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Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.02.1978, Az.: III ZR 31/76

Garantie der Rückzahlung eines kreditierten Gesamtbetrags gegenüber der Finanzierungsbank; Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen arglistiger Täuschung beim Abschluss des Darlehensvertrages ; Arglistige Täuschung über die Ertragslage eines Waschsalons bei den Verkaufsverhandlungen

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
09.02.1978
Aktenzeichen
III ZR 31/76
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1978, 13484
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 28.11.1975

Fundstellen

  • DB 1978, 1026-1028 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1978, 644-645 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1978, 1427-1429 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Günter Mü., zugleich als Erbe seiner am ... 1977 verstorbenen Ehefrau Katharina Mü., früher; An den Kl., Re., jetzt: Ri., He.

Prozessgegner

Firma Rin. KG, We. Straße ..., Mün.,
gesetzlich vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter Anton G. S., Hans G. S. und Bernhard W.

Amtlicher Leitsatz

Die Rechtsprechungsgrundsätze zum sog. Einwendungsdurchgriff beim finanzierten Abzahlungskauf einer beweglichen Sache gelten entsprechend beim finanzierten Teilzahlungskauf eines Waschsalons, wenn der Käufer nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen ist.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 1978
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Nüßgens und
die Richter Dr. Krohn, Dr. Peetz, Lohmann und Boujong
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. November 1975 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Beklagte und seine früher mitverklagte, während des Rechtsstreits verstorbene und von ihm beerbte Ehefrau (künftig: die Beklagten) kauften von der - zwischenzeitlich aufgelösten - Firma L. & Co. einen M.-Selbstbedienungs-Waschsalon zum mündlich vereinbarten Preis von 120.000 DM. In dem schriftlichen Kaufvertrag mit dem Datum vom 20. Dezember 1967 gaben sie den Kaufpreis mit 80.000 DM an. In dieser Höhe wollten die Vertragsparteien den Kaufpreis finanzieren lassen.

2

Für die Verkäuferin handelten deren Kommanditisten und Prokuristen, die Rechtsanwälte Dr. L. und W. W. war damals zugleich Generalbevollmächtigter der Klägerin, die mit einer Finanzierungsbank, der WKV-Teilzahlungsbank GmbH, zusammenarbeitete. Er füllte mit dem Datum vom 1. April 1968 ein ihm von der Teilzahlungsbank übergebenes, aus einem "Bestellschein" und einem "Darlehensantrag" bestehendes Formular aus, das die Beklagten als Antragsteller und die Prokuristen der Verkäuferin als Bürgen "unter ausdrücklicher Anerkennung umstehender Darlehensbedingungen" unterschrieben. Die Beklagten sollten das beantragte Darlehen über 85.000 DM mit den Kreditgebühren (0,5 % je Ratenmonat) in einer ersten Rate von 2.499,50 DM und in 41 weiteren monatlichen Raten von je 2.458 DM zurückzahlen. Unter Beifügung des Firmenstempels unterzeichneten Rechtsanwalt W. und ein weiterer Vertreter der Klägerin, von der die Firma L. & Co. die Einrichtung des Waschsalons gekauft hatte, als "Verkäufer" und "Großhändler" die Erklärung, daß sie der Finanzierungsbank die Rückzahlung des kreditierten Gesamtbetrags "garantierten". Die auf der Rückseite des Formulars gedruckten Darlehensbedingungen enthalten unter Nr. 12 "Allgemeines" folgende, durch Fettdruck hervorgehobene Erklärung:

"Der Antragsteller nimmt ausdrücklich davon Kenntnis, daß irgendwelche zwischen ihm und dem Verkäufer auftretende Differenzen aus dem Kaufvertrag ihn nicht von seiner Pflicht, das gewährte Darlehen an die WKV vertragsgemäß zurückzuzahlen, befreien".

3

Die Finanzierungsbank zahlte das beantragte Darlehen an die Verkäuferin oder an die Klägerin aus. Bis Juli 1970 leisteten die Beklagten die vereinbarten Rückzahlungsraten. Danach weigerten sie sich schriftlich, noch weitere Zahlungen zu leisten, überwiesen aber nochmals 1.000 DM.

4

Im November 1970 forderte die Finanzierungsbank die Rückzahlung des gesamten noch offenstehenden Kredits in Höhe von 41.014,39 DM.

5

Nachdem sie gegen die Beklagten Klage auf Zahlung dieses Betrags nebst 12 % Zinsen erhoben hatte, nahm sie die Klägerin als Bürgin in Anspruch. Diese ist anstelle der Bank in den Rechtsstreit eingetreten, nachdem sie den geforderten Betrag beglichen hatte.

6

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen arglistiger Täuschung beim Abschluß des Darlehensvertrages erklärt. Sie haben vorgetragen:

7

Die Prokuristen der Verkäuferin hätten ihnen einen monatlichen Nettoverdienst von 4.000 DM aus dem Waschsalon zugesichert, obwohl höchstens 2.000 DM erzielbar gewesen seien, und hätten sie damit arglistig getäuscht. Denn die Prokuristen hätten die schlechte Ertragslage des Waschsalons schon vor den Verkaufsverhandlungen gekannt.

8

Die Beklagten haben sich ferner auf eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung berufen und vorgetragen, die Bank habe durch die Zusammenfassung des Bestellscheins mit dem Kreditantrag und durch die Einschaltung der bei der Entgegennahme des Kreditantrags für sie handelnden Prokuristen der Verkäuferin den Eindruck erweckt, Kauf- und Kreditvertrag seien wirtschaftlich zu einem Geschäft zusammengeschlossen, Verkäuferin und Kreditgeberin stünden ihnen als einheitliche Vertragspartner gegenüber.

9

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

10

Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12

I.

Das Berufungsgericht hat die Sachbefugnis der Klägerin bejaht und ausgeführt, die Klägerin könne von den Beklagten Erstattung des an die WKV geleisteten Betrags verlangen, sei es auf Grund eines Rechtsübergangs nach § 774 BGB, wenn die Klägerin als Bürgin geleistet habe, sei es aus eigenem Recht, wenn die Klägerin mit ihrer Leistung zugleich eine Garantiezusage gegenüber der Bank und einen Auftrag der Beklagten erfüllt oder diese von einer Verpflichtung zur Rückzahlung des Kredits befreit habe. Die Revision meint demgegenüber, der Klägerin stünde weder ein Aufwendungsersatzanspruch nach Auftragsrecht noch ein Bereicherungsanspruch zu, wenn diese statt als Bürgin als Dritte in Erfüllung einer Garantiezusage geleistet hätte.

13

Diese Rüge greift im Ergebnis nicht durch. Hätte eine Forderung der Finanzierungsbank auf Kreditrückzahlung in der beanspruchten Höhe bestanden, so wäre sie auf die Klägerin übergegangen. Die Revision bezweifelt nicht, daß die Klägerin als Bürgin leistete. Die Finanzierungsbank nahm nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien die Klägerin als Bürgin in Anspruch, und die Klägerin leistete nach diesem Vorbringen auch als Bürgin, der entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts im Zweifel die Einrede der Vorausklage nicht zustand (§§ 343, 344, 349, 351 HGB). Im übrigen ergibt sich aus dem unstreitigen Inhalt des Schreibens der Finanzierungsbank vom 3. März 1975, daß diese ihre Ansprüche gegen die Beklagten auf die Klägerin übertragen, also abgetreten hat.

14

II.

1.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

15

Die von der Finanzierungsbank formularmäßig festgelegten Darlehensbedingungen unterlägen einer Inhaltskontrolle. Auch bei einem finanzierten Abzahlungskauf eines gewerblichen Unternehmens komme entsprechend den für Abzahlungsgeschäfte im Sinne des Abzahlungsgesetzes entwickelten Grundsätzen in Betracht, daß sich der Kreditgeber Einwendungen des Käufers gegen den Verkäufer entgegenhalten lassen müsse. Ein solcher Einwendungsdurchgriff scheide hier jedoch aus. Die Beklagten hätten den Darlehensantrag "unter ausdrücklicher Anerkennung" der auf der Rückseite des Antrags gedruckten Darlehensbedingungen unterschrieben. Klar verständlich habe die Finanzierungsbank in diesen Bedingungen auf die rechtliche Trennung zwischen Darlehens- und Kaufvertrag mit dem auch durch Fettdruck besonders hervorgehobenen Satz hingewiesen: "Der Antragsteller nimmt ausdrücklich davon Kenntnis, daß irgendwelche zwischen ihm und dem Verkäufer auftretenden Differenzen aus dem Kaufvertrag ihn nicht von seiner Pflicht, das gewährte Darlehen an die WKV vertragsgemäß zurückzuzahlen, befreien". Auch ein Laie auf rechtlichem Gebiet habe eindeutig erkennen können, daß er das Darlehen zurückzahlen müsse, selbst wenn er mit dem Verkäufer in Differenzen über den Kaufgegenstand gerate. Um eine versteckte Überraschungsklausel handele es sich bei diesem Satz somit nicht.

16

2.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von Rechtsirrtum.

17

a)

Beim finanzierten Abzahlungskauf sind Kaufvertrag und Darlehensvertrag trotz ihrer engen Verbindung nach der ständigen Rechtsprechung des Senats als zwei rechtlich selbständige Verträge zu werten (vgl. die Senatsurteile BGHZ 47, 233, 237; LM BGB§ 242 Cd Nr. 159 = JZ 1973, 249 = NJW 1973, 452 und WM 1975, 1298). Nach den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen für den finanzierten Abzahlungskauf beweglicher Sachen kann der Käufer jedoch unter besonderen Umständen dem Kreditgeber nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch unter Berücksichtigung des im Abzahlungsgesetz normierten Käuferschutzes bei einer angemessenen Verteilung der Risiken aller an einem wirtschaftlich einheitlichen Geschäft Beteiligten bestimmte Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegensetzen. Denn die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts in zwei rechtlich selbständige Verträge darf nicht zu Lasten des Käufers/Kreditnehmers gehen, der im allgemeinen kein Interesse an dieser Aufspaltung hat und dem die Einschaltung eines Finanzierungsinstituts in aller Regel auch keinen Vorteil bringt. So darf der Käufer unter bestimmten Voraussetzungen insbesondere die Rückzahlung des Kredits verweigern, wenn er vom Verkäufer Gewährleistung nicht zu erlangen vermag, weil er sonst rechtlos gestellt wäre. Das gleiche gilt, wenn er den Kaufvertrag wirksam angefochten hat oder wenn der Verkäufer die Ware nicht liefert (vgl. BGHZ 22, 90, 100, 101; 37, 94, 99, 100; 60, 108, 110; ferner die o.a. Senatsurteile m.w.Nachw.).

18

b)

Die für den finanzierten Abzahlungskauf beweglicher Sachen entwickelten Grundsätze des sog. Einwendungsdurchgriffs sind, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei sonst gleicher Interessenlage aller Beteiligten auf den finanzierten Abzahlungskauf anderer Gegenstände zu übertragen. Unter dieser Voraussetzung könne sie nach einer in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung sogar für finanzierte Geschäfte anderer Art als Käufe maßgebend sein (vgl. für den finanzierten Ehemaklervertrag OLG Schleswig NJW 1974, 648 und OLG Hamburg MDR 1977, 403; für finanzierte Dienst- und Leasingverträge OLG Düsseldorf NJW 1973, 1612; LG Augsburg NJW 1972, 637; NJW 1973, 709 und 1704; zum ganzen Problem Gilles JZ 1975, 305).

19

Der enge "Verbund" zwischen den rechtlich selbständigen Verträgen, dem Kauf- und dem Kreditvertrag, im Rahmen eines finanzierten Abzahlungskaufs anderer Gegenstände als beweglicher Sachen kann es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter besonderen Umständen gebieten, dem Käufer, jedenfalls wenn er nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen ist, zuzugestehen, bestimmte Einwendungen aus dem Kaufvertrag auch gegenüber dem Kreditgeber zu erheben. Eine rechtliche Notwendigkeit, die einzelnen "Aufspaltungsrisiken" angemessen auf alle Parteien des finanzierten Abzahlungskaufs zu verteilen, kann sich nicht nur beim Kauf eines körperlichen Gegenstands ergeben. Die Normen des Abzahlungsgesetzes mit seinem zum Teil formalisierten Anwendungsbereich können für sich allein einen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gebotenen "Einwendungsdurchgriff" beim finanzierten Kauf beweglicher Sachen nicht begründen. Umgekehrt läßt er sich beim finanzierten Kauf anderer Gegenstände nicht mit der Erwägung ausschließen, der Kaufvertrag beziehe sich nicht auf eine bewegliche Sache, der Käufer sei daher nicht durch die Normen des Abzahlungsgesetzes geschützt.

20

c)

In der zur Entscheidung stehenden Sache war nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ein Selbstbedienungs-Waschsalon mit Einrichtung, somit ein gewerbliches Unternehmen, Gegenstand des Kaufvertrags. Es handelt sich daher nicht um den Kauf einer oder mehrerer beweglicher Sachen, sondern eines Inbegriffs von Vermögensgegenständen, zu dem nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch die mit dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verbundenen sonstigen Werte und Möglichkeiten, insbesondere der "good will" gehören. Darum handelt es sich hier nicht um ein Abzahlungsgeschäft im Sinne des Abzahlungsgesetzes, das nur für Kaufverträge über bewegliche Sachen gilt (vgl. auch BGH NJW 1973, 2200). Somit kommt nur eine entsprechende Anwendung der für finanzierte Abzahlungsgeschäfte über bewegliche Sachen entwickelten Grundsätze in Betracht.

21

d)

Die - vom Berufungsgericht offengelassene - enge innere sachliche Verbindung zwischen dem Kauf- und Kreditvertrag als Voraussetzung für einen auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten Einwendungsdurchgriff ist zu bejahen.

22

Beide rechtlich selbständigen Verträge ergänzen sich zu einem wirtschaftlich einheitlichen geschäftlichen Vorgang. Das Ziel, dem Käufer zum Erwerb eines bestimmten Gegenstandes gegen Teilzahlungen zu verhelfen, verbindet beide Verträge derart miteinander, daß die jeweils Beteiligten keinen von beiden ohne das Zustandekommen des anderen Vertrags geschlossen hätten (vgl. die Senatsurteile BGHZ 47, 253, 255 und 47, 241 ff). Die Parteien des Kaufvertrags verabredeten eine Finanzierung des vereinbarten Restkaufpreises durch die Käufer. Die Finanzierungsbank ließ den Darlehensantrag durch den Vertreter (Prokuristen) der Verkäuferin, entgegennehmen, dem sie das von ihr benutzte Formular für "Bestellschein" und "Darlehensantrag" zur Verfügung gestellt hatte. Sie nimmt in diesem vorgefertigten Vertragsmuster auf den jeweils zu finanzierenden Kauf mehrfach Bezug. Dieser in seinen Bedingungen von ihr im voraus festgelegte, auf den zu finanzierenden Kauf bezogene Darlehensvertrag weist dem Käufer die Rolle des Kreditnehmers zu. Er soll den beantragten Kredit aber nicht auf eigenes Risiko zur beliebigen Verwendung erhalten. Vielmehr soll die Valuta ausschließlich dem Verkäufer als Zahlung des Restkaufpreises zufließen.

23

e)

Die Beklagten konnten bei diesem engen Zusammenhang der Verträge im Rahmen eines wirtschaftlich einheitlichen finanzierten Abzahlungskaufs der Bank als der Kreditgeberin die Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegensetzen, die sich auf falsche Angaben über den zu erzielenden Geschäftsgewinn gründen, soweit sie sich nicht durch eine zumutbare Inanspruchnahme der Verkäuferseite schadlos halten konnten. Fehlt die zumutbare Möglichkeit einer solchen Schadloshaltung, so kann sich der Beklagte auch gegenüber der Klägerin als der Rechtsnachfolgerin der Bank auf diese Einwendungen berufen (§§ 398, 404 BGB; zur "Subsidiarität" des Einwendungsdurchgriffs vgl. das Senatsurteil LM BGB§ 242 Cd Nr. 159 = NJW 1973, 452 = MDR 1973, 387 = JZ 1973, 249 = WM 1973, 249 = JuS 1973, 447; zustimmend Coester NJW 1973, 1042; kritisch Weick JZ 1974, 13).

24

aa)

Diese Einwände sind dem Beklagten auch nicht durch den in den Darlehensbedingungen der Bank aufgenommenen Satz genommen, der Antragsteller nehme zur Kenntnis, irgendwelche Differenzen mit dem Verkäufer aus dem Kaufvertrag befreiten nicht von der Pflicht, den Kredit zurückzuzahlen.

25

Diese Klausel war jedenfalls gegenüber einem "Durchschnittskäufer" nicht geeignet, die wirtschaftliche Einheit des Geschäfts (das über mehrere Verträge abgewickelt werden soll) und den Anschein einer sich zu einer wirtschaftlichen Einheit ergänzenden Verbindung zwischen Verkäuferseite und Finanzierungsbank aufzulösen (vgl. BGHZ 47, 233, 238). Deshalb besteht ein innerer Grund dafür, daß sich der Kreditgeber Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegenhalten lassen muß (vgl. BGHZ 37, 94, 100).

26

Durch die (von der Verkäuferseite vermittelte) Einschaltung einer Finanzierungsbank läuft der Abzahlungskäufer rechtliche Risiken, die er bei einem gewöhnlichen, nur mit dem Verkäufer geschlossenen Teilzahlungskauf nicht zu tragen hat. Dies gilt insbesondere für das Risiko, daß er das rechtlich selbständige Darlehen ohne Rücksicht auf Einwendungen aus dem Kaufvertrag zurückzahlen muß. Die rechtlichen Risiken wird sogar ein geschäftserfahrener Käufer von Luxusgütern (BGHZ 47, 218, 220) oder ein Käufer mit einem gehobenen Bildungsgrad (BGHZ 47, 207, 210) nicht überschauen. Beim Abzahlungskauf einer beweglichen Sache hat der Senat daher ein Schutzbedürfnis des Käufers ohne Rücksicht auf den Bildungsgrad und die Geschäftserfahrung des Käufers sowie den Kaufgegenstand bejaht, wenn der Zusammenhang die Verträge als ein Abzahlungsgeschäft kennzeichnet und wenn der Käufer nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen ist (vgl. BGHZ 47, 218, 222). Auch diese Regeln sind entsprechend auf den Teilzahlungskauf anderer Gegenstände als beweglicher Sachen, hier eines Waschsalons, zu übertragen. Ein entsprechendes Schutzbedürfnis besteht auch für den nicht vollkaufmännischen oder jedenfalls nicht im Handelsregister eingetragenen Käufer solcher Gegenstände. Selbst wenn er auf bestimmten Gebieten als (Klein-)Gewerbetreibender (hier als Tankstellenpächter) Geschäftserfahrungen hat, so ist er doch nicht rechtskundig und wird daher die rechtlichen Risiken gerade des wirtschaftlich einheitlichen, aber rechtlich getrennten finanzierten Teilzahlungsgeschäfts nicht voll erfassen.

27

Die Aufnahme der Klausel in das Formblatt einer Bank, Einwendungen aus dem Kaufvertrag seien dem Darlehensgeber gegenüber ausgeschlossen, genügt daher selbst dann nicht, wenn die Bank diese Klausel durch Fettdruck, Umrahmung oder in anderer Weise hervorhebt (vgl. BGHZ 47, 207, 211). Hier nahm die Bank im übrigen in ihrem Vertragsformular, das nicht auf den Einzelfall abstellt, eine ähnliche Klausel nicht an gut sichtbarer Stelle in den Text des Darlehensantrags, sondern nur auf. der Rückseite des Antragsformulars in die allgemeinen Bedingungen auf, in denen der Käufer keine Erklärungen darüber erwartet, wovon er "ausdrücklich" Kenntnis nehme (vgl. auch das Senatsurteil WM 1975, 1298).

28

Die von der Bank aufgestellten und auf der Rückseite des Antragsformulars gedruckten allgemeinen Bedingungen sind inhaltlich nicht geeignet, den Käufer/Kreditnehmer über den Umfang des rechtlichen Risikos aufzuklären. Den Käufer sollen danach zwar "irgendwelche zwischen ihm und dem Verkäufer auftretende Differenzen ... nicht von seiner Pflicht, das gewährte Darlehen an die WKV vertragsgemäß zurückzuzahlen, befreien". Diese Klausel besagt aber nichts über die Rechtslage, wenn der Prokurist der Verkäuferin als Verhandlungsgehilfe der Bank den Kreditantrag vorbereitet und dabei falsche Angaben macht, die für das Zustandekommen des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts wesentlich sind (vgl. BGHZ 47, 218, 223).

29

Der Hinweis der Bank erfüllt somit nicht die Voraussetzungen, die an die Aufklärung eines Kunden bei einem finanzierten Teilzahlungsgeschäft zu stellen sind (vgl. BGHZ 47, 207, 212 ff und 217, 220 ff sowie WM 1975, 1298).

30

bb)

Hier machte sich die Bank die von ihr ins Werk gesetzte oder jedenfalls geduldete "Personalunion" zwischen ihrem Verhandlungsgehilfen (dem Generalbevollmächtigten der Klägerin) und dem Prokuristen der Verkäuferin zunutze (vgl. BGHZ 47, 224, 230). Sie setzte ihn bei der Entgegennahme und der Vervollständigung des Darlehensantrags als Verhandlungsgehilfen ein und wies ihn dadurch und durch die Übergabe der Vertragsformulare jedenfalls gegenüber einem "Durchschnittskäufer" als ihre Vertrauensperson aus (vgl. BGHZ 47, 224, 230). Die kreditgebende Bank setzte den Käufer damit auch einem möglichen unrechten Verhalten der Verkäuferseite beim Zustandekommen eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts aus. Der Käufer hat dagegen in der Regel keine Möglichkeit, die zwischen dem Kreditgeber und der Verkäuferseite bestehenden Geschäftsbeziehungen zuverlässig zu erkennen. Der Kreditgeber muß sich daher unter diesen Umständen eine "Identifizierung" mit der Verkäuferseite gefallen lassen (vgl. BGHZ 47, 224, 230 für die Anfechtung des Darlehensvertrags bei Täuschung durch den Verkäufer).

31

cc)

Die Klägerin kann dem nicht entgegenhalten, die Verkäuferseite (hier der Prokurist der Verkäuferin) habe bei den vom Beklagten behaupteten Angaben über die Höhe des erzielbaren Gewinns nur Verkäuferangelegenheiten erledigt.

32

Allerdings ist die Bank allgemein nicht verpflichtet, den Kreditbewerber über Eigenschaften des Kaufgegenstands oder über sonstige rein kaufvertragliche Umstände aufzuklären. Sie kann jedoch bei der Anbahnung des Kreditvertrags pflichtwidrig den Interessen des Kreditbewerbers zuwiderhandeln, wenn sie gegenüber dem Käufer schuldhaft falsche Angaben über Umstände macht, die für das Zustandekommen des geplanten finanzierten Abzahlungskaufes aus der Sicht des Käufers/Kreditbewerbers wesentlich sind. Hätte sich die Bank nicht des Vertreters der Verkäuferin, sondern einer am Kaufvertrag unbeteiligten eigenen Hilfsperson als Verhandlungsgehilfen bedient, so hätte sie für eine solche Pflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsanbahnung einstehen müssen. Als Gefälligkeit ohne Rechtsbindung könnte sie schuldhaft falsche Auskünfte im Rahmen einer vertragsähnlichen Bindung nicht einstufen, auch wenn sie allgemein nicht zur Auskunft verpflichtet ist. Wenn sie sich statt eigenen Personals der "Personalunion" zwischen dem Prokuristen der Verkäuferin und ihrem Verhandlungsgehilfen, ihrer "Vertrauensperson", bedient, so schafft sie für den Käufer/Kreditnehmer wegen der Vielzahl der von ihrem Verhandlungsgehilfen wahrzunehmenden Interessen besondere Risiken. Ihr ist es dann wenigstens zuzumuten, daß sie sich bei einem wirtschaftlich einheitlichen Geschäft Einwendungen aus dem Kaufvertrag (wegen des Verhaltens der Verkäuferseite) entgegenhalten lassen muß.

33

III.

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob ein Einwendungsdurchgriff berechtigt ist, ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts noch nicht möglich.

34

Das Berufungsgericht wird prüfen müssen, ob der Beklagte sich nicht in zumutbarer Weise bei der Verkäuferseite schadlos halten kann und ob die vom Beklagten geltend gemachten Einwendungen aus dem Kaufvertrag berechtigt sind.

35

1.

Nach den Grundsätzen des Senatsurteils in NJW 1973, 843, 845, kommt beim finanzierten Abzahlungskauf einer beweglichen Sache ein Einwendungsdurchgriff nur in Betracht, wenn der Käufer seine Rechte gegen den Verkäufer nicht durchsetzen kann. Hieran ist auch für den finanzierten Abzahlungskauf eines Waschsalons festzuhalten, also für den Kauf eines Gegenstands, der keine bewegliche Sache darstellt. Der Käufer kann das beim finanzierten Abzahlungskauf von ihm eingegangene Risiko der Zahlung des Kaufpreises an den Verkäufer nicht zu Lasten der Bank verschieben, wenn er in zumutbarer Weise seine Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer noch durchsetzen oder sich sonst bei der Verkäuferseite schadlos halten kann.

36

Die Verkäuferin, eine Kommanditgesellschaft, ist zwar aufgelöst. Hieraus ergibt sich aber nicht schon, daß der Beklagte Gewährleistungsansprüche nicht in zumutbarer Weise verwirklichen kann. Einer Gewährleistung durch die aufgelöste Kommanditgesellschaft stünde es gleich, wenn der Beklagte einen Schadensersatzanspruch gegen einen persönlich haftenden Gesellschafter dieser Gesellschaft oder - unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsanbahnung - gegen einen für die Verkäuferin handelnden Prokuristen und Kommanditisten durchsetzen könnte. Insoweit bedarf der Sachverhalt noch weiterer Aufklärung.

37

2.

a)

Die behauptete Zusicherung eines erzielbaren Betriebsgewinns kann als Zusicherung einer Eigenschaft des verkauften Unternehmens, seiner Ertragsfähigkeit, verstanden werden (vgl. hierzu BGH NJW 1977, 1536 und NJW 1977, 1538). Ein Schadensersatzanspruch gegen die Verkäuferin wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft braucht noch nicht verjährt zu sein (vgl. BGH NJW 1973, 843, 845).

38

b)

Gegebenenfalls kommt bei schuldhaft falschen Angaben der Vertreter der Klägerin über den Umsatz ohne vertragliche Zusicherung einer bestimmten Unternehmenseigenschaft ein Schadensersatzanspruch gegen die Verkäuferin wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung in Betracht. Dieser Anspruch unterliegt nicht der kurzen Verjährung nach § 477 BGB (vgl. BGH NJW 1977, 1538 m.w.Nachw.). Bei Zulässigkeit des Einwendungsdurchgriffs (vgl. III. 1.) könnte der Beklagte auch diesen Schadensersatzanspruch dem Anspruch auf Kreditrückzahlung entgegensetzen.

39

IV.

Die erneute Sachverhandlung vor dem Berufungsgericht wird auch klären müssen, ob ein unmittelbarer Schadensersatzanspruch gegen die kreditgebende Bank oder gegen die Klägerin besteht, der dem Anspruch auf Kreditrückzahlung (im Wege der Auf- oder Abrechnung) entgegengesetzt werden könnte.

Nüßgens
Krohn
Peetz
Lohmann
Boujong