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Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.05.1982, Az.: I ZR 205/80
„Senioren-Paß“

Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses aufgrund strafbewehrter Unterlassungsverpflichtung; Fehlen einer Annahmeerklärung; Voraussetzungen eines Preisnachlasses; Abweichung von einem "Normalpreis" des Anbieters; Begriff der versteckten Zugabe; Leistung gegen ein nur zum Schein verlangtes Entgelt; Kennzeichen eines gekoppelten Vorspanngebots; Gebrauchsnähe zwischen Filmen und normalem Angebot eines Verkehrsunternehmens; Anlockwirkung durch Eindruck der extremen Preisgünstigkeit einer Nebenware; Ausräumung der Wiederholungsfahr im Wettbewerbsrecht

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
13.05.1982
Aktenzeichen
I ZR 205/80
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1982, 13336
Entscheidungsname
Senioren-Paß
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
KG Berlin - 21.10.1980
LG Berlin

Fundstellen

  • MDR 1983, 29-30 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1983, 167-169 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Senioren-Paß

Prozessführer

p.v.-Vereinigung gegen unlauteren Wettbewerb e.V., S. Htwl.,
vertreten durch den Vorstand Johannes-Dietner G., E. straße ..., K.

Prozessgegner

Deutsche Bundesbahn,
vertreten durch die Bundesbahndirektion H., Verwaltungsstelle B., B. 15

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Zur rechtlichen Beurteilung des Angebots eines besonders preisgünstigen Farbfilms im Rahmen eines Gesamtangebots an "Senioren", bestehend aus Fahrpreisermäßigungen und anderen "Vorteils"-Angeboten der Deutschen Bundesbahn ("Senioren-Paß")

  2. b)

    Durch eine auf Verschuldenshaftung beschränkte Unterwerfungserklärung kann, sofern sonstige Zweifel an ihrer Ernstlichkeit nicht bestehen, die Wiederholungsgefahr beseitigt werden, da ohnehin stets nur bei Verschulden für die Vertragsstrafe gehaftet wird.

In dem Rechtsstreit
hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 1982
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Frhr. v. Gamm und
die Richter Dr. Merkel, Dr. Zülch, Dr. Erdmann und Dr. Teplitzky
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. Oktober 1980 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beklagte bot einen "Senioren-Paß" an, der die Berechtigten zunächst zum Bezug preisermäßigter Fahrkarten (50 % des Fahrpreises) befugte. Die Paßvorteile nach dem Stand vom 1. Oktober 1978 lagen u.a. auch im Angebot eines Farb-Negativfilms zum Vorteils-Preis (so die ausdrückliche Bezeichnung in einer Drucksache) von 1,- DM. Einen - u.a. gegen die Abgabe von Farbfilmen zum Vorteils-Preis von 1,- DM an die Inhaber von Senioren-Pässen gerichteten Antrag des Klägers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung hat das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 6. September 1978 - 15.O.861/78 - zurückgewiesen; die hiergegen eingelegte Berufung hat das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 25. Januar 1979 - 3 U 179/78 - zurückgewiesen. Mit der Begründung, sie habe sich unabhängig von rechtlichen Überlegungen entschlossen, den Film aus dem neugestalteten Service-Heft (Verteilung ab 1. April 1979) herauszunehmen, hat die Beklagte unter dem 22. März 1979 - d.h. nach Abschluß der Verfügungssache - die Verpflichtungserklärung gegenüber der Klägerin abgegeben, es bei Meidung einer für Jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung von dieser nach billigem Ermessen festzusetzenden, hinsichtlich ihrer Höhe im Streitfall vom Landgericht Hamburg zu prüfenden Vertragsstrafe zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Endverbrauchern ab 1. April 1979 Inhabern eines "Senioren-Passes", der zum Bezug preislich ermäßigter Fahrkarten bei der Deutschen Bundesbahn berechtigt, einen Farb-Negativfilm zum Preis von 1,- DM anzukündigen oder anzubieten.

2

Der Kläger hat dieses Verpflichtungsangebot abgelehnt, weil sich die Beklagte nur für den Fall einer "schuldhaften" Zuwiderhandlung unterworfen hatte und der Kläger auf Klärung der Beweislast bestand. Ein vom Kläger in einem weiteren Rechtsstreit verfolgter Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe von 40.000,- DM - wegen behaupteter Verletzungen der Unterlassungsverpflichtung nach dem 1.4.1979 - ist durch Berufungsurteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 26. Juni 1980 abgewiesen worden, weil der Kläger die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten nicht angenommen habe.

3

Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger einen Anspruch auf Unterlassung der Farbfilmabgabe zum Vorzugspreis von 1,- DM an Senioren-Paß-Inhaber mit der Begründung geltend, der Unterlassungsanspruch sei durch weitere Zuwiderhandlungen nach dem 1.4.1979 gegen das Vertragsstrafeversprechen wieder aufgelebt.

4

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines von dem Gericht für Jeden einzelnen Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Endverbrauchern für den Vertrieb von Bahnfahrten Inhabern eines "Senioren-Passes", der zum Bezug preislich ermäßigter Fahrkarten bei der Beklagten berechtigt, einen Farbfilm zum Preis von 1,- DM in Verbindung mit der Angabe "Vorteilspreis" anzukündigen,

5

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Endverbrauchern für den Vertrieb von Bahnfahrten Inhabern eines "Senioren-Passes", der zum Bezug preislich ermäßigter Fahrkarten bei der Beklagten berechtigt, außerdem ein "Senioren-Pass-Service-Heft" auszuhändigen, in dem neben elf weiteren "Vorteilen" auch ein Farbfilm zum Preis von 1,- DM in Verbindung mit der Angabe "Vorteils-Preis" angekündigt wird.

6

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß die strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 22. März 1979 die Wiederholungsgefahr ausgeräumt habe, dies selbst angesichts zu unterstellender späterer Verstöße, weil diese allenfalls bis zum 20. April 1979 angedauert hätten.

7

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, die das Berufungsgericht als unbegründet zurückgewiesen hat. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter.

8

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

I.

Das Berufungsgericht ist von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Die Revisionserwiderung stellt dies mit der Begründung infrage, die angebotene strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung der Beklagten habe auch ohne Annahmeerklärung seitens des Klägers das Rechtsschutzbedürfnis an einer Unterlassungsklage entfallen lassen.

10

Damit kann sie im Ergebnis keinen Erfolg haben.

11

Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ergibt sich das allgemeine Rechtsschutzinteresse für eine Leistungsklage aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellrechtlichen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an einer gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist (BGH GRUR 1973, 208, 209 - WRP 1973, 23 - Neues aus der Medizin -; GRUR 1980, 241, 242 = WRP 1980, 253 - Rechtsschutzbedürfnis). In der letztgenannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof auch ausgeführt, daß selbst eine wirksame Vertragsstrafeverpflichtung das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen läßt, wenn der wegen eines behaupteten neuen Verstoßes in Anspruch Genommene die Zahlung der Vertragsstrafe verweigert. Dies muß erst recht gelten, wenn er - wie im vorliegenden Falle - nicht nur die Erfüllung einer Vertragsstrafevereinbarung verweigert, sondern deren wirksames Zustandekommen bestreitet, und wenn er damit in einem anderen Gerichtsverfahren auch schon durchgedrungen ist.

12

II.

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob durch die einseitige Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten in Verbindung mit ihrem übrigen Verhalten vor und nach Abgabe der Erklärung die Wiederholungsgefahr entfallen sein könnte, da nach seiner Auffassung ein Unterlassungsanspruch aus keiner der infrage kommenden gesetzlichen Bestimmungen - nämlich § 1 RabattG, § 1 ZugabeVO, §§ 1, 3 und 6 b UWG - begründet sei.

13

A.

1.

a)

Es hat zunächst einen Anspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz, RabattG geprüft.

14

Der den Inhabern eines "Senioren-Passes" eingeräumte "Vorteilspreis" für einen Film werde vom Verkehr als allgemein geforderter Preis und nicht als Sonderpreis im Sinne von § 1 Abs. 2 RabattG angesehen; er sei ein einziger, vorteilhafter Preis, gültig für die Inhaber der zum Filmbezug berechtigten "Senioren-Pass"-Inhaber, denen allein Filme zum Kauf angeboten worden seien. Daran ändere nichts, daß die Beklagte bei den ersten sechs im damaligen Serviceheft zum "Senioren-Pass" benannten Vorteilen Abweichungen von ihren Normalpreisen hervorgehoben habe. Dabei habe es sich um Preisvorteile bei Beförderungsleistungen gehandelt, deren Angebot vom Verkehr nicht mit dem eines Films zum vorteilhaften Preis gleichgesetzt werden könne.

15

b)

Diese Beurteilung wird von der Revision ohne Erfolg angegriffen.

16

Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß ein Preisnachlaß im Sinne des § 1 RabattG eine Abweichung des zu beanstandenden Ausnahmepreises von einem vom selben Anbieter angekündigten oder allgemein geforderten Preis voraussetzt. Es hat auch nicht verkannt, daß es hierfür nicht auf die tatsächliche Existenz zweier unterschiedlicher Preise ankommt, sondern allein darauf, ob im Verkehr nach den gesamten Umständen der Eindruck entstehen kann, bei dem im Einzelfall angebotenen Preis handele es sich um eine Abweichung von einem "Normalpreis" des Anbieters. Ohne Rechtsverstoß konnte es schließlich auch annehmen, daß der Verkehr unter dem "Vorteilspreis" für einen von der Deutschen Bundesbahn den "Senioren-Pass"-Inhabern angebotenen Film lediglich einen einzigen besonders vorteilhaften, also im Verhältnis zu anderen Anbietern niedrigeren Preis, nicht aber einen solchen verstehe, der von einem "Normalpreis" für Filme der Deutschen Bundesbahn abweiche. Denn daß letztere nicht mit Filmen handelt und deshalb anderen Kunden als den "Senioren-Pass"-Inhabern nicht Filme zu einem abweichenden "Normalpreis" anbietet, entspricht allgemeiner Kenntnis und Lebenserfahrung und ist demzufolge auch den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt.

17

2.

a)

Einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung hat das Berufungsgericht mit folgender Begründung verneint:

18

Ob der geringfügige Kaufpreis von 0,20 DM (1,- DM abzüglich 0,80 DM Versendungskosten) ein echtes oder ein bloß zum Schein verlangtes Entgelt darstelle, bestimme sich nicht nach der Verkehrsauffassung, sondern danach, ob die Nebenware ordnungsgemäß kalkuliert sei. Davon sei hier aber deshalb auszugehen, weil nach dem eigenen Vortrag des Klägers im Hamburger Verfügungsverfahren die Beklagte mit der Firma F. E. in A. zusammenarbeite, die dabei infolge der Filmentwicklungs- und Abzugsfolgeaufträge so gut verdiene, daß sie den Film subventionieren und der Beklagten einen besonders günstigen Preis einräumen könne. Wenn letztere diesen Preis an ihre Kunden weitergebe, so liege kein Scheinentgelt und damit kein Zugabeverstoß vor.

19

b)

Auch diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Annahme des Berufungsgerichts, für den Begriff der versteckten Zugabe in Form einer Leistung gegen ein nur zum Schein verlangtes Entgelt (vgl. BGH GRUR 1966, 214, 216 = WRP 1965, 438 - Einführungsangebot -) komme es nicht auf den Eindruck im Verkehr, sondern auf die reale Kalkulation des Anbieters an, entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 1962, 415, 416 = WRP 1962, 200 - Glockenpackung I -); und hinsichtlich der tatrichterlichen Feststellung, der geringe Preis entspreche deshalb einer vernünftigen kaufmännischen Kalkulation, weil die Beklagte einen vorteilhaften Einkaufspreis an ihre Abnehmer weitergebe, hat die Revision selbst keinen Rechtsverstoß aufgezeigt.

20

3.

Das Berufungsgericht hat schließlich auch einen Verstoß gegen § 6 b UWG - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht verneint.

21

Gegenstand des Hauptantrags ist das Verbot der Ankündigung eines Farbfilms zum Preise von 1,- DM in Verbindung mit der Angabe "Vorteilspreis" an "Senioren-Pass"-Inhaber. Da es sich bei der Verletzungshandlung unstreitig um die Ankündigung einer einmaligen Filmabgabe handelte und der Antrag unter Heranziehung der Klagebegründung auch nur beschränkt auf eine solche einmalige Abgabe auf jeden "Senioren-Pass" verstanden werden kann, sind die Verbotsvoraussetzungen des § 6 b schon im Hinblick auf dessen Ausnahmetatbestand ("es sei denn ...") nicht erfüllt, so daß es nicht auf die Frage ankommt, ob überhaupt von einem Berechtigungsschein im Sinne der Vorschrift die Rede sein kann.

22

4.

Dagegen begegnet die Begründung, mit der das Berufungsgericht auch ein gemäß § 1 UWG unzulässiges gekoppeltes Vorspannangebot abgelehnt hat, rechtlichen Bedenken.

23

Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist ein gekoppeltes Vorspannangebot dadurch gekennzeichnet, daß neben einer marktüblich angebotenen Hauptware eine andere Ware, die meist betriebs- oder branchenfremd ist, zu einem besonders günstig erscheinenden Preis angeboten, jedoch nicht ohne die Hauptware abgegeben wird (BGH 65, 68, 69 - Vorspannangebot -; BGH GRUR 1976, 637, 638 = WRP 1976, 555 - Rustikale Brettchen; GRUR 1977, 110, 111 - WRP 1976, 557 - Kochbuch -). Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzungen nicht im einzelnen geprüft, sondern das Vorliegen eines Vorspannangebots verneint, weil ein wettbewerbswidriger Anlockeffekt der Nebenware "Film" wegen der Relation des Preisvorteils zum Wert der Hauptware "Fahrpreisermäßigung" ausscheide.

24

Dabei hat es nicht hinreichend berücksichtigt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Koppelung einer marktüblichen Ware eines Anbieters mit einer für letzteren betriebs- oder branchenfremden Ware grundsätzlich Wettbewerbswidrig ist und nur ausnahmsweise bei Hinzutreten besonderen Tatsachen zulässig sein kann (BGHZ 65, 68, 71 f - Vorspannangebot -; BGH GRUR 1976, 637, 638 f - WRP 1976, 555 - Rustikale Brettchen -; GRUR 1977, 110, 111, 112 - WRP 1976, 557 - Kochbuch -). Um eine derartige Koppelung mit einer betriebs- und branchenfremden Ware handelt es sich hier; die Deutsche Bundesbahn bietet, wie auch das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang festgestellt hat, außer dem hier infrage stehenden Koppelungsangebot keine Filme an.

25

Zwischen Filmen und dem normalen Leistungsangebot eines Verkehrsunternehmens besteht auch keine "Gebrauchsnähe", die der Annahme eines Vorspannangebots entgegenwirken könnte (BGH GRUR 1962, 415 = WRP 1962, 200 - Glockenpackung I -; GRUR 1976, 637, 639 = WRP 1976, 555 - Rustikale Brettchen -; 1977, 110, 112 = WRP 1976, 557 - Kochbuch -). Das Angebot eines Films für "Senioren-Pass"-Erwerber weckt - dies kann das Revisionsgericht in Ermangelung tatrichterlicher Feststellungen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung selbst feststellen - beim Verkehr nicht den Eindruck einer sachgerechten, auf die Bedürfnisse der Nachfrage abgestellten und in einer Zusammenstellung nicht ungewöhnlichen Angebotskombination (BGH a.a.O. - Kochbuch -).

26

Ob auch die weitere Voraussetzung für die Annahme eines unzulässigen gekoppelten Vorspannangebots, nämlich die Anlockwirkung durch den Eindruck der extremen Preisgünstigkeit einer vom Verkehr geschätzten (gekoppelten) Nebenware (vgl. BGH a.a.O. - Kochbuch -) erfüllt ist, hat das Berufungsgericht nur unzureichend geprüft.

27

Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Filme, die normalerweise unstreitig 3,50 bis 6,50 DM kosten, zu einem Preis von 1,- DM, also zu einem kleinen Bruchteil des normalen Verkaufspreises angeboten, und zwar sogar nicht einmal wie der Fotohandel zum Ladenpreis, sondern frei Haus, d.h. einschließlich einer Versandgebühr von 0,80 DM. Da die angesprochenen Fotointeressenten regelmäßig wenigstens eine ungefähre Vorstellung von den üblichen Filmverkaufspreisen zu haben pflegen, muß sich bei einer solchen Preisrelation die außerordentliche Preisgünstigkeit der Nebenware "Film" aufdrängen, und zwar umso mehr, als die Aufmerksamkeit des Verkehrs zusätzlich durch die Ankündigung des "Vorteilspreises" geweckt bzw. geschärft wird.

28

Die Annahme des Berufungsgerichts, von diesem auch von ihm gesehenen Preisvorteil gehe deswegen kein nennenswerter Anlockeffekt aus, weil der Erwerber des "Senioren-Passes" zunächst 50 bzw. 98,- DM zahlen müsse und erst nach Abnahme einer Mindestzahl von Bahnkilometern zum halben Preis die Nutzensschwelle erreiche, begegnet rechtlichen Bedenken.

29

Das Berufungsgericht ist dabei weder den Besonderheiten des vorliegenden Leistungsangebots der Beklagten noch dem nicht unbedeutenden Gewicht des gebotenen Preisvorteils gerecht geworden.

30

Zwar liegt - insoweit ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden - kein Fall eines Angebots auf Abschluß eines alltäglichen Geschäfts über eine Ware vor, die von homogenen Angeboten der Konkurrenz qualitativ und im Preis schwer unterscheidbar ist und bei der deshalb der Nebenware eine für den Kaufentschluß maßgebliche Rolle zukommt. Die Eignung gekoppelter Nebenwaren, von einer Prüfung der Hauptleistung abzulenken und den Kaufentschluß unmittelbar zu beeinflussen, ist Jedoch nicht ausschließlich auf derartige typische Fallgestaltungen beschränkt; sie kann sich auch aus anderen Umständen ergeben.

31

Im vorliegenden Fall bot der Senioren-Paß als Hauptleistung dem Inhaber das Recht, innerhalb eines Jahres Bahnfahrten in unbegrenzter Zahl und im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne Entfernungsbegrenzung zum halben Fahrpreis sowie nach Westberlin und in die DDR mit 1/3 Fahrpreisermäßigung auszuführen. Der wirtschaftliche Wert einer solchen Berechtigung ist für jeden Interessenten, der im relativ langen Gültigkeitszeitraum Bahnfahrten beabsichtigt, nicht unbedeutend und auch deutlich genug erkennbar, um dem dafür zu erbringenden Preis viel von seiner - vom Berufungsgericht zu abstrakt gesehenen - Gewichtigkeit zu nehmen.

32

Charakteristisch für das Angebot ist Jedoch, daß das Überschreiten der vom Berufungsgericht genannten Nutzensschwelle davon abhängt, ob eine hinreichende Zahl von Fahrten mit einer bestimmten, vom Preis abhängigen Kilometerzahl ausgeführt werden kann. Zweifel und Bedenken der angesprochenen Interessenten werden sich daher auf diese Frage richten, deren Beantwortung außer von den eigenen Absichten des Interessenten sowohl von einer möglichst genauen Berechnung als auch von nicht sicher vorauszusehenden Umständen im Lebensbereich des Interessenten abhängt.

33

Angesichts solcher Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten wird es für letzteren naheliegen, den berechenbaren und "sicheren" Vorteilen des Nebenwarenangebots ein wesentliches und - in den Fällen, in denen bei überschlägiger Abschätzung ein ungefähres Erreichen der Nutzensschwelle als möglich erscheint - auch entscheidendes Gewicht beizumessen, womit das Erfordernis der Eignung der Nebenware, von einer sorgfältigen Prüfung der Hauptleistung abzulenken, erreicht wäre.

34

Allerdings kann zweifelhaft sein, ob tatsächlich schon das den Gegenstand des Hauptantrags bildende Filmangebot allein diese Wirkung zeitigen kann. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist diese Möglichkeit jedoch noch nicht auszuschließen.

35

B.

1.

Zum Hilfsantrag der Klage hat das Berufungsgericht ausgeführt:

36

Aus diesem Antrag ergebe sich nicht, um was für sonstige (11) Vorteile es sich im einzelnen handele. Ein derart generelles Verbot wie beantragt sei aber von vorneherein nicht gerechtfertigt. Sein Erlaß würde voraussetzen, daß es auf die Art und den Umfang der weiteren Vorteile überhaupt nicht ankomme. Ob aber wenigstens aufgrund der Summenwirkung der einzelnen Vorteile ein unlauteres Vorspannangebot vorliege, lasse sich nur anhand des Jeweiligen Einzelfalles beantworten, wobei die Art und der Umfang der weiteren Vorteile Jedenfalls von wesentlicher Bedeutung seien. Das konkrete Service-Heft sei nicht Gegenstand des Antrags.

37

2.

Auch diese Beurteilung unterliegt rechtlichen Bedenken.

38

Gegenstand des Hilfsantrags ist das Angebot eines besonders preisgünstigen Films in Verbindung mit 11 weiteren (Nebenwaren-)Vorteilen. Daß letztere im Antrag nicht näher gekennzeichnet sind, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht entscheidend. Unabhängig vom genauen Charakter dieser "Vorteile" - der sich für die konkrete Verletzungshandlung übrigens aus dem von der Klägerin vorgelegten Werbeprospekt der Beklagten hinreichend deutlich ergibt, nach dem dazu u.a. 6 Ermäßigungsgutscheine zu je 1,- DM für Speisen und Getränke der DSG gehörten - kann nämlich davon ausgegangen werden, daß ein Angebot von 11 "Vorteilen" - gleich welcher Art - neben der eigentlichen Hauptleistung regelmäßig nicht ganz ohne Wirkung auf den angesprochenen Interessenten bleiben und ebenfalls geeignet sein wird, Bedenken gegen die Preiswürdigkeit der Hauptleistung jedenfalls in gewissem Umfang zu mindern. Diese jedenfalls nicht ganz geringfügige Wirkung summiert sich mit dem - wie oben dargelegt - erheblichen Preisvorteil des Filmangebots. Dies liegt nach der Lebenserfahrung so nahe, daß das Berufungsgericht die Feststellbarkeit einer "Summenwirkung" nicht unter Berufung auf fehlenden näheren Sachvortrag des Klägers verneinen durfte.

39

III.

Das Berufungsgericht hat zur Frage der Wiederholungsgefahr keine Feststellungen getroffen, sondern diese Frage dahinstehen lassen.

40

Ob ein bestimmtes Verhalten des Verletzers geeignet ist, die im Wettbewerbsrecht grundsätzlich zu vermutende Wiederholungsgefahr auszuräumen, ist im wesentlichen Tatfrage (BGH GRUR 1965, 198, 202 - Küchenmaschine -). Das Revisionsgericht kann auf der Grundlage der bisher vorliegenden Feststellungen darüber nicht abschließend entscheiden, denn das Berufungsgericht wird noch zu prüfen haben, ob die Verpflichtungserklärung der Beklagten so ernsthaft gewesen und die Einhaltung von der Beklagten so nachdrücklich betrieben worden ist, wie es für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr nach dem gebotenen strengen Maßstab zu fordern ist (vgl. BGH GRUR 1967, 362, 367 = WRP 1967, 216 - Spezialsalz I -; GRUR 1970, 558, 559 = WRP 1970, 391 - Sanatorium -). Insbesondere wird es dabei auch der von ihm im Berufungsurteil schon zutreffend aufgeworfenen Frage nachzugehen haben, ob aufgrund des trotz der Unterwerfungserklärung fortgesetzten wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten weiterhin oder erneut Wiederholungsgefahr bestanden hat (vgl. BGH GRUR 1980, 241, 242 - WRP 1980, 253 - Rechtsschutzbedürfnis -) oder ob hier der von der Beklagten behauptete Umfang und insbesondere die Art der nachfolgenden Verstöße eine andere Beurteilung zulassen.

41

Im übrigen wird das Berufungsgericht bei der Prüfung der Wiederholungsgefahr u.a. folgendes zu beachten haben:

42

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann letztere auch durch eine einseitige, strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung des Verletzers beseitigt werden; der Annahme dieser Erklärung durch den Gegner bedarf es hierfür nicht (BGH GRUR 1964, 82, 86 - Lesering -; 1967, 362, 366 = WRP 1967, 216 - Spezialsalz I -).

43

Der entsprechenden Eignung der Erklärung der Beklagten vom 22.3.1979 steht auch nicht entgegen, daß die Beklagte sich damit nur verpflichten wollte, die versprochene Vertragsstrafe für jede schuldhafte Zuwiderhandlung gegen ihr Unterlassungsversprechen zu zahlen. Denn diese Beschränkung der Zahlungspflicht auf schuldhafte Verstöße entspricht der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohnehin bestehenden Rechtslage (BGH LM BGB § 339 Nr. 16 = NJW 1972, 1893, 1895 [BGH 29.06.1972 - II ZR 101/70] - K-Rabatt-Sparmarken -). Soweit die Revision unter Berufung auf OLG Frankfurt WRP 1979, 656; Baumbach-Hefermehl, 13. Aufl., Einleitung UWG Rdnr. 257 und Pastor, Der Wettbewerbsprozeß, 3. Aufl., Seite 143, geltend macht, daß damit eine Beweislastumkehr zu Lasten des Gläubigers verbunden sei, auf die dieser sich nicht einzulassen brauche, kann ihr nicht gefolgt werden. Erfordert die Verwirkung einer versprochenen Vertragsstrafe nämlich grundsätzlich eine schuldhafte Zuwiderhandlung, so kommt der Erwähnung dieses Erfordernisses in der Verpflichtungserklärung nur eine - im Hinblick auf frühere Meinungsstreitigkeiten über das Verschuldenserfordernis verständliche - Klarstellungsfunktion zu; die Beweislast wird infolge des rein deklaratorischen Charakters der Aufnahme des Verschuldenserfordernisses in die Erklärung grundsätzlich nicht berührt. Da nach herrschender Meinung (vgl. BGH a.a.O. NJW S. 1895 r.Sp.; Baumgärtel-Strieder, Handbuch der Beweislast Bd. 1, 1981, § 339 Rdn. 4 m.w.N. in Fußn. 10) den Schuldner die Beweislast für die Unvertretbarkeit seines Zuwiderhandelns trifft, hätte es somit der Beklagten im Falle der Annahme ihrer Erklärung oblegen, ihre Schuldlosigkeit an Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtung nachzuweisen. Für die Ablehnung der Annahme dieser Verpflichtungserklärung durch den Kläger bestand somit, da er an dem Inhalt der Erklärung im übrigen keinen Anstoß genommen hat, kein triftiger Grund.

44

Zu erörtern wird in diesem Zusammenhang auch die Frage sein, ob überhaupt für das mit dem Hauptantrag isoliert angegriffene Anbieten u.s.w. eines Farb-Negativfilms zum Preis von 1,- DM eine Wiederholungsgefahr bzw. insoweit richtiger eine (erstmalige) Begehungsgefahr besteht. Denn das Begehren des Hauptantrags entspricht nicht den konkreten Verletzungshandlungen der Beklagten; diese hat den Inhabern eines Senioren-Passes einen Farb-Negativ-film zum Preise von 1,- DM nicht isoliert angekündigt oder feilgeboten, sondern nur in der Form der "Bündelung" dieses Angebots mit 11 weiteren, von dem Kläger im einzelnen vorgetragenen "Vorteils"-Angeboten. Der Hauptantrag richtet sich jedoch weder gegen diese konkrete Verletzungsform, noch stellt er eine zulässige Verallgemeinerung derselben dar, da das für die konkrete Form wesentliche Element einer Bündelung mehrerer Vorteile darin nicht vorkommt. Aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der - im Wettbewerbsrecht zu vermutenden - Wiederholungsgefahr ist der Hauptantrag daher nicht begründet. Das Begehren, die Abgabe eines Films an Senioren-Paß-Inhaber zum Vorteilspreis von 1,- DM zu unterlassen, wäre daher nur dann gerechtfertigt, wenn Gründe vorlägen, die eine künftige (Erst-)Begehung einer solchen Handlung befürchten ließen. Dazu hat das Berufungsgericht nichts festgestellt und der Kläger nichts Konkretes vorgetragen. Aus dem bisherigen Verhalten der Beklagten läßt sich eine solche Begehungsgefahr nicht herleiten, da bei einem Angebot wie dem des "Senioren-Passes", das breite Bevölkerungskreise mit ganz unterschiedlichen Interessen und Neigungen ansprechen soll, gerade die Bündelung von mehreren, möglichst breit gefächerten "Vorteilen" eine wesentliche Erfolgsvoraussetzung darstellen kann und das allenfalls Fotointeressenten ansprechende Filmangebot allein den Werbezweck möglicherweise nicht erreichen und insbesondere den erforderlichen Werbeaufwand nicht lohnen würde. Hinzu kommt, daß die Beklagte dem Verlangen auf Unterlassung eines (isolierten) Filmangebots sogleich durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nachgekommen ist, was - unabhängig davon, ob dadurch auch die vermutete Gefahr der Wiederholung der konkreten Verletzungsform ausgeschlossen worden ist - Jedenfalls auch deutlich gegen eine Absicht der Beklagten spricht, in Zukunft mit einem solchen isolierten Filmangebot in Verbindung mit einem Senioren-Paß auf den Markt zu kommen.

45

IV.

Das Berufungsurteil konnte danach keinen Bestand haben. Es war auf die Revision des Klägers aufzuheben; die Sache war zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

v. Gamm
Merkel
Zülch
Erdmann
Teplitzky