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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 19.09.1979, Az.: IV ARZ 61/79

Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für die Berufung gegen ein amtsgerichtliches Schlussurteil in einem Kindschaftsprozess; Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft; Anspruch auf Leistung des Regelunterhalts; Gerichtliche Zuständigkeit für die Berufung gegen die Feststellung einer Vaterschaft oder die Entscheidung über die Zahlung eines Regelunterhalts

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
19.09.1979
Aktenzeichen
IV ARZ 61/79
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1979, 12529
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Stuttgart
LG Stuttgart
AG Backnang

Fundstellen

  • MDR 1980, 215 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1980, 292-293 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Kind Tanja F. geboren am ... 1968, M.straße ..., A.,
gesetzlich vertreten durch das Kreisjugendamt R.-Kreis B.

Prozessgegner

Maschinist Heinz S. T. Straße ..., A.

Amtlicher Leitsatz

Hat das Amtsgericht in einem Kindschaftsprozeß durch Teilurteil die Vaterschaft festgestellt und nach dessen Rechtskraft durch Schlußurteil über den Anspruch auf Leistung des Regelunterhalts sowie einen bezifferten Unterhaltsanspruch und die Kosten des Verfahrens entschieden, so ist für die Berufung gegen dieses Urteil das Oberlandesgericht zuständig (Ergänzung zu den Senatsentscheidungen LM NEhelG Nr. 5 und LM GVG § 119 Nr. 6).

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
am 19. September 1979
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Grell und
die Richter Rottmüller, Dr. Hoegen, Dr. Seidl und Dr. Blumenröhr
beschlossen:

Tenor:

Zuständig für das Berufungsverfahren ist das Oberlandesgericht Stuttgart.

Gründe

1

1.

Die Klägerin erhob gegen den Beklagten Klage auf Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft sowie auf Zahlung des Regelunterhalts vom 30. Juli 1970 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und einer bezifferten monatlichen Unterhaltsrente für die Zeit vom Tage ihrer Geburt bis zum 29. Juli 1970. Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung stellte sie nur den Feststellungsantrag und erklärte, daß sie den angekündigten Antrag im übrigen bis zur Rechtskraft der begehrten Feststellung zurückstelle. Diese Feststellung traf das Amtsgericht durch Teilurteil vom 17. Oktober 1977. Nach dessen Rechtskraft beraumte das Amtsgericht von Amts wegen Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung an, in welchem die Klägerin den zurückgestellten Klageantrag stellte. Mit Schlußurteil vom 13. Februar 1978 hat es den Beklagten zur Zahlung des Regelunterhalts ab 30. Januar 1972 verurteilt, die Klage im übrigen wegen Verjährung abgewiesen und über die Kosten des gesamten Rechtsstreits entschieden. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin sowohl beim Oberlandesgericht als auch beim Landgericht Berufung eingelegt.

2

Beide Gerichte haben die Rechtsmittel durch Urteil als unzulässig verworfen, weil jeweils das andere Gericht zur Entscheidung berufen sei.

3

2.

Als zuständiges Gericht ist das Oberlandesgericht zu bestimmen, da es gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVGüber die Berufung der Klägerin gegen das amtsgerichtliche Schlußurteil zu entscheiden hat.

4

Wird mit der Klage auf Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft der Antrag auf Verurteilung zur Zahlung des Regelunterhalts verbunden (§ 643 Abs. 1 ZPO), so ist für die darüber ergehende amtsgerichtliche Entscheidung gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG das Oberlandesgericht ohne Rücksicht darauf als Berufungsgericht zuständig, ob sich das Rechtsmittel (auch) gegen die Feststellung der Vaterschaft richtet oder sich auf die Entscheidung über den Antrag auf Zahlung des Regelunterhalts beschränkt (BGH FamRZ 1971, 637 = NJW 1972, 111). Ebenso hat der Senat wiederholt entschieden, daß das Oberlandesgericht auch dann als Berufungsgericht zuständig ist, wenn und soweit das amtsgerichtliche Verfahren neben der Klage auf Feststellung der Abstammung und dem Antrag auf Zahlung des Regelunterhalts unter Außerachtlassung von § 640 c ZPO auch einen Antrag auf Leistung eines bestimmten Unterhaltsbetrages (für die Zeit vor Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes) zum Gegenstand hatte (vgl. BGH LM NEhelG Nr. 5 = FamRZ 1973, 261 = NJW 1973, 849; FamRZ 1973, 450 = NJW 1973, 1367 und LM GVG § 119 Nr. 6 = FamRZ 1974, 249 = NJW 1974, 751). Das gilt selbst dann, wenn der Beklagte im Verlaufe des Verfahrens die Vaterschaft anerkannt und das Amtsgericht nur noch über die Ansprüche auf Zahlung des Regelunterhalts und des bezifferten Unterhaltsbetrages sowie über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden hatte, weil auch dieses - anhängig gebliebene - Verfahren weiterhin eine Kindschaftssache darstellte (BGH LM GVG § 119 Nr. 6). In gleicher Weise ist auch das vorliegende Verfahren zu beurteilen, das mit dem amtsgerichtlichen Schlußurteil seinen Abschluß fand.

5

In ihrer Klageschrift hat die Klägerin mit der Klage auf Feststellung der Abstammung wirksam den Antrag auf Leistung des Regelunterhalts verbunden (§ 643 Abs. 1 ZPO). Dadurch wurde das Verfahren über den Antrag Teil des Kindschaftsprozesses. Diese Eigenschaft verlor es entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts nicht dadurch, daß die Klägerin bis zur Entscheidung über den Feststellungsanspruch davon absah, über den Leistungsantrag zu verhandeln. Hierdurch trat weder eine Auflösung der Verbindung noch sonst eine Verselbständigung des Verfahrens über den zurückgestellten Antrag ein. Dieser blieb vielmehr im Rahmen des einheitlichen Verfahrens rechtshängig.

6

Des weiteren wird die Beurteilung des Verfahrens als Kindschaftssache auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Vaterschaft durch das amtsgerichtliche Teilurteil seine Erledigung fand. Nach diesem Urteil war weiterhin über den nach § 643 Abs. 1 ZPO anhängig gemachten und damit zu einem Teil des Kindschaftsprozesses gewordenen Antrag auf Leistung des Regelunterhalts sowie über die gesamten Verfahrenskosten, einschließlich derjenigen aus dem erledigten Verfahrensteil zu entscheiden. In diesen Umständen hat der Senat bereits in dem erwähnten, der Entscheidung LM GVG § 119 Nr. 6 zugrunde liegenden Fall, in dem es infolge des Vaterschaftsanerkenntnisses gleichfalls zu einer Erledigung des Feststellungsanspruchs gekommen war, eine Rechtfertigung dafür erblickt, das rechtshängig bleibende weitere Verfahren als Kindschaftssache anzusehen und die dieses Verfahren abschließende Entscheidung als eine solche nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG zu behandeln. Dadurch, daß in diesem Urteil unter Nichtbeachtung von § 640 c ZPO außerdem noch über den bezifferten Unterhaltsanspruch entschieden wurde, änderte sich dieser Charakter des Urteils nicht. Damit ist das Oberlandesgericht zur Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Klägerin gegen diese Entscheidung berufen.

Dr. Grell
Blumenröhr