Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 21.06.1978, Az.: VIII ZR 155/77

Eintritt eines neuen Mieters in einen Mietvertrag; Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag; Mangelhaftigkeit einer Heizung bei Zustandekommen eines Mietvertrages; Zustimmung des Vermieters zu einer Vereinbarung zwischen dem Mieter und einem Dritten über dessen Eintritt in den Mietvertrag; Abschluss eines neuen Vertrages unter Aufhebung des alten Vertrages durch Vertragseintritt; Fortsetzung eines alten Vertrages durch Vertragseintritt; Eine Heizungsanlage als Teil einer Mietsache

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
21.06.1978
Aktenzeichen
VIII ZR 155/77
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1978, 13064
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 02.05.1977
LG München I - 18.10.1974

Fundstellen

  • DB 1978, 1690 (Volltext mit amtl. LS)
  • JZ 1978, 568-569
  • MDR 1979, 50-51 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1978, 2504-2505 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuM 1978, 171-172 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Georg S., L. Straße ... in O.

Hermine W., B.straße ... in D.

Prozessgegner

Leonore S., M. Straße ... in O.

Amtlicher Leitsatz

Tritt ein Dritter durch Vereinbarung mit dem Mieter in den von diesem abgeschlossenen Mietvertrag ein und stimmt der Vermieter dem Eintritt zu, so hat der Mietvertrag mit dem Dritten grundsätzlich denselben Inhalt wie der Vertrag mit dem Vormieter.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juni 1978
durch
den Vorsitzenden Richter Braxmaier und
die Richter Claßen, Dr. Hiddemann, Treier und Dr. Brunotte
für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Anschlußrevision der Klägerin wird auf die Revisionen des Beklagten und der Nebenintervenientin das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. Mai 1977 geändert:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 18. Oktober 1974 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.

Tatbestand

1

Der Beklagte ist Eigentümer des Anwesens O., M. Straße .... Im Jahre 1962 vermietete er der Nebenintervenientin Räume seines Anwesens zum Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäftes. Die Räume wurden mit Öfen beheizt, welche die Mieterin zu stellen hatte. Die Nebenintervenientin stellte zwei Ölöfen auf und verband sie durch eine Ölleitung mit dem Öltank, aus dem das Öl durch eine Pumpe zu den Öfen befördert wurde.

2

Am 1. April 1971 schlossen der Beklagte und die Nebenintervenientin einen neuen Mietvertrag für 10 Jahre. Die Klägerin vereinbarte am 4. April 1971 mit der Nebenintervenientin den Erwerb deren Textilgeschäfts und ihren Eintritt in den Mietvertrag vom 1. April 1971. Der Beklagte stimmte dieser Vereinbarung zu.

3

Anfang 1974 trat aus der Ölleitung Öl aus. Dabei wurden der Klägerin gehörige Textilien beschädigt. Da der Beklagte der Aufforderung der Klägerin zur Beseitigung des an den Mieträumen entstandenen Schadens nicht nachkam, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 22. Juli 1974 den Mietvertrag zum 30. September 1974 und zog zu diesem Zeitpunkt aus.

4

Mit der Klage macht die Klägerin den Schaden an den Textilien und ihre Aufwendungen zur Schadensminderung geltend. Sie verlangt hierfür 36.841,79 DM. Weiter begehrt sie die Feststellung, daß der Beklagte ihr allen weiteren Schaden zu ersetzen habe, insbesondere den Schaden, der in Verbindung mit der frühzeitigen Aufgabe der Geschäftsräume entstanden sei.

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den bezifferten Schadensersatzanspruch in Höhe der Hälfte des tatsächlich entstandenen Schadens dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, daß die Schadensersatzansprüche der Klägerin, soweit sie durch die frühzeitige Räumung der Geschäftsräume entstandenen Schaden betreffen, dem Grunde nach gerechtfertigt sind.

6

Mit ihren Revisionen, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehren der Beklagte und die Nebenintervenientin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts. Mit der Anschlußrevision, um deren Zurückweisung die Beklagte und die Nebenintervenientin bitten, wendet sich die Klägerin dagegen, daß ihr bezifferter Schadensersatzanspruch nur zur Hälfte dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden ist.

Entscheidungsgründe

7

1.

Das Berufungsgericht meint, durch den mit Zustimmung des Beklagten vorgenommenen Eintritt der Klägerin in den zwischen dem Beklagten und der Nebenintervenientin bestehenden Mietvertrag sei die Klägerin Mieterin der Gewerberäume geworden. Das auf diese Weise begründete Mietverhältnis habe sich im Gegensatz zu dem Mietvertrag zwischen dem Beklagten und der Nebenintervenientin auf die Heizung erstreckt. Als Vermieter habe der Beklagte für den durch den Austritt des Öles verursachten Schaden einzustehen. Dieser sei nämlich darauf zurückzuführen, daß die Heizung bereits bei Zustandekommen des Mietvertrages mangelhaft gewesen sei, weil die Ölleitung locker verlegt gewesen sei. Dadurch hätten sich im Laufe der Zeit bei Betätigung des über der Ölpumpe angebrachten Absperrventils die Verschraubungen des Ventils gelöst mit der Folge, daß dort das Öl ausgetreten sei. Der Beklagte brauche aber wegen mitwirkenden Verschuldens der Klägerin nur die Hälfte des mit dem Leistungsantrag geltend gemachten Schadens zu ersetzen. Den Schaden, der auf die frühzeitige Räumung zurückzuführen sei, habe der Beklagte aus positiver Vertragsverletzung zu erstatten.

8

Insoweit komme mitwirkendes Verschulden der Klägerin nicht in Betracht.

9

2.

Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

10

a)

Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei Mieterin der Räume im Anwesen der Beklagten geworden. In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird nämlich allgemein anerkannt, daß die Zustimmung des Vermieters zu einer Vereinbarung zwischen dem Mieter und einem Dritten über dessen Eintritt in den Mietvertrag bewirkt, daß ein Mietvertrag zwischen dem Vermieter und dem Dritten zustande kommt (vgl. das Senatsurteil vom 24. September 1959 - VIII ZR 112/58 = LM BGB § 535 Nr. 21 a = BB 1959, 1259 = Betrieb 1959, 1250; BGH Urteil vom 7. November 1962 - V ZR 120/60 = WM 1963, 217; Senatsurteil vom 12. April 1967 - VIII ZR 122/66 = WM 1967, 796; Gelhaar in BGB-RGRK 12. Aufl., vor § 535 Rdn. 179).

11

b)

Mit Erfolg rügt die Revision aber, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der Mietvertrag zwischen dem Beklagten und der Klägerin habe bezüglich der Heizungsanlage einen anderen Inhalt als der Mietvertrag zwischen dem Beklagten und der Nebenintervenientin.

12

aa)

Das Berufungsgericht stellt fest, der Beklagte habe der Nebenintervenientin im Jahre 1962 die Räume ohne Heizung vermietet. Nach dem Mietvertrag vom 1. April 1971 sei die inzwischen von der Nebenintervenientin angebrachte Heizung nicht Teil der Mietsache geworden. Sie sei aber der Klägerin bei deren Eintritt in den Mietvertrag mit vermietet worden. Das ergebe die Auslegung der Erklärungen der Parteien. Die Klägerin habe den Mietvertrag vom 1. April 1971 dahin verstehen dürfen, daß die Heizung Teil der Mietsache sei. Der Beklagte habe nicht klargestellt, daß die Heizanlage nicht mit vermietet sein solle.

13

bb)

Die Revisionsbeklagte meint, aus den Ausführungen des Berufungsgerichts sei zu entnehmen, daß nach seiner Meinung die Heizung bereits nach dem Mietvertrag vom 1. April 1971 Teil der Mietsache geworden sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Wäre diese Ansicht richtig, hätte das Berufungsgericht seine Auffassung, die Heizung sei der Klägerin mit vermietet worden, nicht mit einer Auslegung der Erklärungen der Parteien zu begründen brauchen, sondern es hätte die Erwägung genügt, es bestände kein Anhalt dafür, daß die Parteien ihren Vertragsbeziehungen einen anderen Inhalt hätten geben wollen als dem erst einige Tage vorher vom Beklagten und der Nebenintervenientin abgeschlossenen Vertrag vom 1. April 1971.

14

cc)

Der Annahme des Berufungsgerichts, die Heizung sei beim Eintritt der Klägerin in den Mietvertrag Teil der Mietsache geworden, kann nicht gefolgt werden.

15

Die im Schrifttum streitige Frage, ob der mit Zustimmung des Vermieters vorgenommene Eintritt eines Dritten in einen Mietvertrag als Abschluß eines neuen Vertrages unter Aufhebung des alten (so das Berufungsgericht) oder als Fortsetzung des alten Vertrages durch den Dritten anzusehen ist (vgl. dazu die Nachweise in dem Senatsurteil vom 24. September 1959 a.a.O.), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn in beiden Fällen hat der Eingetretene grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten wie der Vormieter. Das versteht sich von selbst, wenn man annimmt, der neue Mieter setze das alte Mietverhältnis nur fort. Aber auch bei Annahme eines neuen Mietvertrages gilt nichts anderes. Auch dann hat nämlich die mit dem neuen Mieter zustande gekommene Vereinbarung grundsätzlich denselben Inhalt wie der Vertrag mit dem Vormieter (vgl. das Senatsurteil vom 24. September 1959 a.a.O. und BGH Urteil vom 7. November 1962 a.a.O.). Das schließt nicht aus, daß der Mietnachfolger und der Vermieter im Einzelfall etwas Abweichendes vereinbaren. Beide Vertragspartner müssen sich aber darauf verlassen können, daß der Wille des anderen Teiles, einen Vertrag mit anderem Inhalt abzuschließen, erkennbar ist. Deshalb ist besondere Zurückhaltung mit der Annahme eines von dem ursprünglichen Vertrag abweichenden Vertragsinhaltes geboten, wenn wie hier die Vereinbarung hierüber stillschweigend zustande gekommen sein soll.

16

Hier ist die Klägerin in einen Mietvertrag eingetreten, der erst wenige Tage zuvor neu abgeschlossen worden war und nach dem die bereits vorhandene Heizanlage nicht mitvermietet war. Die Klägerin hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erklärt, sie wolle den Vertrag nicht so übernehmen, wie er von der Vormieterin abgeschlossen worden war. Der Beklagte, dessen Mitwirkung bei Zustandekommen der Vertragsbeziehungen der Parteien nur in der ohne jeden Zusatz erklärten Zustimmung zum Eintritt der Klägerin in den Mietvertrag bestand, hat eine Erklärung, aus der bei objektiver Würdigung entnommen werden könnte, er sei damit einverstanden, daß der Vertrag mit der Klägerin einen anderen Inhalt habe als der mit der Vormieterin abgeschlossene, nicht abgegeben. Da es bei Willenserklärungen nicht auf das ankommt, was die Parteien erklären wollen, sondern auf das, was sie objektiv erklären (vgl. BGHZ 47, 75, 78), ist es unbeachtlich, wenn die Klägerin geglaubt haben sollte, die Heizanlage sei Gegenstand des Mietvertrages. Ob eine solche Vorstellung der Klägerin eine Anfechtung wegen Irrtums gerechtfertigt hätte, kann dahingestellt bleiben, weil die Klägerin eine Irrtumsanfechtung nicht erklärt hat.

17

3.

Da demnach die Heizungsanlage nicht Teil der Mietsache war, stehen der Klägerin weder die aus § 538 BGB hergeleiteten noch die aus positiver Vertragsverletzung geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu. Es bedurfte deshalb keiner Entscheidung, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einem Haftungsausschluß nach § 539 BGB von Rechtsfehlern frei sind und ob nicht jedenfalls ein Schadensersatzanspruch aus § 538 BGB nach § 545 BGB ausgeschlossen wäre (vgl. dazu das Senatsurteil BGHZ 68, 281).

18

4.

Da die Klägerin gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch nach § 538 BGB nicht erworben hat, ist die Anschlußrevision, mit der sie fehlerhafte Anwendung des § 254 BGB rügt, nicht begründet.

19

5.

Demnach war unter Zurückweisung der Anschlußrevision auf die Revisionen des Beklagten und der Nebenintervenientin das Berufungsurteil zu ändern. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts war zurückzuweisen.

20

Nach den §§ 91, 97, 101 ZPO hat die Klägerin die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.

Braxmaier
Claßen
Dr. Hiddemann
Treier
RiBGH Dr. Brunotte ist beurlaubt und deshalb verhindert zu unterschreiben. Braxmaier