichtung eines Bauwerks im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegende Hindernisse auf, die es ernsthaft in Frage stellen, ob der vereinbarte Bau überhaupt oder jedenfalls rechtzeitig ausführbar ist, so kann der Auftraggeber eine angemessene Frist zum Nachweis setzen, daß und gegebenenfalls wann die Vertragserfüllung möglich ist (BGH Urteil vom 29. April 1970 - VIII ZR 120/68 = LM BGB § 242 (Be) Nr. 24; vgl. auch BGH Urteil vom 10. Dezember 1975 - VIII ZR 147/74 = LM BGB § 326 (Dc) Nr. 4; mit zustimmender Anmerkung von Schneider JR 1976, 282, 283). Eine solche erweiternde Auslegung des § 5 Nr. 4 VOB/B, die für den Anwendungsbereich des § 326 Abs. 1 BGB bereits Anerkennung gefunden hat (BGH aaO), ist mit Rücksicht auf Treu und Glauben geboten. Nach Fälligkeit der vereinbarten Leistung läßt sich die angestrebte Klärung der Verhältnisse zwar in aller Regel auch durch eine Fristsetzung zur Vertragserfüllung erreichen. Das gilt jedoch nicht, wenn die aufgetretenen Schwierigkeiten nicht den Baubeginn, sondern dessen weitere Ausführung betreffen. Dann kann es dem Auftraggeber nicht zugemutet werden, zunächst eine Nachfrist zur Aufnahme der Bautätigkeit zu bestimmen und abzuwarten, ob anschliessend eine Fortsetzung der Arbeiten möglich ist. Vielmehr muß er vorab ausreichende Nachweise über die geplante Abwicklung des Bauvorhabens verlangen können.
Auch für die Kläger war es hier wenig sinnvoll, die Beklagte allein zum Baubeginn innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums aufzufordern, Diesem Begehren hätte schon durch die Inangriffnahme der Aushubarbeiten entsprochen werden können, ohne daß dadurch die zwischen den Parteien aufgetretenen Unsicherheiten beseitigt worden wären. Diese bestanden gerade darin, daß die Kläger begründete Zweifel darin setzen konnten, ob der Beklagten ein Rohbauunternehmer zur Verfügung stand, der bereit war, nach Beendigung des Bodenaushubs den Bau weiter auszuführen. Insoweit hatten die Kläger deshalb ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen Klarstellung durch die Beklagte.
Entgegen der Auffassung der Revision waren es auch nicht allein subjektive Gründe, die die Kläger befürchten ließen, die Beklagte werde ihre Vertragspflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Nachdem die endgültige Baugenehmigung erteilt war, hatte die Beklagte ausreichend Gelegenheit, einen geeigneten Bauunternehmer zu beauftragen. Wie sie einräumt, waren ihre diesbezüglichen Bemühungen jedoch erfolglos geblieben. Als ihre Leistung im November 1979 abgerufen wurde, war sie daher außerstande, einen verbindlichen Termin für den Baubeginn zu nennen. Selbst bei dem Ortstermin vom 27. Dezember 1979 vermochte ihr Bauleiter A. lediglich die Ausschachtungsarbeiten anzukündigen; Erklärungen über den weiteren Bauverlauf oder den vorgesehenen Rohbauunternehmer konnte er dagegen nicht abgeben. Dasselbe gilt für das Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 1979, in welchem sie wiederum nur den Aushubunternehmer bekanntgab. Damit war aus der Sicht der Kläger eine zeitlich angemessene Durchführung des Bauvorhabens ernsthaft in Frage gestellt. Die Mitteilung der Beklagten vom 15. Januar 1980, daß Anfang Januar ein Bauunternehmer seine Tätigkeit habe aufnehmen wollen, hat daran nichts geändert. Dieser Hinweis vermittelte objektiv nur den Eindruck eines Beschwichtigungsversuchs, da der Name des Bauunternehmers unerwähnt blieb und eine klare Aussage über den geplanten weiteren Bauablauf fehlte. Aufgrund der bereits eingetretenen Verzögerungen und deren Ursachen durften die Kläger somit von der Beklagten zunächst eine Konkretisierung ihrer Erfüllungsbereitschaft verlangen.
Dem steht nicht entgegen, daß der Vertrag nichts Derartiges enthielt. Scheint nämlich die rechtzeitige Erfüllung eines Bauvertrags nach den Umständen fraglich und kann dem Auftraggeber - wie hier - weiteres Abwarten nicht zugemutet werden, so darf dieser dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zum Nachweis der erforderlichen Voraussetzungen in entsprechender Anwendung des § 5 Nr. 4 VOB/B auch dann setzen, wenn ein solcher Nachweis im Vertrag nicht vorgesehen ist (vgl. auch BGH LM BGB § 242 (Be) Nr. 24 Bl. 3 Rs). Aus demselben Grunde ist es nicht zu beanstanden, daß die Kläger in ihrem Schreiben vom 12. Februar 1980 die Zusage der Fertigstellung des Bauwerks bis zum Herbst des Jahres gefordert haben. Obwohl die Beklagte eine vertragliche Bauzeitgarantie nicht übernommen hatte, war sie doch verpflichtet, die Bauarbeiten zügig durchzuführen. Die Kläger brauchten sich insbesondere nicht fortwährend vertrösten zu lassen, sondern konnten in Anbetracht der bisherigen Verzögerungen eine beschleunigte Abwicklung des Bauvorhabens erwarten. Der von ihnen geforderte Fertigstellungstermin war zumutbar und einhaltbar; das wird auch von der Beklagten nicht bestritten. Überdies blieb die Berücksichtigung unvorhersehbarer Behinderungen gemäß § 6 VOB/B nach wie vor möglich. Demgegenüber ist es ohne Bedeutung, daß die Kläger zusätzlich die Aufrechterhaltung der Festpreisgarantie gefordert haben. Ob sie dazu berechtigt waren, mag dahinstehen. Jedenfalls wurde die Beklagte dadurch nicht von ihrer Verpflichtung zur Bekanntgabe der Ausführungstermine sowie zur Benennung des verantwortlichen Bauunternehmers befreit.
Schließlich sind auch die übrigen Voraussetzungen des § 5 Nr. 4 VOB/B erfüllt. Die Kläger haben ihre Fristsetzungen ordnungsgemäß mit Ablehnungsandrohungen verbunden. Desweiteren waren die Erklärungsfristen angemessen, da bereits längere Vorlaufzeiten und ein ausführlicher Schriftwechsel vorangegangen waren.
5.
Gleichwohl hat die Beklagte weder rechtzeitig mit der Bauausführung begonnen, noch hat sie überhaupt Erklärungen über eine unverzügliche Vertragserfüllung abgegeben.
Mit dem am 27. Dezember 1979 angekündigten Baugrubenaushub brauchten sich die Kläger nicht zufrieden zu geben, da sie begründete Zweifel an der Fortsetzung der Bauarbeiten hatten und haben durften. Ebensowenig kann sich die Beklagte darauf berufen, sie habe schon am 27. November 1979 den Bauunternehmer Bergen für das Bauvorhaben der Kläger gewonnen. Davon ist erstmals in dem Schreiben der Beklagten vom 20. März 1980, d.h. nach Zugang des Kündigungsschreibens der Kläger vom 26. Februar 1980, die Rede gewesen. Auf eine etwaige frühere mündliche Unterrichtung der Kläger ist die Revision nicht zurückgekommen. Die Kläger haben auch bestritten, einen derartigen mündlichen Hinweis auf den Bauunternehmer Be. erhalten zu haben. Beweismittel hat die Beklagte nicht angeboten.
6.
Die Kläger waren nach alledem gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B berechtigt, den Bauvertrag zu kündigen. Dies ist durch Schreiben vom 26. Februar 1980 geschehen, mit dem sie die Annahme der Leistung abgelehnt haben.
Trotz der danach noch weitergeführten Verhandlungen ist es später zu keinem Neuabschluß des Vertrages mehr gekommen. Das Berufungsgericht geht vielmehr zutreffend davon aus, die Beklagte habe nicht den ihr obliegenden Beweis dafür erbracht, daß während des Baustellentermins vom 2. April 1980 insoweit verbindliche Absprachen getroffen worden seien. Die Kläger hätten zwar eine Bauausführung durch die Beklagte nochmals ernsthaft in Erwägung gezogen. Sie hätten jedoch zuvor und bis zum 9. April 1980 weitere schriftliche Garantien verlangt. Die erst am 10. April 1980 eingegangene Antwort der Beklagten habe ihnen aber, wie in ihrem Schreiben vom 16. April 1980 zum Ausdruck gebracht, letztlich nicht ausgereicht. Der gekündigte Vertrag sei daher nicht erneuert worden. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
Infolge der auf §§ 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1, 5 Nr. 4 VOB/B gestützten Entziehung des Auftrags können die Kläger somit gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B Erstattung der durch die anderweitige Bauausführung entstandenen Mehrkosten verlangen. Daneben bleiben Ansprüche auf Ersatz etwaiger weiterer Schäden erhalten. Dem entspricht die vom Berufungsgericht gewählte Urteilsformel.
7.
Nach alledem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Recken
Obenhaus
Walchshöfer
Quack