Bundesgerichtshof
Urt. v. 01.08.1978, Az.: 5 StR 302/78
Nichtkenntnis der Strafverfolgungsbehörden von Straftaten des Täters Voraussetzung für Tötung mit Verdeckungsabsicht
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 01.08.1978
- Aktenzeichen
- 5 StR 302/78
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1978, 12438
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Flensburg - 21.12.1977
Verfahrensgegenstand
Versuchter Mord
Prozessführer
Kraftfahrer Heinz-Otto Pa., ohne festen Wohnsitz, geboren am ... März 1949 in H., zur Zeit in Untersuchungshaft
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
in der Sitzung vom 1. August 1978,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Herrmann,
die Richter am Bundesgerichtshof Fleischmann, Schuster, Dr. Fuhrmann, Horstkotte als
beisitzende Richter,
Bundesanwalt ... als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin ... aus ... als Verteidigerin,
Justizangestellte ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Schwurgerichts in Flensburg vom 21. Dezember 1977 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird an das Schwurgericht in Kiel zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat.
Gründe
Das Schwurgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes verurteilt. Die Revision dringt mit der Sachrüge durch.
Das Schwurgericht nimmt Verdeckungsabsicht an. Es geht davon aus, daß die früheren Straftaten des Angeklagten zur Tatzeit von den Ermittlungsbehörden-jedenfalls zum größten Teil- bereits entdeckt waren and daß der Angeklagte das wußte. Es meint aber, auch derjenige handele zur Verdeckung einer Straftat, der verhindern will, daß er wegen einer den Ermittlungsbehörden bereits bekannten Tat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird, und der insbesondere seine Verhaftung wegen der Straftat verhindern will (UA S. 36). Mit Recht rügt die Revision, daß das Schwurgericht sich mit dieser Ansicht in Gegensatz zu der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gesetzt hat (BGHSt 15, 291, 295; BGH LM § 211 Nr. 30; GA 1958, 109; Urteil vom 27. April 1978 - 4 StR 143/78 -, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt - DRiZ 1978, 216 -). Danach tötet in Verdeckungsabsicht auch, wer damit die Aufdeckung seiner Täterschaft unterbinden will. Das setzt aber voraus, daß diese nach seiner Vorstellung den Strafverfolgungsbehörden bisher nicht bekannt ist. Wer mit der Tötungshandlung nur seine Festnahme verhindern will, deckt weder Tat noch Täterschaft zu. Dieser Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Der neue Tatrichter wird aber zu prüfen haben, ob der Angeklagte bei seiner Tat nicht aus niedrigen Beweggründen gehandelt hat. Der Senat kann den Schuldspruch nicht von sich aus ändern, weil die Annahme niedriger Beweggründe nach den Gesamtumständen der Tat zu beurteilen ist (BGH GA 1974, 370). Diese Beurteilung muß dem Tatrichter vorbehalten bleiben.
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revision des Angeklagten zu verwerfen.
Fleischmann
Schuster
Fuhrmann
Horstkotte