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Bundesgerichtshof
Urt. v. 04.02.1982, Az.: IX ZR 88/80

Anspruch auf Neuregelung der Verwaltung und Benutzung einer zwei Ehegatten gehörenden Eigentumswohnung; Endgültige Trennung von Ehegatten; Auszug eines Ehegatten aus einer beiden Ehegatten gehörenden Wohnung; Anspruch auf Zahlung eines Entgelts aus einer beanspruchten Neuregelung der Verwaltung und Benutzung einer zwei Ehegatten gehörenden Eigentumswohnung; Anspruch auf ein Entgelt für die Benutzung einer Eigentumswohnung; Trennung; Eigentumswohnung; Anspruch auf Neuregelung; Miteigentum; Mietverhältnis

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
04.02.1982
Aktenzeichen
IX ZR 88/80
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1982, 12218
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Hamm - 20.12.1979
LG Bochum

Fundstellen

  • DNotZ 1983, 40-42
  • MDR 1982, 575 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1982, 1753-1754 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Trennen sich Ehegatten endgültig und zieht einer aus der beiden gehörenden Eigentumswohnung aus, so kann er eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen.

Der Anspruch kann auch im Wege der Klage auf Zahlung eines Entgelts aus der beanspruchten Neuregelung geltend gemacht werden.

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Es kann eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangt werden, wenn einer der beiden Ehegatten nach einer entgültigen Trennung aus der beiden gehörenden Eigentumswohnung auszieht. Dieser Anspruch kann auch im Wege der Klage auf Zahlung eines Entgelts aus der beanspruchten Neuregelung geltend gemacht werden.

  2. 2.

    Bei Miteigentum kann nach § 745 Abs. 2 BGB jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen und gerichtlich durchsetzen.

  3. 3.

    Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß mit dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung in der Regel ein Mietverhältnis begründet wird.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 1982
durch
den Vorsitzenden Richter Mai und
die Richter Fuchs, Dr. Lang, Gärtner und Dr. Jähnke
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Dezember 1979 aufgehoben, soweit der Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung für die frühere Ehewohnung abgewiesen und über die Kosten entschieden worden ist.

In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien haben im März 1966 die Ehe geschlossen. Der Beklagte war Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in Bochum-Weitmar. Die Klägerin wandte aus ihren Mitteln 27.890,- DM auf, um bestehende Grundstücksbelastungen abzulösen. Im März 1971 übertrug der Beklagte die Miteigentumshälfte des Hausgrundstücks auf die Klägerin. Im Juli 1976 veräußerten die Parteien das Anwesen für 250.000 DM. Sie erwarben dafür im September 1976 eine Eigentumswohnung wiederum zu Miteigentum für 108.000 DM zuzüglich 12.000 DM an Nebenkosten. Den restlichen Kaufpreis behielt der Beklagte. Die Parteien bezogen die neu erworbene Eigentumswohnung als Ehewohnung. Anfang Januar 1977 verließ die Klägerin den Beklagten. Auf die am 7. Januar 1977 erhobene Scheidungsklage wurde die Ehe der Parteien im März 1977 geschieden.

2

Mit der Klage verlangte die Klägerin die Hälfte des restlichen Verkaufserlöses und ab 1. Januar 1977 monatlich 250 DM als Ersatz des hälftigen Nutzungsvorteils für die Nutzung der Eigentumswohnung. Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies den Anspruch auf mehr als 10.000 DM Restkaufpreis und auf eine Nutzungsentschädigung für die frühere Ehewohnung ab. Mit der Revision verfolgt die Klägerin nur noch den Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

3

Das Berufungsgericht sieht in der Übertragung des hälftigen Hausanteils auf die Klägerin eine unentgeltliche Zuwendung des Beklagten, deren Geschäftsgrundlage durch die Scheidung weggefallen sei. Die nach § 242 BGB gebotene Anpassung führe dazu, daß der Klägerin der von ihr für die Schuldenablösung aufgewandte Betrag von 27.890,- DM zufließe und sie so gestellt werde, als ob nach der Scheidung - ohne die Zuwendung des hälftigen Hausanteils - ein Zugewinnausgleich durchgeführt worden wäre. Danach könne sie insgesamt eine Vermögenszuwendung von 66.825,00 DM behalten. Darunter falle das Miteigentum an der Eigentumswohnung im Werte von 60.000,00 DM.

4

Sie könne jedoch als Miteigentümerin der Eigentumswohnung keinen Wertersatz für einen Nutzungsvorteil verlangen. Der Beklagte sei als Miteigentümer auch nach der Scheidung zur Mitbenutzung der Eigentumswohnung berechtigt. Wenn die Klägerin von ihrer Befugnis zur Mitbenutzung keinen Gebrauch mehr machen wolle, stehe es ihr frei, ihren Miteigentumsanteil zu veräußern oder die Teilungsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft durchführen zu lassen. Ein Anspruch auf Ersatz entgangener Nutzungsvorteile komme nur dann in Betracht, wenn der Beklagte die Klägerin bewußt von der Mitbenutzung ausschließe und die Räumlichkeiten ausschließlich für sich beanspruche oder wenn er dritte Personen in die Wohnung aufnehme und dadurch die Wohnung wie ein Alleinberechtigter nutze. Derartiges habe die Klägerin aber nicht dargelegt.

5

Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

6

Obwohl die Parteien letztlich über die Art der Benutzung der früheren Ehewohnung streiten, ist das Prozeßgericht zuständig und nicht etwa der Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das Verfahren nach der Hausratsverordnung findet nach ihrem § 1 Abs. 1 nur statt, wenn sich die Ehegatten anläßlich der Scheidung nicht darüber einigen, wer von ihnen die Ehewohnung künftig bewohnen soll. Dieser Fall liegt nicht vor. Die Klägerin ist aus der Ehewohnung ausgezogen und verlangt nicht, daß ihr die Benutzung oder Mitbenutzung der Wohnung wieder eingeräumt wird. Sie hat im Gegenteil durch ihr Verlangen nach einer Nutzungsentschädigung zum Ausdruck gebracht, daß sie die Wohnung nicht mehr selbst bewohnen oder mitbewohnen will. Damit hat sie die Ehewohnung endgültig aufgegeben, und es ist kein Raum mehr für eine Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung durch den Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BayObLG FamRZ 1974, 22).

7

Ob der Beklagte der Klägerin für die alleinige Benutzung der Wohnung ein Entgelt zahlen muß, richtet sich also allein nach den §§ 743 ff BGB. Danach besteht zwar kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Nach § 743 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird. Wenn der eine Teilhaber diese Befugnis nicht ausübt, erwächst daraus für den anderen keine Verpflichtung, den Umfang seiner eigenen Benutzung auch seinerseits einzuschränken. Der Beklagte wurde mithin durch die Nutzungen, die er, ohne daß die Klägerin sich dem widersetzte, allein gezogen hat, nicht auf ihre Kosten ungerechtfertigt bereichert (BGH NJW 1966, 1707 [BGH 29.06.1966 - V ZR 163/63] = LM BGB § 743 Nr. 3/4). Dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ist auch nicht zu entnehmen, daß die Parteien - sei es auch stillschweigend - eine Vereinbarung über die alleinige Benutzung der Eigentumswohnung durch den Beklagten gegen Zahlung eines Entgelts getroffen hätten. Auch für einen Schadensersatzanspruch wegen hartnäckiger Verweigerung des Mitgebrauchs (BGH aaO) ist von der Klägerin nichts dargetan. Damit ist das Klagevorbringen aber nicht erschöpfend gewürdigt. Nach § 745 Abs. 2 BGB kann jeder Teilhaber, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluß geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen und notfalls gerichtlich durchsetzen. Die Parteien hatten zwar zunächst die Eigentumswohnung gemeinsam als Ehewohnung benutzt und damit stillschweigend eine Vereinbarung über die Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes getroffen. Dem Fehlen einer Vereinbarung oder eines Mehrheitsbeschlusses über die Verwaltung und Benutzung steht jedoch gleich, wenn nach einer Regelung tatsächliche Veränderungen eingetreten sind, die ein Festhalten an der bisherigen Verwaltungsvereinbarung unerträglich erscheinen lassen. Auch in diesem Falle ist jeder Teilhaber berechtigt, eine Änderung der bisherigen Verwaltungsregelung zu fordern (BGHZ 34, 367; MünchKomm/Schmidt § 744, 745 Rdn. 27; BGB RGRK/Huber 12. Aufl. § 746 Rdn. 12; Erman/Schulze-Wenck, BGB 7. Aufl. § 745 Rdn. 5; Soergel/Schultze v. Lasaulx, BGB 10. Aufl. § 745 Rdn. 12). Für Ehegatten, die eine ihnen gehörende Eigentumswohnung bewohnen, bedeutet die Trennung, die mit dem Auszug eines Ehegatten verbunden ist, eine grundlegende Änderung der Verhältnisse, die für die vorangegangene einverständliche Regelung der Benutzung maßgebend waren. Jedenfalls von dem Zeitpunkt an, zu dem die Trennung endgültig erscheint, kann jeder Ehegatte, sofern keine Einigung zustande kommt, eine angemessene Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen. Kommt der andere Teil diesem Verlangen nicht nach, so kann Klage auf Neuregelung der Verwaltung und Benutzung erhoben werden. Es handelt sich um eine Leistungsklage, die auf Zustimmung zu einer bestimmt zu bezeichnenden Art der Verwaltung und Benutzung zu richten ist (BGHZ 34, 367, 371; Fischer, Anm. zu LM BGB § 745 Nr. 4; BGB-RGRK/Huber aaO). Möglich ist aber auch eine Zahlungsklage, mit der ein Zahlungsanspruch als Ergebnis der beanspruchten Neuregelung geltend gemacht wird. Denn der Anspruch auf Neuregelung ergibt sich aus dem Gesetz und wird vom Richter nur festgestellt und nicht etwa erst im Wege eines Gestaltungsurteils begründet. Das kann auch als Vortrage bei der Entscheidung über eine Zahlungsklage geklärt werden. Nur muß dann ebenfalls die beanspruchte Neuregelung mit hinreichender Deutlichkeit angegeben werden (vgl. BGH NJW 1974, 364 [BGH 17.12.1973 - II ZR 59/72]; MünchKomm/Schmidt §§ 744, 745 Rdn. 27).

8

Zieht bei der Trennung ein Ehegatte aus der bisher gemeinsam bewohnten Ehewohnung aus, so ist die nächstliegende Neuregelung nach § 745 Abs. 2 BGB die, daß die Wohnung nunmehr dem zurückbleibenden Ehegatten gegen Zahlung eines entsprechenden Entgeltes zur alleinigen Benutzung überlassen wird. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß damit in der Regel ein Mietverhältnis begründet wird (BGH LM BGB § 535 Nr. 42; NJW 1974, 364 = LM BGB § 745 Nr. 9; Staudinger/Emmerich, BGB 12. Aufl. 2. Bearbeitung 1981, Vorbemerkung vor §§ 535, 536 Rdn. 74). Die Klägerin verlangt mit der Klage die Hälfte einer angemessenen Miete und hat dargetan, daß der Beklagte die Wohnung seit der Trennung allein bewohne. Darin kann das Verlangen auf Zahlung eines Entgeltes aufgrund einer Neuregelung der Benutzung der Eigentumswohnung liegen. Da der Tatrichter das Klagevorbringen unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht gewürdigt hat, kann das Berufungsurteil insoweit keinen Bestand haben.

9

Der Anspruch auf ein Entgelt kommt nicht erst ab Klageerhebung in Betracht (BGH NJW 1974, 364 [BGH 17.12.1973 - II ZR 59/72]). Er ist - unabhängig von der gerichtlichen Geltendmachung - entstanden, als die Klägerin - berechtigterweise - vom Beklagten eine andere Art der Benutzung der Eigentumswohnung und das sich daraus ergebene Entgelt forderte. Wann das war, kann dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht entnommen werden. Die Klägerin hat sich nur darauf berufen, sie habe den Beklagten vor Klageerhebung wiederholt vergeblich zur Zahlung aufgefordert. Das Berufungsurteil wird deshalb aufgehoben, soweit über den Anspruch auf ein Entgelt für die Benutzung der Eigentumswohnung entschieden worden ist.

10

Streitwert: 3.000 DM (§ 16 GKG).

Mai
Fuchs
Dr. Lang
Gärtner
Dr. Jähnke