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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 18.06.1982, Az.: 2 StR 234/82

Bewertung von zwei getätigten falscher Aussagen in einem Strafverfahren; Wiederholung einer falschen Aussage in einer Hauptverhandlung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
18.06.1982
Aktenzeichen
2 StR 234/82
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1982, 11256
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Aachen - 19.11.1981

Fundstellen

  • NStZ 1982, 431
  • StV 1982, 420

Verfahrensgegenstand

Falsche uneidliche Aussage

Amtlicher Leitsatz

Zur Verurteilung eines Zeugen wegen falscher uneidlicher Aussage, der nach seiner Falschaussage von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 18. Juni 1982
gemäß § 349 Abs. 4 StPO
beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19. November 1981 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung einer "Verurteilung" vom 19. September 1980 wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten und wegen einer weiteren falschen uneidlichen Aussage zu einer Freiheitsstrafe von ebenfalls einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.

2

Hiergegen wendet sich seine mit der Sachrüge begründete Revision.

3

II.

Nach den Feststellungen waren bei einer tätlichen Auseinandersetzung am 27. Juli 1980 der Angeklagte mit einem Messer schwer verletzt und sein Landsmann Ramo D. durch sechs Messerstiche getötet worden. In dem daraufhin gegen Izet C. eingeleiteten Strafverfahren sagte der Angeklagte am 1. September 1980 als Zeuge vor dem Ermittlungsrichter bewußt wahrheitswidrig aus, bei Ramo D. nie einen Knüppel oder Gummischlauch gesehen zu haben. In der späteren Hauptverhandlung vom 15. Mai 1981 wiederholte er diese falsche Aussage und beantwortete die weitere Frage, wieviele Personen zur Tatzeit an der Theke gestanden hätten, ebenfalls vorsätzlich falsch. Nach Vorlage eines Fotos, das gegen die Richtigkeit dieser Angabe sprach, und nachdem ihn das Gericht "erneut belehrt" hatte, "erklärte der Zeuge (schließlich), daß er die Aussage verweigere und bekundete alsdann über das weitere Geschehen weiter zur Sache." (UA S. 6/7).

4

Das Landgericht bewertet beide Aussagen als zwei selbständige Vergehen der falschen uneidlichen Aussage. Für die Annahme eines Fortsetzungszusammenhanges bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte, da der Angeklagte im Zeitpunkt seiner Vernehmung durch den Ermittlungsrichter noch nicht gewußt habe, daß er später vor der Schwurgerichtskammer vernommen werden würde (UA S. 14/ 15).

5

Wegen der Tat vom 15. Mai 1981 könne auch nicht gemäß § 158 StGB von Strafe abgesehen werden, denn die spätere Erklärung des Angeklagten, daß er die Aussage verweigere, stelle keine Berichtigung der falschen Aussage dar (UA S. 15).

6

III.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

7

1.

Die Kammer hätte prüfen müssen, ob der Angeklagte, der vor Beendigung seiner Vernehmung nach Vorlage des Lichtbildes und erneuter Belehrung nicht auf bestimmten falschen Angaben beharrte, sondern insoweit ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend machte, damit nicht konkludent diese falschen Angaben widerrufen hat. Das wäre jedenfalls dann der Fall, wenn mit der Aussageverweigerung zum Ausdruck gekommen wäre, daß er die bisherigen Angaben zu bestimmten Fragen nicht aufrechterhalten wollte (vgl. auch RGSt 58, 380). Eine Berichtigung der widerrufenen Aussage gemäß § 158 StGB (vgl. BGHSt 18, 348) war dann nicht erforderlich; die Strafkammer hätte vielmehr prüfen müssen, ob und inwieweit die Aussage des Angeklagten unter Berücksichtigung dieses Widerrufs im ganzen gesehen (vgl. BGH NJW 1960, 731) richtig oder falsch war.

8

2.

Im übrigen konnte der Gesamtvorsatz hier nicht mit der Begründung verneint werden, der Angeklagte habe nicht gewußt, daß er später noch einmal richterlich vernommen werden würde. Ein solcher Vorsatz wäre vielmehr auch anzunehmen, wenn der Angeklagte nur damit rechnete, in einer Hauptverhandlung erneut aussagen zu müssen und in diesem Falle die falschen Angaben wiederholen wollte. Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Im vorliegenden Falle sprechen auch wesentliche Umstände dafür, daß der Angeklagte mit seiner erneuten richterlichen Vernehmung in einer Hauptverhandlung rechnete:

9

Der Angeklagte war bereits einmal in ein Strafverfahren verwickelt gewesen und hatte dessen gewöhnlichen Ablauf kennengelernt. Bei dem Verfahren, in dem er als wesentlicher Tatzeuge und eines der Tatopfer vor dem Ermittlungsrichter vernommen wurde und den damaligen Beschuldigten belastete, ging es um die schwerwiegenden Vorwürfe des versuchten und vollendeten Totschlags, deren Berechtigung bei hinreichendem Tatverdacht in einer Hauptverhandlung zu klären war.

Müller
Maier
Theune
Niemöller
Gollwitzer