Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.01.1981, Az.: I ZR 40/79
„PAM-Kino“
Wirksamkeit eines Verleihvertrages bezüglich eines pornographischen Films ; Strafbarkeit von entgeltlichen öffentlichen Vorführungen eines pornographischen Films in einem Filmtheater ; Zusammenhang zwischen Filmvorführung und weiterer Leistung; Berufen auf Sittenwidrigkeit des Vertrages als unzulässige Rechtsausübung ; Schadensersatzanspruch wegen unzulässiger Pfändung ; Schadensersatzanspruch wegen der Lieferung schlechter Filmkopien
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 23.01.1981
- Aktenzeichen
- I ZR 40/79
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1981, 13145
- Entscheidungsname
- PAM-Kino
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 11.01.1979
- LG München
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1981, 820 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1981, 1439-1440 (Volltext mit amtl. LS) "PAM-Kino -"
Verfahrensgegenstand
PAM-Kino
Prozessführer
Firma C. C. GmbH,
gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführerin Frau H., B. F.platz 7, G.
Prozessgegner
Firma B. GmbH & Co. KG,
gesetzlich vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin Firma H. GmbH,
diese gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Heinz H., S. straße 41, D.
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Verleihvertrag über einen - für öffentliche Aufführungen vorgesehenen - pornographischen Spielfilm gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 1981
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Frhr. v. Gamm und
die Richter Dr. Merkel, Dr. Zülch, Dr. Erdmann und Dr. Teplitzky
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. Januar 1979 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem amerikanischen pornographischen Spielfilm "DEEP THROAT" für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Durch Vertrag vom 24. Juni 1975 übertrug sie der Beklagten die Verleihrechte zur Auswertung in 35 mm (= Normalfilm) für die Dauer von 5 Jahren. Der Film war u.a. für die Auswertung in sog. PAM-Kinos, mit denen die Beklagte zusammenarbeitet, bestimmt. Für die Filmvorführung in PAM-Kinos wird in der Regel ein Gesamtentgelt verlangt, das teilweise für Verzehr und teilweise für die Filmvorführung berechnet wird.
In Ziff. 3 des Verleihvertrages vom 24. Juni 1975 heißt es:
"Bei dem genannten Spielfilm handelt es sich um eine unzensierte Fassung. B. KG versichert, bei der Auswertung die bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu beachten und C. C. von Folgen aus Nichtbeachtung dieser Gesetze freizustellen. Sollten aufgrund von Beschlagnahmen Ersatzkopien benötigt werden, werden diese Kosten zwischen den Vertragspartnern geteilt."
In Ziff. 5 vereinbarten die Parteien:
"a)
Sämtliche bei B. KG eingehenden Gelder, die in Verbindung mit der Auswertung des Films "DEEP THROAT" (dem gleichzusetzen sind Teile davon wie Musiken, Bilder etc.) anfallen werden, wie folgt aufzuteilen:
50 % C. C.
45 % B. KG
5 % VERTRAGSPARTNER lt. sep. Vereinbarungb)
die nachgewiesenen Eigenkosten bei Verkauf von Druckerzeugnissen, Getränken oder Schallplatten in Verbindung mit der Filmvorführung werden vor Aufteilung in Abzug gebracht."
Mit Schreiben vom 21. Juli 1976 hat die Klägerin den Verleihvertrag fristlos gekündigt. Die Beklagte hat die Kündigung nicht anerkannt und den Film weiter ausgewertet.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten rückständige Vergütungen bis einschließlich 31. Dezember 1976. Sie hat zunächst im Wege der Stufenklage Abrechnung begehrt. Nach Auskunftserteilung durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat nunmehr beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 23.764,03 DM zuzüglich 11 % Zinsen seit dem 15. Februar 1977 sowie 11 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Verleihvertrag sei sittenwidrig und damit nichtig. Hilfsweise hat sie die Aufrechnung mit Gegenforderungen erklärt und dazu vorgetragen: Sie habe gegen die Klägerin mindestens in Höhe der Klageforderung Schadensersatzansprüche, weil die Klägerin aufgrund zweier vorangegangener Urteile vom 12. Oktober 1976 und 8. Februar 1977 eine unzulässige Überpfändung veranlaßt und außerdem ihren Ruf geschädigt habe. Darüber hinaus sei ihr ein Schaden dadurch entstanden, daß die Klägerin sich nicht darum bemüht habe, für ausgefallene Filmkopien Ersatz zu beschaffen. Schließlich habe die Klägerin sie auch dadurch mindestens in Höhe von 25.000,00 DM geschädigt, daß sie Schwarzaufführungen des streitigen Films geduldet habe.
Wegen eines Teilbetrages ihres behaupteten Schadens aufgrund fehlender Filmkopien hat die Beklagte Widerklage erhoben und beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 25.500,00 DM nebst 10 % Zinsen seit Zustellung sowie 11 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu zahlen.
Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß der Verleihvertrag vom 24. Juni 1975 nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei. Die Sittenwidrigkeit folge daraus, daß die Vorführung des pornographischen Films in PAM-Kinos gegen § 184 Abs. 1 Nr. 7 StGB verstoße, so daß auch die von der Beklagten mit den Kinobesitzern abgeschlossenen Verträge nichtig seien.
Das Oberlandesgericht hat dieses Urteil auf die Berufung der Klägerin geändert und die Beklagte zur Zahlung von 21.877,07 DM verurteilt, nachdem die Parteien den Rechtsstreit zuvor hinsichtlich eines Betrages von 1.788,57 DM für erledigt erklärt hatten. Die Anschlußberufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klagabweisung und ihren Antrag aus der Widerklage weiter.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
1.
Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, daß der Verleihvertrag vom 24. Juni 1975 weder nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot noch nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sei. Dazu führt es aus: Der Vertrag verstoße nicht schon deshalb gegen ein gesetzliches Verbot, weil er einen pornographischen Film zum Gegenstand habe. Denn derartige Filme könnten - unter bestimmten Voraussetzungen - auch in Filmtheatern öffentlich aufgeführt werden, ohne daß eine Strafbarkeit nach § 184 Abs. 1 Nr. 7 StGB eintrete. Aus Ziff. 3 des Verleihvertrages ergebe sich, daß die Parteien nur diese straflose Vorführung bezweckt hätten. Vor allem dieser Gesichtspunkt stehe auch einer Nichtigkeit nach § 138 BGB, der neben § 134 BGB eine selbständige Bedeutung habe, entgegen. Das Berufungsgericht führt näher aus, daß der Gesamtcharakter des Vertrages nach Inhalt, Beweggrund und Zweck nicht sittenwidrig sei.
Der gegen diese Beurteilung gerichteten Revision mußte im Ergebnis der Erfolg versagt bleiben.
2.
a)
Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß festgestellt, daß der Verleihvertrag vom 24. Juni 1975 nicht nach § 134 BGB nichtig ist.
Der vorliegende Verleihvertrag ist ein urheberrechtlicher Nutzungsvertrag eigener Art zur Werksverwertung durch Abschluß von Vorführungsverträgen mit Filmtheatern (vgl. § 88 Abs. 1 Nr. 3 UrhG). Aus den Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils, der Abrechnung VII der Beklagten vom 28. Januar 1977 und dem Schreiben der Beklagten an die G. Werke GmbH vom 10. Oktober 1975 ergibt sich, daß die Filmverwertung überwiegend in Filmtheatern erfolgen sollte und auch erfolgt ist.
Entgegen der Annahme des Landgerichts ist indessen nicht jede entgeltliche öffentliche Vorführung eines pornographischen Films in einem Filmtheater nach § 184 Abs. 1 Nr. 7 StGB strafbar, sondern vielmehr nur dann, wenn der Film in einer öffentlichen Vorführung gegen ein Entgelt gezeigt wird, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird. Deshalb hat auch nicht jeder Vertrag, der einen pornographischen Film zum Gegenstand hat, Nichtigkeit nach § 134 BGB zur Folge (vgl. auch BGH GRUR 1960, 447, 448 - Comics). Die Bestimmung des § 184 Abs. 1 Nr. 7 StGB ist durch das Vierte Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 23. November 1973 (BGBl I S. 1725) neu gefaßt worden. Sie soll in erster Linie dem Jugendschutz und daneben dem Schutz Erwachsener vor unverlangter Konfrontation mit Pornographie dienen (vgl. Schriftl. Bericht des Sonderausschusses für Strafrechtsreform, BTDrucks VI/3521 S. 58). Die eigentliche Gefahr für die Jugend wurde in der öffentlichen Darbietung pornographischer Filme in herkömmlichen Filmtheatern gesehen (vgl. Schriftl. Bericht aaO). Mit der Entgeltklausel sollte die Vorführung pornographischer Filme in Bars, Gaststätten und ähnliche Betriebe abgedrängt werden. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in seinem die Verfassungsmäßigkeit des § 184 Abs. 1 Nr. 7 StGB bejahenden Beschluß vom 17. Januar 1978 (BVerfGE 47, 109, 111 = NJW 1978, 953; vgl. auch BVerfG NJW 1977, 2207) hat die Vorschrift dieses Ziel nur zum Teil erreicht. Das Bundesverfassungsgericht weist darauf hin, daß die vor allem in Großstädten entstandenen PAM-Kinos oder entsprechende Filmtheater sich die Gesetzesfassung zunutze machen, indem sie neben dem pornographischen Film Leistungen anderer Art (Getränke, Schallplatten, Bücher usw.) anbieten, deren Wert den des Entgelts für den Film übersteigt. Diese Handhabung ist, wie das Bundesverfassungsgericht weiter ausgeführt hat, in strafloser Form möglich. Denn die Absicht des Gesetzgebers, lediglich pornographische Filmvorführungen in Nachtclubs von der Strafbarkeit auszunehmen (Sonderausschuß, 6. Vp., 66. Sitzung, StenProt. S. 1933 f), hat im Wortlaut und Sinnzusammenhang des Gesetzes keinen "objektivierten" Niederschlag gefunden, so daß den Gesetzesmaterialien keine verbindlichen Auslegungsregeln entnommen werden können (BVerfGE 47, 109, 127). Das vom Gesetzgeber gewählte Abgrenzungsmerkmal des Entgelts läßt es nicht zu, entscheidend auf den Charakter des Unternehmens als eines filmähnlichen oder nachtclubähnlichen Betriebes abzustellen (BVerfGE 47, 109, 123). Damit kommt es für die Strafbarkeit einer Vorführung in Filmtheatern nur darauf an, ob das Entgelt ganz oder überwiegend für diese Filmvorführung verlangt wird. Abzulehnen ist allerdings die Auffassung, daß dann, wenn die geforderte Vergütung in Teilleistungen für die Filmvorführung einerseits und die Nebenleistungen (z.B. Getränke) andererseits aufgeschlüsselt werden kann, die Vergütung für die Filmvorführung generell "ganz" auf diese Teilleistung entfalle. Diese Auslegung des 5. Strafsenats in seinem Urteil vom 15. Februar 1977 (GewArch 1977, 204 f), der das Landgericht gefolgt ist, hat das Bundesverfassungsgericht jedenfalls insoweit als gegen das Grundgesetz verstoßend abgelehnt, als zwischen der Filmvorführung und der weiteren Leistung ein Zusammenhang besteht (BVerfGE 47, 109, 122). Dieser Ansicht hat sich inzwischen auch der 2. Strafsenat in seinem Urteil vom 18. Juli 1979 (JZ 1979, 732, 733) angeschlossen. Der Senat folgt dieser Rechtsprechung. Ein Zusammenhang zwischen Filmvorführung und weiterer Leistung ist dann anzunehmen, wenn während der Filmvorführung Getränke oder sonstige gastronomische Leistungen geboten werden (BGH JZ 1979, 732, 733). Für die Frage des Überwiegens der einen oder anderen Leistung kommt es in erster Linie auf einen Vergleich der dem Kinokunden einerseits im Filmbereich und andererseits auf gastronomischem Gebiet konkret angebotenen Leistungen an (BGH MDR 1978, 768, 769; vgl. auch BVerfGE 47, 109, 122).
Danach ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß auch in PAM-Kinos Filmvorführungen ohne Gesetzesverstoß möglich sind und eine solche gesetzlich zugelassene Filmverwertung Gegenstand eines wirksamen Verleihvertrages sein kann. Die Einschränkung in Ziff. 3 des Vertrages spricht dafür, daß die Parteien eine straflose Film Verwertung bezweckten. Etwas Gegenteiliges läßt sich nicht feststellen. Eine verfahrensfehlerhaft unterbliebene weitere Aufklärung ist von der Revision nicht gerügt worden.
b)
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß auch eine straflose Vorführung pornographischer Filme die Sittenwidrigkeit der darauf bezogenen Rechtsgeschäfte nicht generell ausschließt, sondern daß § 138 BGB neben § 134 BGB eine selbständige Bedeutung hat (vgl. Senatsurteil vom 17. April 1970 in NJW 1970, 1179 f und ihm folgend BGHZ 63, 363, 366 [BGH 20.12.1974 - V ZR 132/73]; 67, 119, 123; anders für Verträge über pornographische Produkte OLG Hamburg GRUR 1980, 998 ff - Tiffany).
Indessen kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der zwischen den Parteien geschlossene Verleihvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Denn die Berufung auf Nichtigkeit verstößt unter den besonderen Umständen des Streitfalles gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Grundsätzlich ist zwar die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts von Amts wegen zu berücksichtigen, so daß es nicht einmal ihrer Geltendmachung bedarf. Andererseits ist jedoch zu beachten, daß der Grundsatz von Treu und Glauben das gesamte Rechtsleben beherrscht und daher auch in Rahmen nichtiger Rechtsgeschäfte gilt (vgl. BGH LM § 154 BGB Nr. 2). In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß sich auch die Berufung auf Nichtigkeit nach § 138 BGB ausnahmsweise als unzulässige Rechtsausübung darstellen kann (vgl. BGH BB 1957, 843; OLG Celle BB 1968, 642 f; BAG NJW 1968, 1647 f; zustimmend Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 40. Aufl. 1981. § 242 Anm. 4 C vor a). Dies muß jedoch auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt bleiben, sollen nicht sittenwidrige Geschäfte auf dem Umweg über den Grundsatz von Treu und Glauben im praktischen Ergebnis wieder Wirksamkeit erlangen. Deshalb darf das nicht dazu führen, ein sittenwidriges Geschäft für die Zukunft aufrechtzuerhalten. Vorliegend ist eine Ausnahme aus folgenden Erwägungen gerechtfertigt.
Durch den Verleihvertrag vom 24. Juni 1975 ist zwischen den Parteien ein Dauerschuldverhältnis begründet worden, das von der Beklagten zunächst längere Zeit erfüllt worden ist, bevor sie ihre Zahlungen einstellte. Wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Firma G. vom 6. März 1975 ergibt, hat die Beklagte den Film sogar schon seit mindestens Anfang März 1975 ausgewertet. In diesem Verfahren geht es um den vereinbarten Anteil an den Einspielergebnissen für die Zeit von Juli bis Dezember 1976; allerdings ist bereits ein Abrechnungs- und Zahlungsprozeß für den davor liegenden Abrechnungszeitraum vorangegangen. Wenn die Beklagte aber den Film etwa 1 Jahr lang auswertet, in dieser Zeit nach dem Vorbringen der Parteien mehrere 100.000,00 DM an die Klägerin abführt und erst dann die Erfüllung wegen des jetzt noch offenen Restbetrages von knapp 22.000,00 DM unter Berufung auf die Sittenwidrigkeit des Verleihvertrages verweigert, so handelt sie arglistig; zumal es sich angesichts der gesetzlich zugelassenen Filmvorführungen - wenn überhaupt - ohnehin nicht um einen gravierenden Verstoß handeln würde. Es geht hier auch nur noch um die Abwicklung des Vertrages hinsichtlich eines - gemessen am Gesamtumfang - relativ geringen Restes und nicht um die Aufrechterhaltung für die Zukunft. Wobei vorliegend noch hinzukommt, daß die Klägerin den Verleihvertrag mit Schreiben vom 21. Juli 1976 wegen eines mehrfach vergeblich angemahnten Rückstandes von ca. 40.000,00 DM fristlos gekündigt, der Beklagten die weitere Auswertung des Filmes untersagt und die Herausgabe des Filmmaterials verlangt hatte. Wenn die Beklagte unter diesen Umständen - unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung - einerseits den Film noch bis zum Jahresende 1976 auswertet und damit die Vorteile des Vertrages für sich in Anspruch nimmt, sich andererseits aber plötzlich auf Sittenwidrigkeit beruft, um sich damit der ihr obliegenden Gegenleistung zu entziehen, die Vorteile aber zu behalten, so setzt sie sich damit in Widerspruch zu ihrem vorangegangenen Verhalten und handelt damit rechtsmißbräuchlich.
II.
Im Ergebnis zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Kündigung vom 21. Juli 1976 keinen Einfluß auf die Zahlungsverpflichtung der Beklagten hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein - vom Berufungsgericht verneinter - wichtiger Grund für die Kündigung vorlag. Die Klageforderung wäre selbst im Falle der Auflösung des Verleihvertrages, seine Wirksamkeit hier unterstellt, durch Kündigung für den streitigen Abrechnungszeitraum begründet. Das Berufungsgericht hat in seiner Hilfsbegründung zutreffend ausgeführt, daß die Beklagte zumindest nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB, 97 Abs. 3 UrhG haften würde, da sie die Auswertung des Films ohne Rechtsgrund auf Kosten der Klägerin vorgenommen und die übliche Vergütung erspart hätte.
III.
Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Klageforderung nicht durch Aufrechnung mit Gegenforderungen erloschen ist.
1.
Es hat zunächst einen Schadensersatzanspruch wegen unzulässiger Pfändung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 12. Oktober 1976 verneint und dazu ausgeführt: Die Beklagte habe die Voraussetzungen des § 826 BGB nicht dargetan. Der Sachvortrag der Beklagten sei sowohl hinsichtlich der behaupteten Pfändung als auch der angeblichen Rufschädigung nicht hinreichend substantiiert. Auch der Vortrag zur Schadenshöhe reiche nicht aus. Die Beklagte habe nicht angegeben, welche Kunden von den Überpfändungen erfahren hätten und durch welche ihrer Dispositionen ein Schaden eingetreten sei.
Diese Ausführungen, die von der Revision nicht ausdrücklich angegriffen werden, lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen.
2.
Ebenso lehnt das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen der von der Klägerin vorgenommenen Vorpfändungen ab. Auch insoweit seien Grund und Höhe des Anspruchs nicht ausreichend dargetan. Die Beklagte habe nicht konkret vorgetragen, daß die behauptete Rufschädigung auf die Verpfändung zurückzuführen sei. Zwar habe sie zwei Filmtheaterbesitzer benannt, die die Vertragsbeziehung zu ihr abgebrochen hätten, weil sie aus Vollstreckungsmaßnahmen auf ihre Insolvenz geschlossen hätten. Diese Filmtheaterbesitzer hätten aber ohnehin von den späteren Vollstreckungsmaßnahmen Kenntnis bekommen. Außerdem fehle es an einer konkreten Berechnung, welcher Schaden durch die Beendigung der beiden Belieferungsverträge eingetreten sei.
Auch diese Beurteilung des Berufungsgerichts, auf die die Revision ebenfalls nicht eingeht, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Anwendung kauf- bzw. mietrechtlicher Bestimmungen durch das Berufungsgericht begegnet rechtlichen Bedenken, da es sich vorliegend um einen urheberrechtlichen Nutzungsvertrag eigener Art handelt. Bei einer Bestellung wäre ein Werkvertrag anzunehmen (BGH GRUR 1966, 390, 391 - Werbefilm), bei einem reinen Verleih mit Auswertungspflicht wäre hingegen auf eine entsprechende Anwendung des Verlagsrechts zurückzugreifen (vgl. BGHZ 2, 331, 335 - Filmverwertungsvertrag; BGHZ 27, 90, 96 - Die Privatsekretärin; BGH GRUR 1960, 642, 643 - Drogistenlexikon).
Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob der Anspruch dem Grunde nach besteht. Denn die Anspruchsverneinung wird auch durch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Schadens getragen. Die Beklagte hat vorgebracht, der Film habe von September 1975 bis August 1976 706.000,00 DM eingespielt. Es habe jedoch nur die Hälfte der Kopien eingesetzt werden können, da 10 Kopien unbrauchbar gewesen seien. Die Beklagte hat Beweis durch Sachverständigengutachten angetreten, daß sie bei Einsatz aller zugesagten Kopien weitere 706.000,00 DM eingenommen hätte. Ihr sei mithin ein Schaden in Höhe ihres Anteils am entgangenen Gewinn von 353.000,00 DM entstanden. Dieses Vorbringen reicht - worauf das Berufungsgericht die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - zur Substantiierung nicht aus. Denn die Beklagte hat nicht einmal dargetan, daß sie alle brauchbaren Kopien eingesetzt hatte. Sie hat vielmehr auf den Einwand der Klägerin eingeräumt, Ersatzkopien zurückbehalten zu haben. Daß diese Handhabung für Fälle der Beschlagnahme mit ihr vereinbart worden sei, hat die Klägerin bestritten. Es fehlen zudem jegliche Angaben darüber, welche Filmtheaterbesitzer - und für welchen Zeitraum - mit Kopien hätten beliefert werden können. Das Sachverständigengutachten ist deshalb kein ausreichendes Beweismittel dafür, daß ein Einsatz aller 20 Filmkopien möglich gewesen wäre.
IV.
Da das Berufungsgericht nach alledem im Ergebnis zu Recht Schadensersatzansprüche der Beklagten verneint hat, ist auch die Widerklage, mit der ein Teil dieser Ansprüche geltend gemacht wird, unbegründet.
V.
Da das Berufungsurteil im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen läßt, war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Merkel,
Zülch,
Erdmann,
Teplitzky