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Bundesgerichtshof
Urt. v. 08.07.1982, Az.: III ZR 35/81

Sittenwidrigkeit eines Ratenkreditvertrages wegen der Höhe des effektiven Jahreszinses; Grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung; Sittenwidrigkeit von Kreditbedingungen; Verstoß gegen die Pflicht, im Kreditantrag den effektiven Jahreszins anzugeben

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
08.07.1982
Aktenzeichen
III ZR 35/81
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1982, 13327
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
KG Berlin - 27.10.1980
LG Berlin - 26.02.1980

Fundstellen

  • MDR 1983, 34 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1982, 2436-2437 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1982, 1044-1047

Prozessführer

Stenotypistin Dorothea W., P.straße 4, B.,

Prozessgegner

die K. K.-K.-B., Deutsche Haushaltsbank KG a.A.,
vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter Dr. Günter S. und Willy W., K.str. 15, B.,

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Wendet sich ein Kreditnehmer von sich aus an eine Teilzahlungskreditbank und unterschreibt er in deren Geschäftsräumen den Kreditantrag, so liegt, wenn die Bank danach einen Hausbesuch durchführt, um die Kreditwürdigkeit zu überprüfen, kein Verstoß gegen § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO vor.

  2. b)

    Liegt der von der Teilzahlungskreditbank geforderte effektive Jahreszins - ohne Berücksichtigung der Restschuldversicherungsprämie - noch innerhalb der Streubreite der im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank angegebenen Ratenkreditzinssätze und übersteigt er den Schwerpunktzins nur um knapp 50 %, so besteht deswegen noch kein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das zur Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB führen müßte.

Redaktioneller Leitsatz

Das Gewicht, das der mangelnden Aufklärung des Kreditnehmers über seine Belastungen innerhalb der Gesamtwürdigung beizumessen ist, hängt jedoch vom objektiven Inhalt und Umfang dieser Belastungen ab. Je mehr der verlangte effektive Jahreszins den marktüblichen Zins überschreitet und je zahlreicher die unangemessenen Belastungen in den Kreditbedingungen sind, desto schwerer wiegt es, wenn der Kreditnehmer hierüber im unklaren gelassen wird.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 1982
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Nüßgens
und die Richter Dr. G. Krohn, Dr. Tidow, Boujong und Dr. Halstenberg
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. Oktober 1980 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 8 des Landgerichts Berlin vom 26. Februar 1980 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.496,59 DM nebst 1,8 % Zinsen pro Monat von 7.065,24 DM seit dem 16. November 1977 zu zahlen.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/6 und der Beklagten zu 5/6 auferlegt.

Tatbestand

1

Die klagende Kreditbank gewährte der Beklagten am 28. Januar 1975 einen Teilzahlungskredit, der ab 15. März 1975 in 46 Monatsraten getilgt werden sollte. Das von der Beklagten unterzeichnete Kreditvertragsformular der Klägerin enthielt folgende Berechnung:

Antragssumme25.000 DM
Kreditgebühr von der
Antragssumme 0,75 % pro Monat9.000 DM
Vita-Restschuldversicherung2.475 DM
Bearbeitungsgebühr750 DM
Auslagen der Bank50 DM
Kreditbetrag37.275 DM
2

Die Beklagte verwendete den ausgezahlten Darlehensbetrag überwiegend zur Ablösung eines im Jahre 1974 bei einer anderen Bank aufgenommenen Kredits.

3

Nachdem die Beklagte bis August 1977 an die Klägerin Raten in Höhe von insgesamt über 25.000 DM geleistet hatte, verweigerte sie mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 9. August 1977 weitere Zahlungen mit der Begründung, der Darlehensvertrag sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

4

Gemäß ihren Kreditbedingungen erteilte die Klägerin der Beklagten im November 1977 eine Gebührenrückvergütung von 688,90 DM und forderte sofortige Zahlung des Restkreditbetrages von 10.777,84 DM, ferner 1,8 % monatliche Verzugszinsen von diesem Betrag ab 16. November 1977.

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision begehrt.

Entscheidungsgründe

6

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Geschäftsumstände sei der Darlehensvertrag nicht als sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB zu beurteilen. Aus den vereinbarten monatlichen Kreditgebühren, der einmaligen Bearbeitungsgebühr und den Auslagen ergebe sich ein effektiver Jahreszins von 19,25 %. Dieser Satz liege noch innerhalb der Streubreite der im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank für Februar 1975 angegebenen Zinssätze für Ratenkredite und übersteige den Durchschnittszins (0,52 % pro Monat) nur um knapp 50 %. Selbst wenn man die Restschuldversicherungsprämie noch als weitere Belastung der Beklagten bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses berücksichtige, begründe ein Zinssatz von insgesamt 24,3 % noch kein auffälliges Mißverhältnis der beiderseitigen Leistungen. Auch die vereinbarten zusätzlichen Ansprüche für den Verzugs- und Kündigungsfall und die sonstigen Umstände der Vertragsgestaltung seien insgesamt nicht so ungünstig für die Beklagte, daß sie zur Sittenwidrigkeit des gesamten Darlehensvertrages führten.

7

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Wirksamkeit des Darlehensvertrages sind zwar nicht in allen Einzelpunkten frei von Rechtsirrtum; ihr Ergebnis ist jedoch zu billigen.

8

1.

Zu Unrecht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe von Amts wegen berücksichtigen müssen, daß der Darlehensvertrag unter Verstoß gegen § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO zustande gekommen und daher gemäß § 134 BGB nichtig sei.

9

Der nach § 561 ZPO allein zu berücksichtigende Parteivortrag in den Tatsacheninstanzen bot zu einer Prüfung des § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO keinen Anlaß. Diese Norm will den Verbraucher davor bewahren, daß seine wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit in bestimmten Situationen ("Haustürgeschäften") durch Übereilung, irreführende mündliche Angaben, durch zudringliches Verhalten des Reisegewerbetreibenden beeinträchtigt wird, und verbietet daher Kreditgebern und Vermittlern jede werbende, beratende und das Darlehen vorbereitende Tätigkeit außerhalb der eigenen Geschäftsräume (BGHZ 71, 358, 361, 363). Der vorliegende Darlehensvertrag ist unstreitig ohne Vermittler unmittelbar zwischen den Parteien geschlossen worden. Weitere Einzelheiten über das Zustandekommen des Vertrages haben beide Parteien nicht vorgetragen. Das Berufungsgericht konnte gerade deswegen davon ausgehen, daß die Beklagte sich von sich aus an die Klägerin gewandt und in deren Geschäftsräumen den Kreditantrag unterschrieben hatte. Wenn die Klägerin danach durch eine Mitarbeiterin einen Hausbesuch bei der Beklagten durchführen ließ, um die Kreditwürdigkeit überprüfen zu lassen - mehr ergab sich aus dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. September 1980 nicht -, so lag darin kein Verstoß gegen § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO.

10

2.

Zutreffend ist auch der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts bei der Prüfung des § 138 Abs. 1 BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (zusammenfassend BGHZ 80, 153) kann die Frage, ob ein Ratenkreditvertrag als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, nur aufgrund einer Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Geschäftsumstände entschieden werden. Besonderes Gewicht hat dabei die Prüfung, ob zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Mißverhältnis besteht. Der Rechtsprechung des Senats entspricht es auch, wenn das Berufungsgericht im Rahmen dieser Äquivalenzprüfung die effektiven Jahreszinssätze gegenübergestellt hat, die sich aus den Kreditbedingungen der Klägerin und aus dem im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Marktzinssatz ergeben.

11

Das Berufungsgericht hat aus den Kreditgebühren, der Bearbeitungsgebühr und den Auslagen der Klägerin einen effektiven Jahreszins von 19,25 % berechnet und festgestellt, daß dieser Zinssatz den im Monatsbericht für Februar 1975 angegebenen Durchschnittszins nur um knapp 50 % übersteigt und noch im oberen Bereich des Marktüblichen liegt. Die Revision greift diese Feststellungen nicht an, sondern geht ausdrücklich von ihnen aus.

12

Der von der Klägerin geforderte effektive Jahreszins rechtfertigt noch nicht die Wertung, es liege ein so grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, daß deswegen schon der Darlehensvertrag als sittenwidrig angesehen werden müßte. Bei der Würdigung des Verhältnisses zu dem von der Deutschen Bundesbank angegebenen Schwerpunktzins kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die zugrunde liegende Statistik wesentlich durch die Meldungen der Universalbanken und Sparkassen bestimmt wird, die sich in ihrer Kosten- und Risikostruktur von den Teilzahlungskreditbanken, zu denen die Klägerin gehört, unterscheiden. Diese Unterschiede begründen zwar - wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat (vgl. BGHZ 80, 153, 162) - keinen Sondermarkt; sie können aber bei der Würdigung der Zinshöhe durchaus berücksichtigt werden und verbieten es, jedes Überschreiten des Schwerpunktzinses schon als entscheidendes Kriterium für ein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu bewerten.

13

3.

Das Verhältnis zwischen dem von der Klägerin geforderten effektiven Jahreszins und dem Marktzins wird durch den Abschluß der Restschuldversicherung nicht zu Lasten der Klägerin verändert.

14

Der Senat hat in der bereits zitierten Entscheidung BGHZ 80, 153, 169 ausgeführt, bei einem Marktvergleich könnten nur entsprechende Ratenkredite gegenübergestellt werden, deswegen ließen sich vermittelte Kredite mit Restschuldversicherung nicht ohne weiteres mit unvermittelten Krediten ohne Restschuldversicherung, wie sie der Bundesbankstatistik zugrunde liegen, vergleichen, es müßten vielmehr entweder die verkehrsüblichen Entgelte für Vermittlung und Restschuldversicherung bei dem zu überprüfenden Kredit abgesetzt oder beim Marktzins zugeschlagen werden (BGHZ a.a.O. S. 170). Diese Auffassung ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen (vgl. v. Olshausen, NJW 1982, 909). Ob diese Kritik hinsichtlich der Vermittlungskosten berechtigt ist, weil die Einschaltung eines Kreditvermittlers im weitaus überwiegenden Interesse der darlehensgewährenden Bank liegt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Für die Restschuldversicherung, um die es hier allein geht, ist an der Rechtsprechung des Senats jedenfalls festzuhalten, da diese Versicherung regelmäßig beiden Parteien Vorteile bringt. Berücksichtigt man demgemäß aber die Kosten für die Restschuldversicherung - ganz oder zu einem Bruchteil - nicht nur bei der Berechnung des von der Klägerin geforderten effektiven Jahreszinses, sondern auch beim Marktzins, so wird das rechnerische Verhältnis beider dadurch nur zugunsten der Klägerin verändert.

15

Von den in der Entscheidung BGHZ 80, 153 für den Regelfall aufgestellten Grundsätzen hier im Einzelfall abzuweichen, bietet der Sachverhalt keinen Anlaß. Es ist nicht vorgetragen worden, daß die verlangte Restschuldversicherungsprämie bei Berücksichtigung des Alters der Beklagten und der Laufzeit des Kredits der Höhe nach nicht verkehrsüblich oder nicht angemessen gewesen sei. Die Behauptung der Beklagten, sie sei gegen ihren Wunsch und ohne wirtschaftliche Notwendigkeit zum Abschluß der Restschuldversicherung gedrängt worden, rechtfertigte keine andere rechnerische Behandlung der Restschuldversicherungsprämie bei der Gegenüberstellung des effektiven Jahreszinses, sondern hätte allenfalls im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein zusätzlicher Umstand gesondert berücksichtigt werden können. Insoweit hatte jedoch die Beklagte für ihr Vorbringen keinen Beweis angetreten, obwohl die Klägerin es bestritt.

16

4.

Im Ergebnis zutreffend, wenn auch im einzelnen nicht frei von Rechtsirrtum, hat das Berufungsgericht in die Gesamtwürdigung auch die sich aus ihren Kreditbedingungen ergebenden weiteren Rechte der Klägerin, insbesondere im Fall des Zahlungsverzuges, einbezogen.

17

Entscheidend ist dabei, welche Rechte sich aus dem Wortlaut der Kreditbedingungen herleiten lassen, nicht dagegen, welche Rechte die Klägerin im Einzelfall oder in der Regel tatsächlich geltend macht und inwieweit ihre Ansprüche einer gerichtlichen Überprüfung standhalten; denn schon darin, daß die von der Klägerin festgelegten Kreditbedingungen ihr überhaupt eine Handhabe zu Forderungen bieten, liegt eine Belastung des Kreditnehmers, die im Rahmen der Gesamtwürdigung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nicht außer Betracht bleiben kann.

18

Im einzelnen enthalten die Kreditbedingungen der Klägerin, mit denen sich der Senat bereits mehrfach beschäftigt hat (vgl. Urteile vom 12. März 1981 - III ZR 88/79 = WM 1981, 516; vom 7. Mai 1981 - III ZR 2/79 - und vom 8. Juli 1982 - III ZR 21/81 - und III ZR 60/81 -), in der Fassung vom 1. Oktober 1974 folgende Regelungen:

19

a)

Nach Ziff. 4 der Kreditbedingungen steht der Klägerin bei vorzeitiger Ablösung des Kredits eine Ablösungsgebühr von 2 % des offenen Nettorestkreditbetrages zu (vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. Mai 1981 - III ZR 2/79).

20

b)

Nach Ziff. 5 der Kreditbedingungen wird bereits dann, wenn der Kreditnehmer mit einer Rate länger als 20 Tage im Verzug ist, der gesamte Restsaldo fällig (vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. Mai 1981 - III ZR 2/79).

21

Danach ist die Klägerin berechtigt, aber nicht verpflichtet, eine Rückrechnung der nicht verbrauchten Gebühren vorzunehmen und von da an Verzugszinsen in Höhe von 1,8 % pro Monat zu berechnen, nach dem eindeutigen Wortlaut der Kreditbedingungen allerdings nicht - wie hier mit der Klage verlangt und vom Berufungsgericht zugesprochen - von der gesamten Restschuld, sondern nur vom jeweils noch offenen "Nettorestkreditbetrag", der sich nach Ziff. 4 der Kreditbedingungen auf den noch nicht zurückgezahlten Teil des Auszahlungsbetrages beschränkt.

22

c)

Nach Ziff. 6 der Kreditbedingungen hat die Klägerin bei gerichtlicher Beitreibung ohne Rücksicht auf die tatsächlich entstandenen Kosten einen Anspruch auf Zahlung von bis zu 4 % der anhängig gemachten Hauptforderung. Darüber hinaus - also zusätzlich und nicht etwa alternativ - kann sie auch Ersatz von Gebühren eines Inkassoinstituts sowie der Rechtsverfolgungskosten gegen andere Kreditnehmer verlangen (vgl. Senatsurteile vom 7. Mai 1981 und vom 8. Juli 1982 - III ZR 60/81).

23

d)

Solchen Verzugsregelungen kann im Rahmen der Gesamtwürdigung erhöhtes Gewicht zukommen, wenn der Verzugsfall nach dem Zahlungsverhalten des Kreditnehmers bei früheren Krediten oder nach den schon bei Vertragsabschluß erkennbaren Umständen nahelag und es damit schon in hohem Maße wahrscheinlich war, daß der Kreditnehmer die ihm für den Verzugsfall vertraglich aufgebürdeten Leistungen werde erbringen müssen (Senatsurteil vom 12. März 1981 - III ZR 88/79 = WM 1981, 516). Derartige Feststellungen hat das Berufungsgericht hier aber nicht getroffen.

24

Auch ohne die Feststellung besonderer Umstände, die den Verzugsfall nahelegten, behalten die Verzugsregelungen Bedeutung im Rahmen der Gesamtwürdigung. Sie sind hier jedoch nicht so einseitig und für die Beklagte ungünstig ausgestaltet, daß sie - bei einem effektiven Jahreszins, der den Marktzins nur um knapp 50 % überschritt - ihre Belastung ins Unangemessene und Unerträgliche steigerten.

25

5.

Auch im übrigen läßt die Würdigung des Vertragsinhalts durch das Berufungsgericht Rechtsfehler nicht erkennen.

26

Der Verstoß der Klägerin gegen die Verpflichtung, gemäß § 1 Abs. 4 VO über Preisangaben vom 10. Mai 1973 (BGBl I 461) im Kreditantrag den effektiven Jahreszins anzugeben, führt allein nicht gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern kann nur im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 138 Abs. 1 BGB Bedeutung erlangen, weil er es dem Darlehensnehmer erschwert, seine Belastung zuverlässig zu beurteilen und zu vergleichen (Senatsurteil vom 10. Juli 1980 - III ZR 177/78 = NJW 1980, 2301 m.w.Nachw.). Im gleichen Zusammenhang hat das Berufungsgericht auch mit Recht beanstandet, daß wesentliche belastende Vertragsbestimmungen nur auf der Rückseite des Kreditantrages - ohne hinreichend deutlichen Hinweis auf der Vorderseite - abgedruckt und in ihren Formulierungen für einen geschäftsunerfahrenen Kreditnehmer nur schwer zu verstehen sind.

27

Das Gewicht, das der mangelnden Aufklärung des Kreditnehmers über seine Belastungen innerhalb der Gesamtwürdigung beizumessen ist, hängt jedoch vom objektiven Inhalt und Umfang dieser Belastungen ab. Je mehr der verlangte effektive Jahreszins den marktüblichen Zins überschreitet und je zahlreicher die unangemessenen Belastungen in den Kreditbedingungen sind, desto schwerer wiegt es, wenn der Kreditnehmer hierüber im unklaren gelassen wird. Umgekehrt ist es hier nicht rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht auch bei Berücksichtigung des Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 PreisangabeVO und der sonstigen Unklarheiten zu dem Ergebnis gekommen ist, der Vertrag verstoße in seiner Gesamtheit nicht gegen die guten Sitten und sei daher wirksam.

28

III.

Teilweise Erfolg haben muß die Revision hinsichtlich der Höhe der Klageforderung und der Verzinsung.

29

1.

Bereits das Berufungsgericht hat in seinem Urteil, ohne daraus noch Konsequenzen ziehen zu können, ausgeführt, daß die von der Klägerin geforderte Kreditgebühr von 9.000 DM auf einem Rechenfehler beruht. Bei dem vereinbarten Monatssatz von 0,75 % entspricht dieser Betrag einer Darlehenslaufzeit von 48 Monaten. Da der Kreditvertrag am 28. Januar 1975 geschlossen wurde und die 46 Raten vom 15. März 1975 bis zum 15. Dezember 1977 gezahlt werden sollten, kommen als Laufzeit nur 46,5 Monate in Betracht; davon geht auch die Klägerin selbst in ihrer Vergleichsrechnung in der Revisionserwiderung aus. Danach ergibt sich eine Kreditgebühr von insgesamt nur 8.718,75 DM. Die Klägerin verstößt gegen Treu und Glauben, wenn sie ohne Rücksicht auf die erkennbar falsche Berechnung den in den Kreditantrag aufgenommenen vollen Betrag von 9.000 DM fordert. Der Klageanspruch ist daher um 281,25 DM auf 10.496,59 DM zu kürzen.

30

2.

Die vereinbarten Verzugszinsen stehen der Klägerin nach dem klaren Wortlaut ihrer Kreditbedingungen nicht von der gesamten Restschuld zu, sondern nur von dem Nettorestkreditbetrag gemäß Ziff. 4 der Kreditbedingungen. Diesen Betrag hat die Klägerin selbst zutreffend mit 7.065,24 DM berechnet.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Nüßgens
Krohn
Tidow
Boujong
Halstenberg