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Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.03.1979, Az.: IV ZR 36/78

Voraussetzungen für das Bestehen eines Anspruchs auf Unterhalt; Berücksichtigung des Trennungsverschuldens bei der Unterhaltsgewährung; Ersetzung des Verschuldensprinzips durch das Zerrüttungsprinzip

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
07.03.1979
Aktenzeichen
IV ZR 36/78
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1979, 12513
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Hamm - 12.01.1978
AG Recklinghausen

Fundstellen

  • MDR 1979, 651 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1979, 1348-1350 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Bergmann Walter R., wohnhaft Hotel R., S.straße ..., H.-W.

Prozessgegner

Ehefrau Monika R. geb. W., wohnhaft S.straße ..., H.-W.

Amtlicher Leitsatz

Zum Unterhaltsanspruch des getrennt lebenden Ehegatten.

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 1979
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Grell und
die Richter Knüfer, Dehner, Dr. Seidl und Dr. Blumenröhr
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. Januar 1978 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien haben am 28. Januar 1977 geheiratet. Seit dem 14. Juli 1977, als der Beklagte aus der Ehewohnung auszog, leben sie voneinander getrennt. Über die Gründe der Trennung besteht Streit.

2

Die Klägerin, die vier Kinder im Alter zwischen 7 und 16 Jahren aus früheren Ehen zu betreuen hat und deshalb nicht erwerbstätig ist, hat den Beklagten, der als Bergmann monatlich ca. 1.600,- DM netto verdient, auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 500,- DM in Anspruch genommen. Familiengericht und Oberlandesgericht haben nach den Anträgen der Klägerin erkannt. Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat keinen Erfolg.

4

1.

Das Oberlandesgericht hat der Klägerin einen Unterhaltsanspruch zugesprochen, ohne der Frage nachzugehen, welche Gründe zur Trennung der Parteien geführt haben und wem sie zuzurechnen sind.

5

Dies wird von der Revision beanstandet. Daß der unterhaltsbedürftige Ehegatte ohne Rücksicht auf die Gründe der Trennung von dem anderen den angemessenen Unterhalt verlangen könne und damit also auch ein den Partner grundlos verlassender Ehegatte nach § 1361 BGB Unterhaltsansprüche haben solle, könne nicht nur äußerst ungerecht sein, sondern auch gegen Art. 6 GG verstoßen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift mache eine Berücksichtigung des Trennungsverschuldens und eine Aufklärung der Gründe notwendig, die zur Trennung der Parteien geführt hätten.

6

Diese Rüge greift nicht durch.

7

a)

Die Entscheidung des Berufungsgerichts, daß beim Getrenntleben der Ehegatten der unterhaltsbedürftige Partner von dem anderen grundsätzlich den angemessenen Unterhalt verlangen könne, ohne daß es dabei auf die Gründe der Trennung ankomme, entspricht der Neufassung, welche die Vorschrift des § 1361 Abs. 1 BGB durch das 1. EheRG erhalten hat. Nach ihr richtet sich der Unterhaltsanspruch tatbestandsmäßig allein nach den Lebens-, Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten. Die Kriterien der Trennungsgründe und damit des Trennungsverschuldens, die nach § 1361 Abs. 1 BGB a.F. im Rahmen der dort vorgesehenen Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen waren, gehören damit nicht mehr zu den tatbestandlichen Merkmalen des Anspruchs. Die von der Revision gegen diese Änderung der gesetzlichen Regelung aus dem Gesichtspunkt des Art. 6 Abs. 1 GG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Vor allem vermag er in der Neufassung keinen Verstoß gegen die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Grundsatznorm zu erblicken, welche die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt und mit der eine Gesetzgebung und Gesetzesanwendung unvereinbar sind, die den Bestand der Ehe zu beeinträchtigen und den Auflösungsprozeß einer nicht mehr intakten Ehe zu beschleunigen geeignet sind (vgl. BVerfGE 6, 55, 71 f. [BVerfG 17.01.1957 - 1 BvL 4/54];  22, 93, 98;  28, 104, 112).

8

aa)

Die von der Revision erhobenen Bedenken sind offensichtlich von der Annahme getragen, daß die fragliche Vorschrift deshalb, weil sie nicht mehr auf das Trennungsverschulden abstelle, ehewidriges Verhalten der Ehegatten fördere und dadurch grundsätzlich geeignet sei, die Auflösung bestehender Ehen herbeizuführen oder zu erleichtern. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß eine solche Wirkung von vornherein nur für denjenigen Ehegatten in Betracht kommt, der im Falle des Getrenntlebens unterhaltsbedürftig und auf die Leistungen des Partners, der die Lebensgemeinschaft aufrecht erhalten will, angewiesen ist. Nur er würde nämlich im Falle der Berücksichtigung des Trennungsverschuldens Gefahr laufen, durch ehewidriges, zur Trennung führendes Verhalten seinen Unterhaltsanspruch zu verlieren. Dagegen ist für den die Trennung erwägenden Ehegatten, der im Falle der Trennung ohnehin allein als Unterhaltspflichtiger in Betracht käme, also etwa den allein erwerbstätigen Ehemann, die Frage, ob sein schuldhaftes Verhalten zu berücksichtigen wäre, bedeutungslos, weil sich dadurch an seiner wirtschaftlichen Lage nichts ändern würde. Schon dieser Umstand steht der Annahme entgegen, daß die Neuregelung generell das Ausbrechen aus der Ehe begünstige und damit den Bestand der Ehe beeinträchtige.

9

Darüber hinaus kann auch für die vorgenannten Fälle, in denen die Unterhaltsregelung überhaupt Einfluß auf das Trennungsverhalten eines Ehegatten haben kann, nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß die gesetzliche Neufassung deswegen, weil sie möglicherweise den Entschluß eines Ehegatten zum Getrenntleben erleichtert, auch die endgültige Auflösung der jeweiligen Ehe fördere. Aus der Tatsache der Trennung kann für sich allein noch nicht von vornherein geschlossen werden, daß die Ehe bereits gescheitert ist oder mit Sicherheit scheitern wird. Für den regelmäßigen Anwendungsbereich der fraglichen Unterhaltsvorschrift gilt vielmehr, daß sich die jeweilige Ehe in einem Stadium befindet, in dem es einerseits bereits zu Zerwürfnissen zwischen den Ehegatten gekommen ist und die Ehe sich in einer Krise befindet, andererseits aber noch offen ist, ob die Schwierigkeiten überwunden werden können und die weitere Entwicklung zur Heilung oder zum endgültigen Scheitern der Ehe führt. Für diese Situation ergibt sich daraus, daß die Neuregelung das Trennungsverschulden als Tatbestandsmerkmal aufgegeben hat, keine negative Auswirkung auf den Bestand der Ehe. Im Gegenteil kann gerade die nähere Erforschung der Trennungsursachen und des Verschuldens dazu verleiten, zur Begründung oder Abwehr des Unterhaltsanspruchs Vorwürfe gegen den anderen Ehegatten zu erheben. Die hierdurch häufig verstärkte beiderseitige Verbitterung und Verhärtung der entgegengesetzten Standpunkte können die Aussichten einer Heilung der Ehe erheblich vermindern und das endgültige Scheitern der Ehe fördern (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 7/650 S. 100 sowie den dort wiedergegebenen Vorschlag der Eherechtskommission zur Umgestaltung des § 1361 BGB a.F.). Auch hieraus ergibt sich, daß die Neuregelung weder darauf angelegt noch geeignet ist, allgemein den Bestand der Ehe zu beeinträchtigen oder auch nur die Auflösung gefährdeter Ehen zu begünstigen.

10

bb)

Keine Bedenken gegen die Neuregelung des Unterhaltsrechts bei Getrenntleben ergeben sich auch aus dem Verfassungsgrundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Zwar hat das 1. EheRG mit dem Verschuldensprinzip auch das in § 1361 Abs. 1 BGB a.F. vorgesehene Tatbestandsmerkmal der Billigkeit beseitigt. Dafür enthält § 1361 BGB n.F. jedoch in Abs. 3 mit der Verweisung auf die entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 1579 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BGB eine Härteregelung, die es ermöglicht, den Unterhaltsanspruch aus Gründen grober Unbilligkeit herabzusetzen oder zu versagen und damit ein gerechtes Ergebnis im Einzelfall zu erreichen.

11

b)

Mit dieser Regelung hat das Gesetz auch die Möglichkeit geschaffen, unter gewissen, noch zu erörternden Umständen ein Fehlverhalten des Unterhaltsgläubigers im Zusammenhang mit der Herbeiführung der Trennung bei der Entscheidung über den Unterhaltsanspruch zu berücksichtigen. Das gilt einmal für den in § 1579 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausdrücklich aufgeführten Fall, daß das fragliche Fehlverhalten in einem Verbrechen oder schweren vorsätzlichen Vergehen gegen den Verpflichteten oder dessen nahe Angehörige besteht. Daneben kommt eine solche Berücksichtigung aber auch nach der Regelung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten deshalb grob unbillig wäre, weil "ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nr. 1 bis 3 aufgeführten Gründe." Zwar ergeben die Verhandlungen des Gesetzgebungsverfahrens, daß im Rahmen dieser Vorschrift nicht das Schuldprinzip in der unterhaltsrechtlichen Auseinandersetzung wieder aufleben sollte; andererseits bestand jedoch Einigkeit, daß mit der Härteklausel die Unbilligkeiten abgewendet werden sollen, die sich aus dem Verzicht auf das Schuldprinzip ergeben können (Zweiter Bericht des Bundestags-Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/4361 S. 15 und 32). Sowohl hieraus wie aus dem Sinnzusammenhang der Vorschrift ergibt sich, daß zu den anderen, ebenso schwerwiegenden Gründen auch mit der Trennung zusammenhängende Umstände und Vorkommnisse gehören können, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte zu verantworten hat. Demgemäß ist davon auszugehen, daß sich die Generalklausel der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB der Berücksichtigung des ehelichen Fehlverhaltens eines Ehegatten, das zur Trennung geführt hat oder ihr sonst zugrunde liegt, nicht grundsätzlich verschließt. Daß es sich bei den Gründen um solche aus dem wirtschaftlichen Bereich der Ehe handeln müßte und das Fehlverhalten daher nur beachtlich wäre, wenn es wirtschaftlich nachteilige Folgen hätte, läßt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Vielmehr ist es im Hinblick auf das Anliegen der gesetzlichen Regelung, Ergebnisse zu vermeiden, die der allgemeinen Gerechtigkeit zuwiderlaufen, nicht zu rechtfertigen, Gründe, die eine Inanspruchnahme grob unbillig machen können, wegen ihrer Zugehörigkeit zum innerehelichen Bereich als unbeachtlich anzusehen und deshalb persönliche Eheverfehlungen eines Ehegatten von vornherein auszuschließen. Allerdings ergibt sich sowohl aus der in § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB enthaltenen Bezugnahme auf die, Schwere der in Nr. 1 bis 3 aufgeführten Gründe als auch aus dem Merkmal der groben Unbilligkeit, das durch die Inanspruchnahme erfüllt sein muß, eine erhebliche Einschränkung für ihre Berücksichtigungsfähigkeit. Diese Einschränkung läßt nur ein schwerwiegendes und auch klar bei einem der Ehegatten liegendes, evidentes Fehlverhalten als geeignet erscheinen, die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB zu erfüllen (ebenso Bastian in Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch, 1. EheRG § 1579 Rdn. 14 f.; Bosch, FamRZ 1977, 569, 577 f.; Dieckmann, FamRZ 1977, 81, 105 sowie 161, 172 N. 221; Diederichsen in NJW 1977, 353, 357 f. sowie in Palandt/Diederichsen, BGB 38. Aufl. § 1579 Anm. 2 d; Erman/Ronke, BGB 6. Aufl. Nachtrag 1977 § 1579 Rdn. 9; Hillermeier, FamRZ 1976, 577, 579; MünchKomm-Richter, § 1579 Rdn. 13 ff.; Rolland, 1. EheRG § 1579 Rdn. 22; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts Rdn. 386; Vogel, FamRZ 1976, 481, 484; vgl. ferner Scheid, FamRZ 1978, 651; OLG Hamburg FamRZ 1978, 118 f.; KG FamRZ 1978, 685 f. und OLG München FamRZ 1979, 34 f.).

12

c)

Ein derartiges Gewicht kommt dem Verhalten, das der Beklagte im vorliegenden Fall der Klägerin vorgeworfen und auf ihr Bestreiten hin unter Beweis gestellt hat, nicht zu. So enthält seine Klageerwiderungsschrift insoweit lediglich das Vorbringen, daß es, nachdem er sich am 14. Juli 1977 von der Klägerin getrennt habe, am 29. Juli 1977 zu einer Aussprache gekommen sei. Der hierbei unternommene Versöhnungsversuch sei jedoch fehlgeschlagen, weil die Klägerin ihn, "wie schon oftmals zuvor", mit Schimpfworten und Formalbeleidigungen belegt habe. Hiernach bleibt offen, aus welchem konkreten Grunde sich der Beklagte am 14. Juli 1977 von der Klägerin getrennt hat und ob das angebliche Verhalten der Klägerin vom 29. Juli 1977 nicht die Reaktion auf den vorausgegangenen Auszug des Beklagten gewesen ist. Aber auch wenn dem Weggang des Beklagten eine vergleichbare Situation vorausgegangen wäre, könnte insoweit von einem besonders schwerwiegenden und eindeutig einseitigen Trennungsverschulden der Klägerin keine Rede sein. Ob die Beurteilung des Verhaltens der Klägerin anders ausfallen würde, wenn auch das weitere Vorbringen des Beklagten in der Klageerwiderung zuträfe, daß die Klägerin mit Hilfe des ihr bei der Eheschliessung übergebenen Sparbuchs ohne sein Wissen ein Bankguthaben von über 6.000,- DM abgehoben und für sich oder "dritte Zwecke" verwendet habe, braucht nicht geprüft zu werden. Zu diesem Vorbringen, das die Klägerin im Schriftsatz vom 16. August 1977 mit eingehenden und detaillierten Ausführungen bestritten hat, hat der Beklagte weder im ersten Rechtszug irgendeinen Beweis angetreten noch hat er es im Berufungsverfahren weiterverfolgt.

13

Unter diesen Umständen erübrigte sich für das Berufungsgericht sowohl eine Beweisaufnahme über das Vorbringen des Beklagten als auch ein Hinweis nach § 139 ZPO. Ebensowenig bestand Veranlassung, die Gründe der Trennung im Urteil zu erörtern.

14

2.

Entgegen der Ansicht der Revision kann auch darin kein Rechtsfehler erblickt werden, daß das Berufungsgericht in der kurzen Dauer der Ehe keinen Umstand gesehen hat, der die Härteklausel des § 1361 Abs. 3 BGB erfüllt. In dieser Vorschrift wird § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB, der die kurze Dauer der Ehe für den Unterhalt nach der Scheidung ausdrücklich als Ausschlußgrund vorsieht, nicht für entsprechend anwendbar erklärt. Wenn auch die Verhandlungen des Gesetzgebungsverfahrens hierzu keinen Aufschluß enthalten, so ist daraus doch zu schließen, daß sich für das Getrenntleben allein aus der Kürze der Ehe keine Rechtfertigung für den Ausschluß des Unterhaltsanspruchs ergeben soll (ebenso OLG Bremen NJW 1978, 1864 [OLG Bremen 08.05.1978 - UF 23/78]; Erman/Heckelmann, a.a.O. § 1361 Rdn. 10; Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts 4. Aufl. S. 62; Rolland, a.a.O. § 1361 Rdn. 15; vgl. auch Ambrock, a.a.O. § 1361 Anm. III; Dieckmann, a.a.O. S. 172; MünchKomm-Wacke § 1361 Rdn. 19). Der abweichenden Ansicht von Diederichsen (Palandt/Diederichsen, a.a.O. § 1361 Anm. 3 a), daß die Kürze der Ehe trotz der fehlenden Verweisung auf § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch im Rahmen von § 1361 Abs. 3 BGB Beachtung finden und wenigstens eine Einschränkung des Unterhaltsanspruchs bewirken müsse, kann der Senat nicht zustimmen. Er erachtet insbesondere die angeführte Begründung, daß in § 1361 Abs. 3 BGB schon rein begrifflich nicht auf die kurze Ehedauer habe Bezug genommen werden können, weil es um den Unterhalt im Rahmen einer noch bestehenden Ehe gehe, nicht für durchgreifend. Das fragliche Merkmal der kurzen Dauer der Ehe setzt begrifflich nicht voraus, daß die Ehe bereits beendet ist. Vielmehr wäre es an sich auch bei noch fortbestehender Ehe geeignet, als Kriterium und Anknüpfung für eine Billigkeitsregelung zu dienen. In dieser Funktion hat es etwa auch in der früheren Fassung des § 1361 Abs. 2 BGB Verwendung gefunden, der bestimmte Rechtsfolgen für die Ehefrau vorsah, wenn die Inanspruchnahme des Mannes mit Rücksicht auf die kurze Dauer der Ehe grob unbillig war. § 1361 BGB führt die Dauer der Ehe ausdrücklich als Merkmal der Regelung des Abs. 2 auf und gibt damit zu erkennen, daß sie nur dort und nicht im Rahmen von Abs. 3 berücksichtigt werden soll.

15

3.

Schließlich ist der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts auch insoweit zuzustimmen, als es angenommen hat, daß die Klägerin wegen der Pflege und Erziehung ihrer vier minderjährigen und größtenteils noch schulpflichtigen Kinder nach § 1361 Abs. 2 BGB nicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann. Daß es sich nicht um gemeinschaftliche Kinder der Parteien handelt, ist dabei nicht erheblich. Diesem Umstand kommt im Rahmen von § 1361 BGB nur bei der Anwendung von Abs. 3 Bedeutung zu, wo die Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder in entsprechender Anwendung von § 1579 Abs. 2 BGB dazu führen, daß die Härteregelung des § 1579 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BGB ausgeschaltet wird. Die dortige Voraussetzung kann insoweit nicht - auch nicht unter Heranziehung von § 1570 BGB - auf die Bedürftigkeitsprüfung nach Abs. 1 und 2 der Vorschrift übertragen werden. Dort kommt es für die Pflicht des unterhaltsberechtigten Ehegatten, eine Erwerbstätigkeit zu übernehmen, u.a. auf seine persönlichen Verhältnisse an. Hierzu ist - wie jeder andere, allein in der Person dieses Ehegatten begründete Umstand, der eine Erwerbstätigkeit unzumutbar macht - auch die Inanspruchnahme durch die eigenen Kinder zu rechnen (ebenso OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 118; Palandt/Diederichsen, a.a.O. § 1361 Anm. 2 bb; Köhler, a.a.O. S. 59).

Dr. Grell
Knüfer
Dehner
Dr. Seidl
Blumenröhr